Schlager
Als Schlager werden allgemein leicht eingängige instrumentalbegleitete Gesangsstücke der Popmusik mit oft deutschsprachigen, weniger anspruchsvollen, oftmals auch sentimentalen Texten bezeichnet. Manche Schlager entwickeln sich zu sogenannten Gassenhauern. Ausgehend von populären Operettenmelodien machte sich seit den 1920er Jahren der Einfluss von jazzigen Rhythmen und Harmonien in der Schlagermusik bemerkbar.

Seit den 1950er Jahren wird Schlager als „schwer zu umgrenzender Begriff in der neueren Unterhaltungsmusik“ sowie als „Kurzform für leicht eingängige Tanz- und Unterhaltungsmusik“ beschrieben.[1] Microsoft Encarta definierte 2003 Schlager als „einerseits kommerziell erfolgreiches Musikstück, andererseits als eine Gattung der Unterhaltungsmusik“. Kennzeichnend seien „einfachste musikalische Strukturen und triviale Texte, die an das Harmonie- und Glücksverlangen des Zuhörers appellieren“. Dabei seien „die Grenzen zur Popmusik und volkstümlichen Musik fließend“.[2]
Definition und BegriffsherkunftBearbeiten
Eine eindeutige Definition von Schlager gibt es in der Musikwissenschaft nicht und wird von einzelnen Autoren als „schwierig“ und „nicht möglich“ bezeichnet. Eine systematische Abgrenzung zu anderen Genres erweist sich ebenso als schwierig. Im Jahre 1870 lässt sich der Begriff erstmals für besonders erfolgreiche Operettennummern und volkstümliche Singspiele nachweisen.[3]
Sprachlich ist der Ausdruck „Schlager“ auf das Wienerische zurückzuführen, laut Duden „wohl nach dem durchschlagenden Erfolg, der mit einem Blitzschlag verglichen wird“.[4] Das DWDS übernimmt gemäß einer musikalischen Zeitungskritik[5] und dem Wörterbuch von Kluge (1967)[6] das Jahr 1881, in dem das Wort „als Ausdruck der Musikkritik, durch die Tagespresse verbreitet“ etabliert und dann auf andere insbesondere „aktuelle und wirkungsvolle Erscheinungen (Buch, Theaterstück, eine reißend abgehende Ware) übertragen“ wurde.[7] Bei Kluge/Götze wurde bereits vermutet, dass das Bild vom einschlagenden Blitz stamme und von der Erwähnung in der Zeitungskritik dann auf Politik und andere Gebiete übertragen wurde.
Historisch hat es ab dem ausgehenden Mittelalter scherzhafte oder auch derbe Lieder nachweislich gegeben, die im einfachen Volk kursierten und von der Kunstmusik entweder ignoriert oder assimiliert wurden – z. B. als Kirchenlied mit neuem Text oder als versteckte musikalische Grundlage von geistlicher Figuralmusik. Die Erfindung des Notendrucks mit Typen im 16. Jahrhundert ermöglichte erstmals die massenhafte und europaweite Verbreitung von Musik, so dass Melodien wie Pavane de Spaigne, La Spagnoletta (bzw. Españoleta usw., die „kleine spanische Melodie“[8]), La Follia u. v. a. allbekannt wurden.
Der Begriff des Schlagers im heutigen Sinne entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der erste, auf ein bestimmtes Werk, auf einen Komponisten und auf eine Aufführung bezogene öffentliche Nachweis des Worts „Schlager“ ist im Wiener Fremdenblatt vom 17. Februar 1867 zu lesen, wo im Bericht über die Uraufführung des Walzers An der schönen blauen Donau geschrieben stand: „Die Eröffnungsnummer der zweiten Abteilung war ein entschiedener Schlager.“[9] In Deutschland zählt der Journalist und Theaterkritiker Paul Lindau zu den ersten, der diesen Ausdruck z. B. für die Gesangsdarbietungen der Pariser Cafés chantants (in Berlin und Hamburg auch Tingeltangel oder Singspielhalle) oder für Wienerlieder verwendete.
Die Erfindung des Grammofons sowie die aufkommende Filmindustrie trugen schnell zur Verbreitung des Schlagers bei. Er ist somit ein Produkt der Industriegesellschaft. Allein seine Schnelllebigkeit zeigt, dass er eher eine Ware als ein auf Dauer setzendes Kunstwerk darstellt. Der Schlager sucht das Massenpublikum, indem er in den Texten Wunschträume anspricht, die er als „Botschaften“ in Kehrreimen stetig wiederholt. Musikalisch richtet sich der Schlager meist nach der jeweils herrschenden Tanzform. Einfache Rhythmen und Melodienfolgen, die auf schnelle Wiedererkennung angelegt sind, bestimmen seinen Charakter.
In Frankreich sowie im Französisch sprechenden Teil Belgiens werden Schlager entgegen dem deutschen Sprachgebrauch nicht „chansons“ genannt (dies ist vielmehr ein Ausdruck für Lieder mit „literarischem Anspruch“), ebenso wenig „chansons à la mode“ (diesen veralteten Ausdruck findet man allenfalls noch in alten Lexika), sondern „variétés“.
Theodor W. Adorno sagte über die Wirkung des Schlagers und seine gesellschaftliche Funktion: „Schlager beliefern die zwischen Betrieb und Reproduktion der Arbeitskraft Eingespannten mit Ersatz für Gefühle überhaupt, von denen ihr zeitgemäß revidiertes Ich-Ideal sagt, sie müssten sie haben.“
Die ursprüngliche Definition von Schlager, wie sie etymologisch begründet ist, ist heute äußerst schwer an einzelnen Genres festzumachen.
GeschichteBearbeiten
Anfangszeit (1900–1919)Bearbeiten
Die ersten deutschsprachigen Schlager finden sich in den zahlreichen Operetten, die vor 1900 in Wien erfolgreich waren. Johann Strauss Vater und Sohn belieferten die unterhaltungssüchtigen besseren Stände mit Operettenmelodien. Allein Die Fledermaus (1874), der Gipfel der klassischen Wiener Operette, war voll von eingängigen Melodien: Alfreds Lied Täubchen, das entflattert ist, Prinz Orlofskys Couplet ’s ist mal bei mir so Sitte, Rosalindes Csárdás und Adeles Ariette Spiel ich die Unschuld vom Lande, Alfreds Trinklied Trinke, Liebchen, trinke schnell und der Abgesang Glücklich ist, wer vergisst. Fast 500 Werke umfasst das Lebenswerk von Johann Strauss Sohn.
Auch Berlin, das Operettenzentrum Preußens, hatte entsprechende Komponisten. Der bekannteste war Paul Lincke, der mit Frau Luna 1899 seinen größten Erfolg hatte. Einzelne Lieder von Lincke waren jahrzehntelang zu hören: Das macht die Berliner Luft, Luft, Luft; Glühwürmchen, Glühwürmchen glimmre, Glühwürmchen, Glühwürmchen schimmre aus Lysistrata und Schlösser, die im Monde liegen. Eduard Künnekes Der Vetter aus Dingsda mit dem Lied des Fremden Ich bin nur ein armer Wandersgesell und dem Tango Kindchen, du mußt nicht so schrecklich viel denken wurde 1921 in Berlin uraufgeführt.
Aufstieg durch die Massenmedien Schallplatte, Rundfunk und Tonfilm (1920–1933)Bearbeiten
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Schlager stark durch die weitere Verbreitung der Schellackplatte und vor allem das Aufkommen des regulären Rundfunkbetriebs beeinflusst, die den Schlager nun als millionenfache Ware in die Wohnstuben brachten. Dadurch wurden die verschiedensten Schlager nun auch einem breiteren Publikum zugänglich und man sprach auch vom Schlager als sogenanntem Gassenhauer.[10] Um 1930 kam der kommerzielle Tonfilm hinzu. Die Lieder besaßen oftmals einen eher einfachen Text. Dazu gehören z. B. Reime wie Was macht der Maier am Himalaya? und Unter den Pinien von Argentinien sowie Mein Onkel Bumba aus Kalumba.
Auch eine gewisse Frivolität kann man den Texten nicht absprechen. Wenn es in einem Stück heißt: Veronika, der Spargel wächst oder Ich hab das Fräulein Helen baden sehn und gar Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben, dann bezeugt das zum einen die sogenannten „Goldenen Zwanziger“, zum anderen aber auch eine aufkommende Aufklärung und Emanzipation. Sehr populär und auch heute noch oft zu hören ist der bekannte Schlager Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt. In den Ballsälen wurde Foxtrott und Charleston sowie der „Skandaltanz“ Shimmy getanzt.
Beliebte Vertreter dieser Art Musik waren vor allem die Comedian Harmonists, Marlene Dietrich, Erwin Hartung, Fritzi Massary (Josef, ach Josef, was bist du so keusch), Max Pallenberg, Otto Reutter, Liane Haid, Paul Preil, Rudi Godden, Mady Rahl, Lizzi Waldmüller und Lilian Harvey. Vor allem die Kirche war gegen diese Art der Vergnügung, vor allem wenn Texte wie der folgende auf der Straße oder bei Veranstaltungen gesungen wurden:
„‚Lieber Schatz‘, sprach er, ‚Du bist mein Süßchen.
Werd doch mein, und zwar im Gänsefüßchen.
Lieber Schatz, was soll ich dir erzählen.
Schau, ich könnt’ für dich vom Hund das Futter stehlen.
Glaube mir, ich sag das nicht zu jeder.‘,
sprach er leis’ und küßte eine Feder.
‚Sei doch lieb, und werd’ nicht immer spröder.
Es ist Mai, komm leg’ mit mir ein Ei.‘“
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Lieder mit Passagen wie „Dein Wesen war einst treudeutsch germanisch. Auf einmal ist es ausgesprochen spanisch“ aus dem Schlager der Comedian Harmonists Mein lieber Schatz, bist du aus Spanien nicht mehr verkauft. Viele jüdische Künstler verließen Deutschland, vor allem, weil sie bereits von Auftrittsverboten betroffen waren. Mit den Rassegesetzen von 1935 begann die juristische Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung. Ihre wirtschaftliche Diskriminierung kulminierte 1938 mit den Novemberpogromen.
Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945)Bearbeiten
In der Zeit des Nationalsozialismus fiel auch der Schlager der Gleichschaltung zum Opfer und musste für Propagandazwecke herhalten. Die leicht frivolen Texte der zurückliegenden Jahre verschwanden, die Film- und Schallplattenindustrie fiel unter staatliche Aufsicht. Vor allem jüdische Musiker wie die Comedian Harmonists erhielten Auftrittsverbot. Fritz Löhner-Beda, der Autor von Operetten wie Das Land des Lächelns und der Blume von Hawaii, der die Texte für zahlreiche Schlager, darunter Ausgerechnet Bananen, Was machst du mit dem Knie lieber Hans?, Wo sind deine Haare, August? und In Nischni-Nowgorod schrieb, wurde 1942 in Auschwitz ermordet. Fritz Grünbaum, der Autor des berühmten Titels Ich habe das Fräulein Helen baden sehn, wurde in Dachau ermordet. Die Juden Alfred Grünwald, Fritz Rotter (Maier am Himalaya) und Walter Jurmann (Veronika, der Lenz ist da und Olga, Tochter der Wolga), Robert Gilbert, Komponist und Texter des auch noch nach dem Krieg viel gesungenen Hits Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh’n, sowie Robert Stolz (Was kann der Sigismund dafür, daß er so schön ist?) emigrierten, und mit ihnen emigrierte auch das Anzügliche, Frivole und Witzige.
Zurück blieb lediglich, was dem „arischen Humor“ entsprach. Andere Interpreten und Schauspieler wie Marika Rökk oder Johannes Heesters wurden für Propagandazwecke eingespannt. Gerade gegen Ende des Krieges, als die Alliierten deutsche Städte bombardierten, wurden explizit Texte gesucht, die der deutschen Bevölkerung wieder Mut machen und zum Durchhalten animieren sollten. Goebbels ließ Aufträge für neue Lieder ausschreiben. Dabei entstanden Texte wie Davon geht die Welt nicht unter und Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n, gesungen von Zarah Leander, und Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern von Heinz Rühmann.[11] Diese wurden, obwohl bereits 1941 bzw. 1939 erstmals aufgenommen, nach dem Krieg wieder oft im Radio gespielt. Auch Ilse Werner, die als junge Frau zu dieser Zeit bereits Erfolge mit Titeln wie Die kleine Stadt will schlafen geh’n, Sing ein Lied wenn du mal traurig bist und Wir machen Musik hatte, konnte in der Nachkriegszeit mit diesen und weiteren Titeln wieder Erfolge feiern und hatte bis in die 1960er-Jahre Charterfolge.
Auch der weltberühmt gewordene Schlager Lili Marleen, zuerst gesungen von Lale Andersen, fiel in diese Zeit. Das bereits 1915 getextete und 22 Jahre später vertonte Lied sollte laut Goebbels zuerst als Marsch gespielt werden, doch Lale Andersen weigerte sich. Als es 1941 im Rundfunk gespielt wurde, war der Siegeszug der Melodie nicht mehr aufzuhalten. Wegen seines „unheilvollen Charakters“ wurde das Abspielen von Lili Marleen im Großdeutschen Reich schon bald verboten. Allerdings hinderte dies den deutschen Soldatensender Belgrad nicht, es weiter zu verbreiten, und bald entstanden auch anderssprachige Fassungen.
Ein bedeutender Komponist dieser Zeit war Michael Jary, der, meist mit dem Textdichter Bruno Balz zahlreiche Schlager, unter anderem für Heinz Rühmann und Zarah Leander geschrieben hat. Jary und Balz waren auch noch weit bis in die Nachkriegszeit im Schlagerbereich aktiv.
Nachkriegszeit (1945 bis etwa 1955)Bearbeiten
Als nach dem Krieg die ersten Rundfunkstationen wieder genehmigt wurden, begann auch die Plattenindustrie wieder zu produzieren. Manchmal waren Schlager dieser Zeit einfach als Faschingslieder komponiert, die sich über die närrische Zeit hinaus behaupteten. Dazu zählt das Lied Ich fahr mit meiner Lisa, zum schiefen Turm von Pisa, das zuerst von Jupp Schmitz 1949 gesungen wurde, ferner Wer soll das bezahlen? (Jupp Schmitz, 1949) und der Nummer-eins-Hit Am 30. Mai ist der Weltuntergang (Golgowski-Quartett, 1954).
In der Nachkriegszeit war der musikalische Geschmack des „Otto Normalverbrauchers“ (Figur aus dem Film Berliner Ballade (1948), dargestellt von einem schlanken Gert Fröbe) bunt gemischt. Dabei handelten die Texte von so unterschiedlichen Themen wie dem Mariandl (1947), das eher österreichisch daherkam, dem Theodor im Fußballtor (1948 zuerst gesungen von Margot Hielscher, später wurde Theo Lingen damit sehr bekannt), bis zum kabarettwürdigen Couplet Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien. Mit „Trizonesien“ waren die westlichen Zonen des damals in vier Besatzungszonen geteilten Deutschland gemeint.
Populäre typisch österreichische Schlager dieser Zeit waren neben dem Mariandl die von Hans Lang und Erich Meder geschriebenen Lieder – meist von Maria Andergast gesungen –, wie z. B. Du bist die Rose vom Wörthersee, Aus Urfahr war mein Vorfahr, A Gitarr und a Jodler oder A fesche Katz.
Interpreten dieser Zeit waren Rita Paul (Bobby, back’ einen Kuchen, 1950; Spiel mir eine alte Melodie, 1952; Mäcki-Boogie, 1952 mit Bully Buhlan), die Kilima Hawaiians (Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand, 1953), Bruce Low (Das alte Haus von Rocky Docky, 1955) sowie der gerade mit seiner Karriere startende Peter Alexander zusammen mit Leila Negra und ihrem viel gespielten Titel Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere (die deutsche Fassung des italienischen Papaveri e papere von Nilla Pizzi).
Auch Caterina Valente (Ganz Paris träumt von der Liebe, 1954), Lys Assia (Oh mein Papa, 1954) und Vico Torriani (Siebenmal in der Woche, 1957) versuchten nach dem verlorenen Krieg die Stimmung einer heilen Welt zu verbreiten. Konjunktur-Cha-Cha mit seinem Refrain „Geh’n Sie mit der Konjunktur!“ hieß ein dem Zeitgeist entsprechendes Stück vom Hazy Osterwald Sextett, das das Wirtschaftswunder zum Thema hatte. René Carol hatte erste Erfolge mit Maria aus Bahia (1950), Bella Donna (1953) und Deinen Namen den hab ich vergessen (1954). Im Jahr 1952 erhielt er mit Rote Rosen, rote Lippen, roter Wein gar die erste Goldene Schallplatte der Nachkriegszeit.
Eine weitere erfolgreiche Sängerin der späten 1940er- und frühen 1950er-Jahre war Evelyn Künneke, die Tochter des Operettenkomponisten Eduard Künneke und der Opernsängerin Katarina Garden. Zunächst trat sie als Stepptänzerin auf, was ihr jedoch 1939 von den Nazis verboten wurde. Daraufhin begann sie eine Karriere als Sängerin und hatte erste Erfolge mit Sing, Nachtigall, sing (1941) und Haben Sie schon mal im Dunkeln geküßt? (1942). Nachdem sie zunächst bei der Truppenbetreuung eingesetzt wurde, wurde sie 1944 wegen Wehrkraftzersetzung verhaftet und im Januar 1945 in die Haftanstalt Berlin-Tegel eingeliefert, wo sie kurz vor Kriegsende wieder freigelassen wurde. In den frühen 1950er-Jahren hatte sie dann noch Erfolge mit Schlagern wie Allerdings, sprach die Sphinx (1949), Winke-winke (1950), Hab’n ’se nich ’nen Mann für mich? (1951), Egon (1953) und Herr Kapellmeister, bitte einen Tango (1953).
Wirtschaftswunder (ca. 1955 bis etwa 1962)Bearbeiten
Gegen Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre begannen viele Deutsche ihren Urlaub im Süden, bevorzugt in Italien, zu verbringen. Zum einen wurde dies durch das sogenannte „Wirtschaftswunder“ ermöglicht, das den Arbeitern und Angestellten mehr Geld ins Portemonnaie spülte, zum anderen waren es viele entsprechende Schlager, die Sehnsucht nach Italien weckten. Friedel Hensch und die Cyprys hatten es 1953 in ihrem Schlager Ja, für eine Fahrt ans Mittelmeer bereits prognostiziert. So fuhren im Jahre 1956 etwa 4,5 Millionen Deutsche mit Heinkel-Rollern, VW Käfer und Goggomobil in den Süden auf der Suche nach einer „heileren Welt“. Möglicherweise hatte Rudi Schuricke mit dem bereits 1943 aufgenommenen, aber erst 1950 zum Hit avancierten Schlager Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt (auch bekannt geworden unter dem Titel Caprifischer) bereits den Grundstock für die Suche nach Harmonie, Süden, Meer und Glück gelegt. Arrivederci Roma und O mia bella Napoli, gesungen von Lys Assia, Rocco Granata mit seinem Hit Marina oder auch die in Deutschland überaus populäre Caterina Valente mit Ciao, ciao Bambina sind nur wenige Beispiele. Die Mischung aus Wiederaufbruchstimmung und Wirtschaftswunder zeigte sich beispielhaft im Lied Es geht besser, besser, besser, das Caterina Valente 1956 mit ihrem Bruder Silvio Francesco sang. Das Geschwisterpaar nahm bereits 1955 den Titel Steig in das Traumboot der Liebe gemeinsam auf und sang 1956 gemeinsam mit Peter Alexander den Titel Komm ein bißchen mit nach Italien, die ebenfalls das Fernweh der Deutschen bedienten und große Erfolge wurden. Auch in der DDR gab es Italien-Schlager, so z. B. A-mi-amore von Günter Hapke.
Seemannslieder und Meeresballaden hatten ebenso Hochkonjunktur. Zu nennen ist hier insbesondere Freddy Quinn, der wochenlang die Hitparaden mit seinen Schlagern Die Gitarre und das Meer, Junge, komm bald wieder und Unter fremden Sternen besetzt hielt. Er war der erfolgreichste Schlagersänger aller Zeiten, der 1956 mit dem Titel Heimweh gestartet war.[11] Er verkaufte schnell Millionen von Schallplatten und sang auch beim ersten Grand Prix Eurovision de la Chanson (heute Eurovision Song Contest) 1956 den Titel So geht das jede Nacht, der sich an Bill Haleys Rock Around the Clock anlehnte. Aber auch die Österreicherin Lolita mit ihrem Hit, der sogar in japanische und in die US-Charts gelangte Seemann (deine Heimat ist das Meer) und Lale Andersen mit Unter der roten Laterne von St. Pauli, Blaue Nacht am Hafen, Wenn du heimkommst oder Ein Schiff wird kommen. Auch Hawaii und Südsee waren beliebte Motive im deutschen Schlager dieser Zeit, entsprechende Titel wurden z. B. vom Hula Hawaiian Quartett gesungen. In Ostdeutschland war zu dieser Zeit beispielsweise Jenny Petra mit Weiße Wolken, blaues Meer und Du populär.
Auch die gebürtige Belgierin Angèle Durand bediente das Fernweh der Deutschen und sang damals sehr erfolgreich zahlreiche Titel, die sich der Stadt Paris widmeten: z. B. So ist Paris, Melodie d’amour, Chanson d’amour, Er macht Musik am Montparnasse; Paris, du bist die schönste Stadt der Welt u. a.
Stellvertretend für die Schlager der frühen 1960er Jahre steht hier das 1962 von Mina gesungene und von Kurt Feltz getextete Stück Heißer Sand, dessen Text vieldeutig ist und dennoch – oder gerade deshalb – den Geschmack der Jugend dieser Zeit trifft:
„Schwarzer Tino, deine Nina war beim Rocco schon im Wort.
Weil den Rocco sie nun fanden, schwarzer Tino mußt du fort.
Heißer Sand und ein verlorenes Land und ein Leben in Gefahr,
Heißer Sand und die Erinnerung daran, daß es einmal schöner war.
Schwarzer Tino, deine Nina tanzt im Hafen mit den Boys.
Nur die Wellen singen leise, was von Tino jeder weiß.
Heißer Sand […]“
Ebenfalls zu erwähnen sind die damaligen Vorbilder der Teenager Conny (Zwei kleine Italiener) und Peter Kraus (Sugar Sugar Baby), die sowohl im Duett als auch solo mit mehreren Filmen und Schlagertiteln erfolgreich waren. Nicht minder erfolgreich war Ted Herold mit Titeln wie Ich bin ein Mann oder Moonlight. Die erste Girlgroup der deutschsprachigen Schlagermusik waren die Jacob Sisters, die mit dem Gartenzwerg-Marsch („Adelbert, Adelbert, schenk mir einen Gartenzwerg …“[12]), der Coverversion eines Billy-Sanders-Titels, bekannt wurden.
Beendet wurde diese Ära mit den ersten Erfolgen der Beatles in Deutschland mit Komm gib mir deine Hand und Sie liebt dich. Während zuvor nur Elvis Presley öfter die Phalanx der deutschen Nummer-1-Hits durchbrechen konnte, geschah dies jetzt immer öfter mit englischsprachigen Titeln. Die Schlagerindustrie reagierte darauf.
Eines der erfolgreichsten Autorenteams für deutschen Schlager der Nachkriegsgeschichte waren Heinz Gietz und Kurt Feltz, die bis zu Beginn der 1980er-Jahre mit zahlreichen Schlagern für diverse Interpreten Erfolg hatten.
Erfolgreiche Schlagerinterpreten dieser Zeit waren (in alphabetischer Reihenfolge, jeweils mit einigen ihrer größten Hits):
- Peter Alexander – Der Mond hält seine Wacht / Ich weiß was dir fehlt / Ich zähle täglich meine Sorgen / Bist du einsam heut’ Nacht / Paris ist eine Reise wert / Und die Musik spielt dazu / Der Badewannentango / Verliebt, verlobt, verheiratet (mit Cornelia Froboess)
- Gus Backus – Da sprach der alte Häuptling / Der Mann im Mond / Sauerkraut-Polka / Bohnen in die Ohren
- Mona Baptiste – Es liegt was in der Luft (mit Bully Buhlan) / Mr Wonderful
- Ralf Bendix – Kriminal-Tango / Babysitter-Boogie
- Fred Bertelmann – In Hamburg sind die Nächte lang / Im Hafen Unserer Träume / Der Lachende Vagabund / Aber du heißt Pia / Das blaue Meer und du / Der Dumme im Leben ist immer der Mann (mit Chris Howland)
- Blue Diamonds – Ramona / Wie damals in Paris / Sukiyaki
- Jacqueline Boyer – Tom Pillibi / Grüß mir die Liebe / Mitsou
- Will Brandes – Teenager Melodie (mit Cornelia Froboess) / Marina / Gärtner aus Liebe
- Bully Buhlan – Was versteht denn ein Cowboy von der Liebe / Es liegt was in der Luft (mit Mona Baptiste) / Ich möcht auf deiner Hochzeit tanzen
- Lou van Burg – Nicolo Nicolo Nicolino / Ich möchte dich so gern verwöhnen (mit Barbara Kist) / Freunde fürs Leben / Wunderbar / Die feinen Leute von Paris / Grüß mir die Mädchen von Paris
- Dalida – Am Tag, als der Regen kam
- Angèle Durand – Der Student von Paris / So ist Paris / C’est magnifique / Melodie d’amour / Chanson d’amour / Die Girls / Er macht Musik am Montparnasse / Casino de Paris / Ja, ich bin die tolle Frau
- Margot Eskens – Tiritomba / Cindy, oh Cindy / Wenn du heimkommst / Ein Herz, das kann man nicht kaufen / Ob in Bombay, ob in Rio
- Camillo Felgen – Ich hab’ Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren
- Conny Froboess – Pack die Badehose ein / Diana / Teenager-Melodie (mit Will Brandes) / Sag mir, was du denkst (mit Peter Kraus) / Zwei kleine Italiener / Lady Sunshine und Mr. Moon / Verliebt, verlobt, verheiratet (mit Peter Alexander)
- Rocco Granata – Marina
- Nana Gualdi – Fridolin (Ich hab’ nichts anzuzieh’n) / Junge Leute brauchen Liebe
- Willy Hagara – Eine Kutsche voller Mädels / Casetta in Canada / Nur in Portofino / Mandolinen und Mondschein / Freunde fürs Leben / Pepe
- Margot Hielscher – Telefon, Telefon / Für zwei Groschen Musik
- Chris Howland – Fräulein / Das hab’ ich in Paris gelernt / Der Dumme im Leben ist immer der Mann (mit Fred Bertelmann) / O Yes, Okay, Allright / Die Mutter ist immer dabei / Hämmerchen-Polka / Das hat sich Tante Emma aus Italien mitgebracht
- Jan & Kjeld – Banjo Boy / Hillibilly-Banjo / Hello Mary Lou
- Bibi Johns – Bella Bimba / Die Gipsy-Band / Ich möcht auf deiner Hochzeit tanzen / Zwei Herzen im Mai / Im Hafen unserer Träume / Mal Regen und mal Sonnenschein / Zwei Verliebte in Paris / Junggesellen musst du Fallen stellen / Gilli-Gilli-Oxenpfeffer
- Peter Kraus – Diana / Mit Siebzehn / Sugar Baby / Alle Mädchen wollen küssen / Sag mir, was du denkst (mit Cornelia Froboess) / Va bene / Sweety
- Lolita – Weißer Holunder / Der weiße Mond von Maratonga / Seemann (deine Heimat ist das Meer) / Lieber Jonny, komm doch wieder / Mein Schiff heißt Heimweh / Über alle sieben Meere
- Bruce Low – Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand / Das alte Haus von Rocky Docky / Wenn die Sonne scheint in Texas / Und es weht der Wind
- Jimmy Makulis – Gitarren klingen leise durch die Nacht
- Dany Mann – Hula Hoop / Hallo My Boy / Alle Tage Liebe / Hallo Dream Boy / Komm, laß dem Kind den bunten Luftballon / Mister Wunderbar
- Mina – Heißer Sand
- Maria Mucke – Zauber von Paris / Es wird ja alles wieder gut / Heut’ ist ein Feiertag für mich
- Nilsen Brothers – Tom Dooley / Aber dich gibt’s nur einmal für mich
- Ralf Paulsen – Tränen in deinen Augen / Bonanza
- Freddy Quinn – Heimweh (Dort, wo die Blumen blüh’n) / Einmal in Tampico / Die Gitarre und das Meer / Unter fremden Sternen (fährt ein weißes Schiff nach Hongkong) / Irgendwann gibt’s ein Wiedersehn / La Paloma / Junge, komm bald wieder
- Bill Ramsey – Wumba-Tumba Schokoladeneisverkäufer / Souvenirs / Pigalle (Die große Mausefalle) / Zuckerpuppe (aus der Bauchtanz-Truppe) / Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett
- Ivo Robić – Morgen / Mit 17 fängt das Leben erst an / Ein ganzes Leben lang
- Wolfgang Sauer – Du hast ja Tränen in den Augen / Glaube mir / Eine Melodie geht um die Welt / Ach, man braucht ja so wenig, um glücklich zu sein / Cindy, oh Cindy / Wenn die Glocken hell erklingen
- Illo Schieder – Sieben einsame Tage / Wie oft du mich küßt / Freu dich auf Sonntag / Teenager Mamie / San Franzisko / Ich bin rund und gesund
- Vico Torriani – Addio, donna grazia / Bella, bella donna / Du schwarzer Zigeuner / Siebenmal in der Woche / Ananas aus Caracas / Kalkutta liegt am Ganges / Sie war nicht älter als 18 Jahr’ / Café Oriental
- Caterina Valente – Ganz Paris träumt von der Liebe / Steig in das Traumboot der Liebe (mit Silvio Francesco) / Komm ein bißchen mit nach Italien (mit Silvio Francesco) / Es geht besser, besser, besser (mit Silvio Francesco und Peter Alexander) / Tipitipitipso / Dich werd’ ich nie vergessen / Wo meine Sonne scheint / Spiel noch einmal für mich, Habanero / Pepe / Quando, quando
- Gerhard Wendland – Tanze mit mir in den Morgen / Schau mir nochmal in die Augen / Ich sende dir Rosen
Die 1960er Jahre – Aufspaltung von Schlager und PopmusikBearbeiten
In den 1960er Jahren spaltete sich die populäre Musik im deutschsprachigen Raum in zwei Lager: in das des klassischen Schlagers und das der deutschen Popmusik. Der größte Gegensatz zur Popmusik, die neue experimentelle Wege in Sprache und Musik versuchte, war, dass der Schlager deutschsprachig blieb und bereits etablierte Rhythmen und Melodien perpetuierte. Die Studentenbewegung tat das Ihre zu der kritischen Hinterfragung der Hörgewohnheiten. Die Beatmusik, der Rock und der Pop eroberten den deutschen Schlagermarkt, und die zuvor gefeierten Interpreten fristeten ein Nischendasein. Wurden 1962 noch fast alle Nummer-1-Hits auf Deutsch gesungen, sank der Anteil 1966 bereits auf 50 %, und Ende des Jahrzehnts lag er gerade mal bei fünf bis zehn Prozent. Die Popmusik sprach die „rebellische“ Jugend an, setzte sich auch mit politisch und gesellschaftlich kritischen Themen auseinander, während der Schlager weitestgehend unpolitische Inhalte thematisierte und für die Jugend zunehmend unattraktiv wurde. Der Schlager, um seine Zielgruppe fürchtend, versuchte eine vorsichtige Näherung. Jetzt wurden, um dem Publikumsgeschmack Genüge zu tun, einerseits englische, französische, griechische, skandinavische und italienische Interpreten, die in ihrem Land bereits erfolgreich waren, mit deutschen Texten auf den Musikmarkt geschickt, andererseits wurde der deutsche Schlager prägend von der Beat-Welle beeinflusst, und es gab zahlreiche Interpreten, die deutschsprachige Beat-Schlager veröffentlichten; erfolgreichste Interpreten auf diesem Gebiet waren Drafi Deutscher und Manuela.
Einer der erfolgreichsten Komponisten und Produzenten von Schlagern der 1960er- & 1970er-Jahre ist Christian Bruhn. Darüber hinaus war er für zahlreiche Film- und Fernsehmusikkompositionen verantwortlich.
Die „Globalisierung“ der Musikindustrie begann also bereits Anfang bis Mitte der 1960er Jahre. Von den zahlreichen Sängerinnen und Sängern seien hier einige genannt (die Aufzählung enthält keine Wertung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):
- Salvatore Adamo – Es geht eine Träne auf Reisen
- Peter Alexander – Eine Lederhose braucht keine Bügelfalten (mit Sven Jenssen) / Heidschi Bumbeidschi / Der letzte Walzer / Delilah / Komm und bedien dich
- Alexandra – Mein Freund, der Baum / Zigeunerjunge
- Roy Black – Du bist nicht allein / Ganz in Weiß / Schön ist es auf der Welt zu sein (mit Anita)
- Graham Bonney – Super Girl / Das Girl mit dem La-La-La / Siebenmeilenstiefel / 99,9 Prozent / Wähle 3-3-3 / Ich hab’ die ganze Nacht nur an Dich gedacht
- Heidi Brühl – Wir wollen niemals auseinandergehn
- Petula Clark – Monsieur / Casanova Kiss Kiss / Mille mille grazie
- Alma Cogan – Tennessee Waltz / So fängt es immer an
- Connie Francis – Die Liebe ist ein seltsames Spiel / Schöner fremder Mann / Paradiso / Barcarole in der Nacht
- France Gall – Das war eine schöne Party (Ein rosaroter Lampion) (deutsche Fassung ihres Grand-Prix-Erfolges Poupée de cire, poupée de son) / A Banda (Zwei Apfelsinen im Haar) / Ein bißchen Goethe, ein bißchen Bonaparte
- Françoise Hardy – Frag’ den Abendwind
- Gitte Hænning – Ich will ’nen Cowboy als Mann / Vom Stadtpark die Laternen (gemeinsam mit Rex Gildo)
- Udo Jürgens – Siebzehn Jahr, blondes Haar / Merci, Chérie / Sag mir wie / Immer wieder geht die Sonne auf / Anuschka
- Greetje Kauffeld – Nur eine schlechte Kopie / Jeden Tag, da lieb ich dich ein kleines bisschen mehr (mit Paul Kuhn) / Wir können uns nur Briefe schreiben / Blue honey moon (mit Paul Kuhn) / Tanz bitte noch einmal mit mir
- Kirsti – Du darfst nicht weinen / Von mir aus kann es regnen / Ein Student aus Uppsala / Es ist alles gut
- Dorthe (Kollo) – Sind Sie der Graf von Luxemburg? / Wärst du doch in Düsseldorf geblieben / Jeder Schotte
- Lill-Babs – Wo finde ich den Mann? / Heut’ Nacht im Sternenschein / Amore, Amore, Amore / Good-Bye Cowboy / Aber Du / Baby, laß Deine Sorgen Sorgen sein / So sind alle Männer / Weekend und Sonne
- Siw Malmkvist – Danke für die Blumen / Schade, schade, schade / Schwarzer Kater Stanislaus / Liebeskummer lohnt sich nicht / Küsse nie nach Mitternacht / Frech geküsst ist halb gewonnen / Harlekin / Primaballerina | Liebe wie im Rosengarten
- Manuela – Schuld war nur der Bossa Nova / Ich geh noch zur Schule / Schwimmen lernt man im See / Schneemann
- Peggy March – Mit 17 hat man noch Träume / Memories of Heidelberg / Romeo und Julia / Hey, das ist Musik für dich / In der Carnaby Street
- Billy Mo – Ich kauf’ mir lieber einen Tirolerhut
- Nana Mouskouri – Weiße Rosen aus Athen / Ich schau den weißen Wolken nach / Einmal weht der Südwind wieder
- Wencke Myhre – Beiß nicht gleich in jeden Apfel / Alle Männer alle / Ein Hoch der Liebe / Flower-Power-Kleid / Die Liebe im allgemeinen / Er steht im Tor / Abendstunde hat Gold im Munde / Er hat ein knallrotes Gummiboot
- Esther & Abi Ofarim – Cinderella Rockefella
- Rita Pavone – Wenn ich ein Junge wär’ / Arrivederci Hans / Bene Bene Bene
- Cliff Richard – Rote Lippen soll man küssen / Das ist die Frage aller Fragen
- Tahiti-Tamourés – Wini-Wini
Gleichzeitig versuchten sich viele Sportler als Schlagersänger. Während der Hürdenläufer Martin Lauer bereits in den Jahren zuvor mit einer gewissen Musikalität und Liedern wie Taxi nach Texas und Ich sitz’ so gern am Lagerfeuer erfolgreich war, waren die Erfolge der Eiskunstläufer Marika Kilius Wenn die Cowboys träumen, Hans-Jürgen Bäumler Honeymoon in St. Tropez und Manfred Schnelldorfer Wenn du mal allein bist sowie der Fußballspieler Franz Beckenbauer Gute Freunde und des Torwarts Petar Radenković Bin i Radi, bin i König wohl lediglich ihrer sportlichen Laufbahn zu verdanken. In Österreich waren es die Skifahrer Karl Schranz und Toni Sailer mit Tiroler Hula-Hupp.
Die 1970er (1968–1980)Bearbeiten
Ein Bruch kam mit den linksgerichteten Studenten- und Bürgerbewegungen 1968.
Doch in den 1970er Jahren blühte der Schlager nochmals auf, was auch auf die zunehmende Verbreitung von Fernsehgeräten (Olympische Spiele München 1972; Fußball-Weltmeisterschaft 1974) und damit einhergehenden einschlägigen Musiksendungen zurückzuführen war. Die ZDF-Hitparade präsentierte monatlich alte und neue Interpreten und Lieder. Dabei war oft Udo Jürgens (Zeig mir den Platz an der Sonne / Griechischer Wein / Ein ehrenwertes Haus / Aber bitte mit Sahne / Mit 66 Jahren) mit seinen zahlreichen Hits.
Gerade in den 1970er Jahren war die Anzahl der Schlager-One-Hit-Wonders enorm hoch. Auch wenn die von Media Control wöchentlich ermittelte „Top-10“ der meistverkauften Titel in Deutschland immer häufiger englischsprachige Songs auf den vorderen Plätzen ermittelte, schien der Schlager doch eine sichere Position im Musikgeschmack der Deutschen einzunehmen. Die ab 1971 von Ilja Richter im ZDF moderierte Sendung Disco griff daher anfänglich auf einen Mix aus nationalen und internationalen Sängern zurück. Doch die aufkommende Disco-Welle sorgte auch in Deutschland für einen veränderten Musikgeschmack. Die Schlagersänger nahmen sich teilweise der neuen und vor allem schnelleren Rhythmen an und versuchten, diese auf das Konzept der Schlagermusik zu übertragen. Hierbei blieb allerdings auch der Aufwand auf der Strecke, der bis dahin in die Schlagerproduktion gesteckt worden war. Wurden früher noch ausgefeilte Arrangements geschrieben und mit einer Studio-Combo – oft auch noch mit Hintergrundchor – eingespielt (z. B. Dann schon eher der Piano-Player von France Gall), so übernahm mehr und mehr ein einfacher Synthesizer die gesamte Begleitung des Interpreten. Dadurch verloren die einzelnen Titel ihre besondere Unverwechselbarkeit zugunsten einer schnellen und preisgünstigen Produktion.
Mit dem Wiederaufblühen des Schlagers vermehrte sich unter dem abwertenden Begriff Schnulze auch die Kritik. Schon 1968 reduzierte ORF-Generalintendant Gerd Bacher im sogenannten Schnulzenerlass drastisch die Quote deutschsprachiger Musik auf Ö3. Stattdessen entstand dort etwas später die Sendung Das Schnulzodrom mit Moderator Haymo Pockberger, der neue deutsche Schlager mit eigenen Reimen spöttisch kommentierte und sich regelmäßig mit „Auf Wiederweinen!“ verabschiedete. 1974 erschien mit dem erfolglosen Zwei im siebten Himmel der letzte konventionelle Schlagerfilm. Aufgrund der zunehmenden Kritik schrieb, veranlasst von Dieter Thomas Heck, im selben Jahr Jack White den Titel Wir lassen uns das Singen nicht verbieten, den Tina York erfolgreich interpretierte.
Zwei Komponisten und Produzenten, die seit den 1970er-Jahren bis weit in die 2010er-Jahre das Schlagergeschäft geprägt haben und über Jahrzehnte zahlreiche Erfolge mit diversen Interpreten verbuchen konnten, sind Ralph Siegel, der mit seinen Kompositionen auch zahlreiche Teilnahmen beim Eurovision Song Contest bestritt, sowie Jack White, der nicht nur im Schlagerbereich aktiv war, sondern auch im Bereich englischsprachiger Musik zahlreiche internationale Erfolge feierte.
Bekannte Schlager-Interpreten der 1970er-Jahre waren (in alphabetischer Reihenfolge und mit einigen ihrer größten Hits):
- Adam & Eve – Wenn die Sonne erwacht in den Bergen / Das macht die Liebe allein / Dann kommt der Sonnenschein / Komm und tanz mit mir / Du gehst fort / Ungarische Nächte
- Peter Alexander – Hier ist ein Mensch / Steck dir deine Sorgen an den Hut / Die kleine Kneipe / Feierabend / Und manchmal weinst du sicher ein paar Tränen / Mamutschka / Der Papa wird’s schon richten
- Christian Anders – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
- Roberto Blanco – Heute so, morgen so / Der Puppenspieler von Mexiko / Ein bißchen Spaß muß sein
- Hans Blum – Im Wagen vor mir (als Henry Valentino & Uschi)
- Freddy Breck – Überall auf der Welt / Bianca / Rote Rosen / Der große Zampano
- Bernhard Brink – Liebe auf Zeit / Alles braucht seine Zeit / Frei und abgebrannt / Ich wär’ so gern wie du
- Howard Carpendale – Ich geb mir selbst ’ne Party / Das schöne Mädchen von Seite 1 / Deine Spuren im Sand / Ti amo / Nachts, wenn alles schläft
- Cindy & Bert – Immer wieder sonntags / Spaniens Gitarren / Aber am Abend da spielt der Zigeuner / Die Sommermelodie / Wenn die Rosen erblühen in Malaga
- Bernd Clüver – Der Junge mit der Mundharmonika / Der kleine Prinz
- Costa Cordalis – Carolina, komm / Steig in das Boot heute Nacht, Anna Lena / Es stieg ein Engel vom Olymp / Anita / Don Pedro (Ein Küsschen in Ehren …)
- Jürgen Drews – Ein Bett im Kornfeld
- Katja Ebstein – Wunder gibt es immer wieder / Diese Welt / Es war einmal ein Jäger / Theater / Dann heirat’ doch dein Büro
- Joy Fleming – Ein Lied kann eine Brücke sein
- Gunter Gabriel – Er ist ein Kerl / Hey Boss – Ich brauch mehr Geld / Komm’ unter meine Decke
- Danyel Gérard – Butterfly
- Rex Gildo – Fiesta Mexicana / Der Sommer ist vorbei / Marie, der letzte Tanz ist nur für dich / Der letzte Sirtaki
- Karel Gott – Einmal um die ganze Welt / Die Biene Maja / Babička
- Gitte Hænning – Junger Tag / Ich hab’ die Liebe verspielt in Monte Carlo / So schön kann doch kein Mann sein / Freu dich bloß nicht zu früh / Ich bin stark / Ich will alles
- Jonny Hill – Ruf’ Teddybär eins-vier
- Michael Holm – Mendocino / Barfuß im Regen / Tränen lügen nicht / Lucille
- Bata Illic – Michaela / Komm auf das Schiff meiner Träume / Schwarze Madonna / Ich hab noch Sand in den Schuhen aus Hawaii / Mädchen mit den traurigen Augen / Ich möcht’ der Knopf an deiner Bluse sein
- Andrea Jürgens – Und dabei liebe ich euch beide
- Udo Jürgens – Zeig mir den Platz an der Sonne / Der Teufel hat den Schnaps gemacht / Griechischer Wein / Ein ehrenwertes Haus / Aber bitte mit Sahne / Mit 66 Jahren / Vielen Dank für die Blumen / Ich war noch niemals in New York
- Johanna von Koczian – Keinen Pfennig / Das bißchen Haushalt … sagt mein Mann
- Daliah Lavi – Oh, wann kommst du? / Wer hat mein Lied so zerstört, Ma? / Jerusalem / Willst du mit mir geh’n / Meine Art, Liebe zu zeigen / Wär ich ein Buch
- Vicky Leandros – Dann kamst Du (deutsche Version von „Après toi“) / Ich hab’ die Liebe geseh’n / Die Bouzouki klang durch die Sommernacht / Theo, wir fahr’n nach Lodz / Ich liebe das Leben
- Volker Lechtenbrink – Der Macher / Leben so wie ich es mag / Ich mag
- Renate und Werner Leismann – Ein Schlafsack und eine Gitarre / Ein Häuschen auf zwei Rädern
- Peter Maffay – Du
- Jürgen Marcus – Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben / Ein Festival der Liebe / Ein Lied zieht hinaus in die Welt / Auf dem Karussell fahren alle gleich schnell
- Imca Marina – Viva España
- Tony Marshall – Schöne Maid / Komm gib mir deine Hand / Ich fang’ für euch den Sonnenschein / Junge, die Welt ist schön / Bora Bora / Auf der Straße nach Süden
- Mireille Mathieu – Hinter den Kulissen von Paris / Das Wunder aller Wunder ist die Liebe / An einem Sonntag in Avignon / Es geht mir gut, Chéri / Ganz Paris ist ein Theater / Der Pariser Tango / Akropolis adieu
- Milva – Zusammenleben / Freiheit in meiner Sprache / Du hast es gut / Hurra, wir leben noch
- Wencke Myhre – So eine Liebe gibt es einmal nur / Baden mit und ohne / Ein Sonntag im Bett / Eine Mark für Charly / Laß mein Knie, Joe / Breite uns’re Decke aus / Oh no no
- Nina & Mike Fahrende Musikanten / Paloma Blanca
- Ulla Norden – Wir sind verrückt, wir beide / Verliebt in den eigenen Mann / Urlaub, mach mal Urlaub
- Paola – Blue Bayou / Vogel der Nacht / Cinéma / Der Teufel und der junge Mann
- Peter Petrel – How Do You Do (als Die Windows) / Hamburger Deern (mit der Rentnerband) / Ich fahr’ so gerne Rad / Kalle mit der Kelle / Ich bin viel zu bescheiden / Ich bin wieder mal auf ’nem ganz falschen Dampfer / Liebe ist
- Chris Roberts – Ich bin verliebt in die Liebe / Mein Name ist Hase / Hab' Sonne im Herzen / Mein Schatz, Du bist 'ne Wucht! / Du kannst nicht immer siebzehn sein / Ich mach' ein glückliches Mädchen aus Dir / Do You Speak English?
- Mary Roos – Arizona Man / Sing nochmal dieses Lied / Nur die Liebe läßt uns leben / Eine Liebe ist wie ein Lied / Pinocchio / Ich werde geh’n heute nacht / Aufrecht geh’n
- Randolph Rose – Silvermoon Baby / Nur ein Flirt / Meilensteine der ersten Liebe / Sylvias Mutter / Heute soll Sonntag sein / Carneval in Costa Rica / Du siehst einen glücklichen Menschen / La La Love Song
- Marianne Rosenberg – Er gehört zu mir / Ich bin wie du / Lieder der Nacht / Marleen
- Peter Rubin – Immer mehr / Wir zwei fahren irgendwo hin
- Séverine – Ja der Eiffelturm / Olala l’amour / Der Duft von Paris / Monsieur le Général / Ich zeig’ dir mein Paris / Jetzt geht die Party richtig los / Dreh Dich im Kreisel der Zeit / Moulin Rouge / Sie kam aus Frankreich
- Ireen Sheer – Keine liebt dich so wie ich / Goodbye Mama / Und wenn die Sonne scheint, denkt keiner an den Regen / Morgen ist ein neuer Tag / Nur noch einen Tanz / Bye Bye I Love You / Thank You / Mach die Augen zu / Feuer / Xanadu
- Erik Silvester – Oh lala, sie hat rotes Haar / Ich seh’ die Mädchen gern vorübergehn / Zucker im Kaffee / Ich kenn’ ein Girl am Zuckerhut / Marie, heut’ feiern wir ein Freudenfest
- Lena Valaitis – Ob es so oder so oder anders kommt / Alles, was dein Herz begehrt / So wie ein Regenbogen / Bonjour mon amour / Wer gibt mir den Himmel zurück / Immer die schönen Träume / Da kommt Jose – der Straßenmusikant / Johnny Blue
- Juliane Werding – Am Tag, als Conny Kramer starb / Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst / Man muss das Leben eben nehmen, wie das Leben eben ist
- Tina York – Wo die Sonne scheint / Liechtensteiner Polka / Wir lassen uns das Singen nicht verbieten / Wir seh’n uns wieder / Umarmst du mich, umarm ich dich / Zwei junge Menschen
1980 bis 2000Bearbeiten
Ab Anfang der 1980er setzte die sogenannte Neue Deutsche Welle (NDW) ein, die mit dem Genre Schlager anfangs nur wenig gemeinsam hatte. Immer mehr Schlager wurden aus der Media-Control-Hitparade zugunsten von NDW-Songs und englischsprachigen Titeln verdrängt und auch im Radio wurden immer weniger Schlager gespielt. Um ihn zu „retten“, versuchten sowohl die betroffenen Interpreten als auch die Musikindustrie, ihn in den zahlreichen Fernsehsendungen der volkstümlichen Musik neu zu positionieren. Im Zuge der Kommerzialisierung der Neuen Deutschen Welle durch Interpreten wie Hubert Kah oder Fräulein Menke wurde der Begriff „Neuer Deutscher Schlager“ geprägt.
Jedoch hatten auch in den 1980er-Jahren einige Schlagerinterpreten weiterhin Erfolge. So hatte Howard Carpendale, der bereits in den 1970er-Jahren zahlreiche Hits landen konnte, im Jahr 1984 mit dem Titel Hello Again einen großen Erfolg. Auch Roland Kaiser, der bereits in den 1970er-Jahren mit Titeln wie Sieben Fässer Wein (1977), Amore Mio (Amada Mia, Amore Mio) (1978) und Schach Matt (1979) große Erfolge feierte, konnte in den 1980er-Jahren zahlreiche weitere Hits in den Hitparaden platzieren. So z. B. Santa Maria (1980), Lieb’ mich ein letztes Mal (1981), Dich zu lieben (1981), Manchmal möchte ich schon mit dir (1982), Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben (1984), Joana (1984), Flieg mit mir zu den Sternen (1985) und Ich glaub es geht schon wieder los (1988).
Ingrid Peters, die bereits 1976 mit dem Titel Komm doch mal rüber in den Hitparaden vertreten war, hatte in den 1980er-Jahren noch mehrere Hits, wie beispielsweise Afrika (1983) und Über die Brücke geh’n (1986), mit dem sie auch beim Eurovision Song Contest 1986 teilgenommen hat. Auch Nana Mouskouri, die bereits in den frühen 1960er-Jahren mehrere Nummer-1-Hits hatte, war bis weit in die 1980er-Jahre erfolgreich mit Titeln wie La Provence (Du blühendes Land) (1981) und Aber die Liebe bleibt (1985) in den Hitparaden vertreten.
Eine der erfolgreichsten Schlagersängerinnen der 1980er-Jahre war Nicole mit Titeln wie Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund (1981), Der alte Mann und das Meer (1981), Ein bißchen Frieden (1982), Papillon (1982), Ich hab’ dich doch lieb (1983), Wenn die Blumen weinen könnten (1983), Laß mich nicht allein (1986), Ein leises Lied (1991), Mit dir vielleicht, vielleicht auch nicht (1992) und Wirst du mich lieben (1999). Ein erfolgreicher Schlagersänger der 1980er-Jahre war Andy Borg, der später auch als Moderator diverser Fernsehsendungen Erfolg hatte. Zu seinen Hits zählen Titel wie Adios Amor (1982), Arrivederci Claire (1982), Die berühmten drei Worte (1982), Ich will nicht wissen, wie Du heißt (1984) und Barcarole vom Abschied (1984).
In den 1990er Jahren gab es in Deutschland, ausgelöst durch eine Retrowelle, in der „alte Modetrends“, also Musik, Kleidung und Accessoires der 1970er Jahre, wieder populär wurden, ein Schlager-Revival, z. B. durch Guildo Horn, Dieter Thomas Kuhn oder Petra Perle. Ferner hatten dann – die umpositionierten – eher volkstümlichen Schlager größere Erfolge zu verzeichnen. Klassiker des deutschen Schlagers aus den 1970er und 1980er Jahren werden etwa auf dem Schlagermove in Hamburg gespielt. 1997 wurde erstmals in Deutschland eine Formathitparade für Titel dieses Genres eingeführt. Die „Deutschen Schlager Charts“ erschienen in ihrer ersten Ausgabe im November 1997 mit Unterstützung von Uwe Hübner (damals Moderator der ZDF-Hitparade). Hier fanden sich Titel des Schlager-Revivals, „klassische Schlager“ sowie deutschsprachige Popnummern unter einem Dach vereint. Die Offiziellen Deutschen Schlagercharts wurden von 2001 bis 2015 durch Media Control und seit 2015 durch die GfK Entertainment publiziert, wo sie als reine Verkaufscharts geführt werden.
Erfolgreiche Schlagersängerinnen der 1990er-Jahre waren Claudia Jung, Michelle und Kristina Bach, die auch als Produzentin Erfolge feierte. Alle drei sind noch heute (Stand: 2022) erfolgreich im Schlagergeschäft.
2000 bis heuteBearbeiten
Die ZDF-Hitparade wurde im Dezember 2000 eingestellt. Neuere Interpreten wie DJ Ötzi, die verschiedene Genres vermischen, brachten auch im neuen Jahrtausend Hitparadenerfolge. Ebenso wiesen Alben der Schlagersängerinnen Helene Fischer,[13] Andrea Berg, Vanessa Mai und Beatrice Egli Erfolge aus.[14] Max Raabe dagegen feiert auch internationale Erfolge mit Schlagern der 1920er und 1930er Jahre.[15]
Bereits Ende der 1980er Jahre wurde der deutsche Schlager unter anderem von der Punkband Die Toten Hosen unter ihrem Pseudonym Die Roten Rosen mit dem Album Never Mind The Hosen – Here’s Die Roten Rosen auch in der Rockmusik rezipiert. Tom Angelripper, Sänger und Bassist der Metal-Band Sodom spielte 2011 gemeinsam mit Roberto Blanco auf dem Wacken Open Air, wo sie eine Metal-Version von Blancos Hit Ein bißchen Spaß muß sein vortrugen. 2013 trat Heino dort gemeinsam mit Rammstein mit ihrem Titel Sonne auf.
Der Anteil der Schlagermusik wurde – basierend auf Umfrageergebnissen innerhalb des Zielpublikums – in den Radioprogrammen der ARD reduziert.[16] Andererseits haben sich einige deutschsprachige Internetradiosender spezialisiert, ausschließlich für Schlagerfans zu senden. Eine 2014 veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa ergab, dass 55 Prozent (51 % der Männer und 59 % der Frauen) deutschsprachigen Schlager mögen. Beliebt ist er besonders bei den über 55-Jährigen (77 %), während bei den 18- bis 24-Jährigen lediglich 29 Prozent Gefallen daran finden, zudem gibt es ein Bildungsgefälle (Abiturienten 46 %, Haupt- oder Volksschulabschluss 65 %).[17] Heutzutage wird auch immer häufiger der Begriff „Popschlager“ mit modernem Schlager gleichgesetzt und findet zahlreiche Anhänger.[18]
Schlagerfilme (Auswahl)Bearbeiten
Die Handlung hat meist viele komödiantische Elemente und orientiert sich bei den frühen Beispielen an der Operette oder dem Revuefilm; später wird sie dann häufig von verliebten jungen Leuten und eher verständnislosen Erwachsenen dominiert.
- 1953: Schlagerparade (Regie Erik Ode, Darsteller und Lieder u. a.: Bully Buhlan, Margot Hielscher, Johannes Heesters, Lys Assia, Rudi Schuricke, Friedel Hensch und die Cyprys, Rita Paul, Gitta Lind, Renate Holm, Maurice Chevalier, Peter Igelhoff)
- 1955: Ein Herz voll Musik (Regie: Robert A. Stemmle, Darsteller: Vico Torriani, Erika Köth u. a.)
- 1955: Liebe, Tanz und 1000 Schlager (Regie: Paul Martin, Darsteller: Caterina Valente, Peter Alexander u. a.)
- 1955: Ball im Savoy (Regie: Paul Martin, Darsteller: Bibi Johns, Nadja Tiller, Caterina Valente u. a.)
- 1956: Bonjour, Kathrin (Regie: Karl Anton, Darsteller: Peter Alexander, Caterina Valente, Silvio Francesco u. a.)
- 1957: Wenn Frauen schwindeln (Regie: Paul Martin, Darsteller: Friedel Hensch, Bibi Johns, Fred Bertelmann u. a.)
- 1957: Weißer Holunder (Regie: Paul May, Darsteller: Willy Hagara, Lolita, Hubert von Meyerinck u. a.)
- 1957: Liebe, Jazz und Übermut (Regie: Erik Ode, Darsteller: Peter Alexander, Bibi Johns u. a.)
- 1958: Wenn die Conny mit dem Peter (Regie: Fritz Umgelter, Darsteller: Cornelia Froboess, Peter Kraus, Rex Gildo u. a.)
- 1958: Der lachende Vagabund (Regie: Thomas Engel, Darsteller: Fred Bertelmann, Susanne Cramer, Cornelia Froboess, Angèle Durand u. a.)
- 1959: Das blaue Meer und Du (Regie: Thomas Engel, Darsteller: Fred Bertelmann, Karin Dor, Chris Howland u. a.)
- 1959: Du bist wunderbar (Regie: Paul Martin, Darsteller: Caterina Valente, Helen Vita, Trude Herr u. a.)
- 1960: Ich zähle täglich meine Sorgen (Regie: Paul Martin, Darsteller: Peter Alexander, Loni Heuser, Gunther Philipp u. a.)
- 1960: Conny und Peter machen Musik (Regie: Werner Jacobs, Darsteller: Cornelia Froboess, Peter Kraus u. a.)
- 1960: Marina (Regie: Paul Martin, Darsteller: Rex Gildo, Trude Herr, Rocco Granata u. a.)
- 1964: Die ganze Welt ist himmelblau (in Deutschland unter dem Titel Rote Lippen soll man küssen) u. a. mit Trude Herr; Gastauftritte: Eddie Constantine und Vico Torriani
Siehe auchBearbeiten
- Deutsche Schlagercharts
- Musik der DDR (→ Schlager und Stimmungslieder)
- Grand Prix Eurovision de la Chanson/Eurovision Song Contest
- Deutsche Schlager-Festspiele
- Liste deutschsprachiger Schlagermusiker
- Liste der meistverkauften deutschsprachigen Schlager und Lieder der volkstümlichen Musik in Deutschland
LiteraturBearbeiten
- Theodor W. Adorno: Einleitung in die Musiksoziologie. Zwölf theoretische Vorlesungen. II. Leichte Musik. In: Gesammelte Schriften. Band 14. Suhrkamp, Frankfurt/M., 1973.
- Markus Bandur: Schlager. In: Handwörterbuch der musikalischen Terminologie. Band 5, hrsg. von Hans Heinrich Eggebrecht und Albrecht Riethmüller, Schriftleitung Markus Bandur, Steiner, Stuttgart 1990 (Digitalisat).
- Matthias Bardong, Hermann Demmler, Christian Pfarr (Hrsg.): Das Lexikon des deutschen Schlagers. Serie Musik. Schott, Mainz 1993, ISBN 3-7957-8208-2.
- Hermann Bausinger: Schlager und Volkslied. In: Handbuch des Volksliedes. Band 1: Die Gattung des Volksliedes. 1973, S. 679–690, urn:nbn:de:bsz:21-opus-50484.
- Oliver Bekermann: „Wunder gibt es immer wieder“ – Eine Untersuchung zur gegenseitigen Abhängigkeit von Alltagskommunikation und Deutschem Schlager. Books on Demand, Norderstedt 2007, ISBN 978-3-8370-0045-0.
- Ada Bieber, Günter Helmes: Von Trizonesiern, Konjunkturrittern und Herzensbrechern. Der Schlagersound der 1950er Jahre. In: Gerhard Paul, Ralph Schock: Sound des Jahrhunderts. Geräusche, Töne, Stimmen 1889 bis heute. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2013, S. 352–357. ISBN 978-3-8389-7096-7.
- Wolfgang Buschlinger: Ich könnt’ heulen. Vom deutschen Schlager. Radio-Essay (SWR2), 18. September 2017 (Manuskript (PDF) )
- Christian Glanz: Schlager. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3046-5.
- Ingo Grabowsky, Martin Lücke: Die 100 Schlager des Jahrhunderts. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2008, ISBN 3-434-50619-5.
- Ingo Grabowsky, Martin Lücke: Schlager. Eine musikalische Zeitreise von A bis Z. Edition Spielbein, Erlangen 2010, ISBN 978-3-938903-25-4.
- Günter Helmes: Popularmusik und Gefühle. Beobachtungen und Überlegungen zum deutschen Schlager. In: Der Deutschunterricht 48, 1996, 2, ISSN 0340-2258, S. 62–84.
- Günter Helmes: Schlager. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Band 3, de Gruyter, Berlin 2003, ISBN 978-3-11-015664-5, S. 377–380.
- Monika Kornberger: „Einmal sang die Liebe uns ein Lied“. Deutscher Schlager der Zwischenkriegszeit in Wien und seine Protagonisten. Ein Handbuch. Hollitzer Verlag, Wien 2021 (Musikkontext 14), ISBN 978-3-99012-824-4.
- Norbert Linke: Musik erobert die Welt. Wie die Wiener Familie Strauß die „Unterhaltungsmusik“ revolutionierte. Herold, Wien 1987, ISBN 3-7008-0361-3.
- Rainer Moritz: Schlager. dtv, München 2000, ISBN 3-423-20362-5.
- Stephan Näther, Ernst Regauer: Grand Prix d’Eurovision und deutsche Schlagerwettbewerbe seit 1956. Nather & Regauer, Berlin 1991, 2001, 2002.
- Christian Peters, Barbara Langer: Lili Marleen. Ein Schlager macht Geschichte. Süddeutscher Verlag, Bonn 2001.
- André Port le Roi: Schlager lügen nicht, deutscher Schlager und Politik in ihrer Zeit. Klartext, Essen 1998, ISBN 3-88474-657-X.
- Kerstin Rech: Der Schlager, das Saarland und die Siebziger. Geistkirch Verlag, Saarbrücken 2017, ISBN 978-3-946036-68-5.
- Christian Seiler (Hrsg.), Reinhilde Becker (Ill.): Die beliebtesten Schlager der 20er Jahre. Perlen-Reihe, Wien / München 1998, ISBN 3-85223-412-3.
- Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Melodien für Millionen: Das Jahrhundert des Schlagers. Ausstellungskatalog. Bonn 9. Mai bis 5. Oktober 2008. Kerber, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-86678-161-0.
- Membran Music Ltd.: 100 Gassenhauer Historische Tonaufnahmen Nur Originale, Folge 3, Grosser und Stein GmbH, Pforzheim 2004, ISBN 978-3-86562-201-3.
WeblinksBearbeiten
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Hans H. Eggebrecht: Terminologie der Musik im 20. Jahrhundert. Handwörterbuch der Musikalischen Terminologie. Franz-Steiner-Verlag, 1995 S. 392
- ↑ Schlager – eine Begriffsdefinition. Microsoft Encarta CD-ROM, 2003.
- ↑ Wolther Irving: Kampf der Kulturen – Der „Eurovision Song Contest“ als Mittel national-kultureller Repräsentation. Königshausen & Neumann, 2006, S. 88 ff.
- ↑ Schlager in duden.de, abgerufen am 28. Juni 2014.
- ↑ Zündende Melodie – Schlager nennt sie der Wiener. In: Nat.-Ztg. 34, Wien 1881, S. 526.
- ↑ Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 652.
- ↑ Schlager. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. Juni 2014
- ↑ Frederick Noad: The Renaissance Guitar. (= The Frederick Noad Guitar Anthology. Teil 1) Ariel Publications, New York 1974; Neudruck: Amsco Publications, New York / London / Sydney, UK ISBN 0-7119-0958-X, US ISBN 0-8256-9950-9, S. 22 (Spagnoletta).
- ↑ Norbert Linke: Musik erobert die Welt. Wie die Wiener Familie Strauß die „Unterhaltungsmusik“ revolutionierte. Herold, Wien 1987, ISBN 3-7008-0361-3, S. 204.
- ↑ 100 Gassenhauer – frech – frivol – witzig, historische Tonaufnahmen, Membran Music Ltd., Pforzheim 2004, ISBN 978-3937730158
- ↑ a b Deutschland, deine Schlager – Kult oder Kitsch?. Auf ZDF History, abgerufen am 12. Oktober 2009.
- ↑ lyrix.at abgerufen am 12. Februar 2020
- ↑ , Die 10 beliebtesten Schlagersängerinnen Schlager.de
- ↑ Acht der zehn Top-Alben von Deutschen, Spiegel Online vom 4. Januar 2010.
- ↑ »Wir verblüffen das Publikum« Focus vom 5. März 2011.
- ↑ Kein Schlager-Boom. Deutschlandfunk, 28. September 2013.
- ↑ Deutscher Schlager spaltet die Nation. Tagesspiegel, 25. März 2014.
- ↑ popschlager-aktuell.com