Eugenio Castellotti

italienischer Automobilrennfahrer

Eugenio Castellotti (* 10. Oktober 1930 in Lodi; † 14. März 1957 in Modena) war ein italienischer Automobilrennfahrer.

Eugenio Castellotti
Eugenio Castellotti im Ferrari 860 Monza beim Start zur Targa Florio (1955)
Nation: Italien Italien
Automobil-Weltmeisterschaft
Erster Start: Großer Preis von Argentinien 1955
Letzter Start: Großer Preis von Argentinien 1957
Konstrukteure
1955 Lancia · 1955–1957 Ferrari
Statistik
WM-Bilanz: WM-Dritter (1955)
Starts Siege Poles SR
14 1
WM-Punkte: 19,5
Podestplätze: 3
Führungsrunden: 20 über 146 km

Karriere Bearbeiten

Erfolgreicher Amateur bei den Sportwagen Bearbeiten

Als wohlhabender Landbesitzer kaufte sich Castellotti bereits 1950 einen Ferrari-Sportwagen, um mit großem Enthusiasmus an nationalen Sportwagenrennen in den beiden folgenden Jahren teilzunehmen.

1952 begann sich dies auch in Siegen für ihn auszuzahlen: Er gewann den Gold Cup von Sizilien, den „Circuito di Senigallia“ und den Sportwagen-Grand-Prix von Portugal. Auch der zweite Platz beim Grand Prix von Monaco, der 1952 nur für Sportwagen ausgeschrieben war, fand internationale Beachtung.

Aufnahme bei Lancia Bearbeiten

Daher verpflichtete ihn das Lancia-Sportwagenteam, für das er 1953 erstmals bei der Carrera Panamericana in Südamerika startete. Bei diesem Debüt gelang ihm der dritte Rang hinter dem dominierenden Juan Manuel Fangio und Piero Taruffi. Im gleichen Jahr gewann er für Lancia sowohl das 10-Stunden-Rennen von Messina und die italienische Bergrennen-Meisterschaft.

Dank dieser guten Resultate berücksichtigte ihn Lancia ebenfalls für das Formel-1-Projekt für die Formel-1-Saison 1954.

Alle Wagen wurden jedoch sehr spät fertiggestellt, so dass Eugenio Castellotti zu seinem ersten Start auf einem Monoposto erst zum Beginn des Frühjahrs 1955 kam. Bei der nicht zur Weltmeisterschaft zählenden Generalprobe, dem Grand Prix de Pau, wurde er Zweiter, noch vor seinen Teamkollegen Luigi Villoresi und Alberto Ascari, den mechanische Probleme zurückgeworfen hatten. Beim Grand Prix von Monaco erzielte er ebenfalls den zweiten Platz. Einige Tage später kam Ascari bei Testfahrten mit einem privaten Ferrari-Sportwagen ums Leben, woraufhin sich dessen Freund und Förderer Villoresi sowohl vom Motorsport als auch vom Lancia-Projekt zurückzog.

Dem sowohl talentierten wie Monoposto-unerfahrenen Castellotti fiel damit unerwartet die Starfahrerrolle zu, die er mit guten Ergebnissen und dem Drängen auf die Teamleitung auch weiterhin trotz geringer finanzieller Mittel, um Rennen zu bestreiten, ausfüllte. Im Endklassement erreichte er den dritten Platz.

Zum Ende des Jahres „stampfte“ Lancia wie erwartet das Projekt ein. Die legendären D50 übereignete man Enzo Ferrari, der diese Erbmasse in Ermangelung eigener überzeugender Entwürfe gern entgegennahm.

 
Castellotti auf Ferrari 290MM bei der Mille Miglia 1956

„Übernahme“ durch Ferrari Bearbeiten

Castellotti war dadurch nahezu automatisch zu einem Angehörigen des Ferrari-Teams geworden. Doch wie in vielen anderen Jahren war die Scuderia durch eine Vielzahl von gemeldeten Fahrern derartig „aufgebläht“, dass Castellotti sich lieber auf Sportwagenrennen konzentrierte. Überaus erfolgreich gewann er nun die berühmte Mille Miglia 1956 und das 12-Stunden-Rennen von Sebring in Florida.

Sein „Highlight“ während der Formel-1-Saison 1956 war der zweite Platz hinter seinem Teamkollegen Peter Collins beim Grand Prix von Frankreich in Reims. Beim Großen Preis von Italien in Monza schied er jedoch durch einen Reifenschaden nach einem Duell mit Luigi Musso aus, der ebenfalls einen Ferrari steuerte. Dennoch belegte er in der Endabrechnung jenes Jahres Rang sechs.

Privatleben und Tod Bearbeiten

Anfang 1957 stand Castellotti mehr im Blickpunkt der italienischen Boulevardpresse als in den nationalen Rennsport-Gazetten: Seine Liebesaffäre mit dem italienischen Film- und Fernsehstar Delia Scala war ein „gefundenes Fressen“ für die Magazine und die Öffentlichkeit.

Während eines Urlaubs in Florenz rief ihn Enzo Ferrari in die Unternehmenszentrale nach Modena zurück, damit er etwas gegen den neuen inoffiziellen Rundenrekord der Hausstrecke unternehmen konnte, den Jean Behra mit einem Fahrzeug der nationalen Konkurrenz, dem neuesten Maserati 250F, erzielt hatte.

 
Das Wrack von Castellottis Wagen nach dem tödlichen Unfall

Bereits auf seiner dritten Runde auf dem Aerautodromo di Modena verlor Castellotti in der S-Kurve am Ende der Start-Ziel-Gerade die Kontrolle über seinen Ferrari 801. Der Wagen überschlug sich und prallte gegen eine kleine Betontribüne, wobei Castellotti aus dem Fahrzeug geschleudert wurde und sofort den Tod fand. Als Unglücksursache wurde ein Fahrfehler beim Herunterschalten vermutet.

Mit ihm verlor Italien erneut einen vielseitigen und talentierten Fahrer der jüngeren Generation, was sich insbesondere zu Beginn der 1960er-Jahre bemerkbar machte, als nur noch wenige Fahrer der großen Rennsport-Nation in die absolute Spitze vorstoßen konnten.

Statistik Bearbeiten

Statistik in der Automobil-Weltmeisterschaft Bearbeiten

Gesamtübersicht Bearbeiten

Saison Team Chassis Motor Rennen Siege Zweiter Dritter Poles schn.
Rennrunden
Punkte WM-Pos.
1955 Scuderia Lancia Lancia D50 Lancia 2.5 V8 3 1 12 3.
Scuderia Ferrari Ferrari 625F1 Ferrari 2.5 L4 2 1
Ferrari 555 Supersqualo 1 1
1956 Scuderia Ferrari Ferrari D50 Ferrari 2.5 V8 7 1 7,5 6.
1957 Scuderia Ferrari Ferrari 801 Ferrari 2.5 V8 1 NC
Gesamt 14 2 1 1 19,5

Einzelergebnisse Bearbeiten

Saison 1 2 3 4 5 6 7 8
1955              
DNF 2 DNF 5 6 3
1956                
DNF 4 DNF 2 10 DNF 8
1957                
DNF
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
1/2/3/4/5/6/7/8 Punktplatzierung im Sprint-/Qualifikationsrennen
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten
Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung

Le-Mans-Ergebnisse Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1955 Italien  Scuderia Ferrari Ferrari 121LM Italien  Paolo Marzotto Ausfall Motorschaden

Sebring-Ergebnisse Bearbeiten

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1954 Italien  Scuderia Lancia Lancia D24 Argentinien  Juan Manuel Fangio Ausfall Differential
1956 Italien  Scuderia Ferrari Ferrari 860 Monza Argentinien  Juan Manuel Fangio Gesamtsieg

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft Bearbeiten

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7
1953 Eugenio Castellotti
Lancia
Ferrari 340 Mexico
Lancia D20
Lancia D23
Vereinigte Staaten  SEB Italien  MIM Frankreich  LEM Belgien  SPA Deutschland  NÜR Vereinigtes Konigreich  RTT Mexiko  CAP
DNF DNF 3
1954 Lancia Lancia D24 Argentinien  BUA Vereinigte Staaten  SEB Italien  MIM Frankreich  LEM Vereinigtes Konigreich  RTT Mexiko  CAP
DNF DNF 3
1955 Scuderia Ferrari Ferrari 121LM
Ferrari 857S
Argentinien  BUA Vereinigte Staaten  SEB Italien  MIM Frankreich  LEM Vereinigtes Konigreich  RTT Italien  TAR
DNF DNF 6 3
1956 Scuderia Ferrari Ferrari 410 Sport
Ferrari 860 Monza
Ferrari 290MM
Argentinien  BUA Vereinigte Staaten  SEB Italien  MIM Deutschland  NÜR Schweden  KRI
DNF 1 1 2 DNF
1957 Scuderia Temple Buell Ferrari 290MM Argentinien  BUA Vereinigte Staaten  SEB Italien  MIM Deutschland  NÜR Frankreich  LEM Schweden  KRI Venezuela  CAR
1

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Gino Rancati: Ferrari: A Memory. Motorbooks International, 1989 (englisch).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Eugenio Castellotti – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien