Castel Gandolfo

italienische Gemeinde

Castel Gandolfo (auch Castelgandolfo, lateinisch Castrum Gandulphi) ist eine italienische Stadt[2] mit 8652 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2022), die zur Metropolitanstadt Rom Hauptstadt in der Region Latium gehört.

Castel Gandolfo
Castel Gandolfo (Italien)
Castel Gandolfo (Italien)
Staat Italien
Region Latium
Metropolitanstadt Rom (RM)
Koordinaten 41° 45′ N, 12° 39′ OKoordinaten: 41° 44′ 47″ N, 12° 39′ 3″ O
Höhe 426 m s.l.m.
Fläche 14 km²
Einwohner 8.652 (31. Dez. 2022)[1]
Fraktionen Mole di Castel Gandolfo,
Pavona
Postleitzahl 00073
Vorwahl 06
ISTAT-Nummer 058022
Bezeichnung der Bewohner Castellani
Schutzpatron Hl. Sebastian
Website Castel Gandolfo

Blick auf Castel Gandolfo und den Albaner See

Bekannt ist die Stadt wegen der hier befindlichen Papstresidenz, die seit dem 17. Jahrhundert den Päpsten als Sommerresidenz dient und seit 21. Oktober 2016 als Museum allgemein zugänglich ist.

Geographie Bearbeiten

 
Lage von Castel Gandolfo in der Metropolitanstadt Rom Hauptstadt

Castel Gandolfo liegt 24 km südöstlich von Rom in den Albaner Bergen oberhalb des Albaner Sees, eines Maars, das sich in der Caldera eines alten Vulkans gebildet hat. Das Gemeindegebiet erstreckt sich über eine Höhe von 155 bis 519 m s.l.m.

Die Gemeinde liegt in der Erdbebenzone 2 (mittel gefährdet).[3]

 
Castel Gandolfo auf OpenStreetMap

Castel Gandolfo teilt sich in vier Gebiete auf.

  • Die Altstadt von Castel Gandolfo liegt auf dem Rand der Caldera eines erloschenen Vulkans.
  • Der Albaner See, der zum Gemeindegebiet gehört, liegt auf dem Kratergrund, 130 m unterhalb der Stadt. Entlang des Ufers liegen Ausflugslokale und Strandbäder.
  • Am Westhang der Caldera liegt der Stadtteil Mole mit moderner Wohnbebauung.
  • Im Südwesten liegt um einen weiteren, heute trockengelegten Kratersee (Laghetto di Turno) der Ortsteil Pavona, der in den 1920er Jahren entstand. In ihm leben heute die meisten Einwohner der Gemeinde. Hier befindet sich auch das Gewerbegebiet.
 
Piazza della Libertà

Castel Gandolfo wird zu den Ortschaften der Castelli Romani gezählt und ist Mitglied der Vereinigung I borghi più belli d’Italia[4] (Die schönsten Orte Italiens).

Die Nachbarorte sind im Uhrzeigersinn: Marino, Grottaferrata, Rocca di Papa, Albano Laziale und Rom.

Verkehr Bearbeiten

  •   Castel Gandolfo liegt 14 km von der Auffahrt Monteporzio Catone auf den Autobahnzubringer zur Autobahn A1 Autostrada del Sole entfernt.
  •   Castel Gandolfo liegt an der Staatsstraße 7 Via Appia, die den Ort mit Rom verbindet.
  •   Die Via Nettunense (Staatsstraße SS 207), die den Stadtteil Pavona durchquert, führt nach Anzio (41 km) ans Meer.
  •   Castel Gandolfo hat einen Bahnhof an der Regionalbahnstrecke FL4 Rom-Albano. Der Bahnhof Pavona an der Regionalbahnstrecke FL4 Rom-Velletri liegt bereits im Stadtteil Pavona von Albano Laziale.

Geschichte Bearbeiten

 
Garten des Papstpalastes mit Überresten der Villa des Kaisers Domitian (rechts)
 
Ansicht von Palast und Stadt aus dem Jahr 1665

Archäologische Ausgrabungen und historische Quellen lassen vermuten, dass an der Stelle des heutigen Ortes um etwa 1100 v. Chr. bis 600 v. Chr. die antike Stadt Alba Longa lag, die lange kultureller Mittelpunkt und Hauptstadt des Latinerbundes war. Alba Longa spielte in der römischen Mythologie bei der Gründung Roms eine herausragende Rolle. Die Vestalin Rhea Silvia, Tochter des Königs von Alba Longa, Numitor Silvius, eines Nachfahren des Aeneas, soll die Mutter der beiden ausgesetzten Zwillinge Romulus und Remus gewesen sein; daher gilt Alba Longa als die Mutterstadt Roms. 665 v. Chr. wurde Alba Longa jedoch von Rom zerstört.[5][6]

Wegen der kühlenden Winde auf der Höhe des Kraterrandes, die den Aufenthalt im Sommer gegenüber der römischen Hitze angenehm machen, ferner aufgrund der günstigen Lage an der Via Appia (ab 312 v. Chr. erbaut), wurden in dem Gebiet zahlreiche villae urbanae errichtet, darunter als größte die Villa des Kaisers Domitian. Sie ist der Vorgängerbau des heutigen Päpstlichen Palastes.

Im Mittelalter gehörte die Domitianvilla unter dem Namen Massa Caesariana den Grafen von Tusculum. 1221 erwarben sie die Savelli und bauten sie zu ihrer Burg um. 1596 wurde sie aufgrund unbeglichener Schulden der Familie Savelli von der Apostolischen Kammer beschlagnahmt und in der Folge zum barocken Palast umgebaut. Seit 1628 wird dieser Palazzo Pontificio (oder Palazzo Apostolico di Castel Gandolfo) von den Päpsten als Sommerresidenz genutzt. Papst Franziskus ließ 2016 Teile des Palastes als Museum öffnen.

Im 18. Jahrhundert war Castel Gandolfo eine mondände Sommerfrische; Goethe besuchte sie im Oktober 1787 für drei Wochen von Rom aus während seiner Italienischen Reise[7]. Als 1798 Castel Gandolfo von französischen Soldaten besetzt wurde, schloss es sich der kurzlebigen Republik von Albano an. 1870 wurde der Kirchenstaat aufgelöst und Castel Gandolfo ins Königreich Italien eingegliedert.

1929 sicherten die Lateranverträge der Vatikanstadt die Staatlichkeit, und u. a. dem Lateran und der Papstresidenz in Castel Gandolfo den Status einer exterritorialen Besitzung des Heiligen Stuhls.

Bevölkerungsentwicklung Bearbeiten

Jahr 1881 1901 1921 1936 1951 1971 1991 2001 2011 2016
Einwohner 1767 1980 2577 2955 4172 4709 6843 7930 9091 8971

Quelle: ISTAT

Politik Bearbeiten

Milvia Monachesi (PD) wurde im Mai 2012 zur Bürgermeisterin gewählt und im Juni 2017 im Amt bestätigt. Ihr Vorgänger und Parteifreund Maurizio Colacchi amtierte von 2002 bis 2012. Bei den Wahlen 2002, 2007 und 2012 erreichte die rot-grüne Bürgerliste Arcobaleno (Regenbogen) immer die absolute Mehrheit der Sitze im Gemeinderat.[8] 2017 trat die Nachfolgeliste Insieme (Zusammen) an, die 8 der 12 Gemeinderatssitze gewann.[9]

Partnerstädte Bearbeiten

Religion Bearbeiten

Die Einwohner von Castel Gandolfo gehören mehrheitlich der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft an. Die Stadt gehört zum Bistum Albano.[10]

Papstresidenz Bearbeiten

 
Die exterritorialen Gebiete in Castel Gandolfo:
1: Apostolischer Palast
2: Garten der Villa Cybo
3: Landgut der Villa Barberini
4: Oliveto ex-Bacelli
5: San Tommaso di Villanova

Castel Gandolfo beherbergt eine Residenz des Papstes. Ursprünglich von Kaiser Domitian erbaut, war es später der Adelssitz der Familie Gandolfi und dann der Savelli. Die Residenz wurde von Papst Clemens VIII. 1596 beschlagnahmt und unter Urban VIII. (Maffeo Barberini) von 1624 bis 1629 zum Papstpalast umgebaut. Seither wurde der Palast von fast allen Päpsten vor allem in den Sommermonaten als Residenz genutzt. Traditionell finden dann auch die Generalaudienzen dort im Innenhof des Papstpalastes statt. Papst Benedikt XVI. nutzte die Residenz während seines Pontifikats das ganze Jahr über häufig zur Erholung. Er hat sich nach seinem Amtsverzicht am 28. Februar 2013 nach Castel Gandolfo zurückgezogen, bis er am 2. Mai 2013 endgültig seinen Altersruhesitz im Kloster Mater Ecclesiae nahm.[11][12] Im Sommer 2015 nutzte der emeritierte Papst Benedikt XVI. die Residenz für einen zweiwöchigen Aufenthalt erneut. Castel Gandolfo ist Sterbeort von Pius XII. (1958) und Paul VI. (1978).

Die Residenz ist ein Komplex von drei Villen, der Villa del Moro, Villa Cybo und Villa Barberini, auf einer Fläche von 55 Hektar. Der Kaiserpalast des Domitian war einst ein System von Gebäuden, Höfen und Gärten, das sich dort erstreckte und von denen sich Überreste noch in den Gärten der Villen finden. In den 1930er Jahren wurde der Apostolische Palast mit den Villen und Gärten als päpstliche Sommerresidenz zusammengefasst. Die Gärten des Palasts wurden im 17. Jahrhundert angelegt. Zwischen den Gewölben der Villa des Domitian, deren Cryptoporticus, Theater und Nymphäum, verläuft eine über 400 Jahre alte Eichenallee.

Gemäß den Lateranverträgen von 1929 sind die päpstliche Residenz in Castel Gandolfo und die päpstlichen Güter, ähnlich wie der Lateranspalast, nicht Teil des Territoriums des Staates der Vatikanstadt, sondern italienisches Staatsgebiet, welches sich im Eigentum des Heiligen Stuhls befindet. Doch wurde die Sommerresidenz (welche den Papstpalast, die Villa Cybo, die Villa Barberini, die Gärten des Belvedere sowie einen Gutshof mit einer kleinen Landwirtschaft mit einer Ausdehnung von insgesamt 55 Hektar umfasst) als exterritoriale Besitzung des Heiligen Stuhls bezeichnet. Als solche ist sie vergleichbar mit diplomatischen Missionen: Die Besitzung ist von italienischen Steuern und Enteignungen befreit, italienische Behörden dürfen sie ohne Zustimmung des Heiligen Stuhls nicht betreten.[13] Der Vertrag beschreibt dies als Exterritorialität, ein Begriff, der im heutigen Völkerrecht wegen seiner Missverständlichkeit nicht mehr verwendet wird.

Im Ostflügel der Anlage befindet sich seit 1930 die Vatikanische Sternwarte Specola Vaticana, die den römischen Standort der Sternwarte wegen der Lichtverschmutzung der Großstadt ersetzte. Sie verfügt über zwei Teleskope aus den 1950er Jahren, die aber mittlerweile veraltet sind. Deshalb wurde 1981 die Forschungsabteilung des Institutes durch deren damaligen Leiter George Coyne nach Arizona an die dortige Universität verlegt.

Die Sicherungsaufgaben innerhalb der päpstlichen Güter werden von der vatikanischen Gendarmerie wahrgenommen. Im Gebiet der Villa Cybo befindet sich das „Internationale Kongresszentrum Mariapoli“ der Fokolarbewegung. Zu Beginn des Pontifikats von Johannes Paul II. wurde von amerikanischen Katholiken ein überdachtes Schwimmbad gespendet.

Im Oktober 2016 kündigte Papst Franziskus an, Castel Gandolfo künftig nicht mehr als Sommerresidenz nutzen zu wollen. Am 21. Oktober 2016 wurde die Papstwohnung in ein für die Öffentlichkeit zugängliches Museum umgewandelt.[14][15]

Bilder Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Christoph Henning: Latium. Das Land um Rom. Mit Spaziergängen in der Ewigen Stadt (= DuMont Kunst-Reiseführer). 3., aktualisierte Auflage. DuMont, Köln 2006, ISBN 3-7701-6031-2.
  • Anton Henze, Kunibert Bering, Gerhard Wiedmann: Kunstführer Rom. 5., neu bearbeitete Auflage. Philipp Reclam GmbH, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-010402-5.
  • Mario Galgano: Castel Gandolfo – Wo Päpste Urlaub machen. 1. Auflage. Kunst-Verlag Fink, 2015.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Castel Gandolfo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Castel Gandolfo – Reiseführer

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bilancio demografico e popolazione residente per sesso al 31 dicembre 2022. ISTAT. (Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica, Stand 31. Dezember 2022).
  2. Staatsarchiv (Memento des Originals vom 19. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/dati.acs.beniculturali.it 1994 bekam Castel Gandolfo das Stadtrecht
  3. Italienischer Zivilschutz (Memento des Originals vom 30. Mai 2015 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.protezionecivile.gov.it
  4. I borghi più belli d’Italia. Borghipiubelliditalia.it, abgerufen am 31. August 2017 (italienisch).
  5. Christian Hülsen: Alba Longa. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 1301 f.
  6. Gisela M. A. Richter: Alba Longa (Castel Gandolfo) Latium, Italy. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3 (englisch, perseus.tufts.edu).
  7. Goethe, Italienische Reise, Zweiter Römischer Aufenthalt, Briefe vom 8. und 12. Oktober 1787; Bericht vom Oktober 1787
  8. Information des Innenministeriums, abgerufen am 11. Januar 2016
  9. Information des Innenministeriums, abgerufen am 12. Januar 2018
  10. Diözese Albano (italienisch), abgerufen am 20. Dezember 2015
  11. Castel Gandolfo rüstet auf: „Alle fiebern Benedikt XVI. entgegen“. Radio Vatikan, 22. Februar 2013, archiviert vom Original am 25. Februar 2013; abgerufen am 22. Februar 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/de.radiovaticana.va
  12. Papst Franziskus heißt Benedikt XVI. im Vatikan willkommen. Radio Vatikan, 3. Mai 2013, archiviert vom Original am 8. Juli 2013; abgerufen am 4. Mai 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/de.radiovaticana.va
  13. Lateranvertrag (http://www.verfassungen.eu/va/lateranvertrag1929.htm), Artikel 15 und Anhang II.
  14. Papst verzichtet auf Sommerresidenz Castel Gandolfo
  15. Päpstliche Sommerresidenz wird zum Museum