Kausalstruktur

Konzept der mathematischen Physik
(Weitergeleitet von Kausalitätsbeziehung)

In der mathematischen Physik beschreibt die Kausalstruktur einer Lorentzschen Mannigfaltigkeit die kausalen Beziehungen (Relationen) zwischen den Raum-Zeit-Punkten (Ereignissen, englisch events) der Mannigfaltigkeit.

In der modernen Physik (insbesondere der allgemeinen Relativitätstheorie) wird die Raumzeit durch eine Lorentzsche Mannigfaltigkeit dargestellt. Die kausalen Beziehungen zwischen Punkten in dieser Mannigfaltigkeit beschreiben, welche Ereignisse in der Raumzeit welche anderen Ereignisse beeinflussen können.

Die kausale Struktur einer beliebigen (im Allgemeinen nicht ebenen) Lorentzschen Mannigfaltigkeit ist infolge der Krümmung wesentlich kom­pli­zierter als im ebenen Fall, d. h. im Fall eines Minkowski-Raums. Die Diskussion der Kausalstruktur solcher Mannigfaltigkeiten erfolgt über glatte, d. h. differenzierbare, Kurven, die Paare von Raumzeitpunkten (Ereignissen) verbinden. Bedingungen für die Tangentenvektoren der Kurven definieren dann die kausalen Beziehungen.

Tangentenvektoren

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Unterteilung der Minkowski-Raumzeit in Be­zug auf einen Punkt in vier disjunkte Mengen. Der Lichtkegel, die kausale Zukunft (Vorwärts-Lichtkegel), die kausale Vergangen­heit (Rückwärts-Lichtkegel) und das (po­ten­ti­ell potentiell gleich­zeitige) „Anderswo“. Die Terminologie wird in diesem Artikel definiert.

Sei   eine Lorentzsche Mannigfaltigkeit für die Metrik   auf dem Träger   (Menge der Raumzeitpunkte). Als Signatur für die Metrik wird im weiteren Verlauf   verwendet.

Der Tangentialraum   (auch kurz  [1]) an   im (Raum-Zeit-)Punkt (Ereignis)   ist dann ein Minkowski-Vektorraum von Vierervektoren.[Anm. 1] Da das durch die Metrik   auf diesem Vektorraum induzierte Pseudoskalarprodukt   nicht positiv definit ist, können die Tangenten- oder Vierervektoren   wie folgt klassifiziert werden:

Nullvektor (englisch zero vector )000 wenn  
lichtartig (englisch null vector )000 wenn   und  
zeitartig wenn  
raumartig wenn  

Anmerkungen:

  • Lichtartige Vektoren (mit  ) werden auch als isotrop bezeichnet. Die englische Bezeichnung null vector wird allerdings deutsch oft ebenfalls als Nullvektor (im weiteren Sinn) übersetzt.
  • Licht- oder zeitartige Vektoren (mit  ) werden auch als nicht-raumartig oder kausal bezeichnet.

Die kanonische Lorentzsche Mannigfaltigkeit ist die ebene Minkowski-Raumzeit, wobei   ein vierdimensionaler pseudoeuklidischer Raum ist, d. h.     mit der (flachen) Min­kow­ski-Metrik  . Die Bezeichnungen für die Klassen der Tangentenvektoren stammen aus der Physik dieses Modells. Die kausalen Be­ziehungen zwischen Punkten sind in der ebenen Minkowski-Raumzeit besonders einfach, weil der Tangentenraum ebenfalls isomorph zum   ist und daher die Raumzeitpunkte nach Festlegung eines Ursprungs mit Tangentenvektoren identifiziert werden können. Der Vierervektor   mit Koordinaten   wird nach dem Vorzeichen von   klassifiziert, wobei   die kartesischen Koordinaten im dreidimensionalen Raum,   die Zeit und c die universelle Grenzgeschwindigkeit (Vakuumlichtgeschwindigkeit – bei natürlichen Einheiten:  ) ist. Aufgrund der Invarianz der Metrik ist die Klassifizierung jedes Vektors im Raum unabhängig von der Wahl der Bezugssysteme, wenn diese durch eine Lorentz-Transformation miteinander verbunden sind.[Anm. 2]

Zeitliche Orientierbarkeit

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An jedem Punkt (Ereignis) in   können die zeitartigen Tangentenvektoren im Tangentenraum des Punktes in zwei Klassen unterteilt werden. Zu diesem Zweck definiert man zunächst eine Äquivalenzrelation für Paare zeitartiger Tangentenvektoren:

Seien   und   zwei zeitartige Tangentenvektoren an einem Punkt  . Man nennt   und   äquivalent (geschrieben  ) genau dann, wenn  .

Es gibt dann zwei Äquivalenzklassen, die unter sich alle zeitartigen Vektoren (und damit Tangentenvektoren am Punkt  ) aufteilen. Es wird dann eine dieser Äquivalenzklassen willkürlich als zukunftsgerichtet (en. future-directed) und die andere als ver­gangen­heits­gerichtet (en. past-directed) bezeichnen. Physikalisch gesehen entspricht diese Bezeichnung der beiden Klassen von zukunfts- und vergangenheitsgerichteten zeitlichen Vektoren der Wahl eines Zeitpfeils (bei Tangentenvektoren am jeweiligen Punkt  ). Die Bezeichnungen zukunfts- und vergangenheitsgerichtet können durch stetige Fortsetzung auf lichtartige Vektoren ausgedehnt werden. Beide Äquivalenzklassen zeitartiger Vektoren sind Zu­sam­men­hangs­komponenten, dasselbe gilt für die lichtartigen Vektoren und für die raumartigen Vektoren in Gesamtheit.[1]

Ein Beispiel für einen zukunftsgerichteten Vierervektor ist der Viererimpuls.

Eine Lorentzsche Mannigfaltigkeit ist zeitorientierbar (en. time-orientable),[2] wenn über die gesamte Mannigfaltigkeit eine stetige Bestimmung von zukunftsgerichteten und vergangenheitsgerichteten für nicht-raumartige Vektoren vorgenommen werden kann. Nicht jede Lorentzsche Mannigfaltigkeit ist zeitorientierbar.

Wege und Kurven

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Wege bzw. Kurven[Anm. 3] in der Mannigfaltigkeit werden als zeitartig, raumartig, lichtartig, kausal bezeichnet, wenn die Tangentialvektoren an den Weg bzw. die Kurve auf der gesamten Länge zur entsprechenden Kategorie gehören. Im Detail:

Ein Weg (in der Physik auch Pfad genannt) in   ist eine stetige Abbildung  , wobei   ein nicht entartetes Intervall (d. h. eine zusammenhängende Menge von mehr als einem Punkt) in   ist. Bei einem glatten Weg ist μ eine angemessene Anzahl von Malen ( -mal mit   bzw. beliebig oft, d. h.  ) stetig differenzierbar. Ein regulärer Weg hat eine nicht verschwindende Ableitung.

Eine Kurve in   ist das Bild eines Wegs oder – kategorientheoretisch äquivalent – eine Äquivalenzklasse von Wegen mit gleicher Spur (Bildmenge), die durch Re-Para­metrisierung verwandt sind. Im allgemeinsten Fall müssen diese Parametertransformationen Homöomorphismen (umkehrbar stetig) sein, bei glatten Kurven Diffeomorphismen, bei gerichteten (orientierten) Kurven[3][4][5] strikt monoton steigend sein. Für gerichtete Kurven ist sinnvollerweise vorauszusetzen, dass   zeitorientierbar ist.

Glatte reguläre Kurven (oder Wege) in   können anhand ihrer Tangentenvektoren klassifiziert werden. Eine solche Kurve ist

  • chronologisch (oder zeitartig), wenn der Tangentenvektor an allen Punkten der Kurve zeitartig ist. Eine solche Kurve wird auch Weltlinie oder Nullgeodäte genannt.[6]
  • lichtartig (en. null ) oder Nullkurve, wenn der Tangentenvektor an allen Punkten der Kurve lichtartig (isotrop, en. null vector) ist.
  • raumartig, wenn der Tangentenvektor an allen Punkten der Kurve raumartig ist.
  • kausal (oder nicht raumartig), wenn der Tangentenvektor an allen Punkten der Kurve zeitartig oder lichtartig ist.

Die Anforderungen der Regularität und Nicht-Entartung der Wege   stellen sicher, dass geschlossene kausale Kurven (wie solche, die aus einem einzigen Punkt bestehen) nicht automatisch von allen Raumzeiten zugelassen werden (nur von den nicht-zeit­orientier­baren).

Wenn die Mannigfaltigkeit zeitorientierbar ist, können die kausalen (nicht-raumartigen) orientierten Kurven je nach ihrer Orientierung in Bezug auf die Zeit weiter klassifiziert werden. Eine kausale (zeit- oder lichtartige) orientierte Kurve in   ist

  • zukunftsgerichtet, wenn für jeden Punkt der Kurve der Tangentenvektor zukunftsgerichtet ist.
  • vergangenheitsgerichtet, wenn für jeden Punkt der Kurve der Tangentenvektor vergangenheitsgerichtet ist.

Diese Definitionen gelten nur für kausale (nicht-raumartige) orientierte Kurven, da nur diesen eine Orientierung in Bezug auf die Zeit zugeordnet werden kann.

  • Eine geschlossene zeitartige Kurve (geschlossene Weltlinie oder geschlossene Nullgeodäte, en. closed timelike curve, CTC) ist eine geschlossene Kurve, die überall in die Zukunft gerichtet und zeitartig ist, oder überall in die Vergangenheit gerichtet und zeitartig.[7][8]
  • Eine geschlossene Nullkurve ist eine geschlossene Kurve, die überall zukunftsgerichtet und lichtartig ist, oder überall ver­gangen­heits­gerichtet und lichtartig.

Geschlossene Weltlinien gibt es etwa im Gödel-Universum (Kurt Gödel, 1949).[9]

Kausalrelationen

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Die Transitivitätsbedingung xy,yzxz wird durch die Kausalitätsbeziehung ≺ in jeder Lorentzschen Raumzeit erfüllt.

Es gibt in der Lorentz-Mannigfaltigkeit   mehrere Arten von kausalen Relationen zwischen Raumzeitpunkten (Ereignissen)   und  :

  •   liegt zeitlich vor   (oft als   bezeichnet) genau dann, wenn es eine in die Zukunft gerichtete chronologische (zeitartige) Kurve von   nach   gibt.
  •   geht streng kausal vor   (oft als   bezeichnet) genau dann, wenn es eine in die Zukunft gerichtete kausale (nicht raum­artige) Kurve von   nach   gibt.
  •   geht kausal vor   (oft als   oder   bezeichnet) genau dann, wenn   streng kausal vor   geht oder   ist.
  •   horismos  [10][11] (oft als   oder   bezeichnet), wenn   oder eine zukunftsgerichtete Nullkurve von   nach   existiert.[12]

Anmerkungen:

  • Die kausale Relation   alias   und die horismos-Relation   alias   sind reflexiv.
  • Die Mannigfaltigkeit heißt „nicht total bösartig“ (en. non-totally vicious), wenn es (Raumzeit-)Punkte   gibt, für die nicht gilt:  . In Zeichen:  
  • Sie heißt chronologisch, wenn es keine geschlossenen zeitartigen (chronologischen) Kurven gibt, d. h. wenn die chronologische Relation   irreflexiv ist, also für alle (Raumzeit-)Punkte   die Relation   nicht erfüllt ist. In Zeichen:  
  • Sie heißt kausal, wenn es keine geschlossenen kausalen (nicht-raumartigen) Kurven gibt, d. h. wenn für alle (Raumzeit-)Punkte   gilt: Aus   und   folgt  . In Zeichen:  .

Im ebenen Fall eines Minkowski-Raumes sind diese Umstände alle trivial und die angegebenen Relationen reflexive oder irreflexive Halbordnungen. Für Lorentz-Mannigfaltigkeiten ist das aber keine Selbstverständlichkeit.

Die Bezeichnung horismos leitet sich ab von altgriechisch ὁρισμός ‚Festlegung‘ und war die Bezeichnung für ein kaiserliches Dekret (Byzantinisches Reich, bekannt seit dem späten 11. Jhd.), es war ein Synonym für Prostagma.[13]

Vergangenheit und Zukunft

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Ein gestreckter Zukunfts­licht­kegel

Wenn eine stückweise glatte zeitartige Kurve zwischen zwei Punkten   existiert, liegt ein Punkt in der Zukunft des anderen und dieser in der Vergangenheit des ersteren.

Für einen (Raumzeit-)Punkt   in der Mannigfaltigkeit   definiert man nach Penrose die folgenden Mengen:[14][15]

  • Die chronologische Zukunft (auch zeitartige Zukunft) von  , in Zeichen  , ist die Menge aller Punkte   in  , bei denen   chronologisch vor   ist:
 
  • Die chronologische Vergangenheit (auch zeitartige Vergangenheit) von  , in Zeichen  , als die Menge aller Punkte   in  , bei denen   chronologisch vor   ist:
 

Damit ist   ist der Inhalt des Zukunfts-Lichtkegels, die Menge aller Punkte  , die von   aus mit einer zukunftsgerichteten stückweise glatten zeitartigen Kurve (Weltlinie) erreicht werden können. Analog ist   der Inhalt des Vergangenheits-Lichtkegels. Der Inhalt des Doppel-Lichtkegels ist damit    . Punkte in   können von   aus durch eine in die Zukunft gerichtete Weltlinie, die ganz im Innern des Lichtkegels liegt, erreicht werden.

Ähnlich definiert man:[14][15]

  • Die kausale Zukunft (auch absolute Zukunft genannt) von  , bezeichnet mit  , ist die Menge aller Punkte   in  , bei denen   kausal vorausgeht vor  :
 
  • Die kausale Vergangenheit (auch absolute Vergangenheit genannt) von  , bezeichnet als  , ist die Menge aller Punkte   in  , bei denen   kausal vorausgeht vor  :
 

Die kausale Zukunft   ist daher die Menge aller Punkte, die mit stückweise glatten nicht-raumartigen Kurven erreicht werden. Entsprechend definiert kausale Vergangenheit  . Der Punkt   kann umgekehrt von den Punkten in   aus durch eine in die Zukunft gerichtete nicht-raumartige Kurve erreicht werden. Die Synonymie von „nicht-raumartig“ und „kausal“ rührt von der Annahme her, dass sich Ursache und Wirkung mit maximal Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können, d. h. teilweise (abschnittsweise) mit Lichtgeschwindigkeit („lichtartig“ wie das Licht) und teilweise darunter („zeitartig“ wie Materie – mehr Zeit als Raum verbrauchend). Diese Mengen entsprechen geometrisch einem (ggf. verzerrten) Vollkegel (Kegelkörper), einschließlich des Kegelmantels als Rand-Hyperfläche. Der Doppel-Vollkegel ist damit    .[Anm. 4]

  • Der Zukunfts-Nullkegel (Vorwärts-Lichtkegel)[Anm. 5] von   ist die Menge aller Punkte   in  , für die gilt:  .
  • Der Vergangenheits-Nullkegel (Rückwärts-Lichtkegel)[Anm. 5] von   ist die Menge aller Punkte   in  , für die gilt:  
  • Der Nullkegel (Lichtkegel)[Anm. 5] von   wird definiert als die Vereinigung von Zukunfts- und Vergangenheits-Nullkegel (Vorwärts- und Rückwärts-Lichtkegel) von  .[16]

  • Das Anderswo (en. elsewhere) von   ist die Menge aller Punkte, die nicht im Lichtkegel, in der kausalen Zukunft oder in der kausalen Vergangenheit liegen.[16]

Für den Fall, dass die so definierten Relationen die Bedingungen für Halbordnungen erfüllen, handelt es sich bei den Lichtkegeln um Ordnungskegel. Notwendige Voraussetzung dafür ist, dass es keine geschlossenen Weltlinien gibt.

In der flachen Minkowski-Raumzeit ist diese Bedingung erfüllt und es liegen Halbordnungsrelationen bzw. Ordnungskegel vor. Ein Lichtkegel ist hier eine Menge von Raumzeitpunkten, die zu   vermittels eines zeitartigen (Parallel­ver­schiebungs-)Vektors zu erreichen sind, also das vierdimensionale Innere eines idealen vierdimensionalen Kegels, im dreidimensionalen einem geraden Kreiskegel entsprechend, nur dass hier die Kegelschnitte Kugeln sind (da sich ein von einem Punkt ausgehender Lichtblitz kugelförmig ausbreitet). Die vermöge eines lichtartigen Vektors erreichbaren Punkte bilden den Kegelmantel (Rand des Kegels), eine dreidimensionale Hyperfläche (vgl. Differenzierung zwischen Kugelfläche und Kugelkörper), die oben als Zukunfts-Nullkegel eingeführt wurde.[17]

Kausalstruktur (Definition)

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Die Zuordnungen  , die für alle   in   definiert sind, werden zusammen als die kausale Struktur (oder Kausalstruktur) von   bezeichnet.

Anmerkung:
Dieser Sprachgebrauch weicht etwas ab von dem in der Mathematik relationaler Strukturen üblichen, bei der eine Träger­menge – wie   – oder Trägerstruktur – wie   mit den zugehörigen Relationen zu einem Tupel zusammengefasst wird. Das wäre hier etwa   oder ausführlicher  . Da aber stets folgende logische Äquivalenzen gelten:

 
 
 
 

so können die Relationen aus den Ordnungskegeln zurückgewonnen werden, weshalb diese Definitionen (kategorientheoretisch) äquivalent sind und dieselbe Struktur beschreiben.

Weitere Begriffsdefinitionen

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Für eine Teilmenge   von   definiert man als mengentheoretischen Vereinigungen:[14]

 
 

Für zwei Teilmengen   von   definiert man:

  • Die chronologische Zukunft von   in Bezug auf  ,  , ist die chronologische Zukunft von   als Untermannigfaltigkeit von  . Man beachte, dass dies ein ganz anderes Konzept ist als die Schnittmenge  , das die Menge der Punkte in   angibt, die vermöge von   ausgehender zukunftsgerichteter zeitartiger Kurven erreicht werden können. Im ersten Fall (der Definition hier) müs­sen die Kurven nämlich ganz in   liegen, im anderen Fall nicht. Siehe Hawking und Ellis (1973).
  • Die chronologische Vergangenheit von   in Bezug auf  ,  , wird analog definiert.
  • Die kausale Zukunft von   relativ zu  ,  , ist die kausale Zukunft von  , betrachtet als Untermannigfaltigkeit von  . Man beachte, dass dies wieder ein ganz anderes Konzept ist als die Schnittmenge  , das die Menge der Punkte in   angibt, die vermöge von   ausgehender zukunftsgerichteter Kausalkurven erreicht werden können. Im ersten Fall (der Definition hier) müssen die Kurven komplett in   liegen, im anderen Fall nicht. Siehe ebenfalls Hawking und Ellis (1973).
  • Die kausale Vergangenheit von   relativ zu  ,  , wird wieder analog definiert.
  • Eine Zukunftsmenge (en. future set) ist eine unter chronologischer Zukunft abgeschlossene Menge.
  • Eine Vergangenheitsmenge (en. past set) ist eine unter chronologischer Vergangenheit abgeschlossene Menge.
  • Eine unzerlegbare Vergangenheitsmenge (en. indecomposable past set, IP) ist eine Vergangenheitsmenge, die nicht die Ver­ei­ni­gung von zwei verschiedenen offenen Vergangenheitsmengen ist.
  • Eine IP, die nicht mit der Vergangenheit eines beliebigen Punktes   in   zusammenfällt, nennt man eine terminale unzerlegbare Vergangenheitsmenge (terminal indecomposable past set TIP).[18]
  • Eine eigentliche unzerlegbare Vergangenheitsmenge (proper indecomposable past set, PIP) ist eine IP, die keine TIP ist.[18]   ist eine eigentliche unzerlegbare Vergangenheitsmenge (PIP).
  • Sei   eine Teilmenge von  . Die Zukunfts-Cauchy-Entwicklung[19] oder zukünftiger Domäne der Abhängigkeit (en. future Cauchy development bzw. future domain of dependence) von  , bezeichnet mit   (oder auch  [19]), ist die Menge aller Punkte  , für die jede vergangenheitsgerichtete, nicht erweiterbare Kausalkurve durch   die Menge   mindestens einmal (im mengentheoretischen Sinn) schneidet.[15] Formal:
 jede vergangenheits­nicht­erweiterbare kausale Kurve durch   trifft  ,[19] englisch:
 every past inextendible causal curve through   intersects  [20]
  • Dieselbe umgangssprachliche Bezeichnung wird benutzt für   (alias  ), der Menge aller Punkte  , für die jede ver­gangen­heits­ge­richtete, nicht erweiterbare zeitartige Kurve durch   die Menge   mindestens einmal (im mengentheoretischen Sinn) schneidet.[20] Formal:
 jede vergangenheits­nicht­erweiterbare zeitartige Kurve durch   trifft  ,[19] englisch:
 every past inextendible timelike curve through   intersects  [20]
  • Analog wird die Vergangenheits-Cauchy-Entwicklung[19] (en. past Cauchy development) definiert, in Zeichen   (oder auch  )[19] bzw.   (oder auch  ).
  • Die Cauchy-Entwicklung (schlechthin) ist die Vereinigung der zukünftigen und vergangenen Cauchy-Entwicklungen. In Zeichen:
 [19], und analog wäre dann  .

Cauchy-Entwicklungen sind wichtig für die Untersuchung des Determinismus. Es gilt    .

  • Eine Teilmenge   heißt achronal genau dann, wenn es keine Ereignisse   gibt, so dass   gilt; oder gleich­wertig, wenn   disjunkt von   ist.
  • Eine Cauchy-Oberfläche ist eine geschlossene achronale Menge, deren Cauchy-Entwicklung ganz   umfasst.

 
Diamant-Menge und Kau­sal­dia­mant
  • Eine Metrik ist global hyperbolisch, wenn sie sich als Blätterung von Cauchy-Flächen darstellen lässt (en. if it can be foliated by Cauchy surfaces).
  • Eine chronologieverletzende Menge ist eine Menge von (Raumzeit-)Punkten, durch die (mindestens) eine geschlossene zeitartige Kurven verläuft.
  • Eine kausalitätsverletzende Menge ist eine Menge von Punkten, durch die eine geschlossene Kausalkurve verläuft.
  • Für zwei (Raumzeit-)Punkte   ist die Diamant-Menge (auch Alexandrow-Intervall, en. Alexandrov interval genannt) gegeben durch  [Anm. 5][15][21]
  • Für eine Kausalkurve   ist der Kausaldiamant (en. causal diamond )  .[Anm. 6] Das bedeutet: Der Kausaldiamant der Weltlinie   eines Teilchens ist die Menge aller Ereignisse, die sowohl in der Vergangenheit eines Punktes in   als auch in der Zukunft eines Punktes in   liegen.[22]

Zur Thermodynamik der Kausaldiamanten siehe beispielsweise Jakobson & Visser (2019).[23]

Eigenschaften

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  • Der Rand einer kausalitätsverletzenden Menge ist ein Cauchy-Horizont.
  • Weitere Eigenschaften nach Penrose (1972):[24]
    Für alle (Raumzeit-)Punkte   gilt:
    •   ist in   dann und nur dann, wenn   in   ist; formal:
       
    •  
    •  
Für jede Teilmenge   gilt:
  •  
  •  
  • Topologische Eigenchaften:
    •   ist offen für alle (Raumzeit-)Punkte  .
    •   ist offen für alle Teilmengen  .
    •   für alle Teilmengen  .
    •  

Dabei bezeichnet   die abgeschlossene Hülle einer Teilmenge  .

Zum Thema starke und schwache kosmische Zensur siehe z. B. Flores (2007)[18]

Konforme Geometrie

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Seien gegeben   und   als zwei Riemannsche Mannigfaltigkeiten (Spezialfall: Lorenztsche Mannigfaltigkeiten) mit derselben Trägermenge (Raumzeit)  , aber im Allgemeinen verschiedenen Metriken   und  .

  und   heißen konform äquivalent (en. conformally related oder conformally equivalent) genau dann, wenn es eine auf   definierte glatte (hinreichend oft differenzierbare) positive Abbildung  [Anm. 7] gibt derart, dass gilt:

 ,

soll heißen:
Für jedes   seien die auf dem Tangentialraum   gegebenen Metriken mit   und   bezeichnet. Dann gilt:

 

Eine Abbildung   dieser Art wird konformer Faktor (oder konforme Skalierung) genannt.

Äquivalente Formulierungen verlangen eine glatte (nicht immer als positiv vorausgesetzte) Funktion   und

  bzw.  

und bezeichnen die Abbildung   als konformen Faktor. Von dieser Konvention abgesehen sind beide Definitionen gleichwertig und gehen mit   ineinander über.[25][26][27]

  • Die Klasse untereinander konform äquivalenter Metriken auf   heißt konforme Struktur.[27]
  • Die obige Definition kann in geeigneter Weise auf Riemannsche Mannigfaltigkeiten   und   erweitert werden, siehe Konforme Abbildung.

Betrachtet man die Definitionen, welche Tangentenvektoren zeitarig, lichtartig oder raumartig sind, so sieht man, dass sie unverändert bleiben, wenn man eine Metrik   oder eine konform äquivalente Metrik   zugrunde legt.

Nimmt man als Beispiel an, dass im Raumzeit-Punkt     ein zeitartiger Tangentialvektor in Bezug auf die  -Metrik sei. Das bedeutet  . Es ist dann  , also ist   auch ein zeitartiger Tangentenvektor bezüglich der Metrik  .

Daraus folgt, dass die kausale Struktur einer Lorentzschen Mannigfaltigkeit durch eine konforme Transformation unberührt bleibt. Insbesondere bleibt eine Null-Geodäte unter einer konformen Skalierung eine Null-Geodäte.

Theorem von Malament

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Das Theorem von Malament (genauer: Malament, Hawking-McCarthy-King, Levichev), das folgendes besagt:
Wenn es eine bijektive Abbildung   zwischen zwei Raumzeiten   und   mit Dimension > 2 gibt, die bzgl. der Kausalstruktur treu ist (sie erhält), d. h. für die gilt:

  für alle   (oder analog mit   statt ),

dann sind   und   konform isometrisch und   ein konformer Isomorphismus.[28][15]

Der konforme Faktor bleibt dabei zunächst unbestimmt. Er hängt mit dem Volumen der Regionen in der Raumzeit zusammen. Dieser Volumenfaktor lässt sich ermitteln, indem für jeden Raumzeitpunkt ein Volumenelement angegeben wird. Das Volumen einer Raumzeitregion könnte dann durch Zählen der Anzahl der Punkte in dieser Region ermittelt werden, wenn eine lokal diskrete Kausalmenge zugrunde gelegt wird.[28]

Penrose-Diagramm

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Eine unendliche Metrik lässt Geodäten von unendlicher Länge und echter Zeit (en. infinite length/proper time) zu. Manchmal kann man jedoch eine konforme Neuskalierung der Metrik mit einem konformen Faktor vornehmen, der bei Annäherung an das Unendliche ausreichend schnell auf 0 abfällt, um so einen konformen Rand (en. conformal boundary) der Mannigfaltigkeit zu erhalten. Die topologische Struktur des konformen Randes hängt von der kausalen Struktur ab.

  • Zukunftsgerichtete zeitartige Geodäten enden in  , der zukünftigen zeitartigen Unendlichkeit.
  • Vergangenheitsgerichtete zeitartige Geodäten enden in  , der vergangenen zeitartigen Unendlichkeit.
  • Zukunftsgerichtete Null-Geodäten enden in ℐ , der zukünftigen Nullunendlichkeit.
  • Vergangenheitsgerichtete Null-Geodäten enden in ℐ , der vergangenen Nullunendlichkeit.
  • Raumartige Geodäten enden auf der raumartigen Unendlichkeit.
  • Für den ebenen Minkowski-Raum sind   Punkte, ℐ  sind Nullblätter (en. null sheets), und die raumartige Unendlichkeit hat die Kodimension 2.
  • Für den Anti-de-Sitter-Raum gibt es keine zeitartige oder Null-Unendlichkeit, und die raumartige Unendlichkeit hat die Kodimension 1.
  • Für den de-Sitter-Raum hat dagegen die zukünftige und vergangene zeitartige Unendlichkeit die Kodimension 1.

Siehe auch Penrose-Diagramm und Holografisches Prinzip.

Siehe auch

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Anmerkungen

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  1. Beispiele für Vierervektoren sind Vierer­geschwindigkeit und Viererimpuls.
  2. Das gilt nicht für die Koordinaten­darstellung von Raumzeitpunkten, da die allgemeine Poincaré-Transformation den Ursprung verschieben kann.
  3. Die Parameterdarstellung einer Kurve nennt man Weg. Im Gegensatz zum Weg kommt es bei der Kurve nicht darauf an, wie „schnell“ oder „langsam“ sie an einem bestimmten Punkt durchlaufen wird. Kurven sind daher bestimmte Äquivalenzklassen solcher Wege. Dabei werden bestimmte Bedingungen an einen Parameterwechsel gestellt, der zwei Wege derselben Äquivalenzklasse (d. h. zwei Parameterdarstellungen derselben Kurve) ineinander überführt. Bei einer gerichteten oder orientierten Kurve verlangt man etwa, dass diese Parameterwechsel monotone Abbildungen sind.
  4. Da es sich bei den betrachteten Relationen um Halbordnungen handelt, kann man die Ordnungskegel auch als verallgemeinerte Intervalle ansehen. In dieser Schreibweise ist:
     
     
     
     
     
  5. a b c d Wie man im ebenen Fall des Minkowsi-Raumes am Minkowski-Diagramm erkennt, handelt es sich dabei geometrisch eigentlich um den Kegelmantel eines vierdimensionalen (Doppel-)Kegels (eine Hyperfläche). Ordnungstheoretisch handelt es sich aber bei allen hier aufgeführten Varianten um Ordnungskegel.
  6. Hier ist die etwas ungenaue Definition einer Kurve als Menge von Punkten benutzt. Genau genommen handelt es sich dabei um die eindeutige Bildmenge   einer beliebigen Parameterdarstellung (Weg)  .
  7.   bezeichnet die positiven reellen Zahlen.

Weiterführende Literatur

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Nachweise

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Einzelnachweise

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  1. a b Hermann Dinges: Geometrie für Anfänger – WS 2009/10. Universität Frankfurt/Main, 24. April 2010.
  2. Stephen W. Hawking, Werner Israel (1979) S. 255.
  3. Oriented curve definition. Auf: Math Insight (Informelle Definition).
  4. Kris H. Green: Oriented curves. Auf: Vector Calculus. St. John Fisher College (SJFC), 27. Juli 1997.
  5. Oriented curve. Auf: Math Forums. Frage von Sara Joveska vom 19. September 2017 (informell):
  6. Gregory J. Galloway: Notes on Lorentzian causality. In: ESI-EMS-IAMP Summer School on Mathematical Relativity. University of Miami, S. 4, abgerufen am 2. Juli 2021.
  7. Willem Jacob van Stockum: The gravitational field of a distribution of particles rotating around an axis of symmetry. In: Proc. Roy. Soc. Edinburgh, Band 57, 1937/1938, S. 135–154; doi:10.1017/S0370164600013699, Epub 15. September 2014, Cambridge University Press.
  8. Stephen W. Hawking: My Brief History, Bantam Books, 2013, 126 Seiten. Deutsche Übersetzung: Meine kurze Geschichte. Hier: Kapitel 11.
  9. Kurt Gödel: An example of a new type of cosmological solution of Einstein’s field equations of gravitation. In: Rev. Mod. Phys. Band 21, 1949, S. 447–450, doi:10.1103/RevModPhys.21.447.
  10. Roger Penrose (1972) S. 15.
  11. Ettore Minguzzi: Lorentzian causality theory. In: Living Reviews in Relativity, Band 22, Nr. 3, 3. Juni 2019; doi:10.1007/s41114-019-0019-x.
  12. Kyriakos Papadopoulos, Santanu Acharjee, Basil K. Papadopoulos: The order on the light cone and its induced topology. In: International Journal of Geometric Methods in Modern Physics. 15. Jahrgang, Nr. 5, Mai 2018, S. 1850069–1851572, doi:10.1142/S021988781850069X, arxiv:1710.05177, bibcode:2018IJGMM..1550069P (arxiv.org [PDF]).
  13. Horismos. Oxford Reference.
  14. a b c Roger Penrose (1972) S. 12.
  15. a b c d e Domenico Giulini: Globale versus lokale Strukturen von Raum-Zeiten. Tutorium der AGjDPG, DPG-Frühjahrstagung 2017, Bremen, 13. März 2017.
  16. a b Robert D. Sard (1970) S. 78.
  17. Was ist das Anderswo? Auf: spiegato.com (Populärwissenschaftliche Beschreibung).
  18. a b c José L. Flores: The Causal Boundary of Spacetimes Revisited. In: Communications in Mathematical Physics, Band 276, S. 611–643, 25. September 2007; doi:10.1007/s00220-007-0345-9, ResearchGate. arXiv:gr-qc/0608063v4, PrePrint vom 6. September 2007.
  19. a b c d e f g Christian Bär: Lorentzgeometrie. Vorlesung, Universität Potsdam, Sommersemester 2004. Stand: 18. Juni 2021.
  20. a b c For the future Cauchy development (or future domain of dependence), why is D+(S) ⊂ +(S)? Auf StackExchange: Physics. Frage vom 1. September 2021.
  21. Sumati Surya: The causal set approach to quantum gravity. In: (Living Reviews in) Relativity, Band 22, Nr. 5, 27. September 2019; doi:10.1007/s41114-019-0023-1.
  22. Andrew Svesko: From entanglement to thermodynamics and to gravity. In: Phys. Rev. D, Band 99, Nr. 8, 8./15. April 2019, S. 086006; doi:10.1103/PhysRevD.99.086006, ResearchGate.
  23. Theodore Jacobson, Manus Visser: Gravitational thermodynamics of causal diamonds in (A)dS. In: SciPost Physics, Band 7, Nr. 6, 10. Dezember 2019, S. 079; doi:10.21468/SciPostPhys.7.6.079. Siehe Fig. 1, Fig. 2, Fig. 3, Fig. 4, Fig. 5 und Fig. 6.
  24. Roger Penrose (1972) S. 13.
  25. Stephen W. Hawking, George F. R. Ellis (1973) S. 42.
  26. Christian Bär: Geometrische Analysis. Vorlesung, Universität Potsdam, Wintersemester 2007/08. Stand: 28. September 2011.
  27. a b J. F. Held: Konforme Metriken, Uniformisierung, Geodäaten. Seminar „Systolische Geometrie“, SS 2011, Universität Göttingen. 26. April 2011.
  28. a b David B. Malament: The class of continuous timelike curves determines the topology of spacetime. In: Journal of Mathematical Physics. 18. Jahrgang, Nr. 7, Juli 1977, S. 1399–1404, doi:10.1063/1.523436, bibcode:1977JMP....18.1399M. Epub 26. August 2008.