Glatte Funktion

beliebig oft differenzierbare Funktion

Eine glatte Funktion ist eine mathematische Funktion, die beliebig oft differenzierbar ist. Die Bezeichnung „glatt“ ist durch die Anschauung motiviert: Der Graph einer glatten Funktion hat keine „Ecken“, also Stellen, an denen sie nicht differenzierbar ist. Damit wirkt der Graph überall „besonders glatt“. Zum Beispiel ist jede holomorphe Funktion auch eine glatte Funktion. Außerdem werden glatte Funktionen als Abschneidefunktionen oder als Testfunktionen für Distributionen verwendet.

Definition Bearbeiten

Konventionen Bearbeiten

Für eine nichtleere, offene Teilmenge   bezeichnet man die Menge der Funktionen  , die auf ganz   stetig sind, mit  ,   oder  . Entsprechend wird die Menge der einmal stetig differenzierbaren Funktionen mit   bezeichnet und für jede natürliche Zahl   wird die Menge der  -mal stetig differenzierbaren Funktionen mit   bezeichnet.

Die Menge der  -mal stetig differenzierbaren Funktion wird rekursiv durch

 

definiert. Es gilt stets

 .

Glatte Funktionen Bearbeiten

Eine Funktion   heißt unendlich oft (stetig) differenzierbar oder glatt, wenn   für alle   gilt. Die Menge aller glatten Funktionen auf   wird mit   notiert und es gilt

 

Diese Beschreibung ist insbesondere für topologische Betrachtungen nützlich.

Verallgemeinerungen Bearbeiten

Ohne Schwierigkeiten lässt sich der Begriff der glatten Funktion auf allgemeinere Fälle übertragen. Es heißt, eine Funktion   ist unendlich oft differenzierbar beziehungsweise glatt, wenn alle partiellen Ableitungen unendlich oft differenzierbar sind. Auch werden glatte Funktionen zwischen glatten Mannigfaltigkeiten definiert und untersucht.

Eigenschaften Bearbeiten

  • Notwendigerweise sind sämtliche differenzierbaren Ableitungen stetig, da Differenzierbarkeit Stetigkeit impliziert.
  • Häufig findet man in mathematischen Betrachtungen den Begriff „hinreichend glatt“. Hiermit ist gemeint, dass die Funktion für ein hinreichend großes   in   liegt, also gerade so oft differenzierbar ist, um den aktuellen Gedankengang durchzuführen. Dies wird so formuliert, um eine zu starke (und nicht sinnvolle) Einschränkung durch „unendlich oft differenzierbar“ zu vermeiden, und zum anderen nicht alle Voraussetzungen durchgehen zu müssen, die in den üblicherweise betrachteten Fällen ohnehin erfüllt sind, oder aber, wenn die genaue Einschränkung aus anderen Gründen keine Rolle spielt: Als theoretisches Argument lässt sich anführen, dass für alle   die  -fach differenzierbaren und auch die unendlich oft differenzierbaren Funktionen und die analytischen Funktionen bezüglich vieler gängiger Metriken dicht in den stetigen liegen. Liegt etwa ein physikalisches Problem vor, in dem kleine Änderungen nicht von Bedeutung sind, gibt es zu einer betrachteten stetigen Funktion beliebig „nahe gelegene“ Funktionen, die die gestellten mathematischen Bedingungen erfüllen; eventuell lässt sich sogar zeigen, dass sich die für bestimmte Funktionen bewiesene Eigenschaft auf einen größeren Raum, in dem sie dicht liegen, überträgt. Ist aus dem Kontext erkennbar, dass nur hinreichend glatte Funktionen betrachtet werden (z. B. durch Angabe des Grades der Differenzierbarkeit), wird auf den Zusatz „hinreichend“ gelegentlich auch verzichtet.
  • Zusätzlich bezeichnet man noch mit   die Menge aller analytischen Funktionen, das sind die unendlich oft differenzierbaren Funktionen, deren Taylor-Entwicklung um jeden beliebigen Punkt in einer Umgebung gegen die gegebene Funktion konvergiert. Beachtenswert ist dann, dass jede der folgenden Inklusionen   im reellwertigen Fall echt ist. Im Falle komplexwertiger und komplex differenzierbarer, besser gesagt holomorpher Funktionen, ist jede auf einer offenen Menge komplex differenzierbare Funktion gleich unendlich oft differenzierbar und sogar analytisch. Deswegen bezieht sich die Differenzierbarkeit bei   meist auf Funktionen, deren Definitions- und Zielmenge die reellen Zahlen, Vektorräume oder Mannigfaltigkeiten über den reellen Zahlen oder Ähnliches sind.
  • Jeder   und auch   (sowie  ) ist ein (unendlichdimensionaler) Vektorraum.

Beispiele Bearbeiten

  • Alle Polynomfunktionen sind unendlich oft differenzierbar und sogar analytisch.
  • Sei  . Die durch
 
definierte Funktion erfüllt  , ist also  -mal stetig differenzierbar. Ihre  -te Ableitung   ist jedoch an der Stelle   nicht stetig differenzierbar, also  .
  • Die Funktion
 
ist eine unendlich oft differenzierbare Funktion, aber keine analytische Funktion, denn die Taylorreihe um den Nullpunkt stimmt in keiner Umgebung um 0 mit der Funktion überein, da alle Ableitungen bei 0 den Wert 0 annehmen.
  • Ebenso ist aber auch
 
unendlich oft differenzierbar. Aus lokaler Kenntnis einer unendlich oft differenzierbaren Funktion kann man also offensichtlich keine globalen Aussagen herleiten (hier gilt etwa   für alle positiven  , aber dennoch  ).
  • Der Schwartz-Raum enthält nur glatte Funktionen und ist eine echte Teilmenge der unendlich oft differenzierbaren Funktionen.

Anwendung Bearbeiten

Diese beiden letzten Beispiele sind wichtige Hilfsmittel zur Konstruktion von Beispielen von glatten Funktionen mit besonderen Eigenschaften. Auf folgende Weise kann man eine glatte Zerlegung der Eins (hier: von  ) konstruieren:

  • Die Funktion   ist unendlich oft differenzierbar mit kompaktem Träger  .
  • Die Funktion
 
ist unendlich oft differenzierbar und es gilt:
 

Topologisierung Bearbeiten

Sei   eine offene Teilmenge. Auf dem Raum der glatten Funktionen   wird insbesondere in der Distributionentheorie eine Topologie erklärt. Die Familie von Halbnormen

 

mit   und   durchläuft alle Kompakta, macht den Raum der glatten Funktionen zu einem lokal-konvexen Raum. Dieser ist vollständig und damit ein Fréchet-Raum. Da außerdem jede abgeschlossene und beschränkte Menge kompakt ist, ist dies sogar ein Montel-Raum. Der Raum der glatten Funktionen   zusammen mit dieser lokal-konvexen Topologie wird meist mit   bezeichnet.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Otto Forster: Analysis 2. Differentialrechnung im Rn. Gewöhnliche Differentialgleichungen. Vieweg-Verlag, 7. Aufl. 2006, ISBN 3-528-47231-6.