Oberflächenintegral

Integral auf ebener oder gekrümmter Fläche
(Weitergeleitet von Oberflächenelement)

Das Oberflächenintegral oder Flächenintegral ist eine Verallgemeinerung des eindimensionalen Integralbegriffes zwecks Anwendung auf ebenen oder gekrümmten Flächen. Das Integrationsgebiet ist also nicht ein eindimensionales Intervall, sondern eine zweidimensionale Menge im zwei- oder dreidimensionalen Raum. Für eine allgemeinere Darstellung im -dimensionalen Raum mit siehe: Integration auf Mannigfaltigkeiten.

Es wird generell zwischen einem skalaren und einem vektoriellen Oberflächenintegral unterschieden, je nach Form des Integranden und des sogenannten Oberflächenelements. Sie lauten

mit skalarer Funktion und skalarem Oberflächenelement sowie
mit vektorwertiger Funktion und vektoriellem Oberflächenelement .
mit vektorwertiger Funktion und skalarem Oberflächenelement .
mit skalarer Funktion und vektorwertigem Oberflächenelement .

Begriffe und Definitionen

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Bei der Integration über Flächen treten Parametrisierungen der Fläche an die Stelle der Integrationsvariable und Oberflächenelemente an die Stelle der infinitesimalen (unendlich kleinen) Intervallbreite  .

Parametrisierung

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Als zweidimensionale Menge lässt sich eine Oberfläche als Funktion von zwei Variablen darstellen (parametrisieren). Ist   eine Menge, deren Rand keine doppelten Punkte enthält, stetig differenzierbar, nicht unendlich lang und ferner   eine Abbildung von   in den   ist, so sagt man,   ist Parametrisierung der Fläche  , wenn   ist. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass ein Großteil der Schwierigkeiten im Umgang mit Oberflächenintegralen mit der Parametrisierung zusammenhängt. Es ist a priori nicht klar, dass unterschiedliche Parametrisierungen den gleichen Wert für das Integral erzeugen. Ein Koordinatenwechsel für Oberflächenintegrale ist nicht trivial und ist mithin Motivation für die Verwendung von Differentialformen.

Allgemein lässt sich eine Fläche im   mit zwei Parametern   und   in folgender Form darstellen:

 

Auf der Fläche   bilden die Kurvenscharen   bzw.   die Koordinatenlinien. Diese überziehen die Fläche mit einem Koordinatennetz, wobei durch jeden Punkt zwei Koordinatenlinien verlaufen. Somit hat jeder Punkt auf der Fläche eindeutige Koordinaten  .

Beispiel 1: Parameterdarstellung

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Die Oberfläche einer Kugel mit Radius   lässt sich wie folgt parametrisieren:   ist das Rechteck   und

 .

Diese Parametrisierung erfüllt die Kugelgleichung   (siehe auch Kugelkoordinaten).   ist hier der Polarwinkel (meist   oder  ) und   der Azimutwinkel (meist   oder   bezeichnet).

Beispiel 2: Explizite Darstellung

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Ist   eine Funktion und die Fläche in der Form   angegeben, so sind   und   die beiden Parameter; die Parametrisierung der Fläche sieht also wie folgt aus:

 

Oberflächenelement

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Wenn im eindimensionalen Fall das   die Breite eines unendlich kleinen Intervalls darstellt, so liegt es nahe, es im zweidimensionalen Fall durch die Fläche eines unendlich kleinen Flächenstückes   zu ersetzen. Durch die im vorhergehenden Abschnitt beschriebene Parametrisierung kann man an jeden Punkt der Oberfläche zwei Tangenten legen (siehe auch: Krummlinige Koordinaten): Einmal die Tangente, die entsteht, wenn man   konstant lässt und   minimal variiert, und einmal mit vertauschten Variablen. Das heißt also zwei Tangenten an die beiden Koordinatenlinien im betrachteten Punkt  . Diese Tangenten lassen sich durch zwei infinitesimale Tangentenvektoren ausdrücken (sei   die parametrisierte Form der Fläche):

    und    

Im Folgenden wird die kompakte Schreibweise für die partiellen Ableitungen verwendet:

    und    

Sind diese Tangenten in keinem Punkt der Fläche parallel, so spricht man von einer regulären Parametrisierung. Das Kreuzprodukt der Tangentenvektoren ist dann ein Vektor, dessen Länge ungleich Null ist.

 

Die beiden Tangentenvektoren liegen in der Tangentialebene der Fläche am betrachteten Punkt. Der Flächeninhalt des von beiden Tangentenvektoren aufgespannten Parallelogramms entspricht nun gerade dem Betrag ihres Kreuzproduktes.

Ist nun   eine reguläre Parametrisierung der Oberfläche, so definiert man:

  • Skalares Oberflächenelement  
 
  • Vektorielles Oberflächenelement  
      mit dem Einheitsnormalenvektor des Flächenelements      

Gemäß den Eigenschaften des Kreuzprodukts steht das vektorielle Oberflächenelement senkrecht auf der Fläche, sein Betrag entspricht gerade der Größe des infinitesimalen Flächenstücks.

In der oben vorgestellten Form ist das vektorielle Oberflächenelement nicht wohldefiniert, da seine Richtung davon abhängt ob man   oder   berechnet. Die beiden Möglichkeiten sind antiparallel zueinander. Betrachtet man geschlossene Oberflächen, vereinbart man meist, dass das nach außen weisende vektorielle Oberflächenelement zu verwenden ist.

Beispiel 1: Parameterdarstellung

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Die Oberfläche der Kugel mit Radius R kann, wie oben gezeigt, durch den Polarwinkel   und den Azimutwinkel   parametrisiert werden. Das Flächenelement ergibt sich aus folgender Rechnung:

 

Beim Normalenvektor sind zwei Lösungen möglich ( ), abhängig von der Reihenfolge von   und   im Kreuzprodukt. Typischerweise wählt man hier die positive Lösung, bei der   von der konvexen Kugeloberfläche weg zeigt (sog. „äußere Normale“).

Beispiel 2: Explizite Darstellung

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Ist die Fläche in der Form   angegeben, so drückt man das Flächenelement durch die Differentiale der Koordinaten  ,   aus.

 
 

Somit sind Flächenelement und vektorielles Flächenelement gleich:

 
 

Projektion auf Fläche mit bekanntem Flächenelement

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Wir gehen im Folgenden davon aus, dass eine Fläche   mit ihrem Flächenelement   und zugehörigem Normalenvektor   bekannt ist. Z. B.

    und    
  • Mantelfläche eines Kreiszylinders mit Radius  :
    und    
  • Kugeloberfläche mit Radius  :
    und    

Für eine weitere Fläche   mit Normalenvektor   soll das Flächenelement   ermittelt werden. Die Fläche ist etwa durch   gegeben und somit der Normalenvektor gleich  .

Wir projizieren nun   entlang von   auf  . Dann lassen sich die Flächenelemente mittels   für   verknüpfen:

 

Dabei darf jede Gerade entlang der Normalenvektoren   die Fläche   nur einmal schneiden. Sonst muss man die Fläche   aufteilen in kleinere Flächen  , deren Projektion dann eindeutig ist, oder eine andere Grundfläche   wählen.

Das vektorielle Flächenelement ist:

 

Beispiel 1

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Sei eine Fläche   der Form   gegeben, so gilt   und damit:

 

Diese Fläche wird nun in die  -Ebene projiziert mit   und  ; dabei ist

 
 

Beispiel 2

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Gesucht ist das Flächenelement eines Rotationskörpers um die  -Achse mit  , also  .

 

Durch Projektion auf die Mantelfläche eines Kreiszylinders mit Radius   erhält man das Flächenelement:

 
 

Die Integrale

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Mit den Parametrisierungen und den Oberflächenelementen kann man nun die Oberflächenintegrale definieren. Diese mehrdimensionalen Integrale sind Lebesgue-Integrale, können aber in den meisten Anwendungsfällen als mehrfache Riemann-Integrale berechnet werden.

Das skalare Oberflächenintegral

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Das skalare Oberflächenintegral einer skalaren Funktion   über eine Oberfläche   mit regulärer Parametrisierung   mit   ist definiert als

 .

Setzt man beispielsweise  , so ist das skalare Oberflächenintegral einfach der Flächeninhalt der Oberfläche.

Beispiel: Oberflächeninhalt einer Kugel

Mit dem Flächenelement für Kugelkoordinaten

 

ergibt sich für den Flächeninhalt   der Oberfläche   einer Kugel mit dem Radius  :

 .

Das vektorielle Oberflächenintegral

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Das vektorielle Oberflächenintegral einer vektorwertigen Funktion   über eine Oberfläche   mit regulärer Parametrisierung   mit   ist definiert als

 .

Eine anschauliche Vorstellung dieses Integrals geschieht über den Fluss   eines Vektorfeldes   durch die Fläche  : Die Größe   gibt an, welchen Beitrag zum Gesamtfluss   der infinitesimal-kleine Oberflächen-Vektor   liefert; nämlich wie viel von   durch das Oberflächenstück   fließt. Der Fluss ist maximal, wenn das Vektorfeld   parallel zur Flächennormale   steht, und null, wenn   senkrecht zu   steht, also tangential zur Oberfläche ist – dann "fließt"   entlang der Oberfläche, aber nicht durch sie hindurch.

Beispiel: Fluss eines Vektorfeldes durch eine Kugeloberfläche

Gegeben sei ein radialsymmetrisches Vektorfeld

 

mit einer Konstanten  , dem Ortsvektor   und seinem Betrag  . Bei dem Vektor   handelt es sich somit um einen Einheitsvektor in Richtung des Ortsvektors. In der Physik ist zum Beispiel das elektrische Feld einer Punktladung   im Koordinatenursprung von dieser Form: siehe Coulombsches Gesetz.

Aus Symmetriegründen verwendet man Kugelkoordinaten. Das vektorielle Oberflächenelement   für eine Kugel mit Radius   und Mittelpunkt im Koordinatenursprung ist

 .

Für den Fluss   des Vektorfeldes   durch die Oberfläche   einer Kugel mit Radius   ergibt sich:

 .

Der Fluss   des Vektorfeldes durch die Kugeloberfläche ist somit unabhängig vom Kugelradius  . Für das physikalische Beispiel des elektrischen Feldes einer Punktladung ist dieses Ergebnis ein Spezialfall des Gaußschen Gesetzes der Elektrostatik.

Literatur

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  • G. Bärwolff: Höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2006, ISBN 978-3-8274-1688-9
  • K. F. Riley, M. P. Hobson: Mathematical Methods for Physics and Engineering. 3. Auflage. Cambridge University Press, 2006, ISBN 978-0-521-67971-8
  • K. Endl / W. Luh: Analysis. Band 2. Akademische Verlagsgesellschaft, 1973, ISBN 3-400-00206-2.