Olympische Sommerspiele 1972/Leichtathletik – 4 × 100 m (Frauen)

Wettkampf bei den Olympischen Spielen 1972

Die 4-mal-100-Meter-Staffel der Frauen bei den Olympischen Spielen 1972 in München wurde am 9. und 10. September 1972 im Olympiastadion München ausgetragen. In fünfzehn Staffeln nahmen 61 Athletinnen teil.

Olympische Ringe
Sportart Leichtathletik
Disziplin 4-mal-100-Meter-Staffel
Geschlecht Frauen
Teilnehmer 15 Staffeln mit 61 Athletinnen
Wettkampfort Olympiastadion München
Wettkampfphase 9. September 1972 (Vorläufe)
10. September 1972 (Finale)
Medaillengewinnerinnen
Deutschland BR BR Deutschland
Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR
Kuba Kuba
1968 1976

Olympiasieger wurde die Staffel der Bundesrepublik Deutschland in der Weltrekordzeit von 42,81 s in der Besetzung Christiane Krause, Ingrid Mickler-Becker, Annegret Richter und Heide Rosendahl.
Silber gewann die Staffel der DDR mit Evelin Kaufer, Christina Heinich, Bärbel Struppert und Renate Stecher.
Bronze ging an Kuba (Marlene Elejarde, Carmen Valdés, Fulgencia Romay, Silvia Chivás).

Staffeln aus der Schweiz, Österreich und Liechtenstein nahmen nicht teil.

In diesen Jahren wurde bei vielen Veranstaltungen bereits die elektronische Zeitmessung eingesetzt. Die Rekorde wurden in der Regel allerdings immer noch in Zehntelsekunden geführt. Sie waren eine Mischung aus handgestoppten und gerundeten elektronisch ermittelten Zeiten. Da die per Handzeitnahme gemessenen Zeiten aufgrund der Reaktionszeiten der Kampfrichter um ein bis zwei Zehntelsekunden besser ausfielen, begann man allerdings auch damit, getrennte rein elektronisch ermittelte Rekordübersichten zu führen.

Die beiden folgenden Übersichten zeigen Welt- und Olympiarekord getrennt, einmal auf der Grundlage von Handzeitnahme, zum anderen aus den rein elektronisch ermittelten Werten.

Offizielle Rekorde – gerundet auf Zehntelsekunden

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Weltrekord[1] 42,8 s Vereinigte Staaten  USA
(Margaret Bailes, Barbara Ferrell,
Mildrette Netter, Wyomia Tyus)
Finale OS Mexiko-Stadt, Mexiko 20. Oktober 1968
Olympischer Rekord

Elektronische Zeitnahme – gerundet auf Hundertstelsekunden

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Weltrekord[1] 42,88 s Vereinigte Staaten  USA
(Margaret Bailes, Barbara Ferrell,
Mildrette Netter, Wyomia Tyus)
Finale OS Mexiko-Stadt, Mexiko 20. Oktober 1968
Olympischer Rekord
 
Blick vom Olympiaberg auf das Olympiastadion

Rekordegalisierungen / -verbesserungen

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Durchführung des Wettbewerbs

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Die Staffeln absolvierten am 9. September zwei Vorläufe, aus denen sich die jeweils vier besten Mannschaften – hellblau unterlegt – für das Finale am 10. September qualifizierten.

Zeitplan

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09. September, 17:10 Uhr: Vorläufe
10. September, 15:55 Uhr: Finale[2]

Vorrunde

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9. September, ab 17:10 Uhr: Finale[3]

Vorlauf 1

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Platz Staffel Besetzung Zeit
1 Kuba  Kuba Marlene Elejarde
Carmen Valdés
Fulgencia Romay
Silvia Chivás
43,67 s
2 Sowjetunion 1955  Sowjetunion Marina Sidorowa
Galina Bucharina
Ljudmila Scharkowa
Nadeschda Besfamilnaja
43,77 s
3 Australien  Australien Maureen Caird
Pam Ryan
Marion Hoffman
Raelene Boyle (Vorlauf)
44,03 s
4 Polen 1944  Polen Helena Fliśnik
Barbara Bakulin
Urszula Jóźwik
Danuta Jędrejek
44,19 s
5 Italien  Italien Maddalena Grassano
Alessandra Orselli
Laura Nappi
Cecilia Molinari
44,62 s
6 Finnland  Finnland Tuula Rautanen
Mona-Lisa Strandvall
Pirjo Wilmi
Marika Eklund
44,68 s
7 Nigeria  Nigeria Emilia Edet
Ashanti Obi
Helen Olaye
Modupe Oshikoya
45,15 s
DSQ Philippinen 1944  Philippinen Lucila Salao
Carmen Torres
Aida Mantawel
Amelita Alanes

Vorlauf 2

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Platz Staffel Besetzung Zeit Anmerkung
1 Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR Evelin Kaufer
Christina Heinich
Bärbel Struppert
Renate Stecher
42,88 s WRel eg
2 Deutschland BR  BR Deutschland Christiane Krause
Ingrid Mickler-Becker
Annegret Richter
Heide Rosendahl
42,97 s
3 Vereinigte Staaten  USA Martha Watson
Mattiline Render
Mildrette Netter
Iris Davis
43,07 s
4 Vereinigtes Konigreich  Großbritannien Andrea Lynch
Della Pascoe
Judy Vernon
Anita Neil
43,76 s
5 Bulgarien 1971  Bulgarien Diana Jorgowa
Iwanka Walkowa
Iwanka Wenkowa
Jordanka Jankowa
43,95 s
DSQ Jamaika  Jamaika Leleith Hodges
Vilma Charlton
Carol Cummings
Debbie Byfield
Schweden  Schweden Anneli Olsson
Gunhild Olsson
Karin Lundgren
Linda Haglund

10. September, 15:55 Uhr[3]

Platz Staffel Besetzung Zeit Anmerkung
1 Deutschland BR  BR Deutschland Christiane Krause
Ingrid Mickler-Becker
Annegret Richter
Heide Rosendahl
42,81 s WRe / WRel
2 Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR Evelin Kaufer
Christina Heinich
Bärbel Struppert
Renate Stecher
42,95 s
3 Kuba  Kuba Marlene Elejarde
Carmen Valdés
Fulgencia Romay
Silvia Chivás
43,36 s
4 Vereinigte Staaten  USA Martha Watson
Mattiline Render
Mildrette Netter
Iris Davis
43,39 s
5 Sowjetunion 1955  Sowjetunion Marina Sidorowa
Galina Bucharina
Ljudmila Scharkowa
Nadeschda Besfamilnaja
43,59 s
6 Australien  Australien Maureen Caird
Raelene Boyle
Marion Hoffman
Penny Gillies (Finale)
im Vorlauf außerdem:
Pam Ryan
43,61 s
7 Vereinigtes Konigreich  Großbritannien Andrea Lynch
Della Pascoe
Judy Vernon
Anita Neil
43,71 s
8 Polen 1944  Polen Helena Fliśnik
Barbara Bakulin
Urszula Jóźwik
Danuta Jędrejek
44,20 s

Als Favoritenstaffeln gingen die beiden deutschen Mannschaften aus der DDR und der Bundesrepublik an den Start. Dieses Duell besaß in der damaligen Zeit des Kalten Krieges und des Ost-West-Konfliktes mit der Frage nach dem besseren System gerade zwischen der DDR und der Bundesrepublik eine ganz besondere Brisanz. Mit entsprechender Spannung wurde das Rennen erwartet, das unter den Zuschauern allerdings v. a. unter sportlichen Aspekten gesehen wurde. Bereits im zweiten Vorlauf hatte es ein Aufeinandertreffen der beiden Teams gegeben. Dort hatte die DDR mit einer guten Zehntelsekunde Vorsprung vorne gelegen und dabei den nach elektronischen Maßstäben gewerteten Weltrekord der USA von 1968 eingestellt.

Die bundesdeutsche Staffel erarbeitete sich mit Christiane Krause und Ingrid Mickler-Becker auf den ersten beiden Positionen einen kleinen Vorsprung vor der DDR mit den Läuferinnen Evelin Kaufer und Christina Heinich. Annegret Richter– später über 100 Meter Olympiasiegerin in Montreal 1976 – übergab den Stab dann mit einem hauchdünnen Vorsprung an Schlussläuferin Heide Rosendahl. Die DDR wechselte an dieser Position von Bärbel Struppert auf die Sprint-Doppelolympiasiegerin Renate Stecher. An der Stelle schien das Rennen auf einen DDR-Sieg hinauszulaufen, denn Rosendahls Vorsprung vor der übermächtigen Renate Stecher hätte eigentlich deutlich größer sein müssen, um einen Sieg der bundesdeutschen Staffel zu ermöglichen. Doch Heide Rosendahl erstaunte Zuschauer und Fachleute. Sie konnte den Vorsprung halten und ihr Team mit etwas mehr als einer Zehntelsekunde Vorsprung zum Olympiasieg bringen. Die Bronzemedaille hinter der DDR gewannen die Staffelläuferinnen aus Kuba. Sie lagen vier Zehntelsekunden hinter der DDR und nur drei Hundertstelsekunden vor den US-Amerikanerinnen.[4]

Erstmals gewann eine deutsche – hier gleichzeitig bundesdeutsche – Staffel die Goldmedaille.

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Athletics - Progression of outdoor world records (Women), 4x100 m - Women, sport-record.de (englisch), abgerufen am 4. Oktober 2021.
  2. Offizieller Report 1972: Die Spiele, Band 3: Die Wettkämpfe (PDF; 28.754 KB) S. 43 (englisch, französisch, deutsch), abgerufen am 4. Oktober 2021.
  3. a b Offizieller Report 1972: Die Spiele, Band 3: Die Wettkämpfe (PDF; 28.754 KB) S. 69 (englisch, französisch, deutsch), abgerufen am 4. Oktober 2021.
  4. Athletics at the 1972 München: Women's 4x100m relay, archiviert bei wayback (Internet Archive), sports-reference.com (englisch), abgerufen am 4. Oktober 2021.