Beitrittsverhandlungen Georgiens mit der Europäischen Union

beziehung zwischen Georgien und EU
Georgien Europäische Union
Georgien und die EU in Europa
  • Europäische Union
  • Georgien
  • Georgien ist ein Staat im Kaukasus, der langfristig plant, der Europäischen Union (EU) beizutreten. Georgien ist Mitglied im Europarat. Seit 2009 ist Georgien mit der EU über die Östliche Partnerschaft und seit 2014 als Mitglied der Vertieften und umfassenden Freihandelszone (DCFTA) verbunden. Es beteiligt sich außerdem an den EU-Programmen Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) und TRACECA.

    Georgien plante ursprünglich, einen formellen Antrag auf EU-Mitgliedschaft im Jahr 2024 zu stellen, um in den 2030er Jahren der Europäischen Union beizutreten.[1][2] Aufgrund des russischen Überfalls auf die Ukraine reichte das Land den Antrag bereits am 3. März 2022 ein.[3] Seit dem 14. Dezember 2023 ist Georgien offiziell Beitrittskandidat.[4]

    Geschichte Bearbeiten

    Georgien wurde 1991 unabhängig, vorher war es eine Unionsrepublik (Gliedstaat) der inzwischen aufgelösten Sowjetunion.

    TACIS-Programm Bearbeiten

    Noch 1991 reagierte die damalige EG auf die Entwicklungen in der früheren Sowjetunion und lancierte das TACIS-Programm. Zu dieser Zeit war dies das größte Programm seiner Zeit. Unterstützung war u. a. für Georgien vorgesehen um die Schaffung einer Marktwirtschaft in Georgien zu unterstützen.[5]

    Partnerschafts- und Kooperationsabkommen Bearbeiten

    Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Georgien wurde am 22. April 1996 unterzeichnet und trat am 1. Juli 1999 in Kraft.[6]

    EU-Beitrittsbestrebungen Bearbeiten

    Georgien strebt seit der Präsidentschaft Micheil Saakaschwilis eine enge Bindung an die EU an. Bei seiner ersten Rede vor dem Europäischen Parlament warb Saakaschwili für eine Beitrittsperspektive. Georgien sei historisch gesehen ein altes europäisches Land, das sich in den letzten drei Jahren von einem post-sowjetischen Chaos in eine marktwirtschaftliche Demokratie verwandelt habe, erklärte er 2006 in Straßburg.[7]

    Der Kaukasuskrieg 2008 bremste die Annäherung an die Europäische Union. Präsident Saakaschwili gab der EU eine Mitschuld am Militärkonflikt, weil sie seine Warnungen vor einer russischen Truppenkonzentration an der georgischen Grenze nicht ernst genommen habe. Am 15. September 2008 fasste die EU den Beschluss, eine Überwachungsmission nach Georgien zu entsenden. Zwei Wochen später startete die operative Phase der European Union Monitoring Mission (EUMM) für Georgien. Die Personalstärke von 350 Mitarbeitern im Hauptquartier und Stab sowie 200 Beobachtern wurde von 22 EU-Mitgliedstaaten getragen.

    Auch wenn der militärische Konflikt zwischen Georgien und Russland eine EU-Mitgliedschaft Georgiens in weite Ferne gerückt hat, ist die EU bemüht, die Beziehungen zu festigen. Im Mai 2009 gründete Brüssel zu diesem Zweck mit Georgien und fünf weiteren ehemaligen Sowjetrepubliken die Östliche Partnerschaft.

    Das Europäische Parlament stellt fest, dass Georgien, Moldau und die Ukraine gemäß Artikel 49 des Vertrags mit der EU eine europäische Perspektive haben und die EU-Mitgliedschaft beantragen können. Georgien plante ursprünglich, einen formellen Antrag auf EU-Mitgliedschaft im Jahr 2024 zu stellen, um in den 2030er Jahren der Union beizutreten.[1][2] Aufgrund der „neuen Realität“ (siehe Russischer Überfall auf die Ukraine) reichte das Land den Antrag bereits am 3. März 2022 ein.[3] Nachdem Georgien im Juni 2022 zunächst nur eine „europäische Perspektive“ versprochen wurde und 12 zu erfüllende Bedingungen für die Erlangung des Kandidatenstatus gestellt wurden, empfahl die EU-Kommission am 8. November 2023 dem Rat der Europäischen Union, Georgien beim nächsten Gipfel formal den Status eines EU-Kandidaten zu verleihen,[8] was am 14. Dezember 2023 geschah.[4]

    Assoziierungsabkommen Bearbeiten

    Die Verhandlungen um das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien begannen am 15. Juli 2010 in Batumi, gleichzeitig mit jenen zwischen der EU und Aserbaidschan sowie Armenien.[9]

    Im November 2013 paraphierten Georgien und Moldawien im Rahmen der Östlichen Partnerschaft jeweils ein Assoziierungsabkommen mit der EU. Die Abkommen wurden am 27. Juni 2014 in Brüssel unterzeichnet. Auch die Ukraine unterzeichnete ein analoges Abkommen, dessen Inkrafttreten nach trilateralen Gespräche aber einvernehmlich auf den 31. Dezember 2015 verschoben wurde, um russische Bedenken zu berücksichtigen. Das Assoziierungsabkommen mit Georgien wurde bereits von allen Mitgliedstaaten sowie vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union ratifiziert und trat am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft.[10] Damit ist Georgien eine Reihe von Verpflichtungen in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Grundfreiheiten, gute Regierungsführung, Marktwirtschaft und nachhaltige Entwicklung eingegangen.

    Seit dem 1. September 2014 wurden wesentliche Teile des Assoziierungsabkommens angewandt. Allein im Jahr 2016 nahm die Ausfuhr georgischer Waren in die EU um 16 % zu.[11]

    Ratifikation Bearbeiten

     
    Unterzeichner Datum Institution     Enthaltungen Hinterlegt Nachweis
    Belgien  Belgien 23. April 2015 Abgeordnetenkammer 101 17 20 1. Februar 2016
    königliche Zustimmung
    Bulgarien  Bulgarien 24. Juli 2014 Nationalversammlung 91 0 0 9. September 2014
    28. Juli 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Danemark  Dänemark 18. Dezember 2014 Parlament 101 7 0 18. Februar 2015
    königliche Zustimmung
    Deutschland  Deutschland 19. Dezember 2014 Bundesrat angenommen 22. Juli 2015 [12]
    26. März 2015 Bundestag angenommen [13]
    27. Mai 2015 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Estland  Estland 4. November 2014 Versammlung 66 0 0 12. Januar 2015
    13. November 2014 Zustimmung des Präsidenten
    Europaische Union  Europäische Union und Euratom 18. Dezember 2014 Europäisches Parlament 490 76 57 19. April (Euratom) bzw. 23. Mai 2016 (EU) [14]
    Rat der Europäischen Union
    Finnland  Finnland 10. März 2015 Parlament zugestimmt 6. Mai 2015
    24. April 2015 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Frankreich  Frankreich 29. Oktober 2015 Senat angenommen 15. Dezember 2015
    25. Juni 2015 Nationalversammlung angenommen
    9. November 2015 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Griechenland  Griechenland 18. November 2015 Parlament zugestimmt 14. Dezember 2015
    24. November 2015 Ausfertigung des Präsidenten erteilt
    Irland  Irland 27. Januar 2015 Repräsentantenhaus 58 19 0 17. April 2015
    Italien  Italien 26. November 2015 Senat 202 37 10 3. Februar 2016
    29. Juli 2015 Abgeordnetenkammer 310 93 34
    7. Dezember 2015 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Kroatien  Kroatien 12. Dezember 2014 Parlament 116 0 1 24. März 2015
    18. Dezember 2014 Zustimmung des Präsidenten
    Lettland  Lettland 14. Juli 2014 Parlament 81 0 0 2. Oktober 2014
    18. Juli 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Litauen  Litauen 8. Juli 2014 Parlament 84 0 1 29. Juli 2014
    11. Juli 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Luxemburg  Luxemburg 18. März 2015 Deputiertenkammer 55 2 0 12. Mai 2015
    12. April 2015 Ausfertigung des Großherzogs ausgefertigt
    Malta  Malta 21. August 2014 Parlament genehmigt 29. August 2014
    Niederlande  Niederlande 7. Juli 2015 Senat angenommen 21. September 2015
    7. April 2015 Repräsentantenhaus 119 31 0
    28. Juli 2015 königliche Ausfertigung ausgestellt
    Osterreich  Österreich 23. Juli 2015 Bundesrat
    8. Juli 2015 Nationalrat angenommen
    28. August 2015 Zustimmung des Bundespräsidenten 28. August 2015
    Polen  Polen 5. März 2015 Senat 75 0 0 22. Mai 2015
    6. Februar 2015 Repräsentantenhaus 439 0 1
    26. März Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Portugal  Portugal 2. April 2015 Nationalversammlung zugestimmt 8. Oktober 2015
    19. Mai 2015 Zustimmung des Präsidenten
    Rumänien  Rumänien 2. Juli 2014 Deputiertenkammer 298 0 0 14. Juli 2014
    3. Juli 2014 Senat 111 0 2
    9. Juli 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Schweden  Schweden 26. November 2014 Parlament 249 44 0 9. Januar 2015
    Slowakei  Slowakei 23. September 2014 Nationalrat 117 0 1 21. Oktober 2014
    16. Oktober 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Slowenien  Slowenien 13. Mai 2015 Nationalversammlung 69 3 0 27. Juli 2015
    21. Mai 2015 Zustimmung des Präsidenten
    Spanien  Spanien 27. Mai 2015 Senat angenommen 28. Juli 2015
    30. April 2015 Deputiertenkongress 303 0 1
    königliche Zustimmung erteilt
    Tschechien  Tschechien 18. März 2015 Senat 56 0 6 12. Juni 2015
    29. April 2015 Deputiertenkammer 116 1 51
    19. Mai 2015 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Ungarn  Ungarn 25. November 2014 Nationalversammlung 127 6 0 7. April 2015
    5. Dezember 2014 Zustimmung des Präsidenten erteilt
    Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich 23. Februar 2015 House of Commons zugestimmt 8. April 2015
    9. März 2015 House of Lords zugestimmt
    19. März 2015 königliche Zustimmung ausgefertigt
    Zypern Republik  Zypern 7. Mai 2015 Repräsentantenhaus angenommen 18. August 2015
    22. Mai 2015 Zustimmung des Präsidenten zugestimmt

    Visaliberalisierung Bearbeiten

    Der Visaliberalisierungsdialog zwischen der EU und Georgien wurde 2012 aufgenommen. 2016 empfahl die Europäische Kommission den EU-Mitgliedsstaaten, georgischen Staatsbürgern, die über einen biometrischen Pass verfügen, die visafreie Einreise in den Schengenraum zu gestatten. Seit 28. März 2017 können Inhaber von biometrischen georgischen Pässen visafrei in die EU reisen.[15]

    Kooperation (Entwicklungszusammenarbeit) Bearbeiten

    Die EU unterstützt in Georgien jährlich Projekte im Wert von rund 100 Mio. €. Diese Projekte werden zum überwiegenden Teil mit der georgischen Regierung abgestimmt. Projekte gibt es in folgenden Bereichen:

    • Wirtschaftliche Entwicklung
    • Bildung und Regierungsführung
    • Wasser und Energie
    • Menschenrechte und Sicherheit

    Der größte Einzelbetrag ist für die Reform der Landwirtschaft und ländliche Entwicklung vorgesehen (ENPARD, 77,5 Mio. zwischen 2016 und 2022).[16]

    Weblinks Bearbeiten

    Einzelnachweise Bearbeiten

    1. a b Vlagyiszlav Makszimov: Georgian president visits Brussels in push for 2024 EU membership application. In: www.euractiv.com. 22. Januar 2021, abgerufen am 24. Januar 2021 (britisches Englisch).
    2. a b Georgia-EU Relations Within Georgia's 2024 Objective to Apply for the EU Membership. In: GeorgianJournal. Abgerufen am 24. Januar 2021 (georgisch).
    3. a b Georgien beantragt EU-Beitritt. In: zeit.de. ZEIT ONLINE, 3. März 2022, abgerufen am 3. März 2022.
    4. a b Georgia Granted EU Candidate Status. In: civil.ge. 14. Dezember 2022, abgerufen am 14. Dezember 2022.
    5. Press corner. Abgerufen am 30. August 2021 (englisch).
    6. Partnership and Cooperation Agreement between the European Communities and their Member States, of the one part, and Georgia, of the other part. Abgerufen am 30. August 2021 (englisch).
    7. „Präsident Georgiens wirbt in Straßburg für EU-Annäherung“, Deutsche Welle, 16. November 2006.
    8. Shota Kincha: European Commission greenlights EU candidacy for Georgia, OC Media, 8. November 2023, abgerufen am 8. November 2023.
    9. Press corner. Abgerufen am 30. August 2021 (englisch).
    10. Michael THORMAEHLEN: Assoziierungsabkommen mit Georgien und Republik Moldau treten in Kraft - Deutschland - European Commission. 1. Juli 2016, abgerufen am 3. Dezember 2017.
    11. European Commission - PRESS RELEASES - Press release - Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien tritt vollständig in Kraft. Abgerufen am 3. Dezember 2017 (englisch).
    12. http://www.bundesrat.de/SharedDocs/downloads/DE/plenarprotokolle/2014/Plenarprotokoll-929.pdf?__blob=publicationFile&v=2
    13. tagesschau.de: Assoziierungsabkommen gebilligt (Memento vom 27. März 2015 im Internet Archive) 26. März 2015
    14. European Parliament ratifies EU-Georgia association deal
    15. Anonymous: Visa liberalisation with Moldova, Ukraine and Georgia. 6. Dezember 2016, abgerufen am 30. August 2021 (englisch).
    16. Projects in Georgia – European External Action Service. Abgerufen am 30. August 2021.