Boulay-Moselle

französische Gemeinde

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Boulay-Moselle
Boulay-Moselle (Frankreich)
Boulay-Moselle (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Grand Est
Département (Nr.) Moselle (57)
Arrondissement Forbach-Boulay-Moselle
Kanton Boulay-Moselle
Gemeindeverband Houve-Pays Boulageois
Koordinaten 49° 11′ N, 6° 30′ OKoordinaten: 49° 11′ N, 6° 30′ O
Höhe 202–365 m
Fläche 19,55 km²
Bürgermeister Philippe Schutz
Einwohner 5.524 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 283 Einw./km²
Postleitzahl 57220
INSEE-Code
Website https://boulay-moselle.fr
Rathaus (Hôtel de ville)
Kirche St. Étienne
Synagoge in Boulay

Boulay-Moselle (kurz Boulay, deutsch Bolchen) ist eine französische Stadt mit 5524 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Moselle in der Region Grand Est, in deren Teilgebiet Lothringen. Sie ist Hauptstadt des Kantons Boulay-Moselle und liegt seit 2015 im Arrondissement Forbach-Boulay-Moselle. Die Einwohner Boulays nennen sich Boulageois. Traditionell lothringisch-deutsche Spitznamen sind Rachborn oder Ratschborn, was Brunnen der Geschwätzigkeit bedeutet.[1] auch „Bolcher Saaslecker“.

Geographie Bearbeiten

Die Kleinstadt liegt östlich des Niedtales am Kaltbach, 26 Kilometer ostnordöstlich von Metz, etwa auf halbem Weg zwischen Metz und Saarlouis.

Seit 1973 gehört das drei Kilometer südsüdöstlich des Kernortes auf einer Hochebene gelegene kleine Kirchdorf Halling-lès-Boulay (deutsch Hallingen) zu Boulay-Moselle.

Geschichte Bearbeiten

Der Ort wurde im Jahre 1184 erstmals als Bollei, dann 1293 als Bolke, 1487 als Bolchen und 1576 als Bolichen erwähnt.[2] Nach dem Ort nannten sich Anfang des 13. Jahrhunderts die Herren von Bolchen.[3] 1321 erhielt Bolchen Stadtrechte. Die Stadt lag auf dem Territorium des Heiligen Römischen Reichs und gehörte seit 1503 zum Herzogtum Lothringen;[4] seit 1614 war sie Sitz einer Grafschaft. Im Jahr 1635 wurden die Befestigungen der Stadt von den Franzosen geschleift.[5] Im Jahr 1766 wurde die Stadt zusammen mit dem Herzogtum Lothringen von Frankreich annektiert. Das Schloss – errichtet anstelle einer mittelalterlichen Burg – ist während der Französischen Revolution untergegangen. Im Jahr 1861 hatte Bolchen 2968 Einwohner.[6]

Wie die anderen Gemeinden des Départements Moselle kam Boulay 1871 gemäß dem Vorfrieden von Versailles (Art. 1) von Frankreich zurück an Deutschland. Unter dem amtlichen Namen Bolchen wurde die Stadt Verwaltungssitz des Kreises Bolchen im Bezirk Lothringen des Reichslandes Elsaß-Lothringen. Um 1900 hatte Bolchen eine evangelische Kirche, eine katholische Kirche, eine Synagoge, eine Oberförsterei und war Sitz eines Amtsgerichts.[5]

Nach dem Ersten Weltkrieg musste Bolchen aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags an Frankreich abgetreten werden. Während des Zweiten Weltkriegs stand die Stadt bis Herbst 1944 wie das gesamte CdZ-Gebiet Lothringen unter deutscher Verwaltung. Während der Kämpfe gegen Kriegsende im November 1944 wurde der Ort weitgehend zerstört.

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungszahlen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (ohne Kirchdorf Hallingen)
Jahr Einwohner Anmerkungen
1861 2968 [6]
1866 2870 [7]
1871 2499 in 484 Häusern, darunter 71 Protestanten und 191 Juden[4][8]
1872 2592 am 1. Dezember, in 484 Häusern;[9]
1880 2668 am 1. Dezember, auf einer Fläche von 1712 ha, in 457 Häusern, davon 2330 Katholiken, 155 Evangelische und 182 Juden[10]
1890 2281 [6]
1895 2133 am 2. Dezember[11]
1900 2137 meist katholische Einwohner[5]
1905 2202 [6]
1910 2218 am 1. Dezember[12][13][6]

Das 1973 eingemeindete kleine Bauerndorf Halling-lès-Boulay (Hallingen) hatte im Jahr 1871 eine Flächengröße von 229 Hektar und 24 Häuser mit 97 meist römisch-katholischen Einwohnern.[14][15] 1910 wurden 75 Einwohner gezählt.

Anzahl Einwohner seit Ende des Zweiten Weltkriegs
Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2007 2019
Einwohner 2985 3314 3830 4336 4422 4374 4711 5580

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

In der Kirche St. Étienne (ehemalige Stiftskirche aus dem 18. Jahrhundert) befindet sich eine berühmte Orgel aus der nahen Zisterzienserabtei Villers-Bettnach, die 1729 von Joseph Le Picard gebaut wurde.

Die jüdische Gemeinde Boulay-Moselle errichtete im Jahr 1952 eine neue Synagoge an Stelle eines zerstörten neoromanischen Vorgängerbaus von 1854. Im Ort besteht ebenfalls ein jüdischer Friedhof.

Die Banlieue Saint-Jean, ein ehemaliges Wohngebiet für Militärs, ist international als „Geisterstadt Boulay“ bekannt. Die Geheimniskrämerei der Behörden und der Polizei machen den Platz zu einem Wallfahrtsort für „Geisterjäger“.

Spezialitäten Bearbeiten

Städtepartnerschaft Bearbeiten

Am 4. Juni 2006 konnte Boulay eine 40-jährige aktive Partnerschaft mit der oberschwäbischen Stadt Mengen feiern.

Persönlichkeiten Bearbeiten

  • Kaspar von Niedbruck (1525–1557), Diplomat im Dienst von Ferdinand I. und Maximilian II. sowie reformatorisch gesinnter Humanist
  • Charles von Villers (1765–1815), Offizier und Philosoph
  • Frédéric de Villers (1770–1846), Professor
  • Etienne Dalstein (1834–1900) Orgelbauer.
  • Julius Joseph Neumann (1836–1895), Priester und Abgeordneter des Deutschen Reichstags
  • Alexis Weber (1862–1942), Bankier, Politiker, Mitglied des Landtags des Reichslandes Elsaß-Lothringen
  • Robert Schuman (1886–1963), Politiker, lebte 1910 in Boulay
  • Julien Schvartz (1925–2014), Artz und Politiker, geboren in Bouzonville, Bürgermeister von Boulay (1959–1992), Abgeordneter von Mosel (zuständig für den „Plan Schvartz“, nach der Ölkrise von 1973). Vorsitzender des Generalsrats Mosels.
  • Bernard Aubertin (* 1952 in Boulay), Orgelbauer
  • Daniel Hestroffer (* 1955 in Boulay) Ingenieur und Astronom. Sein Name wurde einem der größten Asteroiden im Gürtel zwischen Mars und Jupiter gegeben.
  • Isabelle Wendling (* 1971 in Boulay) „Handballspielerin aller Rekorde“. Weltmeisterin 2003. 338 Länderspiele in der französischen Nationalmannschaft. 15 französische Meistertitel (mit Metz Hand-ball). Das Gymnasium in Boulay trägt seinen Namen.

Literatur Bearbeiten

  • Friedrich Toepfer: Beilagen. VIII. Die Herren von Bolchen. In: ders. (Bearb.): Urkundenbuch für die Geschichte des graeflichen und freiherrlichen Hauses der Voegte von Hunolstein, Bd. II. Jacob Zeiser, Nürnberg 1867, S. 464–467 (google.books.com).
  • Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 118 (google.books.com).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Boulay-Moselle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Passé-Présent : La Moselle dévoilée N°5 (Janvier-Février 2012)
  2. Franz Xaver Kraus: Kunst und Alterthum in Elsass-Lothringen. Beschreibende Statistik. Band III, Friedrich Bull, Straßburg 1886, S. 45–46, insbesondere S. 45.
  3. Friedrich Toepfer: Urkundenbuch für die Geschichte des graeflichen und freiherrlichen Hauses der Voegte von Hunolstein, Band II, Zeiser, Nürnberg 1867, S. 464–467 (google-books.com).
  4. a b Eugen H. Th. Huhn: Deutsch-Lothringen. Landes-, Volks- und Ortskunde, Stuttgart 1875, S. 348–349 (google.books.com).
  5. a b c Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 3, Leipzig/Wien 1905, S. 174 (Zeno.org)
  6. a b c d e Michael Rademacher: Landkreis Bolchn, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 7 (google.books.com)
  8. Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 118 ()google.books.com
  9. C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 71 (google.books.com) und S. 78 (google.books.com).
  10. Statistisches Büro des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen (Hrsg.): Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 97, Ziffer 1104 (google.books.com)
  11. Uebersicht über das endgiltige Ergebniß der Volkszählung vom 2. Dezember 1895 in Elsaß-Lothringen. In: Beiblatt zum Central- und Bezirks-Amtsblatt für Elsaß-Lothringen, Straßburg, den 21. November 1896 (books.google.de).
  12. Bolchen, Landkreis Bolchen, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Bolchen)
  13. Kreis Bolchen, Elsass-Lothringen - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
  14. Eugen H. Th. Huhn: Deutsch-Lothringen. Landes-, Volks- und Ortskunde, Stuttgart 1875, S. 351 (google.books.com).
  15. Georg Lang: Der Regierungs-Bezirk Lothringen. Statistisch-topographisches Handbuch, Verwaltungs-Schematismus und Adressbuch, Metz 1874, S. 119 (books.google.com).