Kardinalsklasse
Das Kardinalskollegium der katholischen Kirche ist (gemäß can. 350 §1 CIC) in drei Kardinalsklassen (lateinisch ordines) unterteilt. Diese Rangordnung unterscheidet Kardinäle in Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone und ist eine reine Ehrenrangfolge; sie hat keinen Einfluss auf das Wahlrecht im Konklave. Lediglich der Leiter der Papstwahl (Kardinaldekan bzw. der höchstrangige stimmberechtigte Kardinalbischof) und der Verkünder des neuen Papstes (Kardinalprotodiakon, der dienstälteste Kardinaldiakon) werden dadurch bestimmt.
AllgemeinesBearbeiten
Ursprünglich wurden die Bischöfe von Klerus und Volk gewählt und von den Bischöfen der umliegenden Kirchenprovinz geweiht, so auch in Rom. Im Laufe der Jahrhunderte wurde festgelegt, dass für die Papstwahl nur noch jene Kleriker wahlberechtigt waren, die entweder Bischöfe der umliegenden Bistümer, Pfarrer einer Titelkirche oder Leiter einer Diakoniestation waren. Diese wahlberechtigten Kleriker wurden Kardinäle genannt und waren einst, ihren Aufgaben entsprechend, Bischöfe, Priester oder Diakone. Vor der Liturgiereform in den 1960er Jahren trugen die Kardinäle je nach Rangordnung eine andere liturgische Kleidung bei Papstmessen: Kardinaldiakone trugen Dalmatiken, Kardinalpriester Kaseln und Kardinalbischöfe Pluvialia.
Heute müssen nach katholischem Kirchenrecht alle Inhaber der Kardinalstitel Priester sein. Wer nicht Bischof ist, muss grundsätzlich die Bischofsweihe empfangen (can. 351 §1 CIC). Hiervon kann der Papst dispensieren. Zwar werden solche Dispensen ausnahmslos nur für Kardinaldiakone erteilt, jedoch können diese trotzdem nach zehn Jahren in die Klasse der Kardinalpriester aufsteigen. Derzeit gibt es drei Kardinäle ohne Bischofsweihe:
- der französische Theologieprofessor Albert Kardinal Vanhoye (* 1923, 2006 zum Kardinal ernannt; 2016 zum Kardinalpriester erhoben)
- der albanische Priester Ernest Kardinal Simoni (* 1928, 2016 zum Kardinal ernannt)
- der italienische Ordensgeistliche Raniero Kardinal Cantalamessa (* 1934; 2020 zum Kardinal ernannt)
KardinalbischöfeBearbeiten
Dieser Klasse gehören die sechs Bischöfe an, denen als Titel die suburbikarischen Bistümer zugeordnet sind, und seit 1965 die mit Rom unierten orientalischen Patriarchen mit eigenem Patriarchalsitz (can. 350 §1 CIC). Per Reskript vom 26. Juni 2018 erweiterte Papst Franziskus die Klasse der Kardinalbischöfe mit Wirkung zum 28. Juni 2018 um vier neue Mitglieder mit eigenem Titel und stellte sie den Kardinalbischöfen mit suburbikarischen Bistümern gleich, da die Anzahl der Kardinalpriester und der Kardinaldiakone in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen, die der Kardinalbischöfe jedoch unverändert geblieben war.[1] Um einen fünften Kardinalbischof ohne suburbikarischen Titel erweiterte Papst Franziskus die Klasse am 1. Mai 2020. Vorsitzender des Kardinalskollegiums und ranghöchster Kardinalbischof ist der Kardinaldekan, ihm folgt der Subdekan (can. 352 §1 CIC).
Die Kardinalbischöfe mit suburbikarischem Titel sind:
- Giovanni Battista Kardinal Re – Kardinaldekan (seit 18. Januar 2020), zuvor Kardinalsubdekan (seit 10. Juni 2017) und -bischof von Sabina-Poggio Mirteto (seit 1. Oktober 2002), Kardinalbischof von Ostia (seit 18. Januar 2020)
- Angelo Kardinal Sodano – Kardinalbischof von Albano (seit 10. Januar 1994) und emeritierter Kardinaldekan
- Francis Kardinal Arinze – Kardinalbischof von Velletri-Segni (seit 25. April 2005)
- Tarcisio Kardinal Bertone SDB – Kardinalbischof von Frascati (seit 10. Mai 2008)
- José Saraiva Kardinal Martins CMF – Kardinalbischof von Palestrina (seit 24. Februar 2009)
- Beniamino Kardinal Stella – Kardinalbischof von Porto-Santa Rufina (seit 1. Mai 2020)
Die denjenigen mit suburbikarischem Titel gleichgestellten Kardinalbischöfe sind:
- Pietro Kardinal Parolin mit der Titelkirche Santi Simone e Giuda Taddeo a Torre Angela (mit Wirkung zum 28. Juni 2018)
- Leonardo Kardinal Sandri mit der Titeldiakonie Santi Biagio e Carlo ai Catinari (mit Wirkung zum 28. Juni 2018), seit 24. Januar 2020 Kardinalsubdekan
- Marc Kardinal Ouellet PSS mit der Titelkirche Santa Maria in Traspontina (mit Wirkung zum 28. Juni 2018)
- Fernando Kardinal Filoni mit der Titelkirche Nostra Signora di Coromoto in San Giovanni di Dio (mit Wirkung zum 28. Juni 2018)
- Luis Antonio Kardinal Tagle mit der Titelkirche San Felice da Cantalice a Centocelle (mit Wirkung zum 1. Mai 2020)
Die Kardinalbischöfe mit eigenem Titel sind:
- Antonios Kardinal Naguib – emeritierter Patriarch der koptisch-katholischen Kirche (seit 20. November 2010)
- Béchara Pierre Raï OMM – Patriarch der Maroniten (seit 24. November 2012)
- Louis Raphaël I. Sako – Patriarch der Chaldäer (seit 28. Juni 2018)
KardinalpriesterBearbeiten
Dieser Klasse sind jene Kardinäle zugeordnet, denen eine Titelkirche in Rom zugewiesen ist. Zurzeit (Stand: Dezember 2019) gibt es etwa 170 Kardinalpriester. Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum sind Christoph Kardinal Schönborn (Erzbischof von Wien und ehemaliger Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz), Friedrich Kardinal Wetter (emeritierter Erzbischof von München und Freising), Reinhard Kardinal Marx (Erzbischof von München und Freising und früherer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz), Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln) und Walter Kardinal Kasper (emeritierter Kurienkardinal). Der ranghöchste (d. h. dienstälteste) Kardinalpriester wird auch als protoprete bezeichnet. Dienstältester Kardinalpriester und damit Kardinalprotopriester ist gegenwärtig der emeritierte Erzbischof von Bangkok, Michael Michai Kitbunchu.
KardinaldiakoneBearbeiten
Dieser Klasse gehören die Kardinäle an, denen der Titel einer römischen Diakonie zugewiesen ist. Derzeit (Stand: Dezember 2019) gibt es ca. 40 Kardinaldiakone. Nach frühestens 10 Jahren haben Kardinaldiakone das Recht (can. 350 §5 CIC), den Papst um die Erhebung in den Stand eines Kardinalpriesters zu bitten und auf eine Titelkirche zu optieren (lateinisch optatio). Um ihren Titel nicht wechseln zu müssen, kann ihre Titeldiakonie auch vom Papst pro hac vice in den Rang einer Titelkirche erhoben werden. Kardinaldiakone aus dem deutschsprachigen Raum sind Walter Brandmüller, Kurt Koch, Gerhard Ludwig Müller und Karl-Josef Rauber. Der ranghöchste (das heißt der dienstälteste) Kardinaldiakon wird Kardinalprotodiakon (früher auch Kardinalerzdiakon) genannt und ist Primus inter pares unter den Kardinälen dieser Klasse. Er verkündet den Namen des neugewählten Papstes von der Benediktionsloggia aus der Öffentlichkeit. Derzeitiger Kardinalprotodiakon ist Renato Raffaele Martino.
EhrenrangfolgeBearbeiten
Die Ehrenrangfolge (Präzedenz) unter den Kardinälen, die auch die Reihenfolge der Stimmabgabe im Konklave bestimmt, ist grundsätzlich Kardinalbischöfe – Kardinalpriester – Kardinaldiakone. Innerhalb der Kardinalränge gilt folgende Rangordnung:
- Kardinalbischöfe
- Kardinaldekan
- Kardinalsubdekan
- Kardinalbischöfe mit suburbikarischem Titel und die ihnen gleichgestellten Kardinalbischöfe (innerhalb dieser Gruppe nach dem Datum der Ernennung zum Kardinalbischof)
- Kardinalbischöfe mit eigenem Titel (darunter die mit Rom unierten orientalischen Patriarchen; innerhalb dieser Gruppe nach dem Datum der Kreierung zum Kardinal)
- Kardinalpriester
- Kardinalprotopriester (der dienstälteste Kardinalpriester)
- Kardinalpriester (nach dem Datum der Kreierung)
- Kardinaldiakone
- Kardinalprotodiakon (der dienstälteste Kardinaldiakon)
- Kardinaldiakone (nach dem Datum der Kreierung)
LiteraturBearbeiten
- Jürgen Erbacher: Der Vatikan. Das Lexikon. St. Benno, Leipzig [2009], S. 205, ISBN 978-3-7462-2752-8
WeblinksBearbeiten
- The Cardinals of the Holy Roman Church – Catalogs. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch), abgerufen am 5. Dezember 2016.
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ RESCRIPTUM EX AUDIENTIA SS.MI: Rescritto del Santo Padre Francesco con cui ha deciso di cooptare nell’Ordine dei Vescovi, equiparandoli in tutto ai Cardinali insigniti del titolo di una Chiesa suburbicaria, i Cardinali Parolin, Sandri, Ouellet e Filoni. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 26. Juni 2018, abgerufen am 26. Juni 2018 (italienisch).