Omnium (aus dem Lateinischen: von allen = Mehrkampf) bezeichnet einen Wettbewerb im Bahnradsport, der nach aktuellem Reglement aus vier verschiedenen Ausdauerdisziplinen zusammengesetzt ist. Das Omnium wird bei Kontinental- und Weltmeisterschaften ausgefahren und ist seit 2012 Teil des olympischen Programms.

Regeln Bearbeiten

Das Omnium besteht seit 2016 aus folgenden Teildisziplinen:

  1. Scratch (Männer 10 km, Frauen und Junioren 7,5 km, Juniorinnen 5 km)
  2. Temporennen (Männer 10 km, Frauen und Junioren 7,5 km, Juniorinnen 5 km)
  3. Ausscheidungsfahren
  4. Punktefahren (Männer 25 km, Frauen und Junioren 20 km, Juniorinnen 15 km)

In den ersten drei Wettbewerben werden 40, 38, 36 etc. Punkte für die ersten Fahrer vergeben, zu denen sich die im Punktefahren erzielten Punkte für Sprints und Rundengewinne addieren. Sieger ist, wer die höchste Gesamtpunktzahl hat. Bei Punktgleichheit entscheidet der Einlauf des letzten Sprints im Punktefahren.

Ab 2025 wird die Länge des Temporennens für Frauen auf 10 Kilometer und für Juniorinnen auf 7,5 Kilometer erhöht.[1]

Entwicklung Bearbeiten

Ein erster „Omnium“ genannter Wettbewerb wurde 1917 in Paris ausgetragen und bestand aus einem Sprint, einem 10 km langen Dernyrennen und einem 20 km langen Rennen mit Tandem als Schrittmacher. Über die Jahre wurde der Wettbewerb in unterschiedlichen Zusammensetzungen durchgeführt.[2] In Deutschland wurden von 1961 bis 1984 deutsche Amateur-Meister im Omnium ermittelt, mit den Teildisziplinen Sprint, Zeitfahren, Ausscheidungsfahren und Punktefahren. Ein Omnium-Wettbewerb wurde zum Beispiel auch beim bis 2008 jährlich stattfindenden „Großen Weihnachtspreis“ in der Dortmunder Westfalenhalle ausgetragen.

Der Wettbewerb wurde erstmals 2006 ins Regelwerk der UCI aufgenommen und 2007 bei den Weltmeisterschaften eingeführt, zunächst für Männer. Er bestand zu diesem Zeitpunkt aus folgenden Teilen:[3]

  1. 200 m Zeitfahren mit fliegendem Start
  2. Scratch (5 km)
  3. Einerverfolgung (Männer 3 km, Junioren 2 km)
  4. Punktefahren (15 km)
  5. Zeitfahren (1000 m)

Das Omnium deckte damit sowohl die Kurzzeit- als auch die Ausdauer-Disziplinen im Bahnradsport ab und bei den Ausdauer-Disziplinen sowohl die Verfolgung als auch ein Rennen mit Massenstart. In jedem Teilwettbewerb wurden Punkte entsprechend dem erzielten Rang vergeben, und es gewann der Fahrer mit der niedrigsten Gesamtpunktzahl. Bei Punktgleichheit entschied die Addition der Zeitfahr-Disziplinen.

2009 wurde das Omnium auch für Frauen ins WM-Programm aufgenommen. Nach den Weltmeisterschaften 2010 wurden die Regeln geändert. Grund hierfür war die Aufnahme des Omniums (Männer und Frauen) sowie zusätzlicher Frauenwettbewerbe in die Olympischen Spiele ab 2012. Dafür wurden mehrere Ausdauer-Disziplinen (Einerverfolgung, Punktefahren, Zweier-Mannschaftsfahren) aus dem olympischen Programm gestrichen. Als Ausgleich zugunsten der Ausdauerfahrer wurde das Ausscheidungsfahren in den Omnium aufgenommen, und die Distanzen einiger Teildisziplinen wurden erhöht.[4][5]

  1. Fliegende Runde
  2. Punktefahren (Männer 30 km, Frauen 20 km, Junioren 15 km, Juniorinnen 10 km)
  3. Ausscheidungsfahren
  4. Einerverfolgung (Männer 4 km, Frauen und Junioren 3 km, Juniorinnen 2 km)
  5. Scratch (Männer 10 km, Frauen und Junioren 7,5 km, Juniorinnen 5 km)
  6. Zeitfahren (Männer 1000 m, Frauen 500 m)

Die Distanzen im Scratch wurden jedoch darauf erhöht,[6] und 2014 wurde das Regelwerk grundlegend modifiziert. Die Reihenfolge der Wettbewerbe änderte sich ebenso wie die Berechnung des Gesamtergebnisses: In den ersten fünf Wettbewerben wurden nunmehr 40, 38, 36 etc. Punkte für die ersten Fahrer vergeben, zu denen die im Punktefahren erzielten Punkte für Sprints und Rundengewinne addiert wurden. Sieger war der Fahrer mit der höchsten Gesamtpunktzahl. Bei Punktgleichheit entschied der Einlauf des letzten Sprints des Punktefahrens. Damit ergab sich folgende Anordnung:[7]

  1. Scratch (Männer 15 km, Frauen und Junioren 10 km, Juniorinnen 5 km)
  2. Einerverfolgung (Männer 4 km, Frauen und Junioren 3 km, Juniorinnen 2 km)
  3. Ausscheidungsfahren
  4. Zeitfahren (Männer 1000 m, Frauen 500 m)
  5. Fliegende Runde
  6. Punktefahren (Männer 40 km, Frauen 25 km, Junioren 25 km, Juniorinnen 20 km)

Nach einer weiteren Regeländerung im Oktober 2016 wurden die Wettbewerbe mit Einzelstart (Einerverfolgung, Zeitfahren und Fliegende Runde) gestrichen, ein Temporennen hinzugefügt. Der Wettbewerb wird nun statt an zwei nur noch an einem Tag abgehalten, wofür auch die Länge von Scratch und Punktefahren reduziert wurde. Ziel der Reform war, das Omnium zu einem echten Ausdauerwettbewerb zu machen und damit das Programm der Meisterschaften mehr zwischen dem Sprint- und Ausdauerbereich auszubalancieren.[8][9]

Paracycling Bearbeiten

Im Paracycling hat das Omnium eine andere Zusammensetzung: Auf der Bahn werden Zeitfahren, Verfolgung und Scratch sowie 200 Meter bei fliegendem Start ausgetragen. In jedem der vier Wettbewerbe werden 40 Punkte für den ersten Platz vergeben, 38 für den zweiten usw. Das Gesamtklassement richtet sich nach der Addition der vier Wettbewerbe, bei Punktgleichstand entscheidet das Ergebnis im Scratch. Die Reihenfolge der vier Wettbewerbe ist beliebig; Zeitfahren, Verfolgung und Scratch zählen zugleich als Einzeldisziplinen.[10]

Ergebnisse bei Bahnradsport-Weltmeisterschaften Bearbeiten

Männer Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
2007 Tschechien  Alois Kaňkovský Argentinien  Walter Pérez Vereinigte Staaten  Brad Huff
2008 Neuseeland  Hayden Godfrey Australien  Leigh Howard Belarus  Aljaksandr Lisouski
2009 Australien  Leigh Howard Kanada  Zach Bell Niederlande  Tim Veldt
2010 Vereinigtes Konigreich  Ed Clancy Australien  Leigh Howard Vereinigte Staaten  Taylor Phinney
2011 Australien  Michael Freiberg Neuseeland  Shane Archbold Belgien  Gijs Van Hoecke
2012 Australien  Glenn O’Shea Kanada  Zach Bell Danemark  Lasse Norman Hansen
2013 Neuseeland  Aaron Gate Danemark  Lasse Norman Hansen Australien  Glenn O’Shea
2014 Frankreich  Thomas Boudat Niederlande  Tim Veldt Russland  Wiktor Manakow
2015 Kolumbien  Fernando Gaviria Australien  Glenn O’Shea Italien  Elia Viviani
2016 Kolumbien  Fernando Gaviria Deutschland  Roger Kluge Australien  Glenn O’Shea
2017 Frankreich  Benjamin Thomas Neuseeland  Aaron Gate Spanien  Albert Torres
2018 Polen  Szymon Sajnok Niederlande  Jan-Willem van Schip Italien  Simone Consonni
2019 Neuseeland  Campbell Stewart Frankreich  Benjamin Thomas Großbritannien  Ethan Hayter
2020 Frankreich  Benjamin Thomas Niederlande  Jan-Willem van Schip Großbritannien  Matthew Walls
2021 Großbritannien  Ethan Hayter Neuseeland  Aaron Gate Italien  Elia Viviani
2022 Großbritannien  Ethan Hayter Frankreich  Benjamin Thomas Neuseeland  Aaron Gate
2023 Portugal  Iúri Leitão Frankreich  Benjamin Thomas Japan  Shunsuke Imamura

Frauen Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
2009 Australien  Josephine Tomic Kanada  Tara Whitten Niederlande  Yvonne Hijgenaar
2010 Kanada  Tara Whitten Vereinigtes Konigreich  Elizabeth Armitstead Spanien  Leire Olaberria
2011 Kanada  Tara Whitten Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Niederlande  Kirsten Wild
2012 Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Australien  Annette Edmondson Vereinigte Staaten  Sarah Hammer
2013 Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Australien  Annette Edmondson
2014 Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Australien  Annette Edmondson
2015 Australien  Annette Edmondson Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Niederlande  Kirsten Wild
2016 Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Frankreich  Laurie Berthon Vereinigte Staaten  Sarah Hammer
2017 Großbritannien  Katie Archibald Niederlande  Kirsten Wild Australien  Amy Cure
2018 Niederlande  Kirsten Wild Danemark  Amalie Dideriksen Neuseeland  Rushlee Buchanan
2019 Niederlande  Kirsten Wild Italien  Letizia Paternoster Vereinigte Staaten  Jennifer Valente
2020 Japan  Yūmi Kajihara Italien  Letizia Paternoster Polen  Daria Pikulik
2021 Großbritannien  Katie Archibald Belgien  Lotte Kopecky Italien  Elisa Balsamo
2022 Vereinigte Staaten  Jennifer Valente Niederlande  Maike van der Duin Portugal  Maria Martins
2023 Vereinigte Staaten  Jennifer Valente Danemark  Amalie Dideriksen Belgien  Lotte Kopecky

Ergebnisse bei Olympischen Spielen Bearbeiten

Männer Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
2012 Danemark  Lasse Norman Hansen Frankreich  Bryan Coquard Vereinigtes Konigreich  Edward Clancy
2016 Italien  Elia Viviani Vereinigtes Konigreich  Mark Cavendish Danemark  Lasse Norman Hansen
2020 Vereinigtes Konigreich  Matthew Walls Neuseeland  Campbell Stewart Italien  Elia Viviani

Frauen Bearbeiten

Jahr Gold Silber Bronze
2012 Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Australien  Annette Edmondson
2016 Vereinigtes Konigreich  Laura Trott Vereinigte Staaten  Sarah Hammer Belgien  Jolien D’hoore
2020 Vereinigte Staaten  Jennifer Valente Japan  Yūmi Kajihara Niederlande  Kirsten Wild

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Frauen: UCI passt Bahn-Renndistanzen an und führt Radball-WM ein. In: rad-net.de. 5. Mai 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.
  2. L'Omnium : 70 ans pour avoir la peau de la poursuite. DirectVelo, 14. November 2020; (französisch).
  3. UCI-Regeln für den Bahnradsport vom 22. Dezember 2006, Seite 39 (Memento vom 3. März 2007 im Internet Archive)
  4. UCI-Regeln für den Bahnradsport vom 25. Februar 2010, Seite 44f (Memento vom 9. Mai 2010 im Internet Archive)
  5. International Omnium. Jerry Baker Velodrome, abgerufen am 5. Mai 2023 (englisch).
  6. UCI-Regeln für den Bahnradsport vom 1. Februar 2011, Seite 45ff (Memento vom 28. September 2011 im Internet Archive)
  7. Synoptische Darstellung der UCI-Regeln: Modifications as of June 20, 2014 (Memento vom 29. Juni 2014 im Internet Archive) abgerufen am 3. Juli 2014
  8. UCI Management Committee agrees key changes to the regulations of three cycling disciplines. uci.ch, 13. Oktober 2016, abgerufen am 13. Oktober 2016 (englisch).
  9. UCI-Regeln für den Bahnradsport vom 12. Juni 2020, Seite 49ff (Memento vom 17. Oktober 2020 im Internet Archive)
  10. Artikel 16.8.016ff des UCI-Reglements

Weblinks Bearbeiten