Bahnstrecke Kufstein–Innsbruck

zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn in Österreich
(Weitergeleitet von Nordtiroler Staatsbahn)

Die Bahnstrecke Kufstein–Innsbruck (auch Unterinntalbahn) ist eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn in Österreich, welche ursprünglich als k.k. Nordtiroler Staatsbahn erbaut wurde. Sie beginnt an der Staatsgrenze bei Kufstein in Fortsetzung der Strecke aus Richtung Rosenheim und führt in Tirol entlang des Inns nach Innsbruck. Die Strecke ist Teil der europäischen TEN-Achse Berlin–Palermo. Eigentümer und Betreiber ist die ÖBB-Infrastruktur AG.

Kufstein Grenze–Innsbruck Hbf
Ein Railjet bei Jenbach, Blickrichtung Osten (innabwärts)
Ein Railjet bei Jenbach, Blickrichtung Osten (innabwärts)
Strecke der Bahnstrecke Kufstein–Innsbruck
Streckennummer (ÖBB):302 01 (Kufstein Grenze–Wörgl)
101 04 (Wörgl–Innsbruck)
101 15 (drittes Gleis Wörgl–Knoten Radfeld)
Kursbuchstrecke (ÖBB):300 (Salzburg–Brennero/Brenner)
301 (Jenbach–Telfs-Pfaffenhofen / Steinach in Tirol)
Streckenlänge:74,921 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Netzkategorie:A
Streckenklasse:D4
Stromsystem:15 kV 16,7 Hz ~
Maximale Neigung: 27 
Minimaler Radius:250 m
Höchstgeschwindigkeit:160 km/h
Zweigleisigkeit:(durchgehend)
von Rosenheim
0,000 Staatsgrenze Deutschland–Österreich
A12, B 175 Wildbichler Straße
2,339 Kufstein 482 m ü. A.
B 175 Tiroler Straße
nach Schwoich
A12
4,710 Stimmersee (4. Mai 1942 aufgelassen)
SFS von Niederaudorf BAB (geplant)[1]
Knoten Schaftenau (Abzw)
SFS nach Knoten Radfeld (geplant)
6,617 Schaftenau
7,038 Sandoz (ehem. Awanst)
7,041 Üst Kufstein 2
Ostportal Langkampfnertunnel
8,480 Langkampfen (10. Dezember 2023 aufgelassen)
Westportal Langkampfnertunnel
A12
9,858 Kirchbichler Innbrücke
Niederbreitenbachertunnel
11,600
11,809
Fehlerprofil (-209 m)
Ostportal Angerbergtunnel (11500 m)
11,920 Kirchbichl 494 m ü. A.
B178
Brixentaler Ache
Unterwerk Wörgl und Primagas (Awanst)
Salzburg-Tiroler-Bahn von Salzburg
16,027 Wörgl Hbf 505 m ü. A.
drittes Gleis
Wörgler Bach
17,300 Wörgl Terminal Süd 505 m ü. A.
18,400 Wörgl Hbf-Terminal Nord 505 m ü. A.
18,500 Wörgl West-Terminal (geplant) 505 m ü. A.
18,950 Wörgl Hbf-Terminal West 506 m ü. A.
Wildschönauer Ache
22,308 Wörgl Kundl (Bft) 510 m ü. A.
Sandoz (Awanst)
Westportal Angerbergtunnel (11500 m)
drittes Gleis
SFS von Knoten Schaftenau (geplant)
25,722 Knoten Radfeld (Abzw)
SFS nach Knoten Stans
Ostportal Münsterertunnel (15990 m)
28,327 Üst Radfeld 2
29,991 Rattenberg-Kramsach
Rattenbergtunnel (182 m)
31,303 Brixlegg 524 m ü. A.
Montanwerke Brixlegg (Awanst)
31,734 Brixlegger Innbrücke
36,027 Üst Brixlegg 2
36,7 Unterführung A12 (80 m)
37,181 Münster-Wiesing 526 m ü. A.
Unterführung B181
39,0 Unterführung A12 (190 m)
Zillertalbahn von Mayrhofen
Güterverkehr-Übergang
Achenseebahn von Seespitz
            
40,882 Jenbach 530 m ü. A.
41,509 Verlegung der Bestandsstrecke
            
Abfluss vom Achenseekraftwerk
Westportal Münsterertunnel (15990 m)
SFS von Knoten Radfeld
44,293 Knoten Stans (Abzw)
SFS nach Fritzens-Wattens
Ostportal Terfener Tunnel (15840 m)
            
44,580 Üst Jenbach 2
45,712 Stans bei Schwaz
45,795 Stansertunnel (634 m)
45,948 Stans bei Schwaz (bis 14. August 2011)
Stanser Bach
            
A12
            
            
46,429
46,869 Ende Verlegung der Bestandsstrecke
48,360 Schwaz 538 m ü. A.
Vomper Bach
51,694 Pill-Vomperbach Lst (Awanst)
51,694 Pill-Vomperbach 544 m ü. A.
52,721 Üst Schwaz 2
A12
54,267 Üst Schwaz 3
55,231 Terfens-Weer
59,067 Fritzens-Wattens 555 m ü. A.
61,339 Volders-Baumkirchen
Westportal Terfener Tunnel (15840 m)
SFS von Knoten Stans
62,361 Fritzens-Wattens 2 (Abzw)
Umfahrung Innsbruck nach Innsbruck 1
63,822 Üst Fritzens-Wattens 3
66,606 Hall in Tirol (1944–1974: Solbad Hall)
68,682 Hall-Thaur (seit 10. Dezember 2017)
70,093 Rum
71,210 Üst Hall in Tirol 3
72,426 Rauchmühle (Awanst)
Inn
74,013 Innsbruck Messe
nach Innsbruck Fbf
75,130 Innsbruck Hbf 582 m ü. A.
nach Bludenz (Arlbergbahn)
nach Bolzano/Bozen (Brennerbahn)

Geschichte Bearbeiten

Streckenplanung, Errichtung und Inbetriebnahme Bearbeiten

In einem Staatsvertrag vom 21. Juni 1851 vereinbarten das Kaisertum Österreich und das Königreich Bayern den Bau mehrerer grenzüberschreitenden Eisenbahnverbindungen, unter anderem den Bau der Strecke Rosenheim–Kufstein Grenze und deren Fortsetzung nach Innsbruck. Zur Interoperabilität wurden darin einige Trassierungsparameter festgelegt, zum Beispiel die normalspurige Spurweite und der Gleisabstand. Der Unterbau musste für einen späteren zweigleisigen Ausbau vorbereitet werden. Als Grenzbahnhof wurde der Bahnhof Kufstein bestimmt. Die Verbindung von München über Rosenheim nach Innsbruck sollte bis zum 1. März 1856 fertiggestellt sein.[2][3]

Kaiser Franz Joseph I. ordnete den Bau der Abschnitte Wörgl–Innsbruck am 29. April 1853 sowie Kufstein–Wörgl am 16. August 1854 auf Staatskosten an. Carl von Ghega, der Erbauer der 1854 eröffneten Semmeringbahn, war in die Trassenfestlegung involviert.[3] Der neue Staatsvertrag wurde am 21. April 1856 abgeschlossen, in dem der Vollendungstermin der Strecke auf den 1. Oktober 1858 verschoben wurde. Bei dem Bau der Bichlwangerbrücke (heute: Kirchbichler Innbrücke) sollte sie ursprünglich als Bogenbrücke aus Stein gebaut werden. Wegen des plötzlichen Hochwassers wurde der dritte Pfeiler eingestürzt. Schließlich wurde eine 45 m langen Gitterstruktur aus Eisen in die Brücke mithilfe der verfügbaren Pfeiler eingesetzt.[4]

Nachdem die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen die Strecke von Rosenheim bis Kufstein als Teil der Bayerischen Maximiliansbahn am 5. August 1858 eröffneten, folgte die Tiroler Staatsbahn am 24. November 1858 mit der Bahnstrecke Kufstein–Innsbruck, die die erste Eisenbahnstrecke in Westösterreich und den letzten Abschnitt der Verbindung von München nach Innsbruck bildete.[3]

1858 kaufte die Südbahn-Gesellschaft die Tiroler Staatsbahn, die dadurch privatisiert wurde.[5][6]

Österreichische Bundesbahnen und Deutsche Reichsbahn Bearbeiten

Nach der Angliederung der Südbahn-Gesellschaft an die Österreichischen Bundesbahnen und damit der erneuten Verstaatlichung der Strecke am 1. Juli 1924[6] gehörte diese in der ersten österreichischen Republik in den Zuständigkeitsbereich der Bundesbahndirektion Innsbruck. 1927 wurde die Strecke elektrifiziert und abschnittsweise am 23. Februar von Innsbruck bis Hall, am 16. März bis Wörgl, am 9. Juni bis Kufstein und am 15. Juli bis zur Staatsgrenze der elektrische Betrieb aufgenommen.[7] Nach dem Anschluss Österreichs 1938 firmierte die Bundesbahndirektion Innsbruck kurzfristig als Reichsbahndirektion Innsbruck, bevor sie zum 15. Juli 1938 aufgelöst wurde. Die Strecke wurde der Reichsbahndirektion München unterstellt.[8]

Nachkriegszeit und zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Bearbeiten

Nach 1945 wurden die Österreichischen Bundesbahnen wiedergegründet, die Direktionsstruktur aus der Zeit vor 1938 wieder eingerichtet, auch die Bundesbahndirektion Innsbruck.

Zwischen 1992 und 1995 wurde zwischen Wörgl Hauptbahnhof und Wörgl-Kundl ein drittes Gleis errichtet.[9]

Ausbaumaßnahmen Bearbeiten

 
Gleiskennzeichnung und Kilometrierung bei Radfeld

Im Hinblick auf eine Kapazitätssteigerung der Strecke und als Vorgriff auf den Bau des Brennerbasistunnels wurde zwischen der Abzweigung Kundl 1 und der umgebauten Abzweigung Fritzens-Wattens 1 (bei Baumkirchen) eine neue Hochleistungsstrecke errichtet, die seit dem 9. Dezember 2012 planmäßig von Zügen befahren wird. Diese verläuft in weiten Teilen in Tunneln, um das durch Lärm ohnehin schon stark belastete Inntal nicht noch stärker in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Ausbaustrecke ist für den gemischten Verkehr bis 220 km/h ausgelegt. Der zweite Abschnitt des Ausbauprogramms der Unterinntalbahn BrannenburgSchaftenau–Kundl/Radfeld befindet sich in der Planungsphase.

Ende 2009 wurde das seit 2005 laufende Trassenfindungsverfahren zwischen Schaftenau und Kundl abgeschlossen. Auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie von 1993 waren 17 Varianten nördlich und südlich des Inntals sowie in der Talflur erkundet worden. Nach einer Vorauswahl im Jahr 2008 wurden vier Varianten vertieft geprüft. Die gewählte Trasse verläuft in westlicher Richtung vor Kundl in einem zehn Kilometer langen Tunnel und einer Kette weiterer Tröge und Tunnel. Bei Schaftenau (südlich von Kufstein) soll die Strecke mit der Bestandsstrecke verknüpft werden.[10]

Zwischen Wörgl und Innsbruck ging 2012 ETCS Level 2 in Betrieb.[11]

 
Haltestelle Innsbruck Messe (2022)

Von Frühjahr 2020 bis Dezember 2021 wurde in Innsbruck im Stadtteil Dreiheiligen-Schlachthof[12] östlich des Messegeländes die Haltestelle Innsbruck Messe (Lage) errichtet und von den Österreichischen Bundesbahnen am 12. Dezember 2021 in Betrieb genommen. Die auf Viaduktbögen gelegene Haltestelle verfügt über zwei überdachte Außenbahnsteige mit Glasfassaden.[13][14]

Angesichts neuer REX-Verbindungen mit dem Fahrplan 2024 wird die Haltestelle Langkampfen mit 10. Dezember 2023 aufgelassen. Jedoch soll der Haltepunkt in neuer Lage mit Eröffnung der neuen Hochleistungsstrecke zwischen Radfeld und Schaftenau wiedererrichtet werden. Dieser Zeitpunkt wurde mit spätestens 2034 datiert.[15]

Streckenverlauf Bearbeiten

Die Strecke betritt an der Westseite des Inntals am Bergfuß des Thierbergs, eng gebündelt mit Straße und Inn, von Kiefersfelden her kommend das Staatsgebiet Österreichs etwa gegenüber Eichelwang. Der Bahnhof Kufstein wurde auf einer Niederterrasse des Inns gegenüber der Altstadt angelegt. Unmittelbar dahinter wird die Engstelle zwischen Fluss und Zeller Berg passiert. Nun geht es, sich vom Gewässer lösend, geradlinig am Talboden bis zur Innbrücke bei Glaurach, von wo aus auf der rechten Talseite der Hauptbahnhof Wörgl angefahren wird. Unmittelbar vor dessen Nordkopf wird die Brixentaler Ache überbrückt, der wiederum die in Wörgl abzweigende Salzburg-Tiroler-Bahn ostwärts folgt.

Weiter sehr geradlinig im breiten Talboden wird über Kundl Rattenberg erreicht, dessen Schlossberg aufgrund der Nähe zum Inn im einzigen kurzen Tunnel der Strecke unterquert wird. Dahinter folgt unmittelbar der Bahnhof Brixlegg und die nächste Innquerung an die nördliche Talseite. Neuerlich sehr geradlinig geht es bis Münster, wo aufgrund einer an den Fluss herantretenden Geländeterrasse die Linie unmittelbar am Inn in großen Bögen verläuft.

Vom Bahnhof Jenbach führt die Strecke über Schwaz weiter nach Südwesten. An einer dem Karwendel vorgelagerten Mittelgebirgsterrasse geht es dann, etwas kurvenreicher, aber immer noch sehr großzügig angelegt westwärts über Fritzens nach Hall, dessen Schwemmkegel der aus dem Karwendel abströmenden Bäche nahe am Inn umfahren wird. Schnurgerade planten die Erbauer dann weiter bis zur Tangierung der nördlichen Hochterrasse des Inns in der Mühlau, wo mittels Andämmung die Höhe der Innbrücke erreicht wird. Der Knick nach Südwesten führt die Inntalbahn schließlich auf das Stadtviadukt nach Innsbruck Hauptbahnhof an der Sill.

Literatur Bearbeiten

  • Martin Pellizzari: Eisenbahnachse Brenner: Zulaufstrecke Nord 1996–2012: Dokumentation, Erfahrungen. 1. Auflage. Haymon, Innsbruck 2012, ISBN 978-3-7099-7034-8.
  • Hermann Strach: Geschichte der Eisenbahnen Oesterreich-Ungarns von den ersten Anfängen bis zum Jahre 1867. In: Geschichte der Eisenbahnen der Oesterreichisch-Ungarischen Monarchie. Band 1.1. Karl Prochaska, Wien / Teschen / Leipzig 1898, S. 73–503 (archive.org).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bahnstrecke Kufstein–Innsbruck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Variante Violett liegt vorne: Streckenverlauf steht fest. In: brennernordzulauf.eu. DB Netze, 13. April 2020, abgerufen am 14. April 2020.
  2. 31. Staatsvertrag zwischen Oesterreich und Baiern vom 21. Juni 1851, betreffend den Anschluß der auf den beiderseitigen Gebieten zu erbauenden Eisenbahnen. In: Allgemeines Reichs-Gesetz- und Regierungsblatt für das Kaiserthum Oesterreich. 31. Januar 1852 (onb.ac.at [abgerufen am 25. November 2022]).
  3. a b c Michael Populorum: A: Unterinntalbahn Kufstein - Wörgl - Jenbach - Innsbruck. Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung, 8. Juli 2018, abgerufen am 25. November 2022.
  4. H. Strach: 1898 S. 296
  5. Roland Franz Hofer: Sozialgeschichte der Eisenbahn am Übergang von der Privat- zur Staatsbahn. Universität Linz, Oktober 2015, S. 10 (jku.at [PDF; abgerufen am 25. November 2022]).
  6. a b Die k. k. priv. Südbahn. In: Die Eisenbahnen in Österreich. Gerhard Obermayr, abgerufen am 25. November 2022.
  7. Elektrifizierungen von ÖBB Eisenbahnstrecken. In: Die Eisenbahnen in Österreich. Gerhard Obermayr, abgerufen am 25. November 2022.
  8. Bekanntmachung Nr. 488. In: Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz. Nr. 36. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, 6. August 1938, S. 213.
  9. Produktbereich Bahnfahrwegsysteme. In: Die Eisenbahnen in Österreich. Gerhard Obermayr, abgerufen am 25. November 2022.
  10. Trassenwahl abgeschlossen. In: Der Eisenbahningenieur. 64. Jahrgang, November 2009, S. 65.
  11. Roman Herunter, Gerhard Fritze: Die EU-Prüfung des GSM-R-Netzes der ÖBB-Infrastruktur AG entsprechend der TSI ZZS. In: Signal + Draht. Band 108, Nr. 6, 2015, ISSN 0037-4997, S. 40–47.
  12. Statistische Einteilung der Stadtteile von Innsbruck. (PDF; 1,2 MiB) Stadt Innsbruck, archiviert vom Original am 3. Februar 2014; abgerufen am 27. November 2022.
  13. #ÖBBbauenauf - Eröffnung Haltestelle Innsbruck Messe auf YouTube, abgerufen am 27. November 2022.
  14. ÖBB-Station bei Innsbrucker Messe in Betrieb. In: tirol.ORF.at. Österreichischer Rundfunk, 12. Dezember 2021, abgerufen am 27. November 2022.
  15. tirol ORF at red: Aus für ÖBB-Haltestelle Langkampfen. 10. November 2023, abgerufen am 12. November 2023.

Koordinaten: 47° 15′ 47,8″ N, 11° 24′ 3,6″ O