Eidgenössische Abstimmung über die Beschaffung des Gripen

schweizerisches Referendum

Die Eidgenössische Abstimmung über die Beschaffung des Gripen war ein schweizerisches Referendum. Gegen das Bundesgesetz über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen vom 27. September 2013 war das Referendum ergriffen worden. Die dafür nötigen Unterschriften waren fristgerecht eingereicht worden. Der Souverän entschied sich am 18. Mai 2014 gegen die Beschaffung von 22 Kampfflugzeugen des Typs Gripen für die Schweizer Luftwaffe.

Abstimmungsfrage Bearbeiten

Wollen Sie das Bundesgesetz vom 27. September 2013 über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen (Gripen-Fonds-Gesetz) annehmen?

Abstimmungstext Bearbeiten

Bundesgesetz über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen (Gripen-Fonds-Gesetz) vom 27. September 2013.

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 60 Absatz 1 der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 14. November 2012, beschliesst:

Art. 1 Fonds
1 Zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen wird ein Spezialfonds nach Artikel 52 des Finanzhaushaltsgesetzes vom 7. Oktober 2005 (Gripen-Fonds) gebildet.
2 Der Gripen-Fonds ist rechtlich unselbstständig und führt eine eigene Rechnung.

Art. 2 Einlagen und Kreditverschiebung
1 Der Gripen-Fonds wird zulasten des Voranschlagskredits «Einlage in den Gripen-Fonds» (Rüstungsaufwand) geäufnet.
2 Mit den Beschlüssen über den Voranschlag und seine Nachträge kann der Bundesrat ermächtigt werden, den Kredit «Einlage in den Gripen-Fonds» zulasten folgender Kredite zu erhöhen (Kreditverschiebung):

a. Verteidigung:
1. Aufwandkredit «Rüstungsmaterial»,
2. Aufwandkredit «Ausrüstung und Erneuerungsbedarf (AEB)»,
3. Aufwandkredit «Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung (PEB)»;
b. Armasuisse Immobilien: Investitionskredit «Sach- und immaterielle Anlagen, Vorräte» (Globalbudget).

3 Zusätzlich kann der Kredit «Einlage in den Gripen-Fonds» mit den Beschlüssen über die Nachträge zum Voranschlag um die nicht budgetierten, zusätzlichen Einnahmen aus der Liquidation von Armeematerial und -immobilien erhöht werden.

Art. 3 Verwaltung und Entnahmen
1 Die Verwaltung des Gripen-Fonds obliegt dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
2 Das VBS ist ermächtigt, Zahlungen zulasten des Gripen-Fonds zu leisten.

Art. 4 Fondsrechnung, Verschuldung und Verzinsung
1 Die Mittel des Gripen-Fonds werden von der Eidgenössischen Finanzverwaltung angelegt. Sie werden in der Jahresrechnung des Bundes unter dem Eigenkapital bilanziert.
2 Der Gripen-Fonds darf sich nicht verschulden.
3 Seine Mittel werden nicht verzinst.
4 Die Rechnung des Gripen-Fonds wird jährlich durch die Eidgenössische Finanzkontrolle geprüft.

Art. 5 Berichterstattung
Über die Einlagen und Entnahmen sowie über den Stand des Fondsvermögens wird im Anhang zur Jahresrechnung des Bundes detailliert berichtet.

Art. 6 Auflösung
Der Gripen-Fonds wird aufgelöst, sobald die Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen abgeschlossen ist. Restmittel werden in der Erfolgsrechnung des Bundes als Ertrag ausgewiesen.

Art. 7 Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
3 Das Gesetz gilt bis zur Auflösung des Gripen-Fonds, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024.

Stellungnahmen Bearbeiten

Der Bundesrat Bearbeiten

Der Bundesrat empfahl die Annahme des Gesetzes.

Die eidgenössischen Räte Bearbeiten

Der Nationalrat hiess die Vorlage mit 119 zu 71 Stimmen bei vier Enthaltungen gut, der Ständerat mit 25 zu 17 Stimmen ohne Enthaltungen. Beide Räte empfahlen die Annahme des Gesetzes.

In der Bundesversammlung vertretene Parteien Bearbeiten

Die BDP, CVP, FDP, MCR und SVP empfahlen Annahme der Vorlage. Die CVP-Frauen, CSP, Grünen, GLP und SP empfahlen Ablehnung der Vorlage. Die EVP hatte Stimmfreigabe beschlossen.[1]

Interessenverbände Bearbeiten

Die AUNS, Aerosuisse, Economiesuisse, der Bauernverband, die Schweizerische Offiziersgesellschaft, der Arbeitgeberverband, der Gewerbeverband, Swissmem und der Verein Sicherheitspolitik und Wehrwissenschaft empfahlen die Vorlage zur Annahme. Die GSoA, der Gewerkschaftsbund, der Schutzverband gegen Flugemissionen und der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste empfahlen die Vorlage zur Ablehnung.[1]

Argumente Bearbeiten

Befürwortende Argumente Bearbeiten

  • Die Luftwaffe könne den Schweizer Luftraum mit den vorhandenen Flugzeugen nicht zuverlässig schützen. Insbesondere die 54 Flugzeuge des Typs F-5 Tiger seien veraltet und müssten ersetzt werden.
  • Die Vorlage sei wirtschaftlich vernünftig. 54 alte Flugzeuge würden durch 22 moderne Flugzeuge ersetzt.
  • Der Gripen sei das für den Ersatz geeignete Flugzeug, da er die nötigen Leistungen erbringe und das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis habe.[2]

Ablehnende Argumente Bearbeiten

  • Die Beschaffung sei aus finanzieller Sicht unvernünftig. Die Beschaffungs-, Betriebs- und Nachrüstungskosten über die gesamte Betriebsdauer würden ungefähr 10 Milliarden Franken betragen.
  • Die vorhandenen 32 F/A-18 reichten für die heute notwendigen luftpolizeilichen Aufgaben aus. Bevor Flugzeuge gekauft würden, müsse zuerst der Auftrag der Luftwaffe klar definiert werden.
  • Es sei unklar, ob der bestellte Flugzeugtyp jemals fliegen werde. Die Schweiz zahle jedoch 40 % des Kaufpreises im Voraus.[2]

Beschaffung Bearbeiten

Die geplante Beschaffung hatte ein Volumen von 3,126 Milliarden Schweizer Franken. Sie umfasste:

  • 22 Flugzeuge Gripen E
  • Ausrüstung mit Kurz- und Mittelstrecken-Luft-Luft-Raketen IRIS-T und MBDA Meteor.
  • Missionsausrüstung für Luft-Boden-Einsätze inklusive Lenkbomben (Laser- und/oder GPS-gelenkte Präzisionsmunition) und Litening III Zielbeleuchtungsbehälter für acht Flugzeuge
  • Aufklärungs-Behälter RecceLite für vier Flugzeuge
  • Logistische Unterstützung für die Schweizer Luftwaffe und die Industrie, insbesondere für RUAG Aerospace als Endmonteur der Maschinen in der Schweiz
  • Infrastrukturunterstützung für die Militärflugplätze, Emmen, Payerne, und Meiringen.

Es sollten zwei Staffeln der Luftwaffe mit dem Gripen E ausgerüstet werden, die Standorte standen zum Zeitpunkt der Abstimmung noch nicht fest.

Ein vertraulicher Evaluationsbericht der Luftwaffe war von unbekannter Seite im Februar 2012 den Medien übermittelt worden. Dem Bericht zufolge war das evaluierte Gripen Model C/D weniger leistungsfähig als die Konkurrenzprodukte Eurofighter und Rafale und auch weniger leistungsfähig als die zu diesem Zeitpunkt eingesetzten F/A-18C/D. Zwar sei die Leistung der Gripen genügend für Aufklärungseinsätze, aber ungenügend für Luftkampf-, Erdkampf- und Luftpolizeieinsätze.[3][4]

Referendum Bearbeiten

Das Referendum gegen die Gripen-Beschaffung wurde am 8. Oktober 2013 von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zusammen mit linken Parteien und Organisationen lanciert.[5] Am 6. November 2013 präsentierte ein bürgerliches Komitee gegen den Gripen seine Argumente für das Referendum.[6] Am 29. Januar 2014 teilte die Bundeskanzlei mit, das Referendum sei mit 65'384 gültigen von 65'797 eingereichten Unterschriften zustande gekommen.[7]

Abstimmung Bearbeiten

Das Gesetz wurde am 18. Mai 2014 mit 53,4 Prozent Nein-Stimmen gegen 46,6 Prozent Ja-Stimmen abgelehnt.[8]

Gripen-Fonds-Gesetz – vorläufige amtliche Endergebnisse[9]
Kanton Ja (%) Nein (%) Beteiligung (%)
Kanton Aargau  Aargau 51,9 48,1 56,2
Kanton Appenzell Ausserrhoden  Appenzell Ausserrhoden 51,1 48,9 57,1
Kanton Appenzell Innerrhoden  Appenzell Innerrhoden 60,8 39,2 51,4
Kanton Basel-Landschaft  Basel-Landschaft 42,5 57,5 55,0
Kanton Basel-Stadt  Basel-Stadt 32,3 67,7 57,9
Kanton Bern  Bern 49,1 50,9 52,7
Kanton Freiburg  Freiburg 40,6 59,4 57,2
Kanton Genf  Genf 32,3 67,7 56,7
Kanton Glarus  Glarus 59,9 40,1 51,0
Kanton Graubünden  Graubünden 50,7 49,3 53,7
Kanton Jura  Jura 25,7 74,3 53,7
Kanton Luzern  Luzern 54,3 45,7 58,3
Kanton Neuenburg  Neuenburg 30,9 69,1 58,6
Kanton Nidwalden  Nidwalden 68,2 31,8 63,0
Kanton Obwalden  Obwalden 63,8 36,2 60,8
Kanton Schaffhausen  Schaffhausen 49,4 50,6 70,4
Kanton Schwyz  Schwyz 61,5 38,5 59,4
Kanton Solothurn  Solothurn 50,3 49,7 53,9
Kanton St. Gallen  St. Gallen} 52,0 48,0 54,3
Kanton Tessin  Tessin 45,3 54,7 54,8
Kanton Thurgau  Thurgau 55,6 44,4 54,2
Kanton Uri  Uri 62,4 37,6 51,2
Kanton Waadt  Waadt 35,0 65,0 58,1
Kanton Wallis  Wallis 38,1 61,9 61,2
Kanton Zug  Zug 58,0 42,0 63,1
Kanton Zürich  Zürich 48,6 51,4 56,9
  ÜÜÜSchweizerische Eidgenossenschaft 46,6 53,4 55,3

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Abstimmungsparolen der Parteien und Verbände (Memento vom 6. Juni 2014 im Internet Archive) auf parlament.ch, abgerufen am 14. Mai 2014
  2. a b Bundeskanzlei: Volksabstimmung vom 18. Mai 2014: Erläuterungen des Bundesrates. 12. Februar 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Mai 2014; abgerufen am 15. Mai 2014.
  3. SAF/OT&E Flight Test Effectiveness Report NFA Evaluation 2008/2009. (PDF; 3,6 MB) In: newsnetz.ch. November 2009, abgerufen am 12. Februar 2012.
  4. Titus Plattner: Ce qu’Ueli Maurer a caché. In: lematin.ch. 12. Februar 2012, abgerufen am 12. Februar 2012.
  5. GSoA - Referendum gegen Papierflieger Gripen lanciert
  6. Das Liberale Komitee „Nein zum Gripen“ präsentiert seine Argumente für das Referendum@1@2Vorlage:Toter Link/nein-zum-gripen.ch (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven), Website nein-zum-gripen.ch, 6. November 2013, abgerufen am 16. Mai 2014.
  7. Referendum gegen das Bundesgesetz vom 27. September 2013 über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen (Gripen-Fonds-Gesetz), Medienmitteilung der Bundeskanzlei, 29. Januar 2014, abgerufen am 3. Februar 2014.
  8. Neue Zürcher Zeitung: Das Volk will den Gripen nicht, abgerufen am 18. Mai 2014.
  9. Vorläufige amtliche Endergebnisse. Schweizerische Bundeskanzlei, abgerufen am 18. Mai 2014.
  10. Dokumente zur Beschaffung Gripen (Memento vom 17. Mai 2014 im Webarchiv archive.today) abgerufen am 21. Mai 2023