Tongern (limburgisch Tóngere, französisch Tongres, niederländisch Tongeren) ist die älteste Stadt Belgiens (gegründet um 15 v. Chr.), entstanden aus der römischen Siedlung Aduatuca Tungrorum, die an der Römerstraße von Köln nach Bavay lag, die heute Via Belgica genannt wird und weiter bis nach Boulogne-sur-Mer führte.

Tongern
Tongern (Limburg)
Tongern (Limburg)
Tongern
Staat: Belgien Belgien
Region: Flandern
Provinz: Limburg
Bezirk: Tongeren
Koordinaten: 50° 47′ N, 5° 28′ OKoordinaten: 50° 47′ N, 5° 28′ O
Fläche: 87,56 km²
Einwohner: 31.562 (1. Jan. 2022)
Bevölkerungsdichte: 360 Einwohner je km²
Postleitzahl: 3700
Vorwahl: 012
Bürgermeister: Patrick Dewael (Open VLD)
Adresse der
Kommunalverwaltung:
Administratief Centrum Praetorium
Maastrichterstraat 10
3700 Tongeren
Website: www.tongeren.be
Denkmal des Ambiorix

Geografie Bearbeiten

Tongern liegt im Süden der belgischen Provinz Limburg, etwa 15 km nördlich von Lüttich, 15 km westlich von Maastricht und ungefähr 20 km südlich von Hasselt.

Geschichte Bearbeiten

Das antike Aduatuca Tungrorum ist wohl nicht identisch mit dem befestigten Platz Aduatuca, bei dem Quintus Titurius Sabinus, ein Feldherr Caesars, 54 v. Chr. eine empfindliche Niederlage gegen die von Ambiorix geführten Eburonen erlitt und fiel. Während der Regierungszeit von Kaiser Augustus entstand um 15 v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Tongern ein römisches Militärlager und in dessen Nähe bald darauf eine zivile Siedlung. Aduatuca Tungrorum wurde Hauptort der Tungerer und der römischen Civitas Tungrorum. Gegen Ende der Herrschaft des Augustus wurde das Militärlager aufgegeben, doch der Ort blieb ein wichtiges Handelszentrum. Während der Revolte des Iulius Civilis 69/70 n. Chr. scheint Aduatuca Tungrorum zerstört worden zu sein, wurde aber bald wieder aufgebaut. Es entwickelte sich zu einem wichtigen Straßenknotenpunkt und zum nach Köln bedeutendsten Ort der Provinz Germania inferior. Trajan oder Hadrian ließ es von einer Mauer von etwa 4,5 km Umfang umgeben. Um 275 plünderten Franken die Stadt. Nach deren Vertreibung legten die Römer eine neue, aber deutlich kleinere Umfassungsmauer an. Die Stadt kam nun zur Provinz Germania secunda. 451 wurde sie vielleicht während des Einfalls Attilas von den Hunnen zerstört. Jedenfalls endete kurz nach diesem Zeitpunkt die römische Periode in Tongern. Reste der im 2. Jahrhundert errichteten Stadtmauer, ferner von Häusern, eines Heiligtums und eines Aquädukts sowie viele Gräber blieben erhalten.[1]

Die Stadt war schon seit dem Anfang des 4. Jahrhunderts Sitz eines Bischofs gewesen, der um 595 nach Maastricht und 718/19 nach Lüttich übersiedelte.[2] Im Jahre 881 wurde Tongern von den Normannen gebrandschatzt.[3]

Die weitgehend zerstörte Stadt entstand dann im 10. Jahrhundert neu, kam 980 an den Bischof Notger von Lüttich und gehörte bis zum Ende des Ancien Régime zum Hochstift Lüttich. 1401 und 1553 wüteten hier Pestepidemien. 1677 wurde Tongern von Truppen Ludwigs XIV. niedergebrannt.[4]

Stadtteile Bearbeiten

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Römische Mauer
 
Liebfrauenbasilika Tongern

Museen

  • Gallo-Römisches Museum Tongern: Das römische Museum wurde vom „The European Museum Forum“ zum „Europäischen Museum des Jahres 2011[5] gekürt.
  • Ehemaliges Gefängnis: Der Bau des ehemaligen Gefängnisses ist für das Publikum geöffnet und gibt Einblick in das „Leben hinter Mauern“ zwischen 1880 und 2005.
  • Teseum: Museum der Liebfrauenbasilika (Schatzkammer und Archäologische Ausgrabungen).

Bauwerke

  • Erste Römische Mauer, gebaut im 2. Jahrhundert n. Chr., von ihrer ursprünglichen Länge von 4.544 m sind noch etwa 1.500 m erhalten.
  • Zweite Römische Mauer, im 4. Jahrhundert n. Chr. zur Verteidigung gegen die Franken gebaut, umschloss ein wesentlich kleineres Areal als die erste. Von dieser Mauer haben sich keine oberirdischen Reste erhalten.
  • Mittelalterliche Mauer: die Mauer umgibt das Zentrum Tongerns und datiert aus der Zeit von 1257–1264. Sie wurde auf römischen Fundamenten gebaut und ist heute noch erhalten.
  • Standbild des Ambiorix: Das bekannteste Denkmal Tongerns zeigt den belgischen Nationalhelden Ambiorix.
  • Begijnhof mit Beginenhofkirche: aus dem 13. Jahrhundert
  • Moerenpoort: Waffenmuseum, befindet sich in historischem Stadttor
  • Onze-Lieve-Vrouw-Basilika (Liebfrauenbasilika), erbaut in der heutigen Form in den Jahren 1240–1541, gotisch.
  • Pliniusbrunnen

Regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

  • Trödelmarkt: Jeden Sonntag von 6 bis 13 Uhr findet in Tongern ein überregional beliebter Trödelmarkt statt. Dort werden überwiegend von professionellen Händlern antike Dinge aller Art angeboten.
  • Onze-Lieve-Vrouw-Basilika - Prozession: Alle sieben Jahre wird eine große Prozession mit dem Muttergottesbild gehalten, das als wundertätig betrachtet wird. Das letzte Prozessionsjahr war 2015, 2023 findet die nächste Prozession statt.

Verkehr Bearbeiten

Tongern liegt an der Bahnstrecke LüttichHasseltAntwerpen sowie an der Montzenroute aus Aachen West. Letztere dient ausschließlich dem Güterverkehr.

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter der Stadt:

Personen mit Beziehung zur Stadt:

  • Patrick Dewael (* 1955), belgischer Politiker (VLD), ehemaliger Innenminister und Vize-Premierminister

Galerie Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Tongeren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sigfried Jan de Laet: Atuatuca Tungrorum. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3 (englisch, perseus.tufts.edu).
  2. Michael Erbe: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Kohlhammer, Stuttgart 1993, ISBN 3-17-010976-6, S. 33.
  3. Michael Erbe: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Kohlhammer, Stuttgart 1993, ISBN 3-17-010976-6, S. 34.
  4. Detlev Arens: Flandern: das flämische Belgien: die einzigartige Städtelandschaft um Brüssel, Brügge, Gent und Antwerpen (= DuMont-Kunst-Reiseführer). 7., aktualisierte Auflage. DuMont-Reiseverlag, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-7701-3005-4, S. 317.
  5. Archäologie in Deutschland. Heft 4/2011 S. 71.