Die Theorie vom Erfundenen Mittelalter (auch: Phantomzeit-Theorie oder kurz PHZ) besagt, dass etwa 300 Jahre des frühen europäischen Mittelalters ab dem 7. Jahrhundert beginnend bis zur ottonischen Zeit von Geschichtsschreibern des Hochmittelalters erfunden worden seien.

Die in Deutschland verbreitete Version geht auf Heribert Illig zurück. Er nimmt für sich in Anspruch, mit der Entfernung der angeblich erfundenen Jahre die Chronologie des Mittelalters zu korrigieren. Hans-Ulrich Niemitz, der sich dieser Theorie anschloss, nannte den Zeitraum dann Phantomzeit, da das Fränkische Reich nach Chlodwig I. ein Produkt der Fantasie bzw. Täuschung gewesen sei. Insbesondere haben laut dieser Theorie Personen wie Karl der Große und die anderen Karolinger vor Karl III. dem Einfältigen entweder überhaupt nicht existiert oder sind vor 614 bzw. nach 911 einzuordnen. Gleiches gilt für alle anderen historischen Figuren, die in diesen Zeitraum fallen.

Da angenommen wird, dass dabei eine absichtliche, geheime Verfälschung von Chroniken und Urkunden stattgefunden hat, kann die Theorie als Verschwörungstheorie bezeichnet werden. Außer in populärwissenschaftlichen Schriften gibt es bisher nur wenige eingehende Antworten. Von den universitären Geschichtswissenschaftlern und Mediävisten, die sich bisher zu dieser Theorie geäußert haben, wird sie zurückgewiesen. In der Öffentlichkeit hat die These aber ein gewisses Interesse gefunden.

Grundlagen der Theorie Bearbeiten

Die Theorie vom Erfundenen Mittelalter ist eine Form der Chronologiekritik, deren hypothetische Grundlagen in mehreren Bereichen liegen. Dies sind: Kalenderkritik, Astronomiekritik, Urkundenkritik, Archäologiekritik, Architekturkritik, Kritik an der Historischen Geographie und allgemeine Geschichtskritik.

Geschichtskritik Bearbeiten

Die allgemeine Geschichtskritik der Befürworter besteht aus zwei Teilen:

Kritik der Geschichtsschreibung vor 1000: Die Befürworter der Theorie halten einige Geschichtswerke für zu früh datiert, andere Geschichtswerke seien zu fehlerhaft oder nachträglich manipuliert worden. Sie behaupten außerdem, dass die AD-Jahreszählung nicht vor 1200 begonnen habe und noch äußerst fehlerhaft gewesen sei, so dass man von ihr nicht erwarten könne, über die Zeit vor 1000 wirklich Aufschluss zu geben.

Kritik an der Geschichtswissenschaft von heute: Es wird kritisiert, dass die traditionelle Geschichtswissenschaft an der konventionellen Chronologie festhalte, obwohl diese aus der Sicht der Befürworter insgesamt gesehen eine größere Zahl an Hypothesen erfordert, als die neue Chronologie, um den Verlauf von rekonstruierten Variablen zu erklären, die das Frühmittelalter überspannen. Als Beispiele solcher Variablen seien genannt:

  • Die archäologische Fundhäufigkeit
  • Die auflaufende Abweichung des julianischen Kalenders
  • Die Korrelation zwischen Eichenwuchs und C14
  • Die Entwicklung der Schriftlichkeit, des Handels und vielem mehr

Die Befürworter der Theorie werfen den Fachvertretern der Geschichtswissenschaft also vor, sich der Überprüfung ihrer bisherigen Methoden, Voraussetzungen und Ergebnisse zu entziehen.

Die meisten Gegner der Theorie gestehen durchaus einzelne Unschärfen in den verschiedenen Kritikbereichen zu, betonen aber, dass selbst aus einem Schwarm von Unschärfen noch nicht automatisch eine 297-Jahrdifferenz folge und aus einer angeblichen Indizienkette noch kein stichhaltiger Beweis.

Kalenderkritik Bearbeiten

Die Theorie hat ihren Ursprung und damit ihre erste Grundlage in der Kalenderkritik. Heribert Illig kam auf die Theorie vom Erfundenen Mittelalter durch seine Annahme, dass bei der Kalenderreform von Papst Gregor XIII. im Jahr 1582 eigentlich 13 Tage zu streichen gewesen wären, um die Frühlingstagundnachtgleiche wieder am 21. März feiern zu können. Tatsächlich sind 10 Tage gestrichen worden.

Papst Gregor hatte den 46 v. Chr. eingeführten Julianischen Kalender dahingehend verändert, dass die vollen Jahrhunderte keine Schaltjahre mehr sind – außer wenn sie durch 400 teilbar sind. Es wurden zehn Tage gestrichen, indem auf den 4. Oktober der 15. Oktober 1582 folgte.

Notwendig war die Reform geworden, weil sich der Frühlingspunkt verschoben hatte und damit auch die Berechnung des christlichen Osterfestes fragwürdig geworden war. Unstrittig ist, dass Papst Gregor selbst vom 21. März als Frühlingspunkt ausging. Von daher stellt sich aus heutiger Sicht die Frage, auf welchen 21. März er sich bei der Berechnung als Anfangspunkt bezogen hat.

Wenn Papst Gregor seine neue Schaltjahrregel auf das Jahr 44 v. Chr. zurückberechnet hätte, hätte er 13 Tage einfügen müssen. Daher gingen bisher viele davon aus, dass er die Rückberechnung auf das Jahr 325 n. Chr. vornahm, als das Erste Konzil von Nicäa den Ostertermin festlegte. Falls der Frühlingsanfangspunkt im Jahr 325 der 21. März gewesen ist, wären es dann tatsächlich nur 10 Tage gewesen. Dafür gibt es aber weder astronomische noch zeitgenössisch quellenmäßige Nachweise.

Dagegen wird allgemein angenommen, dass der 21. März zu Caesars Zeiten als Frühlingspunkt festgelegt wurde, nachdem er dies schon gemäß ägyptisch-griechischer Tradition war. Caesar wollte mit seiner Reform das Durcheinander im mondzyklenorientierten römischen Kalender mittels eines neuen Sonnenkalenders beenden. Dazu wurde ein sehr langes Jahr 46 v. Chr. eingelegt, um den Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche wieder in den Frühling zu bringen (gemäß ägyptisch-griechischer Tradition auf den 21. März) und anschließend die Jahreslänge auf 365 1/4 Tage festgelegt. Die alte römische Tradition, den Frühlingspunkt auf den 25. oder 24. März zu setzen, wurde bewusst ignoriert. Auch die Sonnenuhr des Augustus und sein besonders herausgehobenes Geburtsdatum (23. September = Herbstanfang) sprechen für den 21. März als Frühlingspunkt der julianischen Kalenderreform.

Wenn dies jedoch stimmt, wäre dieser Punkt nach der ungenauen julianischen Schaltregel bis zum Jahr 325 n. Chr. bereits auf den 18. März gewandert gewesen. Dann könnte der 21. März in Nicäa nicht der astronomische Frühlingsanfangspunkt gewesen sein, es sei denn, man hätte gleich auch noch eine Kalenderreform durchgeführt, die sofort und überall gegriffen hätte. Aber auch davon gibt es historisch keine Spur. Stattdessen ist es wahrscheinlicher, dass Gregors Astronomen nicht einfach zurückgerechnet, sondern zunächst den tatsächlichen astronomischen Frühlingspunkt bestimmt haben, um dann die Verbindung zum Konzil zu Nicäa herzustellen.

Wenn aber Gregor mit dem Überspringen von lediglich 10 Tagen die astronomische Situation des 1. Jahrhunderts vor Christi Geburt wieder hergestellt hat, obwohl dafür eigentlich 13 Korrekturtage nötig gewesen wären, gibt es dafür laut Illig nur eine Erklärung dieser Differenz, nämlich durch fehlende drei Jahrhunderte. Nach Illig (Zeitensprünge 3/1993) beträgt die nachträglich eingefügte Zeit genau 297 Jahre. Als begründete Arbeitshypothese grenzte er den fraglichen Zeitraum auf die Spanne September 614 bis August 911 ein.

Daraufhin haben die Befürworter der Theorie versucht, diese Lücke von etwa 300 Jahren auch in anderen Kalendern zu finden und sind dabei einige Male fündig geworden, zum Beispiel im Kalenderstreit der Parsen im Iran und in Indien, der sich auf diesen Zeitraum bezieht (wie Uwe Topper herausarbeitet). Außerdem verweist man auf „unwahrscheinliche“ Doppelereignisse während der Missionierung durch das Christentum und durch den Islam (Marokko, Industal).

Die Gegner der Theorie sehen den 21. März 325 als Referenzdatum für den Frühlingsanfang nicht als widerlegt. Die Gregorianische Kalenderreform habe richtig gerechnet, denn die Orientierung am Frühlingsbeginn zu Zeiten des Konzils von Nicäa ist in der maßgeblichen päpstlichen Bulle Inter gravissimas angegeben [1]. Dies wird damit erklärt, dass das Konzil für Papst Gregor wichtiger gewesen sei als die Festlegungen des heidnischen Diktators Caesar. Wenn also Gregors Astronomen auf Caesar zurückgerechnet hätten und auf 10 Tage gekommen wären, hätten sie wissen müssen, dass seitdem erst 13 statt 16 Jahrhunderte verstrichen waren – das heißt, sie waren entweder alle an der Deckung der Fälschung beteiligt oder sie fand erst hinterher statt.

Astronomiekritik Bearbeiten

Die Astronomiekritik gehört nicht zu den Ursprungs- und Kernelementen der Theorie Illigs. Da jedoch vor allem mit astronomischen Argumenten versucht wurde, die Theorie Illigs zu widerlegen, hat er in seinen Erwiderungen vor allem darauf verwiesen, dass die Theorie vom Erfundenen Mittelalter durch astronomische Rückrechnungen nicht streng widerlegbar sei, weil diese für den betreffenden Zeitraum auf zu unsicheren Quellen beruhten.

Illig beruft sich dabei auf die Aussage des Astronomen Dieter B. Herrmann, dass es zwar Belege in Form astronomischer Beobachtungen gegen Illig gäbe (z. B. die beiden Finsternisse, von denen Hydatius von Eremitia für denselben Ort und aus derselben Quelle mit einem zeitlichen Abstand von 29,43 Jahren berichtet, die nur mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit ein weiteres Mal in genau diesem Abstand aufgetreten sein können), dass aber ein unanfechtbarer Beweis gegen Illigs These „allein anhand von historischen Sonnenfinsternissen wohl nicht geführt werden“ könne. "Dazu wäre es erforderlich, dass die Echtheit der jeweiligen Quelle, ihre fehlerfreie Überlieferung, die Gewissheit ihrer Zuverlässigkeit, eine eindeutig zuzuordnende Beschreibung des Ereignisses sowie dessen konkretes Datum anhand von Verknüpfungen mit anderen geschichtlichen Ereignissen gegeben wären. Bietet nur eines dieser Kriterien bezüglich einer Finsternis Anlass zu Zweifeln, kann die These von der Phantomzeit im strengen Sinn nicht als widerlegt gelten.“ [2] Gegen die Berichte des Bischofs Hydatius führt Illig ins Feld, dass dieser Bischof bei den Papstdaten seiner Zeit um bis zu 7 Jahre irre, dessen Sonnenfinsternisse jedoch "taggenau" berichtet sein sollen.

Weiter beruft sich Illig in seiner Astronomiekritik des öfteren auf Beobachtungen von Robert Russell Newton, der zum einen Ptolemäus' Almagest als Quelle kritisch gegenübersteht [3], zum anderen die mittelalterlichen Finsternisberichte ausgewertet habe, um der Erddrehungsbeschleunigung auf die Spur zu kommen. Die dabei entstehende Grafik [4] zeigt den Beschleunigungsparameter D’’ (in Sekunden je Jahrhundert) im Zeitraum zwischen -700 und +2000. Anstelle einer durchgehenden 'Gerade' wie zwischen -700 und +600 und dann wieder zwischen 1300 und 2000 zeige sich zwischen 600 und 1300 ein Bremsen, das „durch gegenwärtige geophysikalische Theorien nicht erklärbar“ sei [5]. Während bislang über Änderungen im Magnetfeld der Erde, Veränderungen ihres mittleren Radius und selbst Massenverlagerungen innerhalb der Erde als Ursachen diskutiert würde, liefere die Phantomzeittheorie eine zwanglose Erklärung. Allerdings hält Illig die Auswertung von prämodernen Finsternisberichten in dieser Studie für zulässig und aussagekräftig.

Illig spricht nach seiner „Rückweisung“ von Franz Krojers „Präzision der Präzession“ zusammenfassend vom „Scheitern der Archäoastronomie“. Dabei wird nicht in Frage gestellt, dass astronomische Ereignisse exakt berechenbar seien, sondern lediglich, dass zur exakten Zuordnung zu schriftlich überlieferten Ereignissen notwendige Daten fehlten. So hätte man zum Beispiel bei der häufig als Argument der Gegner angeführten Sonnenfinsternis, die der Philosoph Thales aufzeichnete, zur Einordnung nicht die exakten Lebensdaten des Beobachters. So komme Thales erst durch die exakte Rekalkulation einer Sonnenfinsternis, die zu den unbekannten Lebensdaten passen könnte, selber zu einem Datum. Hier werde kein anderweitig gesichertes Datum durch die Astronomie bestätigt, es werde vielmehr eines, das ansonsten nur grob einzuordnen wäre, erst dadurch genau fixiert. Außerdem habe eine genauere Rückrechnung ergeben, dass der Mondschatten die Küste Kleinasiens erst nach Sonnenuntergang erreicht haben kann, so dass die Überlieferung zudem fragwürdig erscheint (insbesondere bzgl. der Beeinflussung der Schlacht zwischen Lydern und Medern) (vgl. Simon Newcomb).

Gegenüber der Astronomiekritik verweisen die Gegner der Theorie darauf, dass die Menschheit sich seit drei Jahrtausenden mit der Beobachtung und Dokumentation von Sonnen- und Mondfinsternissen beschäftige. Diese ereignen sich sichtbar und regelmäßig auf der gesamten Erdkugel; ihr genauer Erscheinungsort und der Zeitraum zwischen zwei Ereignissen ist aber quasi zufällig auf dem Globus verteilt. Schon die Entfernung von 10 bis 15 Minuten aus der Weltgeschichte führt daher zu Widersprüchen historischer Beobachtungen. Gegner werfen den Phantomzeit-Autoren vor, keine exakte Korrelation ihrer neuen Zeitrechnung mit den alten Überlieferungen zu liefern. Sie halten auch daran fest, dass der griechische Philosoph Thales für eine der Neumondphasen des Jahres 585 v. Chr. eine Sonnenfinsternis vorhergesagt habe, und diese auch am 28. Mai 585 v. Chr. eingetreten sei. Am 6. April 648 v. Chr. habe sich zuvor eine totale Sonnenfinsternis über Griechenland ereignet, und Thales habe erfolgreich auf das Jahr 585 v. Chr. gehofft. Unter Berücksichtigung der Phantomzeit käme als alternatives Datum allenfalls der 15. August 310 v. Chr. in Betracht, was aber um 22 Jahre daneben läge (585 - 297 = 288 v. Chr. statt 310 v. Chr.). Diese Sonnenfinsternis habe sich zudem im August statt im Mai ereignet, was die griechischen Geschichtsschreiber sicherlich nicht falsch aufgezeichnet hätten. Darüber hinaus fehle ein vergleichbares Ereignis in den davorliegenden Jahrzehnten, das Thales hätte inspirieren können. Bei der Anwendung der Phantomzeit-Theorie, egal ob 15 Minuten oder 300 Jahre, würden sich somit Widersprüche zwischen den aus heutiger Perspektive berechenbaren astronomischen Ereignissen und den überlieferten Beobachtungen offenbaren, sobald die Zeitpunkte nach Maßgabe der Chronologiekritiker nachberechnet würden.

Urkundenkritik Bearbeiten

Die zweite Grundlage besteht in einer generellen Urkundenkritik (vgl. Quellenkunde). Diese geht davon aus, dass Originalurkunden aus dem besagten Zeitraum sehr spärlich seien und von Personen meist nur sehr unspezifisch sprächen. Überdies seien vom 10. Jahrhundert bis in die Zeit von Friedrich II. zahlreiche Urkunden von Majuskel-Schrift auf Minuskel-Schrift umgestellt worden. Eine Verfälschung um rund 300 Jahre sei dabei möglich gewesen. Zudem hätten die Kaiser des Frühmittelalters ihre Urkunden traditionell mit einem kurzen Strich im vorgefertigten Monogramm signiert. So stimme das Monogramm Karls des Großen mit dem von Karl dem Einfältigen Anfang des 10. Jahrhunderts überein. Ferner seien die Arbeiten von bedeutenden Gelehrten des frühen Mittelalters wie beispielsweise Beda Venerabilis, Einhard nur als Abschriften des Hochmittelalters überliefert und wiesen Widersprüche auf. Für viele angeblich frühmittelalterliche Prachtschriften wie das Book of Kells werden selbst in der Fachwissenschaft immer wieder spätere Zuordnungen vorgenommen. Auffällig sei auch, dass es für die jüdische Kultur in dieser Zeit praktisch keine Textfunde gäbe.

Nach dem Kenntnisstand der historischen Wissenschaften existieren jedoch für den fraglichen Zeitraum Tausende von Dokumenten (Arno Borst spricht in Die karolingische Kalenderreform (1998) von etwa 7000), oft datiert, gelegentlich sogar vom Schreiber signiert. Man habe es den Mönchen des 7. bis 9. Jahrhunderts zu verdanken, dass die geschichtlichen Ereignisse jener Zeit in noch heute erhaltenen handschriftlichen Dokumenten festgehalten worden seien. Denn nicht nur die bedeutenden Gelehrten des frühen Mittelalters wie beispielsweise Beda Venerabilis, Einhard, Alkuin usw. hielten die geschichtlichen Zusammenhänge in ihren Werken fest. Im Stiftsarchiv St. Gallen befindet sich der größte Bestand an Originalurkunden aus dem Frühmittelalter nördlich der Alpen – allein aus dem 9. Jahrhundert sind hier nachweisbar mehr als 600 Urkunden erhalten.[6] Zwar würden auch innerhalb der Fachwissenschaften einige Dokumente in ihrer vorgeblichen Datierung zu Recht angezweifelt, weil Urkundenfälschungen mit Rückdatierungen zur nachträglichen Legitimation von Grundbesitzansprüchen etc. im Mittelalter nicht unüblich gewesen seien. Aber der größte Teil der Dokumente dürfte - unter Berücksichtigung des gesicherten Wissens, das die Paläographie und die Diplomatik zur Verfügung stellen - authentisch sein. Auch seine Ausführungen zu den im Mittelalter vorkommenden Urkundenfälschungen sind problematisch. Er impliziert damit, dass man es in dieser Zeit mit der Wahrheit allgemein nicht ganz so genau genommen habe. Nun ist es zwar zutreffend, dass immer wieder Fälschungen mittelalterlicher Urkunden von der Mediävistik identifiziert werden können, allerdings ist der Begriff der Fälschung für das Mittelalter anders zu definieren, als für unsere Gegenwart. Im Mittelalter war absolut üblich, verlorene Urkunden durch das Anfertigen einer neuen Urkunde gleichen Inhalts zu ersetzen. Damit wäre die Urkunde als solche nicht echt, ihr Inhalt wäre aber authentisch. Es kam auch vor, dass auf dem Weg der „Neuproduktion“ einer vorhandenen Urkunde neue Rechte oder neue Besitzungen beansprucht wurden. Dabei blieben in den neuen, verfälschten Urkunden aber immer auch authentische Inhalte erhalten. Dafür liegen zahlreiche Beispiele vor. Folglich kann eine Urkunde, nur weil sie als Fälschung erkannt wurde, nicht ohne weiteres als gegenstandslos betrachtet werden. In jedem Fall ist eine genaue Überprüfung des Inhalts notwendig. Pauschale Verurteilungen, wie Heribert Illig sie im Bezug auf die karolingischen Urkunden vornimmt, sind also nicht zulässig. Zum Beleg seiner Phantomzeitthese taugen sie nicht. Gleiches gilt für seine Ansicht, dass die häufig nur in Abschriften erhaltenen Texte von sich aus schon ihre Fälschung offenbarten. Das Abschreiben von wichtigen Texten war im Mittelalter allgemein üblich, um sich vor Verlust derselben zu schützen. Wenn also ein Dokument „nur“ als Abschrift überliefert ist, so bedeutet dies nicht, dass sein Inhalt erfunden ist. Belegt wird dies durch Beispiele von Texten, die sowohl in ihrem Original, wie auch in einer – oder auch mehreren – Abschrift(en) erhalten sind. Auch die Übereinstimmung des Monogramms Karls des Großen mit dem von Karl dem Einfältigen kann angesichts der Namensgleichheit nicht überraschen. Der Entkräftung der Idee vom „erfundenen Mittelalter“ hilft weiterhin die Sprachgeschichte. Denn dort sind für diesen Zeitraum Sprachwandel- und -tauschparallelen quer durch Europa feststellbar, die sich nicht nur auf den lateinischen Westen beschränken, sondern auch auf den Bereich des slawischen Mittelost- und Osteuropa erstrecken. Außerdem könne die Sprachgeschichte bei den europäischen Sprachen Wortübernahmen feststellen, auch wenn dort Lücken existierten.

Illig berücksichtige auch kaum die monastische Literatur des Frühmittelalters. Bei ihr lässt sich, so die Kritiker, nämlich weder ein Stillstand zwischen dem Beginn und dem Ende der "Phantomzeit" noch eine Zeugnisarmut finden, die für eine künstlich gestreckte Chronologie sprechen könnte. Im Gegenteil, das 9. Jahrhundert ist an Autoren und Manuskripten das reichste des gesamten frühen Mittelalters. Die Theorie hat sich bislang nicht im einzelnen mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich drei Jahrhunderte mittellateinischer und früher volkssprachiger Literaturgeschichte teils in die vorkarolingische, teils in die ottonische Literaturgeschichte "verpflanzen" lassen sollen. In die fragliche Zeit weisen zahllose, oft auch spätere Abschriften von Tausenden von Texten, aus denen man als Verfasser Hunderte namentlich bekannte Dichter und Literaten in ganz Westeuropa erschließen kann. Vor allem für das späte 8. und das 9. Jahrhundert wird aus diesen Texten ein dicht geknüpftes Netz aus Bekanntschafts-, Schüler- und Gegnerverhältnissen, aus Reisebewegungen sowie intertextuellen Bezügen sichtbar, das im Umkreis wichtiger Klöster und mit den jeweiligen Bezügen zum Hof und zum Episkopat eine sehr sichere relative Chronologie vieler bedeutender Autoren erlaubt. Die Generationenreihe Alkuin Ende des 8. Jh. - Hrabanus Maurus 2. Viertel des 9. Jh. - Otfrid von Weißenburg/Walahfrid Strabo/Gottschalk von Orbais/Hinkmar von Reims Mitte des 9. Jh. könne nicht in den Zeitraum des 6. Jahrhunderts oder des 10. Jahrhunderts allein wegen der dann auftretenden eklatanten stil- und sprachgeschichtlichen Probleme nicht vorstellbar.

Archäologiekritik Bearbeiten

Die dritte Grundlage der These ist die Archäologie-Kritik und basiert auf der Behauptung, dass die wenigen archäologischen Funde aus der Zeit zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert n. Chr. falsch datiert seien. So haben Heribert Illig und Gerhard Anwander in einer Studie aus dem Jahre 2002 versucht, an der Archäologie in Bayern beispielhaft ihre These zu belegen, dass archäologische Funde mehr anhand von Urkunden zugeordnet wurden als nach rein archäologischen Maßstäben, dass viele Datierungen selbst unter Archäologen umstritten sind und die archäologischen Funde, die zwischen 614 bis 911 eingeordnet wurden, allesamt vorher bzw. nachher einordbar sind. Beide Autoren sprechen daher nicht bloß von einer „Fundarmut“, sondern gar von einer „Fundleere“ für Bayern.

In diesem Zusammenhang werden auch die Radiokarbonmethode und die Dendrochronologie zur Datierung in Frage gestellt, weil sie sich auf jene Urkundendaten stützten, die im Sinne der oben ausgeführten Urkundenkritik als nicht gesichert angenommen werden. Datierungen mit der Radiokarbonmethode (C14-Methode) liefern einen Wert für das Alter von organischen Proben. Sie hänge also für die besagten Jahrhunderte allein von der Dendrochronologie ab. Diese wiederum bestimmt die zugehörige Jahreszahl mit Hilfe einer Kalibrierung. Die Befürworter der Theorie vom erfundenen Mittelalter halten dieses Vorgehen jedoch für weit weniger genau als allgemein angenommen. Der Vergleich von Baumringfolgen (Dendrochronologie) liefere nämlich nur eine Anzahl vergangener Jahre, also ein zur Gegenwart relatives Alter. Damit werde aber die bestehende Chronologie bereits vorausgesetzt. Illig und Niemitz sprechen daher vom „C14-Crash“ den sie im gleichnamigen Buch genauer darlegen. Dabei sollte aber nicht übersehen werden, dass Illig die naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden zwangsläufig negieren muss, da sonst seine These nicht haltbar ist.

Die Münzen des Frühmittelalters wiederum sind – sofern keine anderen Datierungsmöglichkeiten aus dem Fundzusammenhang möglich waren – meist über die abgebildeten Herrscher datiert worden. Diese seien nur aus den Schriften (s. o.) bekannt. So könnten die Carolus-Münzen der Karolingerzeit laut Gunnar Heinsohn alle auf Karl den Einfältigen zurückgeführt werden, die karolingische Münzreform auf Pippin den Älteren.

Hinsichtlich der Archäologiekritik argumentieren die Gegner der Theorie, dass es für den fraglichen Zeitraum sehr wohl archäologische Befunde und Ausgrabungen gebe. Die analysierten Fundstücke seien in vielen Museen ausgestellt; so fänden sich allein in Köln mehrere hundert. Die diversen Fundstücke seien von den Historischen Hilfswissenschaften analysiert worden und dienten so als Basis für weitere wissenschaftliche Arbeiten, wie zur Datierung und Erstellung von Zeittafeln. Außerdem wird die grundsätzliche Kritik an der Radiokarbonmethode und der Dendrochronologie zur Datierung zurückgewiesen. Durch große Vulkanausbrüche sei zudem ein weltweiter Abgleich, auch mit den grönländischen Eisbohrkernen möglich.

Illigs Argumentation aufgrund der Häufigkeit von archäologischen Funden hat in den Augen der Gegner darüber hinaus noch ein methodisches Grundproblem. Demnach sei es nicht zulässig, aus der Häufigkeit bestimmter Funde oder Überreste einen Rückschluss auf die Authentizität schriftlich überlieferter Gegenstände, Ereignisse oder Personen zu ziehen. Anders gesagt, nur weil eine schriftlich belegte Person oder Epoche womöglich weniger Spuren hinterlassen hat als andere, ist ihre Existenz dennoch nicht weniger wahrscheinlich. Archäologische Überlieferung sei rein zufällig und unterliege keinen statistischen Vorgaben oder Gesetzmäßigkeiten.

Kritik an der Architekturgeschichte Bearbeiten

Die vierte Grundlage der These bildet vor allem bei Illig die Kritik an der Architekturgeschichte. Danach gebe es mit der jetzigen Chronologie in der Baukunst Entwicklungssprünge bzw. verzögerte Entwicklungen, während sich ohne die fraglichen drei Jahrhunderte ein lückenlos fließender Übergang zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert ergebe. Hauptbezugspunkt ist dabei die Aachener Pfalzkapelle. Auch die heute noch erhaltenen Grundmauern der Pfalzen (wie in der Ingelheimer Kaiserpfalz) und der vielen strategisch relevanten Burgen oder der Kirchen (wie z. B. im Kölner Dom) seien geschichtlich falsch kategorisiert. Ebenso sei es mit Bauwerken in anderen Ländern, beispielsweise bei der ehemaligen Moschee von Córdoba, dem weltweit drittgrößten Bau dieser Art.

Bezüglich der Kritik an der Architekturgeschichte verweisen die Gegner der Theorie darauf, dass für den fraglichen Zeitraum zahlreiche Grabmäler und Bauwerke mit datierten Inschriften aus allen Ländern Europas erhalten seien. Zahllose Mosaiken in den alten italienischen Kirchen würden nachweislich aus jener Zeit stammen. Außerdem werfen die Gegner Illig vor, er würde Entwicklungssprünge behaupten, die es tatsächlich nicht gäbe.

Kritik an der historischen Geographie Bearbeiten

Des Weiteren verweist Illig auf die Grenzverläufe der Herrschaftsstrukturen am Anfang und am Ende der „Phantomzeit“, die kaum Veränderungen aufweisen. Dies sei angesichts der großen Zahl der angeblich im Frühmittelalter geführten Kriege überraschend. So gebe es Gemeinsamkeiten zwischen dem Frankenreich des 6./7. Jahrhunderts und dem Frankenreich des 9./10. Jahrhunderts. Auch hätten schon die Merowinger in Paris die Macht an lokale Grafen abgeben müssen. Rund 3 Jahrhunderte später wird der Graf von Paris König. Und selbst als dann Karl König wird, kann er die Pariser Königsgüter nicht für sich gewinnen. An diesen Jahrhundertwenden sei jeweils die römische Verwaltung germanisiert worden, seien jeweils die rechtsrheinischen Stämme aufständisch gewesen und habe sich jeweils ein mächtiger Arnulf aus dem Osten eingemischt. Umgekehrt sind jeweils die Franken in Böhmen stark. Gegen 613 kommt es kurzfristig zur Einheit von Ost- und Westfranken. Das gleiche passiert gegen 911. Dabei ist jeweils Lothringen zwischen Ost und West umkämpft.

Chronologie der Auseinandersetzung Bearbeiten

  • Januar 1991: Unter dem Titel „Die christliche Zeitrechnung ist zu lang“ erscheint in der Zeitschrift „Vorzeit-Frühzeit-Gegenwart“ der erste Aufsatz Illigs zur Theorie vom Erfundenen Mittelalter. Der Aufsatz wird öffentlich nicht wahrgenommen.
  • September 1992: Das erste Buch Illigs zum Thema erscheint unter dem Titel „Karl der Fiktive, genannt Karl der Große“
  • 1992/1993: Mit zwei Beiträgen in „Vorzeit-Frühzeit-Gegenwart“ kommt Hans-Ulrich Niemitz Illig zu Hilfe und führt den Begriff „frühmittelalterliche Phantomzeit“ ein.
  • 31. August 1993: Dietrich Lohrmann stellt sich den Fragen der Journalistin Maria Enders zu Illigs Theorie in der Aachener Volkszeitung und attackiert Illig polemisch. Der Artikel trägt den Titel „Ein neuer Däniken?“. Illig spricht diesbezüglich von „Aachener Verbal-Ausrutschern“.
  • Februar 1994: Die zweite Buchfassung kommt unter dem Titel „Hat Karl der Große je gelebt? Bauten, Funde und Schriften im Widerstreit“ heraus (Band 1 der Reihe Fiktion Dunkles Mittelalter).
  • 1994: Johannes Fried veröffentlicht sein Buch „Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024“
  • 11. September 1995: Marion Wigand schreibt in der Tageszeitung (taz) die erste positiv gestimmte Rezension unter dem Titel „300 Jahre erstunken und erlogen“.
  • Oktober 1995: Mit seiner Dankesrede für den Preis des Historischen Kollegs macht Johannes Fried die These Illigs erstmals so in der Fachwelt publik, dass diese reagieren muss. Dies führt ab Januar 1996 zu einer Auseinandersetzung zwischen Gerd Althoff und Johannes Fried in der Historischen Zeitschrift über das Verhältnis von Wissenschaft und Phantasie. Während Fried sich zur „konstruktiven Phantasie“ bekennt und Illig „destruktive Phantasie“ vorwirft, spricht sich Althoff sowohl gegen das eine als auch gegen das andere aus.
  • Januar 1996: Illig verteidigt sich in einer Rundfunkdiskussion gegen Rudolf Schieffer und Friedrich Prinz
  • September 1996: Es erscheint die dritte Buchfassung unter dem Titel „Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte“
  • 1996: Gerd Althoff veröffentlicht sein Buch über „Otto III.“
  • 19. Februar 1997: Fernsehfilm „300 Jahre erstunken und erlogen?“ für den MDR von Klaus Simmering zum Thema. Darin geben unter anderem Werner Bergmann, Rudolf Schieffer, Wolfhard Schlosser Statements gegen und Christian Blöss, Gunnar Heinsohn sowie Hans-Ulrich Niemitz für Illigs Thesen ab.
  • 26. September 1997: Richard Herzinger schreibt in Die Zeit den Artikel „Das Millennium wird verrückt“, in der er Illigs Vorstellung seiner Theorie mit der Präsentation der Hitler-Tagebücher vergleicht und ihn in die Nähe von Auschwitzlüge und Historikerstreit rückt, was Illig als diffamierend zurückweist.
  • Herbst 1997: Das Heft 4 der Zeitschrift Ethik und Sozialwissenschaften bietet Illig, einigen Gegnern (Gerd Althoff, Werner Bergmann, Michael Borgolte, Helmut Flachenecker, Theo Kölzer, Dietrich Lohrmann, Jan van der Meulen, Wolfhard Schlosser) sowie Gunnar Heinsohn als Befürworter ein „Streitforum“. Illig bekommt die Gelegenheit, noch im Heft selbst eine Replik zu schreiben.
  • Oktober 1997: Auch die Zeitschrift „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht“ des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands setzt sich mit Illigs These auseinander, darin schreiben Hartmut Boockmann das Editorial und Rudolf Schieffer eine Rezension zu Illigs Buch.
  • 1997: Christian Blöss und Hans-Ulrich Niemitz heizen die Diskussion mit ihrem bei Illig erschienenen Buch „C 14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können“ an.
  • 1997: Rudolf Schieffer bringt sein Buch über „Die Karolinger“ heraus.
  • 26. November 1997: Eine halbstündige Sendung des Südwestfunks Baden-Baden unter dem Titel „Karl der Gefälschte oder Der große Zeitenschwindel“ gibt Stefan Weinfurter, Andreas Kalckhoff, Ludwig Wamser Gelegenheit zu Statements.
  • Frühjahr 1998: Illig schreibt für das Heft 1 der Zeitensprünge eine erweiterte Zusammenfassung und Stellungnahme zur Diskussion.
  • 1998 Es erscheint eine aktualisierte Auflage von „Das erfundene Mittelalter“.
  • 1999 Die Studie von Alfred Tamerl zu Hrotsvith von Gandersheim kommt als Band 2 der Reihe „Fiktion Dunkles Mittelalter“ heraus.
  • 1999 Illig ergänzt unter dem Titel „Wer hat an der Uhr gedreht? Wie 300 Jahre Geschichte erfunden wurden“ (Band 3 der Reihe „Fiktion Dunkles Mittelalter“) seine Theorie.
  • 1999 Uwe Topper kommt Illig unter dem Titel „Erfundene Geschichte“ zu Hilfe, weitet die These allerdings im Blick auf die Geschichte des Islam aus. In der Folgezeit zerstreitet er sich mit Illig wegen Plagiatsvorwürfen.
  • 2000 Franz Krojer nimmt in den Acta Historica Astronomiae Stellung gegen Illig.
  • 2000 Auftritt Illigs im Museum für Angewandte Kunst in Köln am 12. April 2000, dabei Auseinandersetzung mit Sven Schütte.
  • 2002 Gemeinsam mit Gerhard Anwander schreibt Illig eine zweiteilige systematische Studie zu „Bayern und die Phantomzeit“ (Band 4 und 5 der Reihe „Fiktion Dunkles Mittelalter“)
  • 2002 Franz Siepe schreibt ein Buch über „Fragen der Marienverehrung“ (Band 6 der Reihe „Fiktion Dunkles Mittelalter“)
  • 2003 Franz Krojer fasst seine Kritik unter dem Titel „Die Präzision der Präzession“ in Buchform, die noch im gleichen Jahr von Heribert Illig ("Rückweisung der bislang gewichtigsten Kritik an der Phantomzeitthese"), außerdem von Gunnar Heinsohn und Jan Beaufort, in der Zeitschrift Zeitensprünge beantwortet wird.
  • 2003 Hans Constantin Faußner versucht in mehreren Bänden zu belegen, dass alle (Schenkungs-/Besitz-)Urkunden von vor dem Wormser Konkordat gefälscht sind, insbesondere auch die Königsurkunden von „Wibald von Stablo“. Dabei äußert er sich nicht direkt zu Illigs Theorie, aber seine Studien werden von den Befürwortern dankbar als Beleg für ihre Urkundenkritik aufgenommen. Rudolf Schieffer verreißt das Buch als „Schelmenroman“ und 2005 folgen negative Rezensionen von Jürgen Römer und Martina Hartmann. Sie rücken das Buch in die Nähe Illigs. Faußner ist ein erklärter Gegner der Illigschen These. Sowohl der Stil der Rezensionen als auch die Verknüpfung mit Illig wird von Seiten der Befürworter 2005 unter anderem durch Gerhard Anwander zurückgewiesen.

Romane Bearbeiten

Inzwischen schlägt sich Illigs These auch in einigen historischen Romanen nieder. 2005 etwa ließ Kathrin Lange in „Jägerin der Zeit“ (Kindler) eine kirchliche Geheimorganisation zur Zeit von Otto III. die 300 Jahre fälschen, um eine Reliquienfälschung zu verdecken und Werner ThielsSchwert aus Pergament“ (erschienen in Illigs „Mantis“-Verlag) beschäftigt sich mit der „Erfindung“ des Bischofs Liudger, der angeblich 805 das Bistum Münster gründete. Auch Richard DübellsDer Jahrtausendkaiser“ nimmt die These der erfundenen Jahrhunderte auf.

Siehe auch Bearbeiten

Quellen Bearbeiten

  1. Text der Inter Gravissimas mit deutscher Übersetzung
  2. Dieter Herrmann: Nochmals: Gab es eine Phantomzeit in unserer Geschichte? in: Beiträge zur Astronomiegeschichte 3, 2000, S. 211-214.
  3. Robert R. Newton: The Crime of Claudius Ptolemy, Baltimore/London 1977
  4. Robert R. Newton: Two uses of ancient astronomy in F. R. Hodson (Hrsg.): The Place of Astronomy In The Ancient World. A Joint Symposium of the Royal Society and the Britisch Academy in Philosophical Transactions of the Royal Society, Vol. 276, S. 109
  5. ebenda, S. 114
  6. Institut für Mittelalterforschung der Österreichische Akademie der Wissenschaften

Literatur Bearbeiten

  • Christian Blöss, Hans-Ulrich Niemitz: C14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendochronologie datieren zu können. ITW-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-934378-52-8 (online-Version als pdf-Datei)
  • Hans C. Faußner: Wibald von Stablo. Seine Königsurkunden und ihre Eschatokollvorlagen aus rechtshistorischer Sicht. Olms-Weidmann, Hildesheim 2003
  • Heribert Illig, Gerhard Anwander: Bayern und die Phantomzeit. Archäologie widerlegt Urkunden des frühen Mittelalters; eine systematische Studie. Mantis-Verlag, Gräfelfing 2000, ISBN 3-928852-21-3 (2 Bde.)
  • Heribert Illig: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-548-36429-2
  • Heribert Illig: Wer hat an der Uhr gedreht? Wie 300 Jahre Geschichte erfunden wurden. Econ-Verlag, München 2001, ISBN 3-548-75064-8
  • Franz Krojer: Die Präzision der Präzession. Illigs mittelalterliche Phantomzeit aus astronomischer Sicht. Differenz-Verlag, München 2003, ISBN 3-00-009853-4
  • Uwe Topper: Erfundene Geschichte. Unsere Zeitrechnung ist falsch; leben wir im Jahr 1702?. Herbig, München 2002, ISBN 3-7766-2085-4
  • Klaus Weissgerber: Ungarns wirkliche Frühgeschichte. Árpád eroberte schon 600 das Karpatenbecken. Mantis-Verlag, Gräfelfing 2003, ISBN 3-928852-24-8

Weblinks Bearbeiten

  • Walter Klier „Über Phantomzeiten“ in taz, Nr. 5749 vom 30.1.1999, Seite 13 »Kultur« (online)

Von Befürwortern der Theorie

Von Gegnern der Theorie