Umkreis

Kreis, der durch alle Eckpunkte eines Polygons geht

In der ebenen Geometrie ist ein Umkreis ein Kreis, der durch alle Eckpunkte eines Polygons (Vielecks) geht.

Unregelmäßiges Achteck mit Umkreis

Nicht für jedes Polygon existiert ein solcher Umkreis. Allgemein besitzt ein konvexes Polygon genau dann einen Umkreis, wenn die Mittelsenkrechten aller Seiten einander in einem Punkt schneiden. In diesem Fall ist der gemeinsame Punkt der Mittelpunkt des Umkreises.

Umkreis eines DreiecksBearbeiten

 
Dreieck mit Mittelsenkrechten und Umkreis

Eine besonders große Bedeutung hat der Umkreis in der Dreiecksgeometrie. Jedes Dreieck besitzt einen Umkreis, wie im Folgenden begründet wird.

Alle Punkte der Mittelsenkrechten zu   sind von   und   gleich weit entfernt. Entsprechend haben die Punkte der Mittelsenkrechten zu   übereinstimmende Entfernungen von   und  . Der Schnittpunkt dieser beiden Mittelsenkrechten ist also von allen drei Ecken ( ,   und  ) gleich weit entfernt. Er muss also auch auf der dritten Mittelsenkrechten liegen. Zeichnet man um diesen Schnittpunkt einen Kreis, der durch eine Ecke des Dreiecks geht, so müssen auch die anderen Ecken auf diesem Kreis liegen.

Der Umkreismittelpunkt, also der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten, zählt zu den ausgezeichneten Punkten des Dreiecks. Er trägt die Kimberling-Nummer  .

SonderfälleBearbeiten

Für spitzwinklige Dreiecke liegt der Umkreismittelpunkt im Inneren des Dreiecks. Beim rechtwinkligen Dreieck ist der Mittelpunkt der Hypotenuse zugleich Umkreismittelpunkt (siehe Satz des Thales). Im Falle eines stumpfwinkligen Dreiecks (mit einem Winkel über 90°) befindet sich der Umkreismittelpunkt außerhalb des Dreiecks.

RadiusBearbeiten

Der Umkreisradius eines Dreiecks lässt sich mit dem Sinussatz

 

oder aus der Dreiecksfläche berechnen:

 .

Dabei stehen die Bezeichnungen  ,  ,   für die Seitenlängen und  ,  ,   für die Größen der respektive den Seiten mit den Längen   gegenüberliegenden Innenwinkel.   bezeichnet den Flächeninhalt des Dreiecks, der sich z. B. mit Hilfe der heronischen Formel berechnen lässt.

KoordinatenBearbeiten

Die kartesischen Koordinaten des Umkreismittelpunkts   können aus den kartesischen Koordinaten der Eckpunkte berechnet werden. Die Koordinaten der drei Eckpunkte seien  ,   und  .

Mit

 

ergeben sich die kartesischen Koordinaten des Umkreismittelpunkts zu

 

und

 .
Umkreismittelpunkt eines Dreiecks  
Trilineare Koordinaten  

 

Baryzentrische Koordinaten  

Weitere EigenschaftenBearbeiten

  • Der Umkreismittelpunkt liegt wie der Schwerpunkt und der Höhenschnittpunkt auf der eulerschen Geraden.
  • Nach dem Südpolsatz schneidet sich die Mittelsenkrechte einer Dreiecksseite mit der Winkelhalbierenden des gegenüberliegenden Winkels stets auf dem Umkreis.
  • Die Entfernung zwischen Umkreismittelpunkt und Inkreismittelpunkt beträgt  , wobei   den Umkreisradius und   den Inkreisradius bezeichnet (Satz von Euler).
  • Die Summe der vorzeichenbehafteten Abstände des Umkreismittelpunktes von den Dreiecksseiten ist gleich der Summe aus Umkreis- und Inkreisradius (siehe Satz von Carnot).
  • Der Satz vom Dreizack stellt einen Zusammenhang zwischen Umkreis und Inkreis her.

Verallgemeinerung: MittellotensatzBearbeiten

Die Aussage, dass sich die Mittelsenkrechten der Dreiecksseiten in einem Punkt schneiden, wird in der synthetischen Geometrie als Mittellotensatz bezeichnet. Dort kann für allgemeinere affine Ebenen, in denen kein Abstandsbegriff und damit keine „Kreise“ definiert sind, gezeigt werden, dass dieser Satz äquivalent zum Höhenschnittpunktsatz ist. → Siehe dazu Höhenschnittpunkt und präeuklidische Ebene.

Umkreise von Dreiecken aus einem orthozentrischen QuadrupelBearbeiten

 
Beweisfigur

Gegeben sei ein Dreieck   und sein Höhenschnittpunkt  . Dann haben die von drei der vier Punkte  ,  ,   und   gebildeten Dreiecke kongruente Umkreise.

Die vier Punkte  ,  ,   und   werden auch als orthozentrisches Quadrupel bezeichnet.

Beweis:

Ohne Beschränkung der Allgemeinheit wird die Kongruenz der Umkreise für die beiden Dreiecke   und   gezeigt. Im Dreieck   ergänzen sich der rot markierte Winkel   und der Winkel   zu 90°. Ebenso ergänzen sich im Dreieck   der rot markierte Winkel   und der Winkel   zu 90°. Hieraus folgt, dass die beiden rot markierten Winkel gleich groß sind.

Der Punkt   ist der zweite Schnittpunkt des Umkreises des Dreiecks   mit der verlängerten Dreieckshöhe durch  . Der rot markierte Winkel   und der grün markierte Winkel   sind als Umfangswinkel am Kreisbogen über   gleich groß. Damit sind auch der rot markierte Winkel   und der grün markierte Winkel   gleich groß. Folglich sind nach dem Kongruenzsatz WSW dann auch die rechtwinkligen Dreiecke   und   kongruent. Somit sind nach dem Kongruenzsatz SWS auch die Dreiecke   und   kongruent, also sind auch ihre Umkreise kongruent.

Da demnach der Umkreis des Dreiecks   auch der des Dreiecks   ist und die Umkreise der Dreiecke   und   kongruent sind, haben auch die Dreiecke   und   kongruente Umkreise. Damit ist die Aussage bewiesen.[1]

Umkreise anderer VieleckeBearbeiten

Während beim Dreieck stets ein Umkreis existiert, trifft dies bei Vielecken (Polygonen) mit mehr als drei Ecken nur in besonderen Fällen zu.

Vierecke, die einen Umkreis haben, werden Sehnenvierecke genannt. Spezialfälle sind gleichschenklige Trapeze, also auch Rechtecke und Quadrate.

Unabhängig von der Eckenzahl hat jedes regelmäßige Polygon einen Umkreis. Für den Umkreisradius eines regelmäßigen  -Ecks mit der Seitenlänge   gilt:

 

Verwandte BegriffeBearbeiten

Der Inkreis eines Vielecks ist ein Kreis, der alle Seiten dieses Vielecks berührt. Der Inkreis eines Dreiecks stellt einen besonders wichtigen Spezialfall dar. Er gehört mit dem Umkreis und den drei Ankreisen zu den besonderen Kreisen der Dreiecksgeometrie.

Überträgt man die Definition des Umkreises auf den (dreidimensionalen) Raum, so erhält man den Begriff der Umkugel, also einer Kugel, auf der alle Eckpunkte eines gegebenen Polyeders (Vielflächners) liegen.

WeblinksBearbeiten

Wiktionary: Umkreis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

EinzelnachweiseBearbeiten

  1. Günter Aumann: Kreisgeometrie. Eine elementare Einführung. Springer Spektrum, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-45305-6, Seiten 29 und 30