Liste der Klassischen Philologen an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Die Liste der klassischen Philologen an der Christian-Albrechts-Universität Kiel zählt namhafte Hochschullehrer dieses Faches auf, die an der Christian-Albrechts-Universität Kiel wirkten und wirken.
Überblick
BearbeitenDie Anfänge
BearbeitenSeit Gründung der Universität Kiel (1665) waren die Alten Sprachen vertreten. Latein spielte als Wissenschaftssprache in allen Fachbereichen eine wichtige Rolle, Griechisch als Sprache des Neuen Testaments an der Theologischen Fakultät. Die griechische Literatur wurde durch einen ordentlichen Professor vertreten; die Inhaber des Lehrstuhls wechselten jedoch meist nach einigen Jahren wegen des besseren Gehalts an die Theologische Fakultät. Bis ins frühe 19. Jahrhundert blieb die lateinische und griechische Sprachlehre eine Hilfswissenschaft.
Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde die Klassische Philologie allmählich als eigenständiges Lehrfach etabliert. Der erste Vertreter dieser neuen Richtung in Kiel war Torkel Baden, der von 1794 bis 1804 Professor für Eloquenz war. Seit ihm wurde die Professur der Eloquenz ausschließlich von Klassischen Philologen eingenommen, während es zuvor Theologen und Historiker gewesen waren. Inhaber der Professur für Eloquenz vor Torkel Baden waren Daniel Georg Morhof (1665–1691), Johann Burchard May (1693–1725), Johann Michael Schwaniz (1725–1761) und Wilhelm Ernst Christiani (1766–1793).
Die Gründung des philologischen Seminars (1808)
BearbeitenTorkel Badens Nachfolger wurde 1804 Karl Friedrich Heinrich, der in Göttingen bei Christian Gottlob Heyne studiert hatte. Heinrich strebte die Einrichtung eines philologischen Seminars an. Zu diesem Zweck erarbeitete er sich in zähen Kämpfen die Kontrolle über das Stipendium philologicum, das seit 1777 zur Förderung von Philologiestudenten diente und bis ins 19. Jahrhundert von Professoren der Theologischen Fakultät vergeben wurde. 1809 folgte die Schleswigsche Regierung Heinrichs Rat und richtete mit den Mitteln des Stipendiums ein Philologisches Institut ein. Das Ziel dieses Instituts, dessen Leitung Heinrich ohne Regierungsauftrag und ohne Honorar übernahm, war die Lehrerausbildung.
Konsolidierung und Übergang von dänischer zu preußischer Oberhoheit
BearbeitenAls Heinrich 1818 an die Universität Bonn wechselte, wurde die Seminarleitung provisorisch dem Theologen August Twesten übertragen. Erst 1820 fand sich mit Wilhelm Wachsmuth ein Nachfolger auf dem Lehrstuhl der Philologie und Eloquenz. Wachsmuth, ein Schüler Friedrich August Wolfs, bemühte sich um eine Umgestaltung des Seminars. Er wollte es nicht als bloße Stipendienanstalt leiten, sondern als Pflanzschule für „eigentliche Philologen“. Wachsmuth blieb Kiel jedoch nicht lange erhalten: 1825 folgte er einem Ruf nach Leipzig. Sein Nachfolger wurde (nach erfolglosen Verhandlungen mit Karl Christian Reisig in Leipzig und Karl Gottlob Zumpt in Berlin) 1827 der Wittenberger Gymnasiallehrer Gregor Wilhelm Nitzsch. Er prägte fast ein Vierteljahrhundert lang den Seminarbetrieb. Neben ihm wirkten verschiedene Privatdozenten, die fast alle nach wenigen Jahren in den Schuldienst wechselten. Eine Ausnahme war Peter Wilhelm Forchhammer, der seine Lehrtätigkeit in Kiel 1829 begann und bis zu seinem Tod im hohen Alter (1894) fortsetzte. Er erhielt 1836 eine außerordentliche Professur für Altertumskunde und 1843 eine ordentliche Professur für Philologie, die zweite dieses Faches. Eigentlich war er Archäologe und vertrat auch in der Lehre hauptsächlich Archäologie, daneben auch griechische Literatur.
Gregor Wilhelm Nitzsch, der sich jahrzehntelang um die Lehrerausbildung Schleswig-Holsteins verdient gemacht hatte, profilierte sich während des Schleswig-Holsteinischen Kriegs (1848–1851) als deutscher Patriot und wurde 1852 von der dänischen Regierung entlassen. Wieder dauerte es zwei Jahre, ehe ein Nachfolger gefunden wurde. Georg Curtius wirkte in Kiel von 1854 bis 1862 und wechselte dann nach Leipzig. Sein Nachfolger wurde Otto Ribbeck, einer der führenden Latinisten des 19. Jahrhunderts, der in Bonn bei Friedrich Ritschl studiert hatte. Während seiner Zeit in Kiel (1862–1872) reformierte er das Seminar nach dem Bonner Vorbild. Einer seiner bedeutendsten Schüler, Erwin Rohde, habilitierte sich bei ihm 1870 und wurde 1872 zum außerordentlichen Professor ernannt. Dieses Extraordinariat bildete in den folgenden Jahrzehnten eine Stütze des Lehrbetriebs am Seminar. Ihre Inhaber wechselten meist nach wenigen Jahren auf ordentliche Lehrstühle an anderen Universitäten.
Die preußische Universität bis zur Zwischenkriegszeit
BearbeitenRibbecks Nachfolger wurde erst für kurze Zeit August Wilmanns, dann 1874 Eduard Lübbert. Nach seinem Weggang nach Bonn (1881) wurde der Extraordinarius Friedrich Blass zum Ordinarius erhoben, so dass nun drei ordentliche Lehrstühle für Philologie bestanden und dazu noch das Extraordinariat. Lübberts Nachfolger als Professor der Eloquenz wurde der Schlesier Richard Foerster, der im akademischen Jahr 1886/1887 als Rektor der Universität fungierte. Sein Nachfolger wurde 1890 Ivo Bruns, der zuvor schon Extraordinarius gewesen war.
In den 1890er Jahren hatten die Studentenzahlen in der Klassischen Philologie drastisch abgenommen. So war es kein Wunder, dass Forchhammers Professur nach seinem Tod (1894) nicht neu besetzt wurde, ebenso wenig das Extraordinariat (1895). Friedrich Blass hatte nach seinem Weggang (1892) noch in Alfred Schöne einen Nachfolger erhalten. Um 1895 waren also die zwei ordentlichen Lehrstühle die einzigen Planstellen der Philologie.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts änderte sich die Lage: Die Studentenzahlen nahmen wieder zu. Ivo Bruns starb 1901, sein Nachfolger wurde Siegfried Sudhaus. Schöne wurde nach seiner Emeritierung erst durch Paul Wendland, dann durch Felix Jacoby ersetzt (1906). Mit Ernst Bickel wurde 1909 wieder ein Extraordinarius berufen; seine Nachfolger ab 1921 waren sogar Ordinarii. Allerdings fiel der ursprüngliche Lehrstuhl der Eloquenz, den nach Sudhaus Werner Jaeger und Christian Jensen innehatten, 1926 der Wirtschaftskrise zum Opfer.
Nationalsozialismus und Nachkriegszeit
BearbeitenFelix Jacoby, der sich in der Wissenschaft vor allem durch seine Arbeiten zur griechischen Geschichtsschreibung einen Namen gemacht hatte, wurde während der Zeit des Nationalsozialismus entlassen und zog nach Berlin; später emigrierte er nach Oxford. Seinen Lehrstuhl erhielt er auch nach der Zeit des Nationalsozialismus nicht zurück. Sein Kollege Richard Harder, ein damals überzeugter Nationalsozialist, wechselte 1941 nach München. Die beiden neuen Lehrstuhlinhaber Erich Burck (in Kiel ab 1938) und Hans Diller (ab 1942) waren zwar äußerlich an das Regime angepasst, hielten jedoch propagandistische Inhalte von den Lehrveranstaltungen und aus ihrer Forschung fern. Sie blieben bis in die 1970er Jahre in Kiel tätig.
In der Nachkriegszeit stiegen die Studentenzahlen, die seit den 30er Jahren rapide gesunken waren, erneut an. 1962 wurde mit Manfred Fuhrmann ein dritter ordentlicher Professor berufen. Er wirkte in Kiel nur vier Jahre; seine Nachfolgerin Antonie Wlosok blieb genauso lange. Sie war neben Ilona Opelt eine der ersten deutschen Frauen, die einen Lehrstuhl für Klassische Philologie in Deutschland innehatten.
In den 1960er Jahren stiegen die Studentenzahlen weiterhin, so dass zusätzlich zu den ordentlichen Professoren gelegentlich C3-Professoren ernannt wurde, so 1964 Detlev Fehling und 1974 Fridolf Kudlien. Zu Erich Burcks Nachfolger wurde 1971 Ernst Doblhofer berufen, zu Dillers Nachfolger Ernst-Richard Schwinge. Die dritte Professur wurde 1972 in eine C3-Professur umgewandelt, die bis 1994 Herbert Juhnke innehatte. Ein weiterer langjähriger Professor in Kiel war Doblhofers Nachfolger Konrad Heldmann.
Derzeit sind neben den Professoren für Gräzistik (Lutz Käppel) und Latinistik (Thorsten Burkard und Jan Radicke) sieben wissenschaftliche Mitarbeiter sowie mehrere Lehrbeauftragte und Hilfskräfte tätig. Die Klassische Philologie ist in den Abteilungen Gräzistik und Latinistik innerhalb des Instituts für Klassische Altertumskunde organisiert. Weitere Abteilungen sind Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Mittel- und Neulatein.
Liste der Klassischen Philologen
BearbeitenAngegeben ist in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Universität Kiel erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Seminar. In der letzten Spalte stehen Bilder der Dozenten.
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Lehrstuhlinhaber
BearbeitenErstes Ordinariat:
- Karl Friedrich Heinrich (1804–1818)
- Wilhelm Wachsmuth (1820–1825)
- Gregor Wilhelm Nitzsch (1827–1852)
- Georg Curtius (1854–1862)
- Otto Ribbeck (1862–1872)
- August Wilmanns (1873–1874)
- Eduard Lübbert (1874–1881)
- Richard Foerster (1881–1890)
- Ivo Bruns (1890–1901)
- Siegfried Sudhaus (1901–1914)
- Werner Jaeger (1915–1921)
- Christian Jensen (1921–1926)
Zweites Ordinariat:
- Peter Wilhelm Forchhammer (1843–1894)
Extraordinariat:
- Erwin Rohde (1872–1876)
- Friedrich Blass (1876–1881)
- Friedrich Leo (1881–1883)
- Christian Lütjohann (1884)
- Ivo Bruns (1884–1890)
- Otto Rossbach (1890–1895)
- Ernst Bickel (1909–1921)
Drittes Ordinariat:
- Friedrich Blass (1881–1892) „Klassischen Philologie und Beredsamkeit“
- Alfred Schöne (1892–1902)
- Paul Wendland (1902–1906)
- Felix Jacoby (1907–1935)
- Erich Burck (1938–1969)
- Ernst Doblhofer (1971–1984)
- Konrad Heldmann (1985–2005)
- Thorsten Burkard (seit 2005)
Viertes Ordinariat:
- Johannes Stroux (1922–1923)
- Eduard Fraenkel (1923–1928)
- Richard Harder (1930–1941)
- Hans Diller (1942–1973)
- Ernst-Richard Schwinge (1976–1999)
- Lutz Käppel (seit 1999)
C4-Professur:
- Manfred Fuhrmann (1962–1966)
- Antonie Wlosok (1968–1972)
C3-Professur:
- Herbert Juhnke (1972–1997)
- Lore Benz (1997–2001)
- Hans Bernsdorff (2002–2003)
- Jan Radicke (seit 2004)
Literatur
Bearbeiten- Helga Plöger: Studien zur Geschichte der Klassischen Philologie an der Universität Kiel (1773–1852). Kiel 1972 (Dissertation)
- Kurt Telschow: Memorabilia. Das Institut für Klassische Altertumskunde und das Fach alte Geschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Christiana Albertina, Bd. 73 (2011), November, S. 54–67.
- Friedrich Volbehr, Richard Weyl: Professoren und Dozenten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665–1954. Vierte Auflage, bearbeitet von Rudolf Bülck, abgeschlossen von Hans-Joachim Newiger. Kiel 1956 (Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft. Neue Folge, Nr. 7)
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Geschichte des Faches Sport an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- ↑ Personalmeldungen Juni 2010 der Universität zu Kiel
- ↑ Personal- und Vorlesungsverzeichnis WS 1955-56 der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel S. 15
- ↑ Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Klassische Philologie: Institut für Klassische PhilologieZur Person. In: www.uni-muenster.de. Abgerufen am 20. September 2016.