Sand in Taufers

Gemeinde in Südtirol, Italien

Sand in Taufers (italienisch Campo Tures) ist eine italienische Marktgemeinde mit 5685 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2022) im Nordosten Südtirols. Hauptort der Gemeinde ist das Dorf Sand im Tauferer Tal.

Sand in Taufers
(ital.: Campo Tures)
Wappen
Wappen von Sand in Taufers
Wappen von Sand in Taufers
Karte
Staat: Italien
Region: Trentino-Südtirol
Provinz: Bozen – Südtirol
Bezirksgemeinschaft: Pustertal
Einwohner:
(VZ 2011/31.12.2022)
5.272/5.685
Sprachgruppen:
(laut Volkszählung 2011)
97,34 % deutsch
2,30 % italienisch
0,36 % ladinisch
Koordinaten 46° 55′ N, 11° 57′ OKoordinaten: 46° 55′ N, 11° 57′ O
Meereshöhe: 838–3436 m s.l.m. (Zentrum: 864 m s.l.m.)
Fläche: 164,47 km²
Dauersiedlungsraum: 10,8 km²
Fraktionen: Ahornach, Kematen, Mühlen in Taufers, Rein in Taufers
Nachbargemeinden: Ahrntal, Gais, Mühlwald, Percha, Prettau, Rasen-Antholz, Sankt Jakob in Defereggen (Osttirol, A)
Postleitzahl: 39032
Vorwahl: 0474
ISTAT-Nummer: 021017
Steuernummer: 81003390218
Bürgermeister (2023): Josef Nöckler

Geographie Bearbeiten

Das 164,47 km² große Gemeindegebiet von Sand in Taufers setzt sich hauptsächlich aus zwei Teilen zusammen: zum einen aus einem Abschnitt des Tauferer Tals mit mehreren Dörfern, zum anderen aus dem davon abzweigenden und spärlich besiedelten Reintal.

 
Ansicht der Ortschaft Sand in Taufers gegen den Hauptkamm der Zillertaler Alpen; Burg Taufers im Mittelgrund

Zu Sand in Taufers gehört der nördlichste Abschnitt des Tauferer Tals, die Tauferer Boden genannte Talweitung, oberhalb der südlichen Nachbargemeinde Gais. Am nördlichen Ende des Tauferer Bodens liegt der Hauptort der Gemeinde, Sand in Taufers (860–900 m s.l.m.). Nördlich hinter Sand reicht das Gemeindegebiet in den Anfangsbereich des Ahrntals hinein, wo sich auch die Grenze zur Gemeinde Ahrntal befindet. Etwas südwestlich von Sand im Tauferer Talboden liegen zunächst die Ortschaft Taufers und anschließend am Ausgang des Mühlwalder Tals und an der Grenze zu Mühlwald die Fraktion Mühlen in Taufers (850–870 m). Mühlen, wo auch der Mühlwalder Bach in die Ahr mündet, wird von Gipfeln der Zillertaler Alpen überragt, im Nordwesten vom Speikboden-Massiv, im Südwesten von Ausläufern der Pfunderer Berge. Auf der gegenüberliegenden östlichen Talseite befindet sich die Fraktion Kematen (850–860 m). Nordöstlich oberhalb des Talgrunds schließlich ist an dem Punkt, wo das Reintal vom Tauferer Tal nach Osten abzweigt, die Fraktion Ahornach mit ihrem kleinen Ortskern (1300–1350 m) und verstreuten Höfen gelegen.

Das in West-Ost-Richtung verlaufende Reintal, vom Reinbach entwässert, nimmt den deutlich größten Anteil des Gemeindegebiets ein. Der Hauptort des Tals, Rein in Taufers (1540–1590 m), ist auf drei Seiten von mächtigen Gebirgskämmen umgeben, die zu großen Teilen im Naturpark Rieserferner-Ahrn unter Schutz gestellt sind. Nördlich begrenzt wird das Hochtal von Bergen der Venedigergruppe, die westlich der Ochsenlenke der Durreckgruppe zugerechnet werden. Die höchsten Gipfel hier sind der Große Moosstock (3059 m), das Durreck (3135 m) und der Hirbernock (3010 m). Die Kämme auf der Ostseite (südlich des Klammljochs, eines Übergangs nach Osttirol) und Südseite des Reintals gehören zur Rieserfernergruppe. Im Osten erheben sich an der italienisch-österreichischen Staatsgrenze zum Bundesland Tirol unter anderem (von Norden nach Süden) Dreieckspitze (3031 m), Lenkstein (3236 m), Fenneregg (3123 m), Patscher Spitze (3082 m) und Barmer Spitze (3200 m). Im Südosten des Tals befindet sich mit dem Hochgall (3436 m) der höchste Punkt der Gemeinde. Der von dort Richtung Westen zum Tauferer Tal hin streichende Kamm trägt ebenfalls bedeutende Gipfel, darunter den das südseitige Antholzer Tal dominierenden Wildgall (3273 m), den sich über dem Westlichen Rieserferner aufbauenden Magerstein (3273 m), das Frauenköpfl (3251 m) und das Fernerköpfl (3248 m), den Schneebigen Nock (3358 m), die Gelttalspitze (3126 m), die Schwarze Wand (3105 m), den Morgenkofel (3073 m) und die Große Windschar (3041 m).

Geschichte Bearbeiten

 
Gedenkstein für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Mitglieder der Feuerwehr Sand in Taufers (Daimerstraße)

Die spärlichen archäologische Funde legen nahe, dass das Gebiet vor Besiedelung durch die Bajuwaren weitgehend unerschlossen war. Auf St. Walburg in Kematen, auf Schloss Taufers und unter den Ruinen der Toblburg (Kofel) wurden frühgeschichtliche Siedlungsspuren gefunden.[1][2]

Im 12. und 13. Jahrhundert residierten die Herren von Taufers auf Burg Taufers und leisteten dem Bischof von Brixen Ministerialdienst. Einer ihrer bekanntesten Abkömmlinge war Hugo von Taufers. Er war Berater von Rudolf I. von Habsburg und hatte die siegreiche Strategie für die Schlacht auf dem Marchfeld 1278 ausgearbeitet. Im 14. Jahrhundert kam die Burg an die Grafen von Tirol.

Taufers mit seinem Mittelpunktsort Sand bildete seit dem Spätmittelalter ein eigenes Landgericht, zu dem eine ausführliche Beschreibung von 1834 aus der Feder des damaligen Landrichters Augustin von Leys vorliegt.[3]

Die Gemeinde in ihrem heutigen Umfang entstand 1929 in der Zeit des Faschismus, damals unter der offiziellen und ausschließlichen Bezeichnung Campo Tures, als Sand um die bis dato eigenständigen Gemeinden Ahornach, Rein, Kematen und Mühlen vergrößert wurde.

Ortsname Bearbeiten

Die erste Erwähnung von Taufers als Tvfres findet sich im Brixner Traditionsbuch für den Zeitraum 10501065[4], die Namen Sand Maurizien (für Moritzen) und Sant (für den Hauptort Sand = Gries bzw. Flussgeschiebe, das die Verebnung des Tauferer Bodens bildet) tauchen erst 1296 bzw. 1410 auf. Im ältesten erhaltenen Taufregister der Pfarre Taufers von 1604 ist von Taufers am Sant die Rede.[5] Der Tauferer Boden bzw. das Tauferer Feld sind 1334 als Touvererfeld und 1360 als Taufferser feld bezeugt.[6]

Sand ist ein häufiger oberdeutscher Flurname. Taufers lässt sich mehrmals in Tirol finden, etwa als Langtaufers oder Taufers im Münstertal (881 Tuberis). Nach Egon Kühebacher könnte er auf eine Wurzel *dub- („Schlucht“) zurückgeführt werden.[7] Er könnte aber auch eine Zusammensetzung des althochdeutschen Adjektivs tiof, tiuf („tief, weitläufig, unten befindlich“) und des althochdeutschen wisa („Grasland, Wiese“) sein, womit die weite Talniederung gemeint sein könnte.[8]

Verkehr Bearbeiten

Für den Kraftverkehr ist die Gemeinde in erster Linie durch die SS 621 erschlossen. Sand war zudem bis 1957 Endbahnhof für die Tauferer Bahn.

Politik Bearbeiten

Bürgermeister seit 1952:[9]

  • Josef Oberhollenzer: 1952–1956
  • Josef Eppacher: 1956–1969
  • Josef Beikircher: 1969–1980
  • Toni Innerhofer: 1980–2005
  • Helmuth Innerbichler: 2005–2015
  • Sigfried Steinmair: 2015–2020
  • Josef Nöckler: 2020–2022
  • Josef Nöckler: 2023–

Wirtschaft Bearbeiten

Dank der Bergbautätigkeit des 15. und 16. Jahrhunderts im Ahrntal rückte der Ort Sand in Taufers kurzzeitig als Sitz der Berggerichts Taufers und eines eigenen Bergrichters zu einer der innertirolischen Schaltzentralen der frühmodernen Urproduktion auf.[10] Nach deren raschem Abebben hatte Taufers allerdings bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein nur eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung. Dies änderte sich wiederum mit dem Aufkommen des Fremdenverkehrs und Alpinismus ab dem späten 19. Jahrhundert. Insbesondere die Eröffnung des Skigebietes auf dem Speikboden im Jahre 1973 brachte einen großen Aufschwung. Heute zählt die Gemeinde über 180 Beherbergungsbetriebe mit 3.500 Gästebetten und 390.000 Nächtigungen pro Jahr.

Im September 2011 eröffnete die Cascade ihre Pforten, eine Kombination aus Schwimmbad, Sauna und Wellnesslandschaft. Von dem Großprojekt erhofft sich die Gemeinde neue Impulse für den Tourismus.

Eine wichtige Rolle spielen auch Gewerbe und Industrie, vor allem im Talboden, dagegen kommt der Landwirtschaft heute nur noch eine nachgeordnete Bedeutung zu.

Soziales Bearbeiten

Der Soziale Wohnungsbau in Südtirol wurde erst 1972 als Folge der Autonomiebestimmungen aus der staatlichen Fürsorge ausgegliedert; im Jahr 1974 ließ das Südtiroler Wohnbauinstitut die ersten Wohneinheiten des regionalen geförderten Wohnbaus in Sand in Taufers (Daimerstraße) errichten.[11]

Bildung Bearbeiten

Sand in Taufers ist Sitz eines deutschsprachigen Schulsprengels. Dieser umfasst die drei Grundschulen in Taufers, Ahornach und Rein sowie die Mittelschule in Taufers. Dem Schulsprengel angeschlossen sind auch die zwei Grundschulen der Nachbargemeinde Mühlwald.[12]

In Taufers sind zudem die einzigen weiterführenden Schulen des Tauferer Ahrntals im Oberschulzentrum Sand in Taufers angesiedelt, das eine Fachoberschule für Wirtschaft und Tourismus, ein Sozialwissenschaftliches Gymnasium sowie eine Berufsfachschule für Pflege und Soziales anbietet.[13]

Sport Bearbeiten

Seit den frühen 1970er Jahren besteht eine eigene Sportzone an der Ahr (Industriestraße) mit mehreren Tennisplätzen und einer Sporthalle. Der zeitgleich begründete Tennisclub Sand in Taufers richtet eigene Junioren- und Seniorenturniere aus.

Seit ca. 1990 organisiert der SSV Taufers regelmäßig ein dreitägiges internationales Jugend-Handballturnier.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Sand in Taufers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Sand in Taufers – Reiseführer

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. GeoBrowser. Provinz Bozen, abgerufen am 1. Januar 2022.
  2. Georg Innerebner: Die Wallburgen Südtirols. Band 1: Pustertal. Bozen: Verlagsanstalt Athesia 1975, S. 135–139.
  3. Walther Neuhauser: Eine Beschreibung des Landgerichts Taufers aus dem Jahre 1834. Die „Topographisch-statistische Darstellung des Landgerichtes Taufers“ des Landrichters Augustin von Leys. Mit Edition des Textes. In: Veröffentlichungen des Landesmuseums Ferdinandeum 21, 2001, S. 5–71.
  4. Oswald Redlich: Die Traditionsbücher des Hochstifts Brixen: vom zehnten bis in das vierzehnte Jahrhundert (Acta Tirolensia 1). Innsbruck: Wagner 1899, S. 50 Nr. 130.
  5. Südtiroler Kirchenbücher: Taufers, Taufregister 1 (1604–1637), fol. 1.
  6. Emil von Ottenthal, Oswald Redlich: Archiv-Berichte aus Tirol. Band III. Wien-Leipzig 1910, S. 365 Nr. 1802 u. 1806.
  7. Egon Kühebacher, Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Band I, Bozen: Athesia, 1995, ISBN 88-7014-634-0, S. 464.
  8. Tobias Flatscher: Namen im Einzugsgebiet der Rienz, 2.Teil: Orts-, Tal-, Gewässer-, Berg- und Almnamen. A. Weger, Brixen 2021, S. 228–232.
  9. Die Bürgermeister der Gemeinden Südtirols seit 1952. (PDF; 15 MB) In: Festschrift 50 Jahre Südtiroler Gemeindenverband 1954–2004. Südtiroler Gemeindenverband, S. 139–159, abgerufen am 16. November 2015.
  10. Georg Schreiber: Der Bergbau in Geschichte, Ethos und Sakralkultur. Wiesbaden: Springer 1962, S. 639ff.
  11. Hannes Obermair: Das WOBI-IPES – ein historischer Aufriss. Festvortrag vom 3. Mai 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  12. Schulsprengel Sand in Taufers. Südtiroler Bürgernetz, abgerufen am 25. Oktober 2014.
  13. Oberschulzentrum Sand in Taufers. Südtiroler Bürgernetz, abgerufen am 25. Oktober 2014.