In dem mathematischen Teilgebiet der Topologie ist ein Kegel über einem Raum eine bestimmte aus diesem konstruierte Punktmenge, die in natürlicher Weise selbst wieder einen topologischen Raum bildet. Im euklidischen Fall ist dieser tatsächlich homöomorph zu einem geometrischen Kegel, im Allgemeinen ist die topologische Definition jedoch umfassender. Hauptsächlich werden Kegel über topologischen Räumen in der algebraischen Topologie betrachtet.

Definition

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Kegel über einem Kreis. Der ursprüngliche Raum ist blau, der zusammengeschlagene Endpunkt grün gefärbt.

Sei   ein topologischer Raum. Der Kegel über   ist definiert als die Menge

 

versehen mit der Quotiententopologie bezüglich der kanonischen Projektion.[1]

Die Bezeichnung   stammt dabei vom lateinischen Wort conus für Kegel.

Ausführlich bedeutet das:

Es seien   ein topologischer Raum und   das reelle Einheitsintervall mit der Teilraumtopologie. Sei weiter auf dem Produkt   dieser beiden Räume durch

 

eine Äquivalenzrelation erklärt. Setze nun

 

als den Faktorraum und betrachte die kanonische Projektion

 .

Eine Teilmenge   soll nun genau dann offen heißen, wenn ihr Urbild   offen in   ist. Das System dieser offenen Mengen bildet tatsächlich eine Topologie auf  , der so entstehende Raum ist der Kegel über  .

Anschaulich gesprochen wird die Deckfläche des Zylinders   zu einem einzigen Punkt zusammengeschlagen.[2]

Eigenschaften

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  • Jeder topologische Raum lässt sich als Teilraum seines Kegels auffassen, indem man   mit   identifiziert.
  • Der Kegel eines nicht-leeren Raumes ist stets zusammenziehbar, vermöge der Homotopie  .
    • Zusammen mit der ersten Eigenschaft ergibt sich eine kanonische Einbettung eines beliebigen (nicht-leeren) in einen zusammenziehbaren Raum, was die Bedeutung des Kegels in der algebraischen Topologie begründet.
  • Lässt sich   in einen Euklidischen Raum einbetten, so ist   zu einem geometrischen Kegel homöomorph.
    • Besondere Bedeutung hat hier der Fall, dass   eine zusammenhängende, kompakte Teilmenge des   ist (siehe Beispiele).
  • Ist   allgemeiner kompakt und Hausdorffsch, so entspricht sein Kegel der Vereinigung aller Strecken von Punkten   zu einer gemeinsamen Spitze.
  • Ist   ein CW-Komplex, so auch  .

Beispiele

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  • Der Kegel über einem  -Simplex ist ein  -Simplex.
    • Für einen Punkt   ist insbesondere   eine Strecke,   ein Dreieck und   ein Tetraeder.
  • Der Kegel über einem Polygon   entspricht der Pyramide mit Grundfläche  
  • Der topologische Kegel über einem ausgefüllten Kreis ist der klassische Kreiskegel (siehe Abbildung).
  • Der topologische Kegel über einer Kreislinie ist die Mantelfläche eines Kreiskegels; diese wiederum ist topologisch äquivalent zum Vollkreis, indem man anschaulich gesprochen die Spitze eindrückt.
    • Allgemein gilt die Homöomorphie  .

Reduzierter Kegel

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Sei nun   ein punktierter Raum, so ist der reduzierte Kegel über   definiert als

 

mit der Quotiententopologie.[3]

Mit   als Basispunkt wird   selbst wieder zu einem punktierten Raum und die oben erwähnte Inklusion   zu einer basispunkterhaltenden Einbettung.

Der reduzierte Kegel ist gleich dem reduzierten Abbildungskegel der Identität.

Kegelfunktor

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In der Kategorientheorie induziert die Zuordnung   einen Endofunktor   auf der Kategorie   der topologischen Räume.

Dieser ordnet außerdem jeder stetigen Abbildung   diejenige Abbildung   zu, die durch   erklärt wird.[4]

Das Gleiche gilt für   in der Kategorie   der punktierten topologischen Räume.

Hinweis: Die hier verwendete Notation sollte nicht mit dem Abbildungskegel   für stetiges   oder dem Funktionenraum   aller stetigen Abbildungen auf einem topologischen Raum   verwechselt werden.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Allen Hatcher: Algebraic topology. 9, Cambridge University Press, Cambridge 2002, zitiert nach: math.cornell.edu Aufgerufen am 2. Juli 2012.
  2. Klaus Jänich: Topologie. 8. Aufl., 51f., Springer, Berlin 2008.
  3. Lothar Tschampel: Topologie 2: Bezüge zur Algebra. Buch-MAT 3.B, 1. Aufl., Buch-X-Verlag, Berlin 2011.
  4. Roman Goebel: Continuity of the cone functor. in: Topology and its applications. 132, S. 235–250, 2003, zitiert nach: wiki.helsinki.fi Aufgerufen am 4. Juli 2012.