Kauffmann (Orgelbauerfamilie)

Orgelbauerfamilie

Die österreichische Orgelbauerfamilie „Kauf(f)mann“ war von 1877 bis 1995 über 4 Generationen in Wien als Orgelbauer tätig, wobei insbesondere Orgeln mit pneumatischer und elektropneumatischer Traktur gebaut wurden. In den 1950er-Jahren konnte sich dieser Betrieb aus verschiedenen Gründen nicht mehr auf den Bau mechanischer Schleifladenorgeln umstellen, sodass mit Johann Hans (Heinz) Kauffmann (IV.) diese Orgelbauer-Dynastie endete. Bis vor 1900 schrieb sich Johann Marcellinus Kau(f)fmann noch mit „f“, danach mit „ff“, daher die unterschiedliche Schreibweise ein und desselben Familiennamens „Kauf(f)mann“.[1]

Stammbaum der Familie Bearbeiten

  • Marcellin Johann Kauf(f)mann (* 1. Juni 1849 in Stadtlauringen/Bayern, † 9. September 1906 in Wien) ⚭ 1879 Josefa Guthan[2]
    war als Sohn eines Bauern als Orgelbauer bei Peter Titz/Wien tätig und studierte Mechanik am k.k. Polytechnischen Institut, der Vorläuferin der Technischen Universität Wien. Ab 1877 war er als selbstständiger Orgelbauer tätig, seine Werkstätte befand sich zunächst im 6. Wiener Gemeindebezirk, und zwar 1880–1883 in der Sandwirtgasse 2,[3][4] 1883–1884 in der Mollardgasse 4[2][5] und ab 1885[6] in der Stumpergasse 48. Ab 1902 befand sich seine Werkstätte im 15. Wiener Gemeindebezirk, in der Robert-Hamerling-Gasse 30, wo er auch Harmonien erzeugte. Bereits 1888 baute er die erste Kleinorgel mit elektrischer Traktur und 1902 mit pneumatischer Traktur. Der Familienname wurde von „Kaufmann“ auf „Kauffmann“ erst in der darauffolgenden Generation geändert.[7]
    • Johann Josef Kauf(f)mann (* 13. September 1883 in Wien; † 15. November 1953 ebenda[2]) ⚭ 1906 Rosa Theresia Maurer[8]
      führte die Werkstätte seines Vaters im 15. Wiener Gemeindebezirk, Robert-Hamerling-Gasse 30, weiter und baute ab 1925 Orgeln mit elektrischer Traktur.
      • Johann Marcellinus Antonius Kauffmann (* 25. Juli 1910 in Wien; † 21. Mai 1965 ebenda[8]) ⚭ 1936 Wilhelma Klara Theresia Emilie Kaukol[9]
        war ab 14 Jahren im väterlichen Betrieb als Orgelbauer tätig. Er wird wegen der gleichen Vornamen manchmal mit seinem Großvater Johann Marcell Kaufmann (sic!) verwechselt.[10] Johann M. Kauffmann und seine Familie wurde in Wien auf dem Baumgartner Friedhof (Gruppe K1, Nummer 75) bestattet.
        1. Johann Hans (Heinz) Kauffmann (* 1937 in Wien, † 4. August 1995 ebenda)
          übernahm 1965 den väterlichen Betrieb; mit seinem Tod endete nach 120 Jahren die Familientradition.
        2. Norbert Kauffmann (* 4. April 1940 in Wien,[9] als Kind gestorben[11])
        3. Markus Maria Franz Kauffmann (* 25. Jänner 1947 ebenda,[9] † 22. Dezember 2011 ebenda[12])
          wurde ebenfalls Orgelbauer und war zeitweise im väterlichen Betrieb als Orgelbauer tätig.
        4. Gottfried (Götz) Maria Kauffmann (* 15. Jänner 1949 in Wien; † 26. Jänner 2010 ebenda)
          wurde zunächst ebenfalls Orgelbauer und war zeitweise im väterlichen Betrieb als Orgelbauer tätig. Später machte er als Volksschauspieler, Kabarettist und Buchautor Karriere.

Werke Bearbeiten

Johann Marcell (Marcellin) Kauf(f)mann I. (1849–1906) Bearbeiten

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1882 Allentsteig Pfarrkirche Allentsteig II/P 16 [13]
1882 Schottwien Filialkirche Schottwien
 
I/P 8
1882 Litschau Pfarrkirche Litschau
 
II/P 12 Gehäuse aus 1765, von Kauffmann erweitert
1883 Höbersbrunn Pfarrkirche Höbersbrunn I/P 8 1941 umgebaut[14]
1883 Messern Pfarrkirche Messern I/P 8 mechanische Kegellade[15]
1883 Ernstbrunn Pfarrkirche Ernstbrunn 1928 erweitert; nicht erhalten: seit 2000 Orgel von Rieger Orgelbau
1884 Wien Muttergotteskirche   II/P 10
1886 St. Marein in Niederösterreich Pfarrkirche St. Marein in Niederösterreich zweiteilig mit neobarockem Gehäuse, darüber polychromierte Figur König David im Ende des 17. Jahrhunderts.[16]
1886 Neudorf im Weinviertel Pfarrkirche Neudorf im Weinviertel
1888 Stockerau Pfarrkirche Stockerau
 
II/P 25 mechanische Kegelladen
1889 St. Veit an der Triesting Pfarrkirche St. Veit an der Triesting I/P 8
1890/1893 Maria Enzersdorf Heilig-Geist-Kirche im Missionshaus St. Gabriel M/P 5 mechanische Kegellade,[17] signiert Johann M. Kaufmann (sic)
1890 Wien Salesianerinnenkirche   II/P 12 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch[18]
1890 St. Egyden am Steinfeld Pfarrkirche St. Egyden am Steinfeld   I/P 8 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch, Register pneumatisch[19]
1890 Enzesfeld Pfarrkirche Enzesfeld I/P 9 mechanische Kegellade
1891 Neuhaus an der Triesting Pfarrkirche I/P 6 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch
1892 Mödling Missionshaus St. Gabriel I/P 5 nunmehr in der Krypta aufgestellt, mechanische Kegelladen
1894 Wien Mariahilfer Kirche   II/P 24 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch[20][21]
1894 Neuaigen Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt [22]
1894 Kirchberg am Wechsel Pfarrkirche Kirchberg am Wechsel   II/P 16 [23]
1895 Maria Gugging Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Gugging   I/P 8 aus der Pfarrkirche hl. Antonius von Padua in Wien XV übertragen[24]
1896[25] Wien Wallfahrtskirche zur Heiligen Theresia vom Kinde Jesu   I/P 5 mechanische Kegellade
1896 Drosendorf NÖ Stadtkirche Drosendorf  
1896 Herzogbirbaum Pfarrkirche Herzogbirbaum
1896 Wolkersdorf im Weinviertel Pfarrkirche Wolkersdorf im Weinviertel II/P 16 [26]
1896 Aquileia Basilika von Aquileia ursprünglich in der Katharinenfesthalle in Weigls Dreherpark [Wien XII][27]
1898[28] Wien Elisabethinenkirche II/P 14 Gehäuse von 1757 (anonymer Orgelbauer) erhalten
1896/97 Mödling Spitalkirche (Mödling) I/P 6 [1]
1898 Obersiebenbrunn Pfarrkirche Obersiebenbrunn I/P 12 mechan. Kegellade [29]
1899 Goggendorf Pfarrkirche Goggendorf
 
I/P 8
1902 Herrnleis Pfarrkirche Herrnleis I/P 8
1903 Wien Pfarrkirche Maria Hietzing   II/P 18 Gehäuse 1877 von Carl Hesse

freistehender Spieltisch, pneumatische Traktur

1905 Deinzendorf Pfarrkirche Deinzendorf Klassizistisches Gehäuse aus dem späten 19. Jahrhundert
1905/1906 Wien Bergkirche Rodaun   II/P 12

Johann Josef Kauffmann II. (1883–1953) Bearbeiten

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
Wien Nussdorfer Pfarrkirche   II/P 11 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch
Götzendorf an der Leitha Pfarrkirche I/P
1907 Mödring Pfarrkirche Mödring   I/P 7
1909 Enzersfeld im Weinviertel Pfarrkirche „Maria Geburt“   II/P 12 mechanische Kegellade, freistehender Spieltisch
1910 Stetten Pfarrkirche Stetten
1911 Eichenbrunn Pfarrkirche Eichenbrunn
1911 Pellendorf Pfarrkirche Pellendorf I/P 7 [30]
1913 Bullendorf Pfarrkirche Bullendorf
1913 Wien Pfarrkirche St. Antonius von Padua   II/P
1923 Groß-Schweinbarth Pfarrkirche Groß-Schweinbarth II/P 13
1924 Wien Pfarrkirche St. Erhard Mauer II/P 14 Gehäuse 1853 von Carl Hesse
1926 Wien Pfarrkirche St. Thekla   II/P 13
1927 Wien Lazaristenkirche (Neubau)   IV/P 52 1862 von Matthäus Mauracher als Salzburg als zweimanualige Orgel mit 25 Registern erbaut, 1899 von Josef Mauracher aus St. Florian auf 42 Register und 3 Manuale erweitert, 1927 durch Kauffmann auf 52 Register und 4 Manuale erweitert (4. Manual als Fernwerk ausgeführt).[31] Größte spätromantische Kirchenorgel Wiens.[32] Elektropneumatische Traktur, Kegellade, freistehender Spieltisch.
1927 Laab im Walde Pfarrkirche Laab im Walde hl. Koloman I/P 8 [33]
1928 Ernstbrunn Pfarrkirche Ernstbrunn siehe auch 1883
1928 Mödling Pfarrkirche Mödling-St. Othmar
 
II/P 31 nicht erhalten, seit 1983 Orgel von Walcker-Mayer
1929 Hüttendorf Pfarrkirche Hüttendorf hl. Barbara
1930 Zöbern Pfarrkirche Zöbern St. Georg II/P 13
1930 Wien Rudolfsheimer Pfarrkirche   Sanierung und Umgestaltung der Disposition durch Philipp Eppel 1974
1931 Wien St. Othmar unter den Weißgerbern   III/P 35 Neubau in das Gehäuse von 1873 unter Verwendung von originalem Pfeifenmaterial von Carl Hesse[34]
1931 Michelstetten Pfarrkirche Michelstetten Neues Werk in einem barocken Gehäuse aus 1761.
1932 Wien Ober St. Veiter Pfarrkirche
Wien Christkönigskirche Neufünfhaus II/P freistehender Spieltisch, pneumatische Traktur
1933 Großweikersdorf Pfarrkirche Großweikersdorf   III/P 27 Eingebaut in das historische Gehäuse von Benedikt Latzl, 1855, mit stummem Prospekt. Pneumatische Spieltraktur, Fernwerk elektropneumatisch

Johann Marcellinus Kauffmann III. (1910–1965) Bearbeiten

Siehe Hauptartikel Johann M. Kauffmann.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Die Orgel in der Spitalkirche in Mödling auf moedling.or.at, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  2. a b c Taufbuch Wien-Gumpendorf, Bd. 67, Reihezahl 701
  3. Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1880, S. 468
  4. Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1883, S. 504
  5. Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1884, S. 507
  6. Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1885, S. 535
  7. Barbara Boisits, Christian Fastl: Kauffmann, Familie. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2003, ISBN 3-7001-3044-9.
  8. a b Taufbuch Wien-Fünfhaus, Bd. 35, S. 69
  9. a b c Trauungsbuch Wien-St.Stephan, Bd. 103, S. 97
  10. laut Firmenschild z. B. auf dem Klaviaturdeckel der Orgel im Missionshaus St. Gabriel: Johann M. Kaufmann
  11. Bestattung und Friedhöfe Wien: Friedhofsdatenbank, als Norbert Kaufmann (sic!) geführt; deutlich früher verstorben und erst 1957 umgebettet
  12. Bestattung und Friedhöfe Wien: Friedhofsdatenbank
  13. Allentsteig, St. Ulrich auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  14. https://organindex.de/index.php?title=Gaweinstal/H%C3%B6bersbrunn,_St._Laurentius
  15. Österreichische Orgeldatenbank Karl Schütz. Archiviert vom Original am 8. August 2003; abgerufen am 6. Dezember 2017.
  16. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Dehio Niederösterreich nördlich der Donau 1990. S. 1018
  17. Gottfried Allmer: Die Orgeln in der Heiliggeistkirche des Missionshauses St. Gabriel in Maria Enzersdorf bei Wien. In: Principal 19, Zs. Principal, Verein der Orgelfreunde, 2016, S. 37–40, abgerufen am 3. Oktober 2019.
  18. Günter Lade: Orgeln in Wien. Wien 1990, ISBN 3-9500017-0-0, S. 186.
  19. St. Egyden am Steinfeld, St. Ägidius auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  20. Österreichische Orgeldatenbank Karl Schütz. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. August 2011; abgerufen am 20. Juni 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.odb.at
  21. Günter Lade: Orgeln in Wien. Wien 1990, ISBN 3-9500017-0-0, S. 64.
  22. DEHIO Niederösterreich nördlich der Donau. Verlag Berger, Horn/Wien 2010, 2. unveränderte Auflage, ISBN 978-3-85028-395-3, S. 769.
  23. Kirchberg (Wechsel), St. Jakob auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  24. Bundesdenkmalamt (Hrsg.): Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Niederösterreich, südlich der Donau, Teil 2. Verlag Berger, Horn/Wien 2003, Seite 1318, ISBN 3-85028-365-8
  25. Martin Wadsack: Die Orgeln des 16. Wiener Gemeindebezirks. Wien 2013, S. 7.
  26. Wolkersdorf, St. Margareta auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  27. Oesterreichisches Musiklexikon: Kauffmann, Familie
  28. Österreichische Orgeldatenbank Karl Schütz. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. August 2011; abgerufen am 17. Dezember 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.odb.at
  29. Referenzen – Obersiebenbrunn auf bodem.at, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024
  30. Gaweinsthal/Pellendorf, St. Katharina auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  31. Johann Simon Kreuzpointner: Geschichte der Orgel in der Lazaristenkirche. In: Festschrift zur Orgelweihe in der Lazaristenkirche „Unbefleckte Empfängnis“ am 28. Jänner 2001. Wien 2001, S. 7–12.
  32. Gabriele Zimmermann: Geschichte der Orgel in der Lazaristenkirche. In: Festschrift zur Orgelweihe in der Lazaristenkirche „Unbefleckte Empfängnis“ am 28. Jänner 2001. Wien 2001, S. 3.
  33. Laab im Walde, St. Kolomann (sic!) auf organindex.de, zuletzt abgerufen am 18. Jänner 2024.
  34. Günter Lade: Orgeln in Wien. Wien 1990, ISBN 3-9500017-0-0, S. 170.