Der Kreis Lyck war ein preußischer Landkreis in Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand. Er lag im Bereich der Lycker Seenplatte. Die Stadt Lyck war die Kreisstadt des Kreises.

Der Kreis Lyck in den Grenzen von 1818 bis 1945

Verwaltungsgeschichte

Bearbeiten

Königreich Preußen

Bearbeiten

Das Gebiet des Kreises Lyck gehörte seit der ostpreußischen Kreisreform von 1752 zu dem damaligen Kreis Oletzko.[1][2] Im Rahmen der preußischen Verwaltungsreformen ergab sich mit der „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 die Notwendigkeit einer umfassenden Kreisreform in ganz Ostpreußen, da sich die 1752 eingerichteten Kreise als unzweckmäßig und zu groß erwiesen hatten. Zum 1. September 1818 wurde im Regierungsbezirk Gumbinnen aus dem mittleren Teil des Kreises Oletzko der neue Kreis Lyck gebildet. Dieser umfasste die Kirchspiele Borszymmen, Grabnick, Kallinowen, Klaussen, Lyck, (Neu) Jucha, Ostrokollen, Pissanitzen und Stradaunen. Das Landratsamt war in Lyck.

 
Siegel des Kreises Lyck (1933)

Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der Provinzen Preußen und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr.

Norddeutscher Bund und Deutsches Reich

Bearbeiten

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Nach der Teilung der Provinz Preußen in die Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurde der Kreis Lyck am 1. April 1878 Bestandteil Ostpreußens. Mit dem 1. November 1905 trat der Kreis Lyck zum neugebildeten Regierungsbezirk Allenstein.

Am 1. Juli 1909 wurden die Landgemeinde Groß Czymochen und der Gutsbezirk Czymochen aus dem Kreis Lyck in den Kreis Oletzko umgegliedert. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs stimmte die Bevölkerung in den Volksabstimmungen in Ost- und Westpreußen am 11. Juli 1920 über einen Verbleib des Kreises bei Ostpreußen oder den Anschluss an Polen ab. Im Kreis Lyck entfielen 36.534 Stimmen auf den Verbleib in Ostpreußen und 44 auf den Anschluss an Polen.[3]

 
Kreisehrendenkmal bei Thalussen

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Lyck entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle Gutsbezirke bis auf einen aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und anschließend der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Am 6. April 1945 wurde die polnische Flagge auf dem Landratsamt in Lyck gehisst und das Kreisgebiet am 7. Juli 1945 der Woiwodschaft Białystok zugeordnet, noch bevor das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Grenze unter polnische Verwaltung stellte. Soweit die deutsche Bevölkerung nicht geflohen war, wurde sie in der Folgezeit größtenteils aus dem Kreisgebiet vertrieben.

Bevölkerung

Bearbeiten
Jahr Einwohner Quelle
1818 24.146 [4]
1846 34.330 [5]
1871 45.699 [6]
1890 54.804, davon 857 Katholiken, 357 Juden (39.000 Polen) [7]
1900 54.222, davon 52.163 Evangelische, 1.195 Katholiken [7]
1910 55.579, davon 52.712 Evangelische, 1.818 Katholiken [7]
1925 58.425 [7]
1933 57.865 [7]
1939 56.129 [7]

Landräte

Bearbeiten

Im Deutschen Kaiserreich bildete der Kreis Lyck zusammen mit den Kreisen Johannisburg und Oletzko den Reichstagswahlkreis Gumbinnen 6.[8]

Kommunalverfassung

Bearbeiten

Der Kreis Lyck gliederte sich in eine Stadt, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständigem Wegfall – in Gutsbezirke. Mit Einführung des Preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle Gemeinden. Die Preußische Staatsregierung verlieh dem Kreis 1933 ein Siegel. Gezeichnet wurde es von Otto Hupp. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 die im Deutschen Reich gültige Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Diese waren in Amtsbezirken zusammengefasst. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Gemeinden

Bearbeiten

Nach den Gebietsreformen der 1920er Jahre umfasste der Kreis Lyck bis 1945 die Stadt Lyck und 157 weitere Gemeinden:[7][9]

Im Kreis lag außerdem der gemeindefreie Gutsbezirk Forst Drygallen.

Vor 1945 aufgelöste Gemeinden
  • Groß Lepacken, 1896 zu Lepacken
  • Groß Skomentnen, 1893 zu Skomentnen
  • Jebramken, 1895 zu Klein Lasken
  • Klein Lepacken, 1896 zu Lepacken
  • Klein Skomentnen, 1893 zu Skomentnen
  • Kowahlen, am 20. Februar 1896 zu Maaschen
  • Kußmen, 1896 zu Monczen
  • Leegen, am 1. Januar 1929 zu Sentken
  • Madeyken, 1896 zu Moldzien
  • Neu Jucha, am 30. September 1928 zu Jucha
  • Oratzen, am 30. September 1928 zu Wittenwalde
  • Ropehlen, am 1. Januar 1929 zu Sentken
  • Szameyten, am 30. September 1928 zu Wittenwalde
  • Trenkowsken, am 3. Juni 1896 zu Pientken

Ortsnamen

Bearbeiten

1938 setzten die Nationalsozialisten im Kreis Lyck, wie in ganz Ostpreußen, umfangreiche Umbenennungen durch, da ihnen zahlreiche Ortsnamen nicht deutsch genug erschienen. Die neuen Bezeichnungen waren lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen. Auch in den Jahren zuvor hatte es schon eine Reihe von Umbenennungen gegeben.

Literatur

Bearbeiten
  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Erster Theil welcher die Topographie von Ost-Preussen enthält. Königsberg und Leipzig 1785, S. 52, Absatz 4) (online).
  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Heft 1: Regierungsbezirk Allenstein. Berlin 1912, S. 22–31, Kreis Lyck.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staates. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 34, Ziffer 15.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 304–313.
  • Erich von Lojewski: Die evangelischen Kirchen im Kreise Lyck. 1923. DNB
  • Reinhold Weber: Bildband des Grenzkreises Lyck. Eigenverlag der Kreisgemeinschaft Lyck, Hagen 1985.
  • Reinhold Weber: Der Kreis Lyck. Kommissionsverlag Gerhard Rautenberg, Leer 1981
  • Reinhold Weber: Die Landgemeinden des Kreises Lyck. Verlag Dieter Broschat, Hohenwestedt 1988, ISBN 978-3-924256-30-2.
  • Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Lyck. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen. Gotha: Perthes 1858, Seite 320.
  2. Ludwig von Baczko: Handbuch der Geschichte, Erdbeschreibung und Statistik Preussens, Band 2. Friedrich Nicolovius, Königsberg und Leipzig 1803, S. 45 (google.de).
  3. Andreas Kossert: Preußen, Deutsche oder Polen? Die Masuren im Spannungsfeld des ethnischen Nationalismus 1870–1956. Hrsg.: Deutsches Historisches Institut Warschau. Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04415-2, S. 157.
  4. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Gumbinnen (Digitalisat [abgerufen am 9. September 2020]).
  5. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 307 (Digitalisat).
  6. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preußen und ihre Bevölkerung 1871
  7. a b c d e f g Michael Rademacher: Ostpreußen – Kreis Lyck. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Datenbank der Reichstagsabgeordneten
  9. Landkreis Lyck (territorial.de)