Fang Lijun ist ein zeitgenössischer chinesischer Künstler. Seine Gemälde, Zeichnungen, Drucke und Skulpturen machten ihn zu einem der international erfolgreichsten Avantgarde-Künstler in China. Er lebt und arbeitet in Peking, Songzhuang (einem Dorf vor den Toren Pekings) und Dali (Provinz Yunnan).

Fang Lijun gilt als Trendsetter und führender Vertreter des sogenannten Zynischen Realismus, bezeichnet sich selbst aber mittlerweile als Existentialisten.


Biografie

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Fang Lijun wurde am 4. Dezember 1963 in Handan, Provinz Hebei, als der jüngere von zwei Söhnen geboren. Sein Vater hatte einen Kaderposten im Eisenbahnministerium, seine Mutter war Arbeiterin in einer Textilfabrik.

Dass seine Großeltern einst Großbauern gewesen waren, setzte die Familie in den Jahren der Kulturrevolution von 1966 bis 1976 besonderen Schikanen aus. Der Vater wurde 1966 zum Lokomotivführer degradiert. 1968, auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution mußte der kleine Fang Lijun miterleben, wie sein Großvater beschimpft und geschlagen wurde, und täglich in die Parole einstimmen, die die Roten Garden an die Hauswand plakatiert hatten: "Nieder mit dem Grundherrn Fang!". Um ihn vor den Demütigungen draußen zu bewahren, organisierte sein Vater ihm zunächst privaten Malunterricht zu Hause und schickte ihn dann, auch aus Angst vor Denunziation, in das Heimatdorf seines Großvaters, einen Ort namens Huituo.

Von dort kehrte Fang Lijun 1971 nach Handan zurück, um die Schule zu besuchen. Die Schikanen hielten an. Erste Anerkennung außerhalb der Familie erhielt er erst für Zeichnungen, in denen er Konfuzius verunglimpfte.

1980 begann er in Tangshan eine Ausbildung in Keramik am Hebei Light Industry College sowie seine Studien in Holzschnitt und realistischer Malerei. Nach Abschluss der Ausbildung 1983 arbeitete Fang Lijun 1984 in einer Werbeagentur, wo er Plakate malte. Ein Versuch, mit Eisenbahnwerbung zu Geld zu kommen, scheiterte. Er konzentrierte sich auf die Aufnahmeprüfung an der Universität und wurde 1985 als erster seiner Provinz an der Zentralakademie der Schönen Künste in Peking in den Studiengang Druck aufgenommen.

Die glatzköpfigen Männerfiguren, die ihn berühmt machen sollten, zeichnete Fang Lijun zum ersten Mal 1988, inspiriert von Fotos von Bauern aus Taihang. Auch er selbst trug zu dem Zeitpunkt den Kopf kahlrasiert.

Auf Initiative des Kurators und Kunstkritikers Li Xianting, den er seit 1980 kannte, wurden im Februar 1989 Zeichnungen von Fang Lijun auf der China Avantgarde Austellung in der Nationalgalerie Peking gezeigt. Von allen Künstlern der Ausstellung war er nicht der jüngste, jedoch der einzige Student. Zur Zeit der Ereignisse auf dem Platz des himmlischen Friedens im Sommer 1989, die er vor Ort miterlebte, schloss er sein Studium ab.

Im Juli 1989 zog er vor die Tore der Stadt in die Nähe des alten Sommerpalastes im Osten Pekings, wohin ihm schnell zahlreiche andere junge Künstler folgten. Der Ort wurde Anfang der 1990er Jahre als Künstlerdorf Yuanmingyuan bekannt. Fang Lijun begann mit der Ölmalerei. Dass man damit Geld verdienen könnte, glaubte er damals nicht.

Doch schon Anfang der 90er Jahre begannen Galeristen aus dem Ausland sich für sein Werk zu interessieren. Die deutsche UNDP-Mitarbeiterin (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) Michaela Raab, die er 1991 heiratete, veranstaltete in ihrer Wohnung eine Ausstellung mit ihm und Liu Wei. 1992 zeigte das Kunstmuseum Peking Werke der beiden Künstler. Bildverkäufe brachten erstes Geld, was im Künstlerdorf zu Spannungen führte. Fang Lijun lebte nicht die ganze Zeit in Yuanmingyuan, gab seine Räume dort aber erst 1994 endgültig auf. Er fand seinen Stil, malte immer größere Kahlköpfe und machte international Karriere. Ein Bild von ihm zierte das Cover der New York Times, 1993 nahm er an der 45. Biennale von Venedig teil. Fortan sollte er auf jeder großen Ausstellung zeitgenössischer chinesischer Kunst vertreten sein. Seine erste Soloausstellung in einem bedeutenden Museum im Ausland fand 1996 im Japan Foundation Forum in Tokio statt.

Von den ersten größeren Einnahmen aus Verkäufen pachtete er 1994 ein Grundstück mit Haus in einem Bauerndorf namens Songzhuang im Osten Pekings, (damals Kreis Tongxian, jetzt Bezirk Tongzhou). Auch dorthin sollte eine Menge anderer Künstler folgen, so dass Songzhuang zum "Künstlerdorf" wurde. Fang Lijun widmete sich verstärkt dem Motiv Wasser. Seine kahlköpfigen Schwimmer schienen selbst dann präsent, wenn sie im Wasser so gut wie unsichtbar waren.

Von Sommer 1997 bis Februar 1998 lebte er für eine Weile in Amsterdam. Etwas später folgte die Scheidung von seiner Frau. Anfang der 2000er Jahre eröffnete er das erste seiner 2006 fünf Restaurants in Peking.

Mittlerweile gehört Fang Lijun fraglos zur chinesischen Prominenz. 2002 übernahm er eine Rolle in Zhang Yuans Spielfilm Green Tea. Im Dezember 2002 traf ihn der damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder in Peking zu einem Gespräch.

2004 heiratete er das ehemalige Model Zhang Xu. Er fährt einen schwarzen Audi A6 und hat einen deutschen Schäferhund.

Besonderes "Kennzeichen" der Werke Fang Lijuns sind seine kahlköpfigen, eigenartig emotionslosen Männerfiguren. Im April 2006 wurde bei Sotheby's Hongkong sein Gemälde 2001.1.5 für über 300.000 US-Dollar versteigert.

Ausgewählte Ausstellungen

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  • Februar 1989: China Avantgarde, Nationalgalerie Peking
  • 1993: 45. Biennale von Venedig
  • Februar 1996 - Februar 1998: CHINA! (Wanderausstellung) Kunstmuseum Bonn, dann Wien, Singapur, Kopenhagen, Haus der Kulturen der Welt Berlin und Warschau
  • 1996: Japan Foundation Forum, Tokio (solo)
  • 1998: From Beijing to Amsterdam and Back, Stedelijk Museum, Amsterdam (solo)
  • 1998 - 2000: Inside Out, Wanderausstellung New York, San Francisco, Seattle
  • 13.06.99 - 07.11.99: 48. Biennale von Venedig
  • 06.11.00 - 06.01.01: Shanghai Biennale 2000
  • 25.06.03 - 13.10.03: Alors, la Chine?, Centre Pompidou, Paris
  • 13.06.05 - 16.10.05: Mahjong - Chinesische Gegenwartskunst, Kunstmuseum Bern
  • 2005: Nationalgalerie / China Art Museum, Peking (solo)
  • 29.06.05 - 26.09.05: New Work/New Acquisitions Museum of Modern Art, New York
  • 26.01.06 - 17.04.06: Fang Lijun: Holzschnitte und Zeichnungen, Kupferstichkabinett Berlin (solo)
  • 30.08.09 - 1.11.09 Fang Lijun - between sea and sky, Kunsthalle Bielefeld (solo)

Literatur

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  • Ronte, Dieter; Smerling, Walter; Weiss, Evelyn (Hg.) : China! Zeitgenössische Malerei. Ausstellungskatalog zur Ausstellung im Kunstmuseum Bonn, 29.2.1996-16.6.1996. DuMont, Köln, 1996
  • Fang Lijun: Fang Lijun. Hunan Fine Arts Publishing House, Hunan, 2001
  • Fibicher, Bernhard; Frehner, Matthias (Hg.) : Mahjong. Chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit, 2005
  • Smith, Karen: Nine Lives. The Birth of Avant-Garde Art in New China. Scalo Zürich, Zürich, 2006
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