Ungarisches Parlament

Einkammerparlament mit Sitz in Budapest, Ungarn
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Das ungarische Parlament bzw. die ungarische Nationalversammlung[1] (ungarisch Országgyűlés) ist ein Einkammerparlament mit Sitz in Budapest. Es besteht seit 2014 aus 199 Abgeordneten und wird alle vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Seit 1902 tagt es im ungarischen Parlamentsgebäude.

Országgyűlés
Ungarisches Parlament
Ungarische Nationalversammlung
Logo
Basisdaten
Sitz: Parlamentsgebäude in Budapest
Legislaturperiode: vier Jahre
Abgeordnete: 199
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl: 3. April 2022
Vorsitz: Parlamentspräsident

László Kövér (Fidesz)

6
10
15
10
5
8
1
117
18
6
3
10 15 10 117 18 
Sitzverteilung: Regierung (135)
  • Fidesz 117
  • KDNP 18
  • Unterstützung (1)
  • LdU 1
  • Opposition (63)
  • DK 15
  • M 10
  • Jobbik 8
  • MSZP 10
  • MHM 6
  • PZ 6
  • LMP 5
  • Parteilose 3
  • Website
    www.parlament.hu
    Frontaufnahme
    Frontaufnahme

    Wahlsystem

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    Das Wahlsystem ist eine Kombination aus Mehrheits- und Verhältniswahl. 2011 wurde das Wahlsystem deutlich verändert und dabei das Mehrheitswahlelement verstärkt.

    Wahlsystem bis 2011

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    Die Wähler hatten zwei Stimmen: Eine für einen Direktkandidaten in 176 Einerwahlkreisen und eine für Regionallisten in unterschiedlich großen Mehrmandatswahlkreisen (4–28 Sitze, zusammen 152 Sitze). Dabei werden Sitze für volle Droopquoten vergeben; verbleibende Sitze gehen an die Listen mit den meisten Reststimmen, solang diese mehr als zwei Drittel einer Quote ausmachen; ansonsten gehen diese Sitze an das Kontingent für nationale Listen, das aus einem Grundstock von 58 Mandaten besteht.

    In den Einerwahlkreisen war die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen nötig; ansonsten gibt es eine Stichwahl, zu der sich alle Kandidaten mit mindestens 15 % der gültigen Stimmen, mindestens aber die 3 stärksten Kandidaten qualifizieren. Die Kandidaten konnten auf eine Teilnahme jedoch verzichten, um die Chancen eines anderen zu erhöhen.

    Die Verteilung an die nationalen Listen erfolgte aufgrund von Reststimmen nach D’Hondt. Reststimmen sind zum einen die Stimmen, die in den Einerwahlkreisen im ersten Wahlgang an Kandidaten, die an eine nationale Liste angeschlossen sind und die kein Mandat erhalten haben, abgegeben worden sind, zum anderen die verbliebenen Reststimmen bei der Verteilung an die Regionallisten. Letztere waren negativ, wenn ein Restmandat für weniger als eine volle Quote vergeben wurde.

    An der Sitzverteilung außerhalb der Einerwahlkreise nahmen nur Listen teil, die mehr als 5 % der gültigen landesweiten Regionallistenstimmen erzielt haben. Gemeinsame oder verbundene Listen von 2 Parteien mussten 10 % erreichen, Listen mehrerer Parteien 15 %. Bei der Berechnung der Quote in den Mehrmandatswahlkreisen werden diese Listen jedoch nicht ausgeklammert, so dass regelmäßig einige Restmandate anfallen.

    Wenn die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang nicht größer als 50 % war, war bis einschließlich der Wahl 1998 das Ergebnis ungültig und es findet ein zweiter Wahlgang statt. In den Einerwahlkreisen entfiel dann die Stichwahl. Im zweiten Wahlgang ist eine Wahlbeteiligung von mehr als 25 % nötig. Ansonsten gab es in den Einerwahlkreisen eine Nachwahl und keine Reststimmen; die Mandate der Regionalwahlkreise wurden dann an das nationale Kontingent übertragen und die Stimmen aus dem ersten Wahlgang als Reststimmen gewertet.

    Das verwendete Reststimmenverfahren beschränkt die Anzahl der Restmandate, womit keine Verhältniswahl erreicht wird. Stimmen an einen erfolgreichen Direktkandidaten haben einen viel höheren Erfolgswert als Stimmen an unterlegene Kandidaten, die aber dennoch nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Der Wert der Reststimmen aus den Regionalwahlkreisen hing in komplexer Weise vom Wahlergebnis ab, war aber tendenziell geringer als der der direkt verwerteten Stimmen. Insgesamt handelt es sich um ein Wahlsystem, das (lokal) größere Parteien stark bevorzugt; es war aber deutlich entfernt von einem reinen Mehrheitswahlrecht.

    Wahlsystem ab 2011

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    Das Wahlsystem, an dem bis dahin seit 1990 wenig geändert wurde, wurde 2011 grundlegend reformiert. Die wichtigsten Änderungen waren:

    • Die Parlamentsgröße wurde fast halbiert von 386 auf 199 Sitze.
    • In den Wahlkreisen, deren Zahl von 176 auf 106 reduziert wurde, reicht schon im 1. Wahlgang die relative Mehrheit zum Sieg. Der Anteil der direkt gewählten Abgeordneten stieg von 45,6 % auf 53,3 %, womit das Mehrheitswahlelement verstärkt wurde. Die neuen Wahlkreisgrenzen zeigen Gerrymandering.[2]
    • Auch die Stimmen im Wahlkreis siegreicher Bewerber werden teilweise bei der Verteilung der Sitze auf die nationalen Listen berücksichtigt, auch dadurch wurde das Mehrheitswahlelement verstärkt. Es liegt keine Verhältniswahl vor.
    • Es gibt keine regionalen Parteilisten mehr.
    • Auslandsungarn, die sich registrieren lassen, erhalten das Wahlrecht.
    • Wähler können sich als Angehöriger einer Minderheit registrieren lassen und dann eine Minderheitenliste wählen, die bei der Zuteilung des ersten Sitzes begünstigt wird.

    Die umstrittene Einführung einer Bestimmung, nach der nur Bürger wählen dürfen, die sich für die Wahl registrieren lassen, wurde vom Verfassungsgericht gestoppt.[3]

    Die in Ungarn lebenden Wähler haben zwei Stimmen, eine Listenstimme und eine Stimme zur Wahl eines Direktkandidaten im Wahlkreis. Auslandsungarn haben nur eine Listenstimme. Wer als Minderheitenwähler registriert ist, kann seine Listenstimme nur einer Minderheitenliste geben. Die übrigen Wähler können mit ihrer Listenstimme nur eine Parteiliste wählen.

    Sitzverteilung im Wahlkreis

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    In jedem der 106 Wahlkreise ist der Bewerber mit den meisten Stimmen gewählt. Im Gegensatz zum bisherigen Wahlrecht gibt es keine Stichwahlen mehr. Im Wahlkreis antreten dürfen Parteibewerber und Parteilose, die für eine Kandidatur jeweils 500 Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten des Wahlkreises benötigen. Nach altem Wahlrecht waren 750 Unterschriften erforderlich. Mehrere Parteien können einen gemeinsamen Bewerber aufstellen.

    Die Zahl der Wahlberechtigten im Wahlkreis darf um höchstens 20 % vom Durchschnitt abweichen. Bei früheren Wahlen gab es Wahlkreise mit deutlich größerer Abweichung. Dennoch wurde die neue Wahlkreiseinteilung teilweise als parteiisch kritisiert.[4]

    Sitzverteilung nach Listen

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    93 Sitze werden über nationale Listen verteilt. Listen können eingereicht werden von Parteien und von nationalen Minderheiten. Eine Partei kann eine Liste nur einreichen, wenn sie in mindestens 71 Wahlkreisen (zwei Drittel aller Wahlkreise) einen Kandidaten aufgestellt hat und sich diese Wahlkreise auf mindestens 14 Komitate oder Budapest (das zu keinem Komitat gehört) verteilen. Diese Hürde wurde im Dezember 2020 erhöht. Zuvor genügten zur Aufstellung einer Liste 27 Wahlkreiskandidaten in neun Komitaten.[5] Mehrere Parteien können eine gemeinsame Liste einreichen.

    Parteien müssen mindestens 5 % aller Listenstimmen erhalten, um an der Sitzverteilung teilzunehmen. Handelt es sich um eine gemeinsame Liste zweier Parteien, beträgt die Sperrklausel 10 %, bei einer gemeinsamen Liste von drei oder mehr Parteien 15 %. Minderheitenlisten erhalten vorab einen Sitz zugeteilt, wenn sie die sog. „Präferenzquote“ erreichen. Diese beträgt 1/93 der Zahl aller bei der Verteilung der Listensitze zu berücksichtigenden Stimmen geteilt durch vier (also 1/372 oder ca. 0,27 %). Minderheitenlisten nehmen an der weiteren Sitzverteilung nur teil, wenn sie mindestens 5 % aller Listenstimmen erreichen.

    Die 93 Listensitze, abzüglich der eventuell bereits vorab an Minderheitenlisten vergebenen Sitze, werden aufgrund folgender Stimmenzahlen verteilt:

    • Bei einer Partei oder einer Liste mehrerer Parteien werden alle Listenstimmen berücksichtigt, wozu die Stimmen der im Wahlkreis nicht gewählten Bewerber derselben Partei(en) addiert werden. Ist ein Bewerber der Partei(en) im Wahlkreis gewählt worden, wird sein Stimmenvorsprung vor dem Zweitplatzierten, vermindert um eins, zu den Listenstimmen addiert.
    • Bei Minderheitenlisten werden alle Listenstimmen berücksichtigt, abzüglich der zur Erreichung der Präferenzquote erforderlichen Stimmenzahl.

    Auf Grund dieser zu berücksichtigenden Stimmen werden die Sitze nach dem D’Hondt-Verfahren verteilt.[6]

    Zusammensetzung seit 1990

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    Sitzverteilungen (zu Beginn der Wahlperioden)
    Wahl Mandate Fidesz KDNP MSZP MDF SZDSZ FKgP Jobbik LMP DK PZ Sonstige
    1990 386 22 21 33 165 94 44 ASZ 1, Unabhängige 6
    1994 386 20 22 209 38 69 26 ASZ 1, VP 1
    1998 386 148 134 17 24 48 MIÉP 14, Unabhängige 1
    2002 386 164 178 24 20
    2006 386 141 23 190 11 20 Somogyért 1
    2010 386 227 36 59 47 16 Unabhängige 1
    2014 199 117 16 29 23 5 4 1 Együtt 3, MLP 1
    2018 199 117 16 15 26 9 9 5 Deutsche Minderheit 1, MLP 1
    2022 199 117 18 10 10 5 15 6 Momentum 11, MHM 6, Deutsche Minderheit 1

    Siehe auch

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    Commons: Ungarisches Parlament – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

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    1. Ungarn: Politisches Porträt. Auswärtiges Amt, 1. Oktober 2023, abgerufen am 27. Februar 2024.
    2. A wild gerrymander makes Hungary’s Fidesz party hard to dislodge. In: The Economist. 2. April 2022, abgerufen am 19. Februar 2024 (englisch).
    3. Gregor Mayer: Verfassungsgericht in Ungarn kippt umstrittene Wählerregistrierung. In: DerStandard.at. 4. Januar 2013, abgerufen am 19. Februar 2024.
    4. http://lapa.princeton.edu/hosteddocs/hungary/Beyond%20democracy%20-%2027%20Nov%202011.pdf
    5. Venedig-Kommission, OSZE: Hungary: Joint Opinion on the 2020 Amendments to Electoral Legislation
    6. Wahlgesetz (engl. Übersetzung)