24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps 1948

Sportwagenrennen

Das 13. 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps, auch 24 Heures de Spa, Spa-Francorchamps, fand am 11. und 12. Juli 1948 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps statt.

Der von Luigi Chinetti und Louis Chiron gefahrene Ferrari 166 Spyder Corsa
Barnato-Hassan-Bentley, in Spa gefahren von Ian Metcalfe und Lance Macklin

Vor dem Rennen

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Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs endeten im Herbst 1939 die Rennaktivitäten am Circuit de Spa-Francorchamps. Während der Ardennenoffensive im Winter 1944/1945 kam es auch in der Region um die Strecke zu erheblichen Kampfhandlungen. Besonders betroffen waren die beiden Orte Stavelot und Malmedy, wo es am 17. Dezember 1944 zu einem Massaker durch die Kampfgruppe Peiper der Leibstandarte SS Adolf Hitler an kriegsgefangenen Soldaten der United States Army kam.[1]

Das erste Rennen nach dem Krieg war im Juni 1946 der Grand Prix Automobile de Belgique, eine Veranstaltung die aus drei Sportwagenrennen unterschiedlicher Hubraumklassen, bestand. Einer der Sieger war Jock Horsfall, der auf einem Aston Martin Speed Model das Rennen für Wagen bis 2 Liter Hubraum gewann.[2] Die Boxenalge überstand die Kriegsjahre weitgehend unbeschädigt, benötige aber Renovierungsarbeiten an der Bausubstanz. Die Teams und die jeweiligen Fahrer mussten mit einem provisorischen Zeltlager vorliebnehmen. Auguste Buisseret, der Bürgermeister von Lüttich und Innenminister der Regierung von Achille Van Acker organisierte fünf Millionen belgische Franc, die für den kompletten Neubau der Boxenanlage und die Errichtung neuer Zuschauertribünen Verwendung fanden. Nach nur einem Jahr Bauzeit erfolgte im 1947 mit dem Großen Preis von Belgien die feierliche Neueröffnung.[3] Ein Jahr später fand das erste 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps seit 1938 statt.

Das Rennen

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Ein buntes Feld an Fahrzeugen aus sieben Rennklassen stand am Nachmittag des 11. Juli 1948 in der Startaufstellung. Der britische Unternehmer David Brown hatte 1947 den Autobauer Aston Martin übernommen und meldete einen Aston Martin DB1 für Jock Horsfall und Leslie Johnson. Den Einsatz wickelte seine David Brown Organisation ab. Fahrer Jock Horsfall war auch als Fahrzeugeigner aktiv. Seinen privaten Aston Martin Speed Model fuhren Tony Rolt und André Pilette. Weitere Werkswagen waren zwei Gordini, darunter der Simca-Gordini TMM von José Scaron und Pierre Veyron. Luigi Chinetti und Louis Chiron fuhren einen Ferrari 166 Spyder Corsa, eigentlich ein Monoposto-Rennwagen mit Kotflügeln über allen vier Rädern. Drei Škoda 1101 Tudor meldete der ortsansässige Škoda-Händler Healers. Die Fahrzeuge erhielten einen auf ein Fassungsvermögen von 55 Liter vergrößerten Treibstofftank und kamen mit dem für damalige Verhältnisse geringen Verbrauch von 8,1 Liter pro 100 Kilometer über die 24-Stunden-Diszanz. Ergebnis war der Dreifachsieg in der Tourenwagenklasse bis 1,1 Liter Hubraum.[4] Ein ungewöhnliches Fahrzeug war der Barnato-Hassan-Bentley. Der dreifache Le-Mans-Sieger Woolf Barnato ließ den Wagen, der einen 8-Liter-Bentley-Motor hatte, 1934 vom Walter Hassan als Rekordwagen entwickeln und bauen.[5] Nach dem Krieg war das Fahrzeug im Besitz von Ian Metcalfe. Ausgestattet mit Scheinwerfern und Rücklichtern fuhren Metcalfe und der junge Lance Macklin, nach der Überfahrt über den Ärmelkanal, den zwei Tonnen schweren Wagen auf belgischen Landstraßen nach Spa. Dabei ging die Kupplung zu Bruch und der Wagen musste abgeschleppt werden. Die Reparatur dauerte bis knapp vor dem Rennstart.

Das Wetter war am Rennwochenende so schlecht, dass die Organisatoren Einheiten der Belgischen Streitkräfte zur Unterstützung der Teams anforderte. Beim Rennstart um 16 Uhr klarte es kurz auf, was de belgischen Fahrer Charles Delhaes animierte das Faltdach seines Jawa Minor abzunehmen.[6] Die ersten beiden Rennstunden führte Henri Louveau im Delage D6-3L, ehe Teamkollege Louis Gérard im dichten Nebel in der Haarnadel von Stavelot links anstatt rechts abbog und den Delage in einen Graben fuhr. Davor war der Brite Dick Stallebras verunglückt. Der unerfahrene Stallebras, Besitzer eines Aston Martin Speed Model, übernahm den Wagen vom Teamkollegen Jack Fairman und kam nur bis zur Malmedy-Kurve, wo er von Strecke abkam und sich mit dem Aston Martin auf einem Feld mehrmals überschlug. Er starb am Abend in einem Krankenhaus.[7] Während am Baranto-Hassan-Bentley erneut die Kupplung streikte, führten Horsfall und Johnson ab Mitternacht im strömenden Regen bis zum Rennende. Im Ziel hatten sie einen Vorsprung von zwei Runden auf den Fiat 1100S der Scuderia Ambrosiana, gefahren von Aldo Bassi und Émile Cornet.

Ergebnisse

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Schlussklassement

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Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Fahrzeug Runden
1 S 2.0 54 Vereinigtes Konigreich  Aston Martin Ltd. Vereinigtes Konigreich  Jock Horsfall
Vereinigtes Konigreich  Leslie Johnson
Aston Martin DB1 192
2 S 1.1 16 Italien  Scuderia Ambrosiana Italien  Aldo Bassi
Belgien  Émile Cornet
Fiat 1100S 190
3 S 1.5 10 Frankreich  Automobiles Gordini Frankreich  José Scaron
Frankreich  Pierre Veyron
Simca-Gordini TMM 190
4 S 4.0 72 Frankreich  Guy Mairesse Frankreich  Guy Mairesse
Frankreich  Edmond Mouche
Delahaye 135CS 187
5 S 1.1 18 Italien  Scuderia Ambrosiana Italien  Mario Brambilla
Italien  Vestidello
Fiat 1100S 179
6 S 3.0 62 Frankreich  Auguste Veuillet Frankreich  Auguste Veuillet
Frankreich  Maurice Varet
Delage D6-3L 175
7 S 1.1 8 Frankreich  Automobiles Gordini Frankreich  Aldo Gordini
Frankreich  Jean Cayla
Simca-Gordini T8 175
8 S 3.0 80 Vereinigtes Konigreich  Donald Healey Vereinigtes Konigreich  Nick Haines
Vereinigtes Konigreich  Tommy Wisdom
Healey Elliott 175
9 S 1.5 44 Vereinigtes Konigreich  Ecurie Lapin Blanc Vereinigtes Konigreich  Jack Scott
Vereinigtes Konigreich  Neville Gee
HRG Aerodynamic 167
10 S 4.0 70 Frankreich  Jean Brault Frankreich  Jean Brault
Frankreich  Pierre Maréchal
Delahaye 135 166
11 S + 4.0 92 Belgien  Jean Damman Belgien  Jean Damman
Belgien  De Belder
Talbot-Lago T150SS 162
12 S 2.0 34 Belgien  Houben
Belgien  Nurnberg
BMW 328 161
13 S 1.5 46 Vereinigtes Konigreich  Ecurie Lapin Blanc Vereinigtes Konigreich  Ray Brock
Vereinigtes Konigreich  Bob Freeman Wright
HRG 1500 Coupé 158
14 S 4.0 82 Belgien  G. Marinx
Belgien  L. Marinx
Kaiser Saloon 153
15 S 1.1 24 Belgien  Jacques Swaters Belgien  Jacques Swaters
Belgien  Paul Frère
MG PB 149
16 S 1.5 42 Vereinigtes Konigreich  Ecurie Lapin Blanc Vereinigtes Konigreich  Peter Clark
Frankreich  Pierre Maréchal
HRG Aerodynamic 149
17 S 1.5 68 Belgien  Grainger
Belgien  Guilbert
Lancia Aprilia 141
18 S 1.5 56 Schweiz  Rudolf Fortmann Schweiz  Rudolf Fortmann
Schweiz  Anner
MG TC 137
19 T 1.1 100 Belgien  Healers Belgien  Georges Andre
Belgien  L. Delhaes
Škoda 1101 Tudor 136
20 T 1.1 102 Belgien  Healers Belgien  Scheid
Belgien  Serge Orban
Škoda 1101 Tudor 136
21 T 1.1 104 Belgien  Healers Belgien  Unzel
Frankreich  Jean-Claude Sauer
Škoda 1101 Tudor 136
22 T 1.1 106 Belgien  Healers Belgien  Cockx
Belgien  Charles Delhaes
Jawa Minor 128
23 S 4.0 86 Frankreich  Havaux
Frankreich  Poulette
Bugatti T49 3.0 115
Ausgefallen
24 S 3.0 Frankreich  Steinbach
Frankreich  Delporte
Alfa Romeo 8C 2900
25 S 1.5 Frankreich  Just-Emile Vernet Frankreich  Just-Emile Vernet
Frankreich  Georges Trouis
Riley TT Sprite
26 S + 4.0 Vereinigtes Konigreich  Ian Metcalfe Vereinigtes Konigreich  Ian Metcalfe
Vereinigtes Konigreich  Lance Macklin
Barnato-Hassan-Bentley
27 S 1.1 Frankreich  Ets. Monopole Frankreich  Jean de Montrémy
Frankreich  Eugène Dussous
Monopole
28 S 1.1 Frankreich  Ets. Monopole Frankreich  Jean Hémard
Frankreich  Pierre Hémard
Monopole
29 S 1.1 14 Italien  Scuderia Ambrosiana Italien  Diego Capelli
Italien  Franco Cortese
Fiat 1100S
30 S 2.0 30 Belgien  Louis Eggen Belgien  Louis Eggen
Belgien  Egon Kraft de la Saulx
Alvis TA14
31 S 2.0 32 Vereinigtes Konigreich  Richard Stallebras Vereinigtes Konigreich  Richard Stallebras
Vereinigtes Konigreich  Jack Fairman
Aston Martin Speed Model
32 S 2.0 36 Belgien  Marcel Masuy Belgien  Marcel Masuy
Belgien  Jef Legros
BMW 328
33 S 3.0 40 Vereinigte Staaten 48  Luigi Chinetti Vereinigte Staaten 48  Luigi Chinetti
Monaco  Louis Chiron
Ferrari 166 Spyder Corsa
34 S 2.0 48 Vereinigtes Konigreich  Garage Monaco Vereinigtes Konigreich  Dudley Folland
Vereinigtes Konigreich  Ian Connell
Aston Martin Speed Model
35 S 2.0 50 Vereinigtes Konigreich  Jock Horsfall Vereinigtes Konigreich  Tony Rolt
Belgien  André Pilette
Aston Martin Speed Model
36 S 2.0 52 Vereinigtes Konigreich  John Heath Vereinigtes Konigreich  John Heath
Vereinigtes Konigreich  George Abecassis
HW-Alta
37 S 3.0 60 Belgien  Franz Breyre Belgien  Franz Breyre
Belgien  Trasenster
Delage D6-3L
38 S 3.0 60 Frankreich  Henri Louveau Frankreich  Henri Louveau
Frankreich  Louis Gérard
Delage D6-3L
39 S 4.0 Frankreich  René Bouchard Frankreich  René Bouchard
Frankreich  Pierre Larrue
Delahaye 135
40 S 2.0 84 Vereinigtes Konigreich  John Gordon Vereinigtes Konigreich  John Gordon
Vereinigtes Konigreich  Lewis
Lancia Astura Spezial

Nur in der Meldeliste

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Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Chassis
41 S 2.0 38 BMW 328
42 94 Italien  Gianfranco Comotti Italien  Gianfranco Comotti Talbot

Klassensieger

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Klasse Fahrer Fahrer Fahrzeug Platzierung im Gesamtklassement
S + 4.0 Belgien  Jean Damman Belgien  De Belder Talbot T150SS Rang 11
S 4.0 Frankreich  Guy Mairesse Frankreich  Edmond Mouche Delahaye 135CS Rang 4
S 3.0 Frankreich  Auguste Veuillet Frankreich  Maurice Varet Delage D6-3L Rang 6
S 2.0 Vereinigtes Konigreich  Jock Horsfall Vereinigtes Konigreich  Leslie Johnson Aston Martin DB1 Gesamtsieg
S 1.5 Frankreich  José Scaron Frankreich  Pierre Veyron Simca Gordini TMM Rang 3
S 1.1 Italien  Aldo Bassi Belgien  Émile Cornet Fiat 1100S Rang 2
T 1.1 Belgien  Georges Andre Belgien  L. Delhaes Škoda 1101 Tudor Rang 19

Renndaten

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  • Gemeldet: 42
  • Gestartet: 40
  • Gewertet: 23
  • Rennklassen: 7
  • Zuschauer: unbekannt
  • Wetter am Renntag: Regen und Nebel
  • Streckenlänge: 14,914 km
  • Fahrzeit des Siegerteams: 24:00:00,000 Stunden
  • Gesamtrunden des Siegerteams: 192
  • Gesamtdistanz des Siegerteams: 2863,488 km
  • Siegerschnitt: 115,985 km/h
  • Pole Position: unbekannt
  • Schnellste Rennrunde: Louis Chiron – Ferrari 166 Spyder Corsa (#40)
  • Rennserie: zählte zu keiner Rennserie

Literatur

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Commons: 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps 1948 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. John M. Bausermann: The Malmédy Massacre. Shippensburg 1995
  2. Grand Prix Automobile de Belgique 1946, Klasse bis 2 Liter Hubraum
  3. David Blumlein: The Spa 24 Hours, a History Transport Bookman Ltd., Seite 31
  4. Über den Škoda 1101 Tudor und den Einsatz in Spa
  5. Baranto-Hassan-Bentley
  6. David Blumlein: The Spa 24 Hours, a History Transport Bookman Ltd., Bild Seite 32
  7. Zum Tod von Dick Stallebras