Strecke (Geometrie)

Linie, die von zwei Punkten begrenzt wird
(Weitergeleitet von Offene Strecke)

Eine Strecke (auch Geradenabschnitt oder Geradenstück) ist eine gerade Linie, die von zwei Punkten begrenzt wird; sie ist die kürzeste Verbindung ihrer beiden Endpunkte. Die Begrenzung einer Strecke durch diese Punkte unterscheidet sie von Geraden, die beidseitig unbegrenzt sind, und von Halbgeraden, die nur auf einer Seite begrenzt sind.

Strecke [AB] zwischen den beiden Punkten A und B

Euklidische Geometrie

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Historische Abbildung über die Konstruktion von Strecken (1699)

Definition

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Eine Strecke ist eine gerade Linie in der euklidischen Ebene oder im euklidischen Raum, die von zwei Punkten begrenzt wird. Sind   und   zwei gegebene Punkte in der Ebene oder im Raum, dann wird die Strecke zwischen diesen beiden Punkten Verbindungsstrecke von   und   genannt und mit   bezeichnet.

Strecken lassen sich auch mit Hilfe der Zwischenrelation („… liegt zwischen … und …“) definieren: die Strecke   besteht dann aus allen Punkten der Verbindungsgeraden  , die zwischen den Punkten   und   liegen. Je nachdem, ob hierbei die Punkte   und   mit eingeschlossen werden oder nicht, werden die folgenden Fälle unterschieden:

  • abgeschlossene Strecke  : beide Endpunkte sind eingeschlossen
  • offene Strecke  : beide Endpunkte sind ausgeschlossen
  • halboffene Strecke   bzw.  : einer der Endpunkte ist eingeschlossen, der andere ausgeschlossen

Wird durch die Reihenfolge der Punkte   und   eine Orientierung der Strecke vorgegeben, spricht man von einer gerichteten Strecke (auch Pfeil oder gebundener Vektor)  .

Spezialfälle

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Eine Strecke heißt:

  • Seite – wenn die beiden Endpunkte die aneinander benachbarten Eckpunkte eines Vielecks sind
  • Kante – wenn die beiden Endpunkte benachbarte Eckpunkte eines Polyeders sind
  • Diagonale – wenn die beiden Endpunkte die aneinander nicht benachbarten Eckpunkte eines Vielecks sind
  • Sehne – wenn die beiden Endpunkte auf einer Kurve, wie z. B. einem Kreis, liegen

Parameterdarstellung

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In der analytischen Geometrie werden Punkte in der euklidischen Ebene oder im euklidischen Raum durch ihre Ortsvektoren beschrieben. Sind   und   die Ortsvektoren der Punkte   und  , dann besteht die Strecke   aus denjenigen Punkten in der Ebene oder im Raum, deren Ortsvektoren   von der Form

    mit    

sind. In dieser Parameterdarstellung einer Strecke ist   ein reeller Parameter, der im Parameterbereich frei gewählt werden kann. Die offene Strecke   besteht hier aus den Punkten im Parameterbereich  , während die halboffenen Strecken   und   durch die Bereiche   und   parametrisiert werden. In baryzentrischen Koordinaten lautet die Parameterdarstellung einer Strecke   entsprechend

    mit    .

Hierbei sind   und   zwei reelle Parameter, die jedoch aufgrund der Bedingung   nicht unabhängig voneinander gewählt werden können. Die offene Strecke   besteht hier aus den Punkten mit den Parametern  , während die halboffenen Strecken   und   durch die Parameterbereiche   und   dargestellt werden.

Eigenschaften

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Bei der Angabe einer abgeschlossenen oder offenen Strecke ist die Reihenfolge der Endpunkte unerheblich, es gilt also

    und    .

Unter der Länge der Strecke versteht man den Abstand ihrer beiden Endpunkte. Diese Streckenlänge wird oft mit  , gelegentlich auch mit   oder   bezeichnet. Die Verbindungsstrecke zweier Punkte   und   kann damit als Menge derjenigen Punkte   charakterisiert werden, bei denen die Summe der Abstände

 

minimal ist. Nachdem eine Ellipse gerade dadurch charakterisiert wird, dass die Summe der Abstände zu zwei gegebenen Punkten (den Brennpunkten der Ellipse) konstant ist, ist eine Strecke damit eine spezielle (degenerierte) Ellipse. Eine Strecke kann auch als eine spezielle Kurve angesehen werden. Von allen Kurven, die zwei gegebene Punkte miteinander verbinden, hat die Verbindungsstrecke dieser Punkte die kürzeste Bogenlänge.

Lineare Algebra

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Definition

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Ist   ein Vektorraum über den reellen oder komplexen Zahlen, dann heißt eine Teilmenge   (abgeschlossene) Strecke, wenn sie durch

 

parametrisiert werden kann. Hierbei sind   mit   zwei Vektoren, die die Endpunkte der Strecke   darstellen. Alternativ kann eine abgeschlossene Strecke auch durch die Konvexkombination

 

als konvexe Hülle ihrer Endpunkte dargestellt werden. In beiden Darstellungen werden durch entsprechende Einschränkung des Parameterbereichs auch offene und halboffene Strecken beschrieben.

Eigenschaften

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Inzidenzgeometrie

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Geradenaxiome

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Wesentliche Charakteristika des aus der euklidischen Geometrie stammenden Konzept einer Strecke können in einem sehr allgemeinen Rahmen formuliert werden, der es erlaubt, dieses Konzept in abstrakten Inzidenzgeometrien ganz unabhängig von topologischen oder metrischen Erwägungen darzustellen. Dies wurde u. a. von Ernst Kunz in seinem Lehrbuch Ebene Geometrie gezeigt. Dabei wird eine Inzidenzgeometrie   zugrunde gelegt, welche aus einer Punktmenge   sowie einer Geradenmenge   besteht und welche dabei den folgenden Bedingungen genügt:[1]

(A1) Je zwei Punkte werden durch mindestens eine Gerade verbunden.
(A2) Zu je zwei verschiedenen Punkten gibt es höchstens eine Gerade, welche beide verbindet.
(A3) Auf jeder Geraden liegen mindestens zwei verschiedene Punkte.
(A4) Es gibt mindestens drei Punkte, welche nicht auf einer Geraden liegen.

Die beiden Bedingungen (A1) und (A2), bedeuten, dass die Inzidenzgeometrie das Verbindungsaxiom erfüllt, während (A3) und (A4) gewährleisten, dass sie gewissen Reichhaltigkeitsanforderungen genügt.

Eine Inzidenzgeometrie  , welche diese vier Bedingungen erfüllt, nennt Kunz kurz eine Ebene.

Streckenaxiome

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In einer in diesem Sinne verstandenen Ebene   lässt sich das Konzept einer Strecke durch folgende Streckenaxiome erfassen:[1]

(B0) Je zwei (nicht notwendig) verschiedenen Punkten   ist eine Teilmenge   zugeordnet, welche die Strecke von   nach   genannt wird.
(B1) Es ist   für jede Strecke  .
(B2) Ist   eine Gerade und sind  , so ist  .
(B3) Für alle   ist stets  .
(B4) Für alle   existiert ein   mit   und  .
(B5) Ist   und  , so ist  .
(B6) Sind   drei Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen, und ist   eine Gerade, die keinen der drei Punkte enthält, so folgt aus  , dass   oder   ist.

Eine Ebene, welche auch den Bedingungen (B0) bis (B6) genügt, nennt Ernst Kunz eine Ebene mit Strecken. Die Plausibilität dieser Bedingungen macht man sich leicht klar, wenn man als   die euklidische Ebene zugrunde legt. Hier sind all diese Bedingungen erfüllt.

Die Bedingung (B6) wird von Kunz gemäß den Gegebenheiten in der euklidischen Ebene das Axiom von Pasch genannt. Dort besagt es anschaulich, dass eine Gerade, welche in ein Dreieck „eindringt“, diese auch wieder irgendwo verlassen muss. Der Name des Axioms verweist dabei auf den Mathematiker Moritz Pasch (1843–1930), welcher als erster erkannt hat, dass sich im Rahmen einer axiomatischen Grundlegung der euklidischen Geometrie der in dem Axiom dargestellte Sachverhalt nicht aus den übrigen Axiomen folgern lässt, sondern eigens gefordert werden muss.[1]

Wie sich zeigen lässt, ist das System der Streckenaxiome mit dem der hilbertschen Anordnungsaxiome – die Inzidenzaxiome vorausgesetzt – gleichwertig. Die Verbindung zur Zwischenrelation ergibt sich dabei durch die folgende Festlegung:[1]

Sind   drei paarweise verschiedene Punkte, so liegt der Punkt   zwischen den Punkten   und  , wenn   gilt.

Ist die genannte Bedingung für drei paarweise verschiedene Punkte   erfüllt, so sagt man auch:

Der Punkt   ist innerer Punkt der Strecke  .

Siehe auch

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Literatur

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  • Ernst Kunz: Ebene Geometrie. Axiomatische Begründung der euklidischen und nichteuklidischen Geometrie (= Mathematik Grundkurs). rororo – Vieweg, Reinbek bei Hamburg 1976, ISBN 3-499-27026-9, S. 7 ff.
  • Hans Schupp: Elementargeometrie (= UTB). Schöningh, 1977, ISBN 3-506-99189-2, S. 10 ff.
  • David Hilbert: Grundlagen der Geometrie. Mit Supplementen von Dr. Paul Bernays (= Teubner-Studienbücher: Mathematik). 11. Auflage. Teubner Verlag, Stuttgart 1972, ISBN 3-519-12020-8, S. 4 ff. (MR1109913).
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Einzelnachweise

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  1. a b c d Ernst Kunz: Ebene Geometrie. 1976, S. 7 ff., 19 ff.