Regierung Di Rupo

belgische Föderalregierung (2011-2014)

Die belgische Regierung Di Rupo (manchmal auch Regierung Di Rupo I) war vom 6. Dezember 2011 bis zum 11. Oktober 2014 im Amt.[1] Am 10. Dezember 2011 erhielt sie das Vertrauen der Abgeordnetenkammer.[2] Sie bestand aus dreizehn Ministern (Premierminister einbegriffen) und sechs Staatssekretären. Zudem wurde am 21. September 2013 ein Regierungskommissar benannt.

Diese von Elio Di Rupo (PS) angeführte Föderalregierung setzte sich aus den wallonischen und flämischen Sozialisten (PS und sp.a), den flämischen und wallonischen Christdemokraten (CD&V und cdH) sowie den flämischen und französischsprachigen Liberalen (Open VLD und MR) zusammen, was in Belgien als "tripartite", als Koalition der drei großen Altparteien bzw. deren je zwei regionalen Nachfolgern verstanden wird.

Elio Di Rupo war der erste wallonische und erste sozialistische Premierminister Belgiens seit Edmond Leburton (PS) (Januar 1973 bis April 1974) und der erste frankophone Premier seit Paul Vanden Boeynants (PSC) im Jahr 1978.

Die Regierung Di Rupo wurde nach den föderalen Neuwahlen vom 13. Juni 2010 und der darauffolgenden Staatskrise von über 541 Tagen von König Albert II. ernannt; sie folgte der Regierung Leterme II unter Yves Leterme (CD&V). Grund für das Scheitern der Regierung Leterme II war der Konflikt rund um den Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde (BHV). Nach dem Urnengang hatte es verschiedene Anläufe gegeben, eine Regierung mit der flämisch-nationalen N-VA, dem großen Wahlsieger in Flandern, zu bilden. Diese waren jedoch gescheitert, nachdem sowohl auf Ebene der geplanten Staatsreform im Hinblick auf eine Stärkung der Gemeinschaften und Regionen als auch des föderalen Sparhaushaltes keine Einigung zu finden war. Die flämischen und wallonischen Sozialisten, Christdemokraten, Liberalen und Grünen (Ecolo und Groen!) einigten sich daher ohne die N-VA am 15. September über die Teilung von BHV und am 4. Oktober 2011 über das Gesamtpaket der sechsten Staatsreform. Zu den danach beginnenden Verhandlungen zur Bildung einer Föderalregierung und dem Aufstellen eines im Kontext der Finanz- und Eurokrise notwendigen Sparhaushaltes wurden die Grünen nicht eingeladen. Am 1. Dezember 2011 (wenige Tage nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s Belgiens Rating von AA+ auf AA mit negativem Ausblick gesenkt hatte) konnte schließlich eine Koalition gebildet werden.

Zusammensetzung

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Amt Name Partei
Premierminister   Elio Di Rupo PS
Vizepremierminister
Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Europäische Angelegenheiten
  Didier Reynders MR
Vizepremierminister
Wirtschaft, Verbraucher und Nordsee
  Johan Vande Lanotte sp.a
Vizepremierminister
Inneres und Chancengleichheit
  Melchior Wathelet
bis 22. Juli 2014: Joëlle Milquet
cdH
cdH
Vizepremierministerin
Soziales und Gesundheit
mit der Verwaltung von BELIRIS und den föderalen Kulturinstitutionen beauftragt
ab 15. September 2014: beauftragt mit den sozialen Angelegenheiten, Familien, Behinderten, beruflichen Risiken und der Wissenschaft
  Laurette Onkelinx PS
Vizepremierminister
Pensionen
  Alexander De Croo
bis 18. Oktober 2012: Vincent Van Quickenborne
Open VLD
Open VLD
Vizepremierminister
Verteidigung
bis 5. März 2013: Minister der Verteidigung
  Pieter De Crem CD&V
Mittelstand, KMU, Selbstständige und Landwirtschaft   Sabine Laruelle MR
Justiz
mit der Asylpolitik, Immigration und sozialen Integration beauftragt
bis 25. Juli 2014: Ministerin für Justiz
  Maggie De Block
bis 25. Juli 2014: Annemie Turtelboom
Open VLD
Open VLD
Haushalt und Verwaltungsvereinfachung   Olivier Chastel MR
Arbeit   Monica De Coninck sp.a
Öffentliche Unternehmen und Entwicklungszusammenarbeit
mit den Großstädten beauftragt
bis 17. Januar 2013: Minister für öffentliche Unternehmen, Wissenschaft und Entwicklungszusammenarbeit, mit den Großstädten beauftragt
  Jean-Pascal Labille
bis 17. Januar 2013: Paul Magnette
PS
PS
Finanzen
mit dem Öffentlichen Dienst beauftragt
bis 5. März 2013: Minister für Finanzen und nachhaltige Entwicklung, mit dem Öffentlichen Dienst beauftragt
  Koen Geens
bis 5. März 2013: Steven Vanackere
CD&V
CD&V
Staatssekretäre Name Partei
Umwelt, Energie, Mobilität und institutionelle Reformen Catherine Fonck
bis 22. Juli 2014: Melchior Wathelet
cdH
cdH
Soziale Angelegenheiten, Familien, Behinderte und Wissenschaft
mit den berufliche Risiken beauftragt
bis 17. Januar 2013: Staatssekretär für soziale Angelegenheiten, Familien und Behinderte, mit den berufliche Risiken beauftragt
Amt ab 15. September 2014 aufgelöst

bis 15. September 2014: Philippe Courard

PS
Institutionelle Reformen, Gebäuderegie und nachhaltige Entwicklung
bis 5. März 2013: Staatssekretär für institutionelle Reformen und für die Gebäuderegie
  Servais Verherstraeten CD&V
Asylpolitik, Immigration und soziale Integration
Amt ab 25. Juli 2014 aufgelöst

bis 25. Juli 2014: Maggie De Block

Open VLD
Öffentliche Verwaltung und Modernisierung des öffentlichen Dienstes   Hendrik Bogaert CD&V
Bekämpfung des Sozial- und Steuerbetrugs   John Crombez sp.a
Regierungskommissare Name Partei
Regierungskommissar, dem Minister für öffentliche Unternehmen beigeordnet
neues Amt ab 21. September 2013
  Jean-Pierre Hansen

Veränderungen

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In der Folge der Gemeinde- und Provinzwahlen vom 14. Oktober 2012 fand eine Umbesetzung in der Regierung statt: Vizepremier Vincent Van Quickenborne (Open VLD) verließ nach der Annahme des Bürgermeisteramts in Kortrijk die Regierung (Alexander De Croo wurde sein Nachfolger).[3] Paul Magnette trat im Januar 2013 das Bürgermeisteramt in Charleroi und den Vorsitz der PS an; sein Nachfolger in der Regierung wurde Jean-Pascal Labille.[4] Am 5. März 2013 reichte Finanzminister Steven Vanackere seinen Rücktritt aufgrund eines vermuteten Steuerskandals der christlichen Arbeiterbewegung (Algemeen Christelijk Werknemersverbond – ACW) ein, der er nahestand. Als sein Nachfolger wurde Koen Geens ernannt.[5] Am 21. September 2013 wurde Jean-Pierre Hansen als Regierungskommissar bezeichnet, um eine Strukturreform der NMBS/SNCB in die Wege zu leiten.[6]

Die Regierung Di Rupo beendete die begonnene Legislaturperiode ohne größere Zwischenfälle. Bei den Föderalwahlen vom 25. Mai 2014 ging auf flämischer Seite die N-VA als große Wahlsiegerin hervor, während im französischsprachigen Landesteil die PS leichte Einbußen einfuhr, aber weiterhin die stärkste frankophone Partei blieb; die MR konnte sich dagegen leicht verbessern. Da die Bildung einer neuen Regierung in den Gemeinschaften und Regionen schneller erfolgte, als auf föderaler Ebene, erfuhr die seit den Wahlen nur noch kommissarisch handelnde Regierung Di Rupo weitere Personaländerungen: Joëlle Milquet (cdH) wurde am 22. Juli 2014 zur Unterrichtsministerin in der Französischen Gemeinschaft gewählt und in der Föderalregierung durch den bisherigen Staatssekretär Melchior Wathelet ersetzt, der seinerseits seine Zuständigkeiten an Catherine Fonck abgab.[7] Justizministerin Annemie Turtelboom (Open VLD) wurde flämische Finanz- und Haushaltsministerin und räumte daraufhin ihren Platz in der Föderalregierung für Maggie De Block.[8] Am 15. September 2014 trat Philippe Courard (PS) von seinem Amt als Staatssekretär zurück, um den Fraktionsvorsitz der PS im Wallonischen Parlament zu übernehmen; seine Zuständigkeiten übernahm Laurette Onkelinx.[9]

Aus den Föderalwahlen vom 25. Mai 2014 kamen auf flämischer Seite die N-VA und die CD&V und auf frankophoner Seite die MR als Sieger hervor. Die PS und die cdH fuhren dagegen leichte Verluste ein. Als die Möglichkeit einer Koalition aus N-VA, CD&V, Open VLD und MR sichtbar wurde, beauftragte der König das Tandem Charles Michel (MR) und Kris Peeters (CD&V) am 22. Juli 2014 mit der Regierungsbildung. Eine Einigung konnte am 7. Oktober 2014 nach einer etwa zweieinhalbmonatigen Verhandlung erreicht werden,[10] sodass am 11. Oktober 2014 die Regierung Di Rupo von der Regierung Michel I abgelöst wurde.

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Einzelnachweise

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  1. De Standaard.be: Regering Di Rupo I legt de eed af (6. Dezember 2011) (ndl.)
  2. Lalibre.be: La Chambre accorde la confiance au gouvernement Di Rupo (10. Dezember 2011) (frz.)
  3. DeStandaard.be: Alexander De Croo stapt in regering (18. Oktober 2012) (ndl.)
  4. Lalibre.be: Paul Magnette est le nouveau président du PS (17. Januar 2013) (frz.)
  5. DeMorgen.be: Koen Geens nieuwe minister van Financiën (5. März 2013) (ndl.)
  6. rtbf.be: Réforme de la SNCB: Jean-Pierre Hansen exercera à titre gratuit en tant que Commissaire du gouvernement (26. September 2013) (frz.)
  7. Lavenir.net: Joëlle Milquet devient ministre de l’Enseignement à la Fédération, André Antoine sera président du Parlement (21. Juli 2014) (frz.)
  8. De Standaard.be: Maggie De Block neemt Justitie over van Turtelboom (25. Juli 2014) (ndl.)
  9. Lalibre.be: Philippe Courard démissionne en toute discrétion (15. September 2014) (frz.)
  10. Lesoir.be: La suédoise boucle l’accord de gouvernement, Charles Michel Premier ministre (7. Oktober 2014) (frz.)