In der Mathematik, insbesondere der projektiven Geometrie, ist die projektive Gerade ein eindimensionaler projektiver Raum.

Definition Bearbeiten

Es sei   ein Körper, zum Beispiel der Körper der reellen oder komplexen Zahlen oder ein endlicher Körper. Es sei   der (bis auf Isomorphie eindeutige) zweidimensionale  -Vektorraum. Die projektive Gerade   ist die Menge der eindimensionalen Untervektorräume von  .

Mit anderen Worten: die projektive Gerade ist der Quotientenraum

 

bezüglich der Äquivalenzrelation

 .

Diese Äquivalenzrelation identifiziert zwei Punkte genau dann, wenn sie im selben eindimensionalen Untervektorraum, also auf derselben Gerade durch den Nullpunkt liegen.

Homogene Koordinaten Bearbeiten

Jeder Punkt der projektiven Gerade kann in homogenen Koordinaten als

 

mit   dargestellt werden, wobei   für alle   gilt.

Zahlengerade erweitert um den Punkt im Unendlichen Bearbeiten

 
Auf der riemannschen Zahlenkugel sind die komplexen Zahlen einschließlich darstellbar.

Die projektive Gerade   kann mit  , der um einen "Punkt im Unendlichen" erweiterten Gerade   identifiziert werden. Man kann nämlich die Gerade   mit der in homogenen Koordinaten durch

 

gegebenen Teilmenge der   identifizieren. Diese Teilmenge enthält dann alle Punkte der   bis auf einen, den sogenannten "Punkt im Unendlichen":

 

Beispiele Bearbeiten

  • Die reelle projektive Gerade   ist homöomorph zum Kreis  .
  • Die komplexe projektive Gerade   wird als Riemannsche Zahlenkugel bezeichnet, sie ist homöomorph zur 2-Sphäre  .
  • Die projektive Gerade   über dem endlichen Körper   hat   Elemente.

Automorphismen Bearbeiten

 
Möbiustransformation auf  

Die allgemeine lineare Gruppe   wirkt auf   durch lineare Abbildungen. Die projektive lineare Gruppe   ist die Faktorgruppe  , wobei   die normale (sogar zentrale) Untergruppe der skalaren Vielfachen   der Identität   ist mit   aus  . Die Wirkung von   auf   induziert eine wohldefinierte Wirkung von   auf  . Die Automorphismen von   sind per Definition die durch Elemente von   beschriebenen Abbildungen  .

In homogenen Koordinaten wirken die Matrizen als gebrochen-lineare Transformationen:

 

nach der Identifizierung  .

Die Automorphismengruppe wirkt transitiv auf Tripeln paarweise unterschiedlicher Punkte.

Eine fundamentale Invariante der projektiven Geometrie ist das Doppelverhältnis von 4-Tupeln paarweise unterschiedlicher Punkte. Falls K algebraisch abgeschlossen ist, lassen sich zwei solche 4-Tupel genau dann durch einen Automorphismus ineinander überführen, wenn ihr Doppelverhältnis übereinstimmt.

Im Fall   bezeichnet man die Automorphismen von   als Möbiustransformationen.

Projektive Geraden in der projektiven Ebene Bearbeiten

Die projektive Gerade durch zwei gegebene Punkte   und   der projektiven Ebene bestimmt man, indem man die beiden Punkte als Geraden im   auffasst (und durch ihre Geradengleichung beschreibt), die sie enthaltende Ebene im   berechnet (siehe Ebenengleichung) und diese Ebene dann auf eine projektive Gerade in   projiziert.

Analog bestimmt man projektive Geraden durch zwei gegebene Punkte in einem höherdimensionalen projektiven Raum.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Klein, Felix: Elementarmathematik vom höheren Standpunkte aus. Zweiter Band: Geometrie. Dritte Auflage. Ausgearbeitet von E. Hellinger. Für den Druck fertig gemacht und mit Zusätzen versehen von Fr. Seyfarth. Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften, Band 15 Springer-Verlag, Berlin 1968
  • Aczél, J.; Gołąb, S.; Kuczma, M.; Siwek, E.: Das Doppelverhältnis als Lösung einer Funktionalgleichung. Ann. Polon. Math. 9 1960/1961 183–187.
  • Kerby, William: Eine Bemerkung über die Gruppen PGL(2,F). Results Math. 15 (1989), no. 3–4, 291–293.

Weblinks Bearbeiten