Tübingen Hauptbahnhof
Der Tübinger Hauptbahnhof ist ein Nahverkehrsknoten in Baden-Württemberg und der größte Bahnhof in der Universitätsstadt Tübingen und im Landkreis Tübingen.
Tübingen Hauptbahnhof | |
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Daten | |
Lage im Netz | Trennungsbahnhof |
Bauform | Durchgangsbahnhof |
Bahnsteiggleise | 7 (1–3, 5–6, 12–13) |
Abkürzung | TT |
IBNR | 8000141 |
Preisklasse | 2 |
Eröffnung | 1862 |
Architektonische Daten | |
Baustil | Rundbogen |
Architekt | Josef Schlierholz |
Lage | |
Stadt/Gemeinde | Tübingen |
Land | Baden-Württemberg |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 48° 30′ 57″ N, 9° 3′ 21″ O |
Höhe (SO) | 328 m |
Eisenbahnstrecken | |
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Bahnhöfe in Baden-Württemberg |
LageBearbeiten
Der Tübinger Hauptbahnhof liegt südlich des Stadtzentrums auf der der Altstadt abgewandten Neckarseite. Ursprünglich auf freiem Feld errichtet, schließen sich heute südlich unmittelbar die Tübinger Stadtteile Derendingen und Südstadt an. Auf dem Bahnhofsvorplatz (Europaplatz) wurde 1960 der Omnibusbahnhof eingerichtet, von hier verbinden täglich 34 Linien des Stadtverkehrs Tübingen den Bahnhof mit dem gesamten Stadtgebiet und dem Umland. Die Gleise sind über eine Unterführung erreichbar deren Ausgang in die Südstadt mündet.
GeschichteBearbeiten
1861 wurde die aus Stuttgart kommende Obere Neckarbahn (heute Neckar-Alb-Bahn) von Reutlingen über Tübingen bis Rottenburg am Neckar verlängert. Die Strecke wurde anschließend in mehreren Etappen weiter verlängert, bis sie 1870 in Immendingen an die Badische Schwarzwaldbahn zum Bodensee anstieß. Damit bestand ab 1861 für die damals etwa 8.000 Einwohner Tübingens und die insgesamt etwa 30.000 Einwohner des dazugehörigen Oberamtes erstmals eine Schienenverbindung in die Hauptstadt des damaligen Königreichs Württemberg. In den Jahren 1861/1862 wurde das heute noch erhaltene Empfangsgebäude nach Plänen des Architekten Josef Schlierholz errichtet. In Tübingen wurde gleichzeitig ein Bahnbetriebswerk eingerichtet. Von 1867 bis 1874 errichteten die Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen von Tübingen ausgehend die Hohenzollernbahn (heute Zollernalbbahn) über Hechingen nach Sigmaringen, wodurch Tübingen zum Eisenbahnknotenpunkt wurde. Nachdem die Ammertalbahn von Herrenberg kommend am 1. Mai 1910 Tübingen erreicht hatte, war der heutige Zustand weitestgehend erreicht. 1916 entstand die heute noch genutzte Unterführung zu den beiden Inselbahnsteigen[1], das vorhandene Empfangsgebäude wurde dazu am westlichen Ende um eine sogenannte Ausgangshalle erweitert[2] und im Inneren umgebaut, die Bahnsteige wurden überdacht.[3] Abgesehen von Umnutzungen insbesondere von Wartesälen und Lagerräumen für Geschäfte und Gastronomie und kleineren Eingriffen wie dem Abbau der Bahnsteigsperren ist die Bausubstanz seitdem weitgehend unverändert.[4]
Im Untergeschoss des Empfangsgebäudes wurde 1937 ein Luftschutzkeller eingerichtet.[5]
Heutiger BetriebBearbeiten
Aufbau des BahnhofsBearbeiten
Der Tübinger Hauptbahnhof besitzt heute acht durchgehende Gleise, von denen fünf mit Bahnsteigen ausgestattet sind: Gleis 1 ist der Hausbahnsteig, an zwei Inselbahnsteigen liegen die Gleise 2/3 und 5/6. An den Inselbahnsteigen liegen darüber hinaus die Stumpfgleise 9–12, von denen aber nur Gleis 12 für den Personenverkehr genutzt wurde. Am westlichen Ende des Hausbahnsteigs findet sich als weiteres für den Personenverkehr genutztes Stumpfgleis Gleis 13. Im Westen schließen sich das Betriebswerk sowie die Ammertalbahn, Zollernalbbahn und Obere Neckarbahn an. Im Osten schloss sich der an der Neckar-Alb-Bahn gelegene ehemalige Güterbahnhof an. Heute existieren dort nur noch wenige Abstellgleise, die übrige Fläche wird seit 2015 mit einem neuen Stadtviertel bebaut.
Alle Gleise verfügen über LCD-Zugzielanzeiger zur Fahrgastinformation, darüber hinaus existiert ein DB ServicePoint und ein Reisezentrum. An Gleis 1 befinden sich öffentliche Toiletten. Den Besuchern stehen zwei Gastronomieangebote und verschiedene Einkaufsmöglichkeiten zur Verfügung. Im Bahnhof befindet sich auch ein Revier der Bundespolizei und eine Anlaufstelle der Bahnhofsmission.
Die Bahnsteige des Tübinger Hauptbahnhofs sind seit September 2011 barrierefrei zugänglich[6]. Eine entsprechende Erschließung wurde im Rahmen des Bahnhofsmodernisierungsprogramms von DB Station&Service für Baden-Württemberg geplant, die Arbeiten begannen im Frühjahr 2010. Der Bahnsteig der Gleise 1 und 13 sowie der Bahnsteig der Gleise 2, 3 und 12 wurden jeweils durch einen Aufzug angebunden, der Bahnsteig der Gleise 5 und 6 durch eine Rampe. Die niedrige Höhe der Bahnsteige blieb dabei jedoch unverändert, so dass ein stufenloser Einstieg in Züge lediglich am Gleis 13 möglich ist. Dieser Bahnsteig wurde als einziger anlässlich der Wiederinbetriebnahme der modernisierten Ammertalbahn auf ganzer Länge im Jahr 1999 auf eine Höhe von 55 cm angehoben. Die Erhöhung der übrigen Bahnsteige auf 55 cm ist weiterhin Bestandteil des Bahnhofsmodernisierungsprogrammes, konkrete Planungen und Zeitpläne existieren aber noch nicht.
Die Sanierung des Tübinger Bahnhofs wird durch die DB als besonders prioritär betrachtet. Das Konzept hat die Bauverwaltung mit der Deutschen Bahn und in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege entwickelt. Auch das Innere mit seinen öffentlichen Nutzungen, den Ladengeschäften und Büroeinheiten, die Bahnsteige, die energetische Situation der Gebäudehülle und Technik sollen verbessert werden. Zwischen Land und Bahn laufen Abstimmungen für das Bahnhofssanierungsprogramm für die nächsten 10 Jahre.[7]
FernverkehrBearbeiten
Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 wurde ein Zugpaar der Intercity-Linie 32 in Tagesrandlage über Stuttgart hinaus von und nach Tübingen verlängert, womit die Stadt nach vielen Jahren Unterbrechung wieder planmäßigen Fernverkehr aufwies. Das Angebot war zunächst probeweise bis 2011 geplant,[8] wurde dann aber mehrere Jahre beibehalten. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 wurde die IC-Verbindung wieder eingestellt.[9]
RegionalverkehrBearbeiten
Verlauf | Taktfrequenz | Strecken | Betreiber | |
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Interregio-Express IRE 6b IRE 6a |
Stuttgart Hbf – Reutlingen Hbf – Tübingen Hbf | 60 Minuten | Neckar-Alb-Bahn | Abellio Rail Baden-Württemberg, DB Zugbus Regionalverkehr Alb-Bodensee |
Stuttgart Hbf – Reutlingen Hbf – Tübingen Hbf – Mössingen – Hechingen – Balingen (Württ) – Albstadt-Ebingen – Sigmaringen – Herbertingen – Aulendorf | 120 Minuten | Neckar-Alb-Bahn, Zollernalbbahn | DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee | |
Regional-Express RE 10a/b |
Tübingen Hbf – Reutlingen Hbf – Metzingen (Württ) – Nürtingen – Wendlingen (Neckar) – Plochingen – Esslingen (Neckar) – Stuttgart Hbf – Heilbronn Hbf – (Mannheim Hbf) | 60 Minuten (Mo–Sa) |
Neckar-Alb-Bahn | Abellio Rail Baden-Württemberg |
Regionalbahn RB 18 |
Tübingen Hbf – Reutlingen Hbf – Metzingen (Württ) – Nürtingen – Oberboihingen – Wendlingen (Neckar) – Plochingen – Esslingen (Neckar) – Stuttgart Hbf – Heilbronn Hbf – Osterburken | 60 Minuten |
Neckar-Alb-Bahn | Abellio Rail Baden-Württemberg |
Der Regionalexpress RE10b und die RB18 fahren (Mo–Sa) im Wechsel, sodass ein 30-Minuten-Takt nach Stuttgart gefahren wird. Am Sonntag fährt nur die RB18 alle 60 Minuten. Jedoch wird mit dem stündlich verkehrenden IRE ebenfalls annähernd ein 30-Minuten-Takt nach Stuttgart erreicht. | ||||
Regionalbahn RB 63 |
Tübingen Hbf – Entringen – Herrenberg | 30 Minuten | Ammertalbahn | DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee |
Die meisten Regionalbahnen aus Herrenberg werden an Werktagen (Mo–Sa) in Tübingen Richtung Bad Urach durchgebunden. | ||||
Regionalbahn RB 63 |
(Herrenberg -) Tübingen Hbf – Reutlingen Hbf – Metzingen – Bad Urach | 60 Minuten | Neckar-Alb-Bahn, Ermstalbahn | DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee |
Regionalbahn „Kulturbahn“ RB 74 |
Tübingen Hbf – Rottenburg – Horb (– Nagold – Calw – Pforzheim Hbf) | 30 Minuten (nach Rottenburg), 60 Minuten (nach Horb), 120 Minuten (nach Pforzheim) |
Obere Neckarbahn, Nagoldtalbahn | DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee |
Hohenzollerische Landesbahn RB 66 |
Tübingen Hbf – Dußlingen – Nehren – Mössingen – Bodelshausen – Hechingen – Bisingen – Balingen (Württ) – Albstadt-Ebingen (– Sigmaringen) | 60 Minuten (nach Albstadt), 120 Minuten (nach Sigmaringen) | Zollernalbbahn | SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG |
Die bis 2013 im Gemeinschaftsverkehr zwischen HzL und RAB gefahrene Gemeinschaftslinie Tübingen–Sigmaringen–Aulendorf besteht nicht mehr, es muss jeweils in Sigmaringen umgestiegen werden. |
AusblickBearbeiten
Bis Sommer 2022 sollen die planfestgestellten Ausbaumaßnahmen der Strecken Herrenberg–Tübingen (Ammertalbahn, Elektrifizierung und 2 Doppelspurabschnitte), Tübingen–Metzingen (Obere Neckartalbahn, 4 neue Haltepunkte bei Schließung des Haltepunktes Tübingen-Lustnau) sowie Metzingen–Bad Urach (Ermstalbahn, Elektrifizierung und neuer Kreuzungsbahnhof Dettingen Gsaidt) abgeschlossen sein, so dass ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 der elektrische Betrieb im 30-Minuten-Takt Herrenberg–Tübingen–Metzingen–Bad Urach aufgenommen werden soll. Die Ausschreibung dieser Leistungen durch das Land Baden-Württemberg soll im Laufe des Jahres 2019[veraltet] erfolgen.
Das Betriebskonzept für die Zeit nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 sieht vor, zwischen Stuttgart und Tübingen vier Züge pro Stunde und Richtung verkehren zu lassen. Zwei Zugpaare pro Stunde sollen dabei mit Halten in Reutlingen, Nürtingen und am Flughafen Stuttgart über die Kleine Wendlinger Kurve und einem Abschnitt der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm geführt werden. Zwei weitere stündliche Zugpaare sollen über Plochingen verkehren. Die Linien sollen über Stuttgart hinaus nach Heilbronn, Mannheim, Aalen und Karlsruhe durchgebunden werden, so dass umsteigefreie Verbindungen entstehen.[10]
Neigetechnik-Züge können aufgrund des Verbots von Dieselfahrzeugen im neuen Hauptbahnhof Stuttgart zukünftig nicht mehr nach Stuttgart verkehren[11]. Daher sieht das Betriebskonzept vor, dass die heutige IRE-Linie Aulendorf–Tübingen–Stuttgart in Tübingen endet und dort auf die schnellen RE-Züge Züge in Richtung Stuttgart umgestiegen werden muss. Sollte die im Rahmen des Projektes Regionalstadtbahn Neckar-Alb geplante Elektrifizierung der Zollernalbbahn zwischen Tübingen und Albstadt-Ebingen zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein, soll laut dem baden-württembergischen Verkehrsministerium der Umsteigeort in die Regional-Expresszüge von Tübingen nach Albstadt verlegt werden.[12]
BahnbetriebswerkBearbeiten
Das im Westen des Bahnhofes zwischen den Strecken nach Horb und Sigmaringen gelegene Bahnbetriebswerk ist auch heute noch in Betrieb. Derzeit (2013) sind Triebwagen der Baureihe 650 hier beheimatet. 2007 bis 2009 wurde eine neue Triebwagenhalle und eine neue Anlage zur Reinigung von Reisezügen errichtet. Das etwa um 1915 entstandene Verwaltungsgebäude und der denkmalgeschützte Wasserturm bleiben erhalten. Geplant war zwischenzeitlich eine neue 230 m lange Ganzzughalle. Lokomotiven und Wagen von DB Regio sollten von Stuttgart hierher umbeheimatet werden.[13] Da die DB die Ausschreibung für den Betrieb des Personenverkehrs auf der Strecke Tübingen-Stuttgart nicht gewonnen hat, wird die leerstehende alte Halle des Bahnbetriebswerkes aber bis auf Weiteres nicht abgerissen und könnte nach Sanierung des ölverschmutzen Hirnholzbodens möglicherweise sogar für kulturelle Veranstaltungen umgenutzt werden.[14]
WeblinksBearbeiten
- Lage, Gleisanlagen sowie einige Signale und zulässige Geschwindigkeiten auf der OpenRailwayMap
- Gleise in Serviceeinrichtungen (TT), DB Netz AG (PDF) Gleisplan
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg K 412 IV DO 14636 Tübingen Hbf: Bahnsteigunterführung bei km 48+731,92 - Grundriss Treppe 1 - 3
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg K 412 IV DO 14647 Tübingen Hbf: Empf.Verwaltungsgeb.Anbau Ausgangshalle
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg K 412 IV DO 14621 Tübingen Hbf: Empfangsgebäude Überdachung Bahnsteig 2
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg K 412 IV DO 14646 Tübingen Hbf: Empfangsgebäude Verwaltungsgebäude Grundriss Erdgeschoss
- ↑ Staatsarchiv Ludwigsburg K 412 IV DO 14653 Tübingen Hbf: Einbau eines Luftschutzraumes Empfangsgeb
- ↑ http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Bahn-Chef-und-Politiker-eroeffnen-die-neuen-Aufzuege-_arid,145799.html
- ↑ Wie der Tübinger Europaplatz Mitte der 20er Jahre aussehen soll. www.tagblatt.de. 13. September 2019. Abgerufen am 1. März 2020.
- ↑ Martin Mayer: Endlich Grünes Licht im Sackbahnhof. Schwäbisches Tagblatt. 14. Dezember 2009. Abgerufen am 14. Dezember 2009.
- ↑ dpa/lsw: Ab Mitte Dezember weniger Zugverbindungen für Pendler. Heilbronner Stimme. 11. November 2020. Abgerufen am 17. Januar 2021.
- ↑ Dagmar Starke: Angebotskonzept SPNV 2020 (PDF) Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. Oktober 2010. Archiviert vom Original am 27. Oktober 2010. Abgerufen am 20. November 2010.
- ↑ SMA und Partner: Stellungnahme von SMA und Partner AG zu Veröffentlichungen von vertraulichen Sitzungsunterlagen (Memento vom 9. Oktober 2010 im Internet Archive) (PDF-Datei, 65 kB). "Version 1-00" vom 28. Juli 2010, S. 6.
- ↑ Anfrage Hans Martin Haller, MdL, SPD, 2013, Zielprojektion Zollernalbbahn
- ↑ Neue Werke für die Bahnzukunft im Ländle. In: eisenbahn-magazin 10/2013, S. 30–33
- ↑ Monica Brana: Vom Abstellgleis geholt. Tag des offenen Denkmals im ehemaligen Tübinger Bahnbetriebswerk. Schwäbisches Tagblatt, 11. September 2017.