Tensorprodukt von Moduln

Induzierte Struktur auf einem Modul

Das Tensorprodukt von Moduln über einem (beliebigen) Ring mit 1 ist eine Verallgemeinerung des Tensorprodukts von Vektorräumen über einem Körper. Es hat Bedeutung in der abstrakten Algebra und findet in der homologischen Algebra, in der algebraischen Topologie und in der algebraischen Geometrie Anwendung.

Definition

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Sei   ein Ring (mit  , aber nicht notwendigerweise kommutativ). Sei   ein  -Rechtsmodul und   ein  -Linksmodul. Das Tensorprodukt  [1] über   ist definiert durch eine abelsche Gruppe

 

und eine  -bilineare Abbildung

 
          also durch eine Abbildung mit
    (Dl)
    (Dr),

die außerdem

    (A)[2]

erfüllt,[3] die zusammen die folgende universelle Eigenschaft haben:

Zu jeder abelschen Gruppe   und jeder  -bilinearen Abbildung
 
mit der zusätzlichen Eigenschaft
    (Ag)
gibt es einen Gruppen-Homomorphismus
      mit      
und dieser ist eindeutig bestimmt.

Diese universelle Eigenschaft definiert ein bis auf Isomorphie eindeutig bestimmtes Tensorprodukt, und   wird die kanonische (vermittelnde) bilineare Abbildung des Tensorprodukts genannt.[4]

Für   sind die abkürzenden Schreibweisen   und   gebräuchlich.

Bemerkungen
  1. Die Forderung (Dl) bedeutet die Linksdistributivität von   über der Moduladdition und (Dr) die Rechtsdistributivität.
  2. Die Forderung (A) erinnert an das Assoziativgesetz der Ringmultiplikation.
  3. Aus (Dlg) folgt, dass jedes   wegen   auf das neutrale Element   abgebildet wird; entsprechend   aus (Drg).

Grundkonstruktion

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Die Existenz des Tensorprodukts erweist sich durch folgende Konstruktion.

Man betrachtet den von allen Paaren   erzeugten freien  -Modul  , der zu   (direkte Summe) isomorph ist. Da   eine   enthält, können die Paare   als Basis von   aufgefasst werden. Man bildet den  -Untermodul  , der durch die Linearkombinationen von Basiselementen in  

    (DlZ)
    (DrZ)
    (AZ)

erzeugt wird.

Die abelsche Gruppe   wird definiert als der Quotient von   nach  , in Zeichen

 ,

und das Bild von   unter der bilinearen Abbildung   als die Nebenklasse von  , in Zeichen

 .

Durch universelle Eigenschaften definierte Objekte sind immer (bis auf Isomorphie) eindeutig bestimmt.  ■

Bemerkungen
  1. Für   folgt aus (DlZ)
       
    und aus (DrZ) analog  , zusammen  . Deshalb genügt es, bei abelschen Gruppen ( -Moduln)   die Bedingungen (DlZ) und (DrZ) zu etablieren – die Bedingung (AZ) ist dann automatisch etabliert.
  2. Bezeichnet man mit   die   resp. unterliegenden  -Moduln, dann kann der  -Modul   kanonisch identifiziert werden mit dem Quotienten des  -Moduls   nach dem  -Untermodul, der durch Elemente der Form   mit   erzeugt wird.[5]

Konstruktion als R-Modul

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Ist der Ring   kommutativ (in diesem Fall kann man einen  -Rechtsmodul mit einer  -Linksmodulstruktur versehen und umgekehrt), so ist das Tensorprodukt   nicht nur eine abelsche Gruppe, sondern ein  -Modul und   eine  -bilineare Abbildung, und nicht nur eine  -bilineare. Die Skalarmultiplikation kann dabei mit Hilfe der Festlegung (der Übersichtlichkeit halber ist das Suffix   bei der Abbildung   weggelassen)

    (SR)

definiert werden. Diese Verknüpfung ist wohldefiniert, da für jedes   die Unabhängigkeit vom Repräsentanten   oder   der Nebenklasse   aus

 

folgt. Man beachte, dass bei der dritten Gleichheit die Kommutativität von   gebraucht wird.

Alternativ kann das Tensorprodukt direkt als Modul konstruiert werden. Dabei nimmt man bei der Grundkonstruktion anstelle der freien abelschen Gruppe den von   erzeugten freien  -Modul. Bei der Erzeugung von   (das in diesem Fall nicht nur eine Untergruppe, sondern ein Untermodul wird) nimmt man dabei noch die Linearkombinationen

    (S′R)

hinzu. Die Kommutativität von   stellt die Assoziativität der Skalarmultiplikation sicher, denn es ist

 

für  

Der auf diese zwei Arten konstruierte R-Modul hat eine entsprechende universelle Eigenschaft:

Zu jedem R-Modul   und jeder R-bilinearen Abbildung[6]
 
gibt es einen R-Modul-Homomorphismus
      mit      
und dieser ist eindeutig bestimmt.
Bemerkungen
  1. Spezialisierung: Ist   ein Körper, so sind die  -Moduln   und das Tensorprodukt    -Vektorräume, und Letzteres stimmt mit   aus dem Artikel Tensorprodukt von Vektorräumen überein.
  2. Verallgemeinerung: Man kann die Nicht-Kommutativität von   zulassen und mit   als Bezeichnung für das Zentrum des Ringes   bei beiden Konstruktionen in diesem Abschnitt   durch   ersetzen, um beim eindeutig bestimmten  -Modul   und der  -bilinearen Abbildung   anzukommen. Zur Erfüllung von (A) wird dabei   wie vorher aus Linearkombinationen (AZ) mit Skalaren aus dem ursprünglichen Ring   erzeugt. Dieser Ring ist es auch, der das Tensorprodukt   charakterisiert.
    Zur Vermeidung von Verwechslungen geht man am besten zunächst der Definition gemäß von einem  -Modul   aus, den man je nach Bedarf a posteriori durch (SR) mit einer (Links- oder Rechts-) -Skalarmultiplikation versieht mit   als einem Unterring von  
  3. Der Ring   beim Operator   kann große Auswirkung haben, wie die Beispiele   und   zeigen.

Wechsel des Rings

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  •   und   seien Ringe,   sei ein Ringhomomorphismus und   ein  -Rechtsmodul,   ein  -Linksmodul. Dann gibt es – in den Bezeichnungen von Modul (Mathematik)#Wechsel des Rings – genau eine  -lineare Abbildung
 
derart, dass für alle  
 
Diese Abbildung ist surjektiv und wird als kanonisch bezeichnet.
  • Ist dabei  , dann ist
 
wobei   durch die   mit   erzeugt wird.
  • Sei   ein zweiseitiges Ideal in  , welches sowohl im Annihilator von   wie von   enthalten ist. Dann hat   resp.   eine kanonische rechte resp. linke  -Modulstruktur, und der kanonische Homomorphismus
 
der dem kanonischen Homomorphismus   entspricht, ist die Identität.[7]

Spezialfälle

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Seien R, R1, R2, R3 (nicht notwendigerweise kommutative) Ringe.

  • Ist M12 ein R1-R2-Bimodul und M20 ein linker R2-Modul, dann ist das Tensorprodukt
 
ein linker R1-Modul.
  • Ist M02 ein rechter R2-Modul und M23 ein R2-R3-Bimodul, dann ist das Tensorprodukt
 
ein rechter R3-Modul.
  • Ist M01 ein rechter R1-Modul, M12 ein R1-R2-Bimodul und M20 ein linker R2-Modul, dann gilt das Assoziativitätsgesetz
 .[8]
Mithin führt bei der klammerlosen Notation
 
jede beliebige Reihenfolge der Ausführung von ⊗ zum selben Ergebnis.
  • Jeder Ring   ist ein  - -Bimodul. Also ist
 
mit der Ringmultiplikation
 
als der kanonischen  -bilinearen Abbildung.
  • Für alle R-Moduln M und N ist
 
  • Ist   kommutativ, so sind die  -Moduln
  und  
kanonisch isomorph.
  • Ist   eine  -Algebra, so ist
 
ein  -Linksmodul; die Moduloperation ist gegeben durch
  für  ,   in  .
  • Jeder Ring   mit   ist ein  - -Bimodul. Also ist
 
mit der Ringmultiplikation
 
als der kanonischen  -bilinearen Abbildung.
  • Ist   ein kommutativer Ring, und sind   und   assoziative  -Algebren, so ist
 
wieder eine assoziative  -Algebra; die Multiplikation ist gegeben durch
 

Kategorielle Eigenschaften

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Verschiedene Varianten des Tensorproduktes besitzen rechtsadjungierte Funktoren:

  • Ist   ein Ring,   ein  -Rechtsmodul,   ein  -Linksmodul und   eine abelsche Gruppe, so gilt:
 
dabei ist   ein  -Rechtsmodul vermöge
 
  • Ist   ein Ring,   eine  -Algebra,   ein  -Linksmodul und   ein  -Linksmodul, so gilt:
 .
  • Ist   ein kommutativer Ring mit Einselement und sind  ,  ,   drei  -Moduln, so gilt:
 .

Insbesondere ist das Tensorprodukt ein rechtsexakter Funktor.

Das Tensorprodukt ist der Pushout in der Kategorie der kommutativen Ringe mit Einselement; insbesondere ist für einen kommutativen Ring   mit Eins das Tensorprodukt über   das Koprodukt (für endlich viele Objekte) in der Kategorie der  -Algebren.

Beispiele

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  •  
  •  
  •  
  • Lokalisierungen von Moduln sind Tensorprodukte mit den lokalisierten Ringen, also ist beispielsweise
 
  • Ist   ein Ring,   ein zweiseitiges Ideal und   ein  -Linksmodul, so ist
 
  • Ist   ein kommutativer Ring mit Einselement, so ist
 
  •  

Struktur der Elemente

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Elementare Tensoren

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Ein elementarer Tensor bzw. reiner Tensor im Tensorprodukt   ist ein Element von der Form   mit  .

Allgemeine Gestalt

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Jedes Element   des Tensorprodukts   ist eine endliche Summe

 

von elementaren Tensoren. Diese Darstellung ist nicht eindeutig. Ferner lässt sich im Allgemeinen nicht jeder Tensor als elementarer Tensor schreiben.

Zum Beispiel ist der Tensor   kein elementarer Tensor im Tensorprodukt  , wobei   die Standardbasisvektoren im   sind; dagegen   durchaus.

Ist R ein kommutativer Ring und   ein von einem Element erzeugter R-Modul, dann ist jeder Tensor des Tensorprodukts   ein elementarer Tensor für jeden beliebigen R-Modul  .

Weiterführende Begriffe

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In der Algebra:

In der Differentialgeometrie:

In der Funktionalanalysis

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. gelesen als »Tensorprodukt von   mit   über  « oder auch als »  tensoriert über   mit  «
  2. so auch bei N. Bourbaki: Elements of Mathematics, Algebra I, Chapters 1–3. 2. Auflage. Springer, 1998, ISBN 3-540-64243-9, § 3. Tensor products,, S. 243 (Internet Archive).
  3. Für eine Abbildung mit diesen 3 Eigenschaften findet sich in der englischen Literatur gelegentlich die Bezeichnung »balanced product« (dt. etwa: balancierte Multiplikation) über R.
  4. N. Bourbaki: Elements of Mathematics, Algebra I, Chapters 1–3. 2. Auflage. Springer, 1998, ISBN 3-540-64243-9, § 3. Tensor products,, S. 244 (Internet Archive).
  5. N. Bourbaki: Elements of Mathematics, Algebra I, Chapters 1–3. 2. Auflage. Springer, 1998, ISBN 3-540-64243-9, § 3. Tensor products,, S. 244 (Internet Archive).
  6. Die R-Bilinearität zieht die Eigenschaft (Ag) nach sich.
  7. N. Bourbaki: Elements of Mathematics, Algebra I, Chapters 1–3. 2. Auflage. Springer, 1998, ISBN 3-540-64243-9, § 3. Tensor products,, S. 246 (Internet Archive).
  8. N. Bourbaki: Elements of Mathematics, Algebra I, Chapters 1–3. 2. Auflage. Springer, 1998, ISBN 3-540-64243-9, § 3. Tensor products,, S. 258 (Internet Archive).