Politische Gemeinde

unterste Stufe im dreistufigen staatlichen Verwaltungsaufbau der Schweiz

Die politischen Gemeinden – so die offizielle Bezeichnung in den Kantonen Graubünden, Nidwalden, St. Gallen, Thurgau und Zürich – sind die unterste Ebene im dreistufigen Staatsaufbau der Schweiz (Bund – Kanton – Gemeinde).[1] Sie sind öffentlich-rechtliche Körperschaften des kantonalen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit.[2]

In den Kantonen Aargau, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Obwalden, Solothurn, Uri und Zug wird sie als Einwohnergemeinde, in den Kantonen Jura und Wallis als Munizipalgemeinde bzw. commune municipale und in den Kantonen Freiburg, Genf, Glarus (bis Ende 2010 Ortsgemeinden), Luzern,[3] Neuenburg, Schaffhausen,[4] Schwyz, Tessin und Waadt schlicht als Gemeinde bzw. commune, comune bezeichnet. Im Kanton Appenzell Innerrhoden wird die politische Gemeinde Bezirk genannt.

Auch die sich als Stadt bezeichnenden Orte haben als Gebietskörperschaften diese Rechtsform. Eine Stadt ist immer auch eine politische Gemeinde.[5]

Staatsrecht Bearbeiten

Aufgaben Bearbeiten

 
Gemeinden in der Schweiz per 1. März 2024

Das Aufgabenfeld der politischen Gemeinden wird in den kantonalen Verfassungen unterschiedlich definiert. Nach einer ersten Gruppe «nehmen sie alle öffentlichen Aufgaben wahr, für die weder der Bund noch der Kanton zuständig sind» (KV Zürich, Art. 83), nach einer zweiten «erfüllen [sie] die Aufgaben, die ihnen vom Bund und Kanton übertragen werden» (KV Bern, Art. 112), und eine dritte Gruppe verbindet das autonome mit dem übertragenen Element: «Die Gemeinden erfüllen ihre eigenen und die ihnen vom Kanton übertragenen Aufgaben» (KV Luzern, Art. 69).[6]

Faktisch können drei Kategorien von Gemeindezuständigkeiten unterschieden werden: erstens die Aufgaben, die den Gemeinden von der kantonalen Gesetzgebung zur Ausführung übertragen werden; zweitens die Aufgaben, für die das kantonale Recht lediglich den Rahmen festlegt, den die Gemeinden mehr oder weniger selbständig ausfüllen können; und drittens können die Gemeinden Aufgaben an die Hand nehmen, die in den Bereich ihrer Selbstverwaltung fallen.[7] Eine Zuweisung von Aufgaben unmittelbar durch das Bundesrecht kommt nur ausnahmsweise vor, da einerseits die Ansprechpartner des Bundes die Kantone sind (aus denen er sich staatsrechtlich konstituiert), und anderseits die Gemeinden Körperschaften des kantonalen Rechts sind.

Autonomie Bearbeiten

Der Umfang der Gemeindeautonomie wird durch das jeweilige kantonale Recht geregelt. Grundsätzlich verfügen die politischen Gemeinden über eine «allgemeine Residualkompetenz»,[8] wobei diese je nach Kanton einen sehr unterschiedlichen Umfang aufweisen kann. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Gemeindeautonomie von Ost nach West abnimmt; am grössten ist sie traditionell im Kanton Graubünden, der bis Mitte des 19. Jahrhunderts eine Föderation aus Gemeinden bildete.[9]

Auch die Organisationsautonomie der Gemeinden, also der Grad, wie weit das kantonale Recht Vorgaben zur Ausgestaltung der kommunalen Behörden, der direktdemokratischen Volksrechte usw. macht, unterscheidet sich innerhalb der Schweiz sehr stark. Beträchtlich ist sie in den Kantonen Zürich, Bern, Uri, Obwalden, Basel-Landschaft, Graubünden und Thurgau; besonders gering hingegen in Schwyz, Freiburg, Waadt, Genf und Jura. Ausgebaut wurde sie in den letzten Jahrzehnten im Kanton Basel-Stadt.[10] Die den Gemeinden vom kantonalen Recht überlassenen organisationsrechtlichen Freiräume werden in der Regel von den sogenannten Gemeindeordnungen (in Schaffhausen und Graubünden Gemeindeverfassung, in Bern und Wallis auch Organisationsreglement und in Uri Gemeindesatzung genannt) ausgefüllt, die der Genehmigung durch die Kantonsregierung bedürfen. In den Kantonen Waadt und Genf hingegen wird die Gemeindeorganisation vollständig durch den kantonalen Gesetzgeber normiert.[11]

Die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung – die auch von der Schweiz ratifiziert wurde – weist in der Präambel darauf hin, dass die kommunalen Gebietskörperschaften eine der wesentlichen Grundlagen jeder demokratischen Staatsform sind und dass dieses Recht auf kommunaler Ebene am unmittelbarsten ausgeübt werden kann. Den Schutz und die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung erachtet sie als wichtigen Beitrag zum Aufbau eines Europas, das sich auf die Grundsätze der Demokratie und der Dezentralisierung der Macht gründet.

Versammlungsgemeinden und Parlamentsgemeinden Bearbeiten

Gemeindeversammlung Bearbeiten

In der grossen Mehrheit der politischen Gemeinden, deren zusammengerechnete Einwohnerzahl allerdings relativ bescheiden ist, steht der kommunalen Exekutive die Gemeindeversammlung als Legislative gegenüber, in der sich die stimmberechtigte Bevölkerung versammelt, um über das Budget, die Rechnung und grundlegende Erlasse zu befinden. In den übrigen, oft bevölkerungsreichen politischen Gemeinden tritt ein Gemeindeparlament (manchenorts auch Einwohnerrat genannt) an die Stelle der Gemeindeversammlung.

Gemeindeparlament Bearbeiten

Gemeindeparlamente stellen in der lateinischen Schweiz den Normalfall dar. So wird es in den Kantonen Genf, Neuenburg, Tessin und Waadt jeweils vom kantonalen Recht allen oder fast allen politischen Gemeinden vorgeschrieben. In den anderen Kantonen sind es die mittelgrossen und grossen Gemeinden, die ein Parlament eingerichtet haben. Vergleichsweise zahlreich sind die Gemeinden mit Parlament in Bern (23 Gemeinden), Freiburg (27 Gemeinden) und Graubünden (17 Gemeinden). Es folgen Zürich (13 Gemeinden), Wallis (11 Gemeinden), Aargau (10 Gemeinden), Schaffhausen, Basel-Landschaft und Jura (je 5 Gemeinden) sowie Luzern und Thurgau (je 4 Gemeinden). Nur 1 Gemeinde bis 3 Gemeinden mit Parlament gibt es in den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt, St. Gallen, Solothurn und Zug. Ausschliesslich Gemeindeversammlungen und keine Parlamente kennen die Kantone Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri. (Alles Stand 2023.)[12]

Weitere Gemeindearten Bearbeiten

Ausserdem gibt es in vielen Kantonen weitere als «Gemeinden» bezeichnete Körperschaften, die keine politische Hoheit über ein Territorium ausüben, jedoch einen bestimmten öffentlichen Zweck erfüllen. Dazu zählen etwa Schulgemeinden (Appenzell Innerrhoden, Nidwalden, St. Gallen, Thurgau, Zürich), Bürgergemeinden (Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Graubünden, Jura, Obwalden, St. Gallen, Solothurn, Tessin, Thurgau, Uri, Wallis und Zug) und Korporationsgemeinden (Innerschweiz, Glarus und St. Gallen).

Eine weitere Sonderform der Gemeinden sind schliesslich die Kirchgemeinden, die es in allen Kantonen gibt und die eine Vielzahl von Besonderheiten aufweisen. Sie sind zwar in den meisten Kantonen Körperschaften des öffentlichen Rechts, aber nicht (mehr) den kantonalen Gemeindegesetzen unterstellt, sondern fast überall durch landeskirchliches Recht geordnet. Auf vom Kanton erlassenen Kirchengesetzen beruhen sie lediglich noch in den Kantonen Bern und Zürich.

Geschichte Bearbeiten

Die moderne politische Gemeinde ist ein Produkt der Helvetik (1798–1803). Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit waren die Verhältnisse komplizierter: Die Hohe und die Niedere Gerichtsbarkeit konnte bei unterschiedlichen Herrschaften liegen, daneben bestanden die wirtschaftliche Grundherrschaft und gegebenenfalls ein Marktrecht und das religiöse Kirchenpatronat. Städte und auch einzelne Talschaften konnten auch reichsunmittelbar sein.

Im 18. Jahrhundert waren Gemeinden vor allem als Nutzungsgenossenschaften und Bürgermeinden organisiert, die auf einer persönlichen Mitgliedschaft beruhten. Die Hintersassen waren Ansässige ohne Bürgerrecht und damit ohne jegliche politischen Rechte. Die Helvetik schuf 1798 einerseits Munizipalgemeinden (Einwohnergemeinden), die alle Bewohner eines Ortes umfassten und nicht allein dessen Bürger, und anderseits die heutigen Bürgergemeinden, denen die Verwaltung der bisherigen bürgerlichen Güter zukam (Gemeindedualismus); gleichzeitig hob sie die politischen Vorrechte der Ortsbürger auf. Die Hintersassen wurden zu Bürgern der Helvetischen Republik erklärt, und das Stimmrecht war neu grundsätzlich vom Einwohnerprinzip bestimmt (ab 1801 allerdings mit zunehmenden Einschränkungen nach Vermögen oder Steuerleistung). Die territoriale Gliederung der neuen Einwohnergemeinden folgte in vielen Fällen den alten Kirchgemeinden oder althergebrachten Strukturen wie Talschaften und Bergschaften. Die genauen Gebietseinteilungen blieben während der kurzen Zeit der Helvetik im Fluss, weshalb keine genaue Anzahl der Munizipalitäten in der Helvetischen Republik angegeben werden kann. Die Kartenproduktion dieser Zeit konnte mit den Veränderungen nicht Schritt halten: Die genauste Karte der Helvetik war der Atlas Suisse, im Massstab 1:120'000, erschienen zwischen 1796 und 1802. Die vor 1798 erschienenen Blätter zeigen teilweise Gemeindegrenzen, die danach erschienenen Blätter verzichten angesichts ihrer starken Veränderlichkeit darauf.

In der Mediationszeit (1803–1813) wurde die alte Organisation nach Bürgerprinzip teilweise wiederhergestellt. Erst während der Regeneration (1830–1848) setzten die Kantone nach und nach das Einwohnerprinzip wieder durch, teilweise vor dem Hintergrund schwerer politischer Auseinandersetzungen (Züriputsch). In der Bundesverfassung von 1848 wurde die Niederlassungsfreiheit aller Schweizer Bürger in allen Kantonen garantiert, allerdings nach dem Prinzip des Heimatorts, d. h. einem Stimmrecht nur in der angestammten Gemeinde, nicht am aktuellen Wohnsitz. Die Kantone waren jedoch frei, modernere Systeme vorzusehen.

Die endgültige Aufhebung alter Rechtsverhältnisse, nach denen Ortsbürger gegenüber einfachen Bürgern der politischen Gemeinde zusätzliche Privilegien geniessen konnten, erfolgte erst mit der Totalrevision der Bundesverfassung 1874. Die revidierte Verfassung garantierte nun auch das Stimmrecht auf kommunaler Ebene am Wohnsitz. Die Bürgergemeinden blieben in vielen Kantonen als Personalkörperschaften des öffentlichen Rechts bestehen.

Änderungen im Bestande der Gemeinden Bearbeiten

Mutationen im Bestande der Gemeinden können durch Eingemeindung, Gemeindefusion, Gemeindetrennung, Ausgemeindung, Gebietsabtausch oder Änderung des Gemeindenamens erfolgen. Weitere Veränderungen, die das Gebiet der Gemeinde nur indirekt betreffen, können sich ergeben durch Änderung der Kantons- und/oder Bezirkszugehörigkeit, Änderung des Bezirksnamens oder Neunummerierung (Gemeindenummer).

Beispiele für Mutationsprozesse auf Stufe Gemeinde Bearbeiten

1. Eingemeindung: [A] + [B] = [A+]

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Januar 1991 wurde die Gemeinde Altavilla FR (BFS-Nr. 2242) in die Gemeinde Murten (BFS-Nr. 2275) eingegliedert.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis wird durch die Eingemeindung reduziert. Die neue Gebietsausdehnung der Gemeinde Murten ergibt sich aus den Summen der Gebiete der bisherigen Einzelgemeinden. (Der übliche Mutationstyp bei städtischen Agglomerationen; siehe unten: #Gemeindefusionen.)

2. Gemeindefusion: [A] + [B] = [A-B] oder [A] + [B] = [C]

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Januar 1993 haben sich die Gemeinden Lohn SO (2526) und Ammannsegg (2512) zur Gemeinde Lohn-Ammannsegg (2526) vereinigt.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis wird durch die Gemeindefusion reduziert. Die Gebietsausdehnung der Gemeinde Lohn-Ammannsegg ergibt sich aus den Summen der Gebiete der bisherigen Einzelgemeinden.
Bemerkung: Vor dieser Gemeindefusion änderte der Name des Bezirkes, welchem diese Gemeinden zugehören. (Der übliche Mutationstyp bei Zusammenschlüssen gleich starker Partner; siehe unten: #Gemeindefusionen)

3. Gemeindetrennung: [A] = [B] + [C] (+ [D] etc.)

Beispiel: Mit Wirkung ab dem 1. Januar 1983 wurde die Gesamtgemeinde Arni-Islisberg (4061) aufgelöst. Die neu entstandenen Gemeinden sind Arni AG (4061) und Islisberg (4084).
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis wird durch die Gemeindetrennung erhöht. Die Gebietsausdehnung der neuen Gemeinden Arni AG und Islisberg musste durch die amtliche Vermessung (swisstopo) neu ermittelt werden.
Dieser Mutationstyp war in der Schweiz des 19. Jahrhunderts häufig, ist in den letzten fünfzig Jahren aber sehr selten vorgekommen.

4. Ausgemeindung: [A] = [A−] + [B] (+ [C] etc.)

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Januar 1993 wurde die Gesamtgemeinde Rubigen (0623) in die selbständigen Gemeinden Allmendingen (0630), Rubigen (0623) und Trimstein (0631) überführt.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis wird durch die Ausgemeindung erhöht. Die Gebietsausdehnung der bisherigen Gemeinde Rubigen sowie der neuen Gemeinden Allmendingen und Trimstein musste durch die amtliche Vermessung (swisstopo) neu ermittelt werden.
Dieser Mutationstyp ist in den letzten fünfzig Jahren sehr selten vorgekommen.

5. Gebietsabtausch: [A] + [B] = [A+] + [B−]

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Januar 1995 wurde der Ortsteil Uerenbohl von der Ortsgemeinde Opfershofen (4915) abgetrennt und der Ortsgemeinde Sulgen (4510) zugeordnet.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis bleibt durch den Gebietsabtausch unverändert. Die neue Gebietsausdehnung der Gemeinden Opfershofen und Sulgen musste durch die amtliche Vermessung (swisstopo) neu ermittelt werden.
Bemerkung: Gebietsabtausche sind im historisierten Gemeindeverzeichnis der Schweiz enthalten, soweit diese (dauernd) bewohnte Gebiete betreffen und im Rahmen der Mutationsmeldungen zum amtlichen Gemeindeverzeichnis bekannt gemacht wurden.
Dieser Mutationstyp trat in jüngerer Zeit vor allem im Kanton Thurgau auf.

6. Änderung des Gemeindenamens: [A] = [B]

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Dezember 2006 hat sich die Gemeinde Zurzach in die Gemeinde Bad Zurzach umbenannt.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis sowie die Gebietsausdehnung der Gemeinde Bad Zurzach bleibt durch die Umbenennung unverändert.

7. Änderung der Kantons-/Bezirkszugehörigkeit

Beispiel: Mit Wirkung auf den 1. Juli 1996 ist die Gemeinde Vellerat vom Kanton Bern zum Kanton Jura übergetreten.
Der Bestand an Gemeinden im amtlichen Gemeindeverzeichnis sowie die Gebietsausdehnung der Gemeinde Vellerat bleibt durch den Kantonswechsel unverändert.

Siehe dazu:

Gemeindefusionen Bearbeiten

 
Abnahme der Anzahl Gemeinden: deutlich zu erkennen ist der erhebliche Rückgang ab 1994/95

Viele kleinere Gemeinden sehen sich heute gezwungen, Fusionsprojekte mit ihren Nachbarn ins Auge zu fassen. Gründe dafür sind: funktionelles Zusammenwachsen der Siedlungsgebiete, Komplexität der Aufgaben, Überforderung der Behörden von Kleingemeinden, Nachwuchsmangel für Gemeindebehörden, mangelndes politisches Gewicht im Kanton, aus Sicht einiger Experten auch die suboptimale Grösse (Anzahl Einwohner) per se. Andere Experten und Studien weisen jedoch darauf hin, dass die Grösse allein nicht ausschlaggebend ist. Kleinere Gemeinden haben vielfach eine effiziente, kostengünstige und bürgernahe Verwaltung (Milizsystem) und ihre Finanzen besser im Griff.

Grosszügige Subventionen seitens von Kantonsregierungen, ja eigentliche Fusionsprojekte (wie in Freiburg und im Tessin) sind ein zusätzlicher Anstoss für Gemeindefusionen. Siehe: Gemeindefusionen in der Schweiz.

Am 7. Mai 2006 beschloss die Glarner Landsgemeinde überraschend eine Reduktion von bisher 27 auf nur mehr 3 Gemeinden auf das Jahr 2011. Der Antrag der Regierung hatte eine Reduktion auf zehn Gemeinden vorgesehen. Dies ist somit die radikalste Gemeindefusion bisher.

Entwicklung Bearbeiten

Seit das Bundesamt für Statistik (BfS) 1960 das Gemeindeverzeichnis führt, ist die Anzahl der Gemeinden in der Schweiz sinkend. Während jedoch in den drei Jahrzehnten von 1960 bis 1990 mit einer Reduktion von 3095 auf 3021 Gemeinden – was einem Rückgang von 2,4 Prozent entspricht –, nur eine leichte Reduktion stattfand, hat sich der Prozess in jüngerer Vergangenheit erheblich beschleunigt. Allein im Jahrzehnt von 1990 bis 2000 sank die Anzahl um weitere 122 Gemeinden, was einem Rückgang von 4 Prozent und somit fast dem Doppelten des Rückgangs der 30 Jahre davor entspricht. Im neuen Jahrtausend ist eine weitere Beschleunigung zu beobachten; im Frühjahr 2010 konnten nur noch 2588 Gemeinden gezählt werden. In diesem Jahrzehnt sank die Anzahl der Gemeinden um 303 respektive 10,5 Prozent. Vom 1. Januar 2000 bis zum 1. Januar 2010 war der Rückgang also grösser als in den 40 Jahren zuvor.

Folgende Tabelle zeigt den genauen Verlauf des Rückganges, wobei jeweils die Zahlen vom 1. Januar des betreffenden Jahres als Grundlage dienen:[13]

Jahr 2024 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004
Anzahl 2131 2136 2148 2172 2202 2212 2222 2255 2294 2324 2352 2408 2495 2551 2596 2636 2715 2721 2740 2763 2815
Jahr 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960
Anzahl 2842 2865 2880 2899 2903 2915 2929 2940 2975 3013 3015 3017 3018 3021 3022 3029 3050 3074 3085 3095

Statistisches und Übersichten Bearbeiten

Anzahl der Gemeinden der Kantone Bearbeiten

Anzahl der Gemeinden der Kantone per 1. Januar 2024
Kanton Anzahl
Kanton Zürich  Zürich 160
Kanton Bern  Bern 335
Kanton Luzern  Luzern 80
Kanton Uri  Uri 19
Kanton Schwyz  Schwyz 30
Kanton Obwalden  Obwalden 7
Kanton Nidwalden  Nidwalden 11
Kanton Glarus  Glarus 3
Kanton Zug  Zug 11
Kanton Freiburg  Freiburg 126
Kanton Solothurn  Solothurn 106
Kanton Basel-Stadt  Basel-Stadt 3
Kanton Basel-Landschaft  Basel-Landschaft 86
Kanton Schaffhausen  Schaffhausen 26
Kanton Appenzell Ausserrhoden  Appenzell Ausserrhoden 20
Kanton Appenzell Innerrhoden  Appenzell Innerrhoden 5
Kanton St. Gallen  St. Gallen 75
Kanton Graubünden  Graubünden 101
Kanton Aargau  Aargau 197
Kanton Thurgau  Thurgau 80
Kanton Tessin  Tessin 106
Kanton Waadt  Waadt 300
Kanton Wallis  Wallis 122
Kanton Neuenburg  Neuenburg 27
Kanton Genf  Genf 45
Kanton Jura  Jura 50
  Schweizerische Eidgenossenschaft 2131

Grössenklassen Bearbeiten

Die grössten Gemeinden sind die Städte Zürich, Genf, Basel, Bern, Lausanne und Winterthur. Mit einer Bevölkerung von mehr als 100'000 Personen gelten sie als Grossstädte. St. Gallen, Luzern, Lugano und Biel/Bienne haben mehr als 50'000 Einwohner.

Total 129 Gemeinden weisen mehr als 10'000 Einwohner auf und gelten damit statistisch als Stadt. Manche bezeichnen sich aber weiterhin als «Gemeinde» (Bsp.: Köniz im Kanton Bern mit 37'000 Einwohnern). Hingegen gibt es auch Städtchen mit altem Stadtrecht, aber weit unter 10'000 Einwohnern, die stolz sind, sich «Stadt» nennen zu dürfen; dieser Stadtbegriff ist allerdings rein historischer Art und im modernen Recht ohne Relevanz (Beispiele: Eglisau, Kaiserstuhl, Bischofszell, Murten, Sempach oder Fürstenau). Siehe auch Liste der Städte in der Schweiz.

Dass die Schweiz auch kleinste Gemeinden aufweist, zeigen verschiedene Parameter:

  • der Median beträgt 1023 Einwohner (Zahlen Ende 2007 nach BfS ESPOP; das heisst, 50 Prozent aller Gemeinden haben mehr, die andere Hälfte weniger Einwohner als dieser Wert),
  • der Durchschnitt hingegen beträgt 2'806 Einwohner (Zahlen Ende 2007 nach BfS ESPOP; die gesamte Einwohnerzahl aller Gemeinden geteilt durch die Anzahl der Gemeinden).

50 % der Gemeinden weisen also eine Bevölkerungszahl unter 1023 Personen auf. 99 Gemeinden (3,7 %) haben sogar 100 Einwohner und darunter (2004). Die kleinste Gemeinde war Ende 2011 Corippo mit 12 Einwohnern.

Grössenklassen können auch nach der Fläche des Territoriums gebildet werden. Die grösste Gemeinde der Schweiz war vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 Glarus Süd mit 430 km², die im Rahmen der Glarner Gemeindereform aus der Fusion von 13 Gemeinden hervorging. Seit dem 1. Januar 2015 ist Scuol[14] mit 438 km² die flächenmässig grösste Gemeinde der Schweiz. Die kleinsten Gemeinden sind mit 0,32 km² Kaiserstuhl im Kanton Aargau und Rivaz im Kanton Waadt. Zwischen der Meereshöhe und der Fläche gibt es einen klaren Zusammenhang – je höher gelegen, desto grösser werden die Gemeindeflächen. Am meisten kleine Gemeinden gibt es im Südtessin.

Übersicht der einwohnerstärksten und -schwächsten Gemeinden der Schweiz Bearbeiten

Einwohnerzahlen der grössten und kleinsten Gemeinden gemäss Bundesamt für Statistik (Stand: 31. Dezember 2022; Agglomerationszahlen von 2012 gemäss der Definition des Bundesamts für Statistik).

Grösste Gemeinden:
Rang Gemeinde Kanton Einwohner Agglomeration (2012)[15]
1. Zürich Kanton Zürich  Zürich 427'721 1'280'944
2. Genf Kanton Genf  Genf 203'840 552'305
3. Basel Kanton Basel-Stadt  Basel-Stadt 173'552 527'225
4. Lausanne Kanton Waadt  Waadt 141'418 389'614
5. Bern Kanton Bern  Bern 134'506 398'873
6. Winterthur Kanton Zürich  Zürich 116'906 133'691
7. Luzern Kanton Luzern  Luzern 83'840 220'741
8. St. Gallen Kanton St. Gallen  St. Gallen 76'931 162'795
9. Lugano Kanton Tessin  Tessin 62'464 145'576
10. Biel/Bienne Kanton Bern  Bern 55'070 101'271
11. Neuenburg Kanton Neuenburg  Neuenburg 44'597 87'641
12. Bellinzona Kanton Tessin  Tessin 44'270 53'583
13. Thun Kanton Bern  Bern 43'670 78'964
14. Köniz Kanton Bern  Bern 42'409 Agglomeration Bern
15. Chur Kanton Graubünden  Graubünden 38'129 56'697
16. Schaffhausen Kanton Schaffhausen  Schaffhausen 37'713 67'628
17. Freiburg Kanton Freiburg  Freiburg 37'653 100'111
18. La Chaux-de-Fonds Kanton Neuenburg  Neuenburg 36'527 52'098
19. Uster Kanton Zürich  Zürich 35'748 Agglomeration Zürich
20. Sitten Kanton Wallis  Wallis 35'650 79'746
Kleinste Gemeinden:
Rang Gemeinde Kanton Einwohner
1. Kammersrohr Kanton Solothurn  Solothurn 29
2. Schelten Kanton Bern  Bern 32
3. Cerentino Kanton Tessin  Tessin 36
4. Rebévelier Kanton Bern  Bern 40
5. Bister Kanton Wallis  Wallis 41
5. Linescio Kanton Tessin  Tessin 42
7. Berken Kanton Bern  Bern 47
8. Campo (Vallemaggia) Kanton Tessin  Tessin 49
9. Bosco/Gurin Kanton Tessin  Tessin 53
10. Meienried Kanton Bern  Bern 56
11. Rongellen Kanton Graubünden  Graubünden 59
12. Mauraz Kanton Waadt  Waadt 65
13. Villarsel-sur-Marly Kanton Freiburg  Freiburg 68
14. Seehof Kanton Bern  Bern 71
15. Ferrera Kanton Graubünden  Graubünden 73
15. Zwischbergen Kanton Wallis  Wallis 73
17. Rumendingen Kanton Bern  Bern 78
18. Buseno Kanton Graubünden  Graubünden 83
19. Riemenstalden Kanton Schwyz  Schwyz 84
20. Deisswil bei Münchenbuchsee Kanton Bern  Bern 88
20. Saxeten Kanton Bern  Bern 88

Übersicht der flächenmässig grössten und kleinsten Gemeinden der Schweiz Bearbeiten

Flächenangaben der grössten und kleinsten Gemeinden gemäss Bundesamt für Statistik.

Grösste Gemeinden:
Rang
Gemeinde Kanton Fläche
in km²[16]
1. Scuol Kanton Graubünden  Graubünden 438,61
2. Glarus Süd Kanton Glarus  Glarus 430,03
3. Zernez Kanton Graubünden  Graubünden 344,04
4. Surses Kanton Graubünden  Graubünden 323,77
5. Val de Bagnes Kanton Wallis  Wallis 301,91
6. Davos Kanton Graubünden  Graubünden 284,00
7. Bregaglia Kanton Graubünden  Graubünden 251,42
8. Anniviers Kanton Wallis  Wallis 243,37
9. Zermatt Kanton Wallis  Wallis 242,85
10. Innertkirchen Kanton Bern  Bern 236,59
11. Klosters Kanton Graubünden  Graubünden 219,80
12. Verzasca Kanton Tessin  Tessin 218,48
13. Evolène Kanton Wallis  Wallis 209,89
14. Blenio Kanton Tessin  Tessin 202,00
15. Guttannen Kanton Bern  Bern 200,85
16. Val Müstair Kanton Graubünden  Graubünden 198,65
17. Poschiavo Kanton Graubünden  Graubünden 191,01
18. Bergün Filisur Kanton Graubünden  Graubünden 190,14
19. Lavizzara Kanton Tessin  Tessin 187,53
20. Vals Kanton Graubünden  Graubünden 175,56
Kleinste Gemeinden:
Rang Gemeinde Kanton Fläche
in km²
1. Gottlieben Kanton Thurgau  Thurgau 0,31
1. Rivaz Kanton Waadt  Waadt 0,31
3. Meyriez Kanton Freiburg  Freiburg 0,34
4. Paudex Kanton Waadt  Waadt 0,48
5. Mauraz Kanton Waadt  Waadt 0,50
6. Muralto Kanton Tessin  Tessin 0,59
7. Grancia Kanton Tessin  Tessin 0,61
8. Meienried Kanton Bern  Bern 0,65
9. Gravesano Kanton Tessin  Tessin 0,71
10. Massagno Kanton Tessin  Tessin 0,74
11. Savosa Kanton Tessin  Tessin 0,74
12. Cadempino Kanton Tessin  Tessin 0,76
13. Sorengo Kanton Tessin  Tessin 0,85
14. Villars-Epeney Kanton Waadt  Waadt 0,86
15. Chigny Kanton Waadt  Waadt 0,89
15. Neggio Kanton Tessin  Tessin 0,89
15. Paradiso Kanton Tessin  Tessin 0,89
15. Saint-Saphorin Kanton Waadt  Waadt 0,88
19. Lavertezzo Kanton Tessin  Tessin 0,89
20. Kammersrohr Kanton Solothurn  Solothurn 0,95

Gemeindelisten Bearbeiten

Nach Bundesamt für Statistik gemäss Amtlichem Gemeindeverzeichnis der Schweiz:

Alle Gemeinden der Schweiz
Liste Schweizer Gemeinden
Nach Kantonen
Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf, Jura

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 126, 182, 521.
  2. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 133.
  3. Die Kantonsverfassung (Verfassung des Kantons Luzern vom 17. Juni 2007) und das Gemeindegesetz (Gemeindegesetz vom 4. Mai 2004) sprechen von «Gemeinde», wobei in § 2 des Gemeindegesetzes die «Gemeinde», von der im Gesetz die Rede ist, als «Einwohnergemeinde» (gegenüber den «Kirchgemeinden») definiert wird.
  4. Die Kantonsverfassung, erlassen 2002, spricht von «Gemeinden» (Verfassungs des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002), das Gemeindegesetz, erlassen 1998, spricht in Art. 1 zwar von «Einwohnergemeinden», präzisiert aber in dessen Absatz 3, dass «die Einwohnergemeinden […] in diesem Gesetz und weiteren Erlassen als ‹Gemeinden› bezeichnet» würden (Gemeindegesetz vom 17. August 1998).
  5. Amtliches Gemeindeverzeichnis BFS (Memento vom 27. Dezember 2013 im Internet Archive). In: bfs.admin.ch.
  6. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 138.
  7. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 139.
  8. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 134.
  9. Eine vorsichtige Bestätigung dieser Aussage findet sich in Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 168.
  10. Nils Widmer: Gemeindeautonomie, in: Gemeinde Lexikon Riehen.
  11. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 142 f.
  12. Andreas Auer: Staatsrecht der schweizerischen Kantone. Stämpfli, Bern 2016, ISBN 978-3-7272-3217-6, S. 143–149; Zahlen aktualisiert gemäss Michael Strebel: Das schweizerische Parlamentslexikon. Helbing Lichtenhahn, Basel 2023, ISBN 978-3-7190-4607-1, S. 1–94 (Strebel zählt 458 Parlamente, hat aber 3 Parlamente im Kanton Tessin nicht erfasst).
  13. Historisches Gemeindeverzeichnis des BfS. (Memento des Originals vom 16. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.portal-stat.admin.ch In: portal-stat.admin.ch.
  14. Die grösste Gemeinde der Schweiz entsteht im Engadin. In: Südostschweiz.ch. 30. März 2014, abgerufen am 1. Januar 2015.
  15. Agglomerationen und Kerne ausserhalb von Agglomerationen, 2012. (xls; 404 kB) Bundesamt für Statistik, 18. Dezember 2014, abgerufen am 8. Februar 2015.
  16. Bundesamt für Statistik: Generalisierte Grenzen 2020.