Ober-Kainsbach

Ortsteil von Reichelsheim im Odenwaldkreis, Hessen

Ober-Kainsbach (odenwälderisch Owwer-Koischboch) ist der östlichste Ortsteil der Gemeinde Reichelsheim im südhessischen Odenwaldkreis.

Ober-Kainsbach
Wappen von Ober-Kainsbach
Koordinaten: 49° 44′ N, 8° 53′ OKoordinaten: 49° 43′ 53″ N, 8° 53′ 28″ O
Höhe: 227 m ü. NHN
Fläche: 8,43 km²[1]
Einwohner: 560 (2016)[2]
Bevölkerungsdichte: 66 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. August 1972
Postleitzahlen: 64385, 64753 (Wünschbach)
Vorwahlen: 06164, 06063 (Spreng und Wünschbach)
Ober-Kainsbach, oberer Ortsteil Richtung Westen (2022)
Ober-Kainsbach, oberer Ortsteil Richtung Westen (2022)
Ober-Kainsbach, unterer Ortsteil Richtung Norden (2022)
Wünschbachtal bei Ober-Kainsbach (2022)
Friedhofskapelle zwischen Ober-Kainsbach und Gersprenz am Kitzestein über der Nibelungenstraße

Geographie Bearbeiten

Ober-Kainsbach liegt in dem zum Vorderen Odenwald zählenden oberen Tal des Kainsbachs nordöstlich des Hauptortes Reichelsheim. Das Tal führt nach Nordwesten hinab zum Nachbarort Nieder-Kainsbach in die Gersprenzniederung.

Die Ortslage erstreckt sich auf der ganzen Länge des Talgrundes über mehr als 3 Kilometer von kurz vor Stierbach bis zum Quellgebiet des Kainsbachs. Diese Siedlungsform weist Ober-Kainsbach als Waldhufendorf aus. Zu beiden Seiten der Talstraße – die tatsächlich so heißt! – und des Kainsbachs ziehen sich die breiten Streifen der Hofparzellen die Hänge hoch.

Außerdem gehören zu Ober-Kainsberg noch im Nordosten im Quellgebiet des Wünschbachs die 2 Gehöfte des hochgelegenen Weilers Wünschbach, der Weiler Spreng auf dem Übergang ins Mümlingtal und das Wirtshaus Vierstöck.

Der Böllsteiner Odenwald mit dem Böllsteiner Granit sowie Gneis und anderen Kristallingesteinen im Untergrund[3] prägt den Hauptteil der Gemarkung Ober-Kainsbach. Diese füllt den Talzug des Kainsbachs und des Wünschbachs aus zwischen dem Kitzestein (366 m) im Westen, dem Südhang des Schnellerts (350 m) im Norden und dem Heidelberg (443 m) im Osten. Der Ortskern wird im Norden von der bewaldeten Höhe des Hohen Stein (389 m) überragt. Der Friedhof mit der Kapelle liegt knapp jenseits der Gemarkungsgrenze zum Nachbarort Gersprenz oberhalb der Hutzwiese am Kitzestein. Einen pfannenstielartigen schmalen Fortsatz findet die Gemarkung talabwärts des Wirtshauses Vierstöck am Nordhang des Bachs von dem Vierstöck bis zu den ersten Häusern von Kirch-Beerfurth und bis zur Gersprenz. Abgerundet wird die Gemarkung im Süden durch den Morswald am Osthang des Morsbergs und endet im Quellgebiet des Mossaubachs. Mit diesem Gemarkungsteil hat Ober-Kainsbach schon Anteil am Buntsandstein-Odenwald. Zwischen den Kristallinsockel und die Buntsandsteinflächen sind schmale Lagen von Zechstein eingeschlossen, die Dolomit führen sowie Mangan- und Eisenerze und Schwerspat[4].

Der höchste Punkt der Gemarkung liegt mit einer Höhe von knapp 510 Meter in der Nähe des Morsberg-Gipfels. Der niedrigste Punkt mit rund 190 Meter liegt am Gersprenzufer gegenüber von Pfaffen-Beerfurth. Der Ortskern liegt auf 280 Meter Höhe.

Die nächstgelegenen Ortschaften sind im Norden Stierbach, Affhöllerbach und Böllstein, im Osten Hembach, im Südosten Langenbrombach und Rehbach, im Süden Ober-Mossau und Rohrbach, im Südwesten Kirch-Beerfurth und im Westen Gersprenz.

Geschichte Bearbeiten

Ortsgeschichte Bearbeiten

Der Gewässername Cunigesbach ist seit 1012 bekannt. Der früheste erhalten gebliebene urkundliche Nachweis belegt das Bestehen des Ortes Cuynesbach für 1333. Historisch wurde Ober-Kainsbach danach unter den folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung)[5]: Konspach (1376), Konspach (1408), Künspach (1413), Kingispach (1420), Königspach (1420), Oberkünspach (1425), Kunspach (1427), Kunßpach (1454), Oberkonspach (1482), Konspach (1532) und Obern-Kainsbach (1541).

1333 verkaufte die Johanniterkommende in Ober-Mossau das Dorf an die Schenken zu Erbach. Ober-Kainsbach gehörte zum Amt Reichenberg der Grafschaft Erbach, die mit der Mediatisierung 1806 Teil des Großherzogtums Hessen wurde. 1625 wurde am Ort ein Galgen errichtet. Um diese Zeit wurde auch die weithin sichtbare Friedhofskapelle gebaut. Ab 1822 gehörte Ober-Kainsbach zum Landratsbezirk Erbach, ab 1852 zum Kreis Erbach (ab 1939: „Landkreis Erbach“), der – mit leichten Grenzberichtigungen – seit 1972 Odenwaldkreis heißt.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Ober-Kainsbach am 1. August 1972 zugleich mit Beerfurth durch Landesgesetz in die Gemeinde Reichelsheim eingegliedert.[6][7] Für Ober-Kainsbach sowie für die meisten im Zuge der Gebietsreform nach Reichelsheim eingegliederten Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[8]

Gerichte Bearbeiten

Nach Auflösung des Amtes Erbach 1822 nahm die erstinstanzliche Rechtsprechung für Ober-Kainsbach das Landgericht Michelstadt wahr, ab 1879 das Amtsgericht Michelstadt.

Verwaltungsgeschichte im Überblick Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Ober-Kainsbach angehört(e):[5][9][10]

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011 Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ober-Kainsbach 591 Einwohner. Darunter waren 15 (2,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 90 Einwohner unter 18 Jahren, 234 zwischen 18 und 49, 153 zwischen 50 und 64 und 117 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 261 Haushalten. Davon waren 84 Singlehaushalte, 78 Paare ohne Kinder und 48 Paare mit Kindern, sowie 15 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 57 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 165 Haushaltungen lebten keine Senioren.[12]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Ober-Kainsbach: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2011
Jahr  Einwohner
1829
  
359
1834
  
380
1840
  
389
1846
  
421
1852
  
459
1858
  
433
1864
  
434
1871
  
404
1875
  
433
1885
  
472
1895
  
489
1905
  
445
1910
  
444
1925
  
426
1939
  
377
1946
  
481
1950
  
453
1956
  
430
1961
  
407
1967
  
428
1970
  
427
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
591
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[5]; Zensus 2011[12]

Religion Bearbeiten

Ober-Kainsbach sowie Ober-Gersprenz und Unter-Gersprenz waren von 1555 an Filialen der Kirche von Reichelsheim. Seit 1962 gehört Ober-Kainsbach zur Evangelischen Johannesgemeinde Beerfurth im Dekanat Vorderer Odenwald.[13] Im Jahr 1961 waren 388 Einwohner evangelische (= 95,33 %) und 14 katholisch (= 3,44 %).[5]

Wappen und Flagge Bearbeiten

 

Wappen Bearbeiten

 
Wappen von Ober-Kainsbach
Blasonierung: „In blauem Schild ein silbernes, schrägrechts liegendes Wellenband, links oben und rechts unten je eine Krone.“[14]

Das Wappen wurde der Gemeinde Ober-Kainsbach am 18. Dezember 1957 durch das Hessische Innenministerium genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Heraldiker Georg Massoth.

Der Wellenbalken soll den Kainsbach darstellen, der dem Ort seinen Namen gibt. Die Kronen weisen auf die Namensherkunft des Baches hin, Cunigesbach (Königsbach).

Flagge Bearbeiten

Die Flagge wurde der Gemeinde am 30. November 1964 durch das Hessische Innenministerium genehmigt und wird wie folgt beschrieben:

„Auf das in Rot und Weiß geständerte Flaggentuch im Kreuzpunkt aufgelegt das Gemeindewappen.“[15]

Verkehr Bearbeiten

 
Ober-Kainsbach und Bergsattel Spreng (2022)

Durch den Ort verläuft die Landesstraße 3260. Diese führt durch das Kainsbachtal und verbindet auf diesem Weg die Bundesstraße 38 bei Nieder-Kainsbach mit der Bundesstraße 47 an der Spreng.

Ober-Kainsbach wird verhältnismäßig gut durch den Busverkehr erschlossen. Montags bis freitags verkehrt zwischen Reichelsheim und Erbach die Linie 10, am Wochenende wird die Verbindung als Linie 665E bis zum Bahnhof Bensheim verlängert. Die Linie 13 dient zusätzlich zur Abwicklung des Schülerverkehrs nach Reichelsheim. In Nieder-Kainsbach besteht Anschluss an eine Expressbuslinie des RMV nach Darmstadt.[16]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ober-Kainsbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
  4. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Michelstadt) und Verwaltung,
  5. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  6. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  7. Am 1. August 1972 als Ortsbezirk zur Gemeinde Reichelsheim.

Einzelnachweise

  1. Daten/ Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Reichelsheim, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2016.
  2. Ortsteil Ober-Kainsbach. In: Webauftritt der Gemeinde Reichelsheim, abgerufen im Juli 2018.
  3. Geologie Viewer Hessen. Abgerufen am 17. September 2023.
  4. Ober-Kainsbach: „Baustein, Erz und schwerer Spat“. Abgerufen am 25. Februar 2024.
  5. a b c d Ober-Kainsbach, Odenwaldkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Erbach (GVBl. II 330–16) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 224, § 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 357 und 359.
  8. Hauptsatzung § 6. (PDF; 281 kB) Gemeinde Reichelsheim, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Dezember 2022; abgerufen am 3. Dezember 2022.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  12. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 38 und 92, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  13. Evangelische Johannesgemeinde Beerfurth im Internet
  14. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Ober-Kainsbach im Landkreis Erbach, Regierungsbezirk Darmstadt vom 18. Dezember 1957. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1958 Nr. 1, S. 3, Punkt 8 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,5 MB]).
  15. Genehmigung einer Flagge der Gemeinde Ober-Kainsbach, Landkreis Erbach i. Odw., Regierungsbezirk Darmstadt vom 30. November 1964. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1964 Nr. 50, S. 1482, Punkt 1378 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,1 MB]).
  16. Fahrpläne - Odenwaldmobil | OREG. Abgerufen am 12. September 2022.