Die Quadratwurzel einer Matrix oder Matrixwurzel ist ein Begriff aus der linearen Algebra und verallgemeinert das Konzept der Quadratwurzel einer reellen Zahl. Eine Quadratwurzel einer quadratischen Matrix ist eine Matrix, die mit sich selbst multipliziert die Ausgangsmatrix ergibt. Für symmetrischepositiv semidefinite Matrizen lässt sich eine eindeutige Quadratwurzel definieren. Im Allgemeinen muss allerdings weder eine Quadratwurzel existieren, noch muss sie, wenn sie existiert, eindeutig sein.
Für eine symmetrische positiv semidefinite Matrix heißt eine ebenfalls symmetrische positiv semidefinite Matrix Quadratwurzel oder kurz Wurzel von falls
gilt.[1] Die Quadratwurzel von ist dabei eindeutig bestimmt und wird mit bezeichnet.
die Quadratwurzeln der Eigenwerte von auf der Diagonale hat.[1] Nachdem die Eigenwerte einer positiv semidefiniten Matrix stets reell und nichtnegativ sind, können deren Quadratwurzeln ebenfalls reell und nichtnegativ gewählt werden.
Wie schon bei der Wurzel aus reellen oder komplexen Zahlen ist die Wurzel aus einer Matrix im Allgemeinen nicht eindeutig. Ist etwa eine Wurzel aus dann auch
Anders als bei der Wurzel einer komplexen Zahl können Matrizen auch mehr als zwei Wurzeln haben.
So haben beispielsweise -Matrizen, deren charakteristisches Polynom in paarweise verschiedene Linearfaktoren zerfällt, bis zu verschiedene Wurzeln.
Es gibt sogar Matrizen mit unendlich vielen Wurzeln. So besitzt etwa die Einheitsmatrix unter anderem für jede komplexe Zahl als Wurzel.
Weiterhin gibt es Matrizen, für die überhaupt keine Wurzel existiert: Ein Beispiel ist
Betrachtet man die Matrix als lineare Transformation, das heißt als eine Abbildung zwischen Vektorräumen, durch die einem Vektor ein Vektor zugeordnet wird, dann ist eine Wurzel eine Transformation, die man zweimal hintereinander ausführen muss, um in überzuführen.
Dann ist jede zu einem Winkel mit einer ganzen Zahl gehörende Rotationsmatrix eine Wurzel von Für erreicht man mit der ersten Multiplikation eines Vektors mit eine Drehung um den halben Winkel und mit der zweiten Multiplikation noch einmal.
Man kann Wurzeln einer Matrix der Größe leicht bestimmen, wenn eine Diagonalmatrix ist oder sich zumindest in eine Diagonalform überführen lässt (siehe Diagonalisierung).
Fall 1: Diagonalmatrix
Sind die Diagonaleinträge einer Diagonalmatrix paarweise verschieden, so können alle Wurzeln der Diagonalmatrix einfach bestimmt werden, indem von jedem Eintrag auf der Hauptdiagonale eine Wurzel bestimmt wird. Wenn man die Diagonaleinträge von wie üblich mit bezeichnet, erhält man damit als Wurzeln von die Matrizen
Für jedes der Diagonalelemente kann man das Vorzeichen beliebig wählen, sodass man paarweise verschiedene Wurzeln erhält, falls alle Diagonaleinträge von Null verschieden sind. Ist ein Diagonaleintrag Null, so erhält man entsprechend paarweise verschiedene Wurzeln. Da die Matrix auch negative Werte auf der Diagonalen besitzen kann, können die Wurzeln auch komplexe Zahlen beinhalten.
Es ist zu beachten, dass es noch weitere Wurzeln geben kann, wenn die Diagonaleinträge nicht paarweise verschieden sind. Diese sind dann jedoch keine Diagonalmatrizen. So hat etwa die Einheitsmatrix unendlich viele Wurzeln, wie bereits oben erklärt wurde. Diagonalmatrizen mit negativen Diagonaleinträgen können in diesem Fall auch reelle Wurzeln besitzen. Zum Beispiel gilt:
Fall 2: Diagonalisierbare Matrix
Ist die Matrix diagonalisierbar, so kann man auf folgende Weise Wurzeln von ermitteln:
Man bestimmt zunächst eine invertierbare Matrix und eine Diagonalmatrix , sodass gilt. Die Matrix hat dann als Spalten Eigenvektoren der Matrix und die Matrix als Diagonaleinträge die zugehörigen Eigenwerte.
Ist nun eine Wurzel von so ist eine Wurzel der Matrix , denn es gilt:
Da eine Diagonalmatrix ist, erhält man mögliche Wurzeln wie in Fall 1. Auch hierbei ist zu beachten, dass manche Eigenwerte der Diagonalmatrix negativ sein können, deren Wurzeln sind dann komplex. Falls die Matrix paarweise verschiedene Eigenwerte hat, erhält man auch wie in Fall 1 bzw. verschiedene Lösungen.
Fall 3: Nicht diagonalisierbare Matrix
Ist die Matrix nicht diagonalisierbar, lässt sich mit dem gezeigten Verfahren keine Wurzel berechnen. Dies bedeutet aber nicht, dass keine Wurzel besitzt: So ist beispielsweise die Scherungs-Matrix nicht diagonalisierbar, besitzt jedoch die Wurzel
Falls wir beim Rechnen komplexe Zahlen zulassen, so ist jede Matrix auf jordansche Normalform transformierbar, auch wenn sie nicht diagonalisierbar ist.
Man bestimmt Matrizen ihre Inverse und mit wobei die folgende Blockdiagonalform hat:
Die sind Jordan-Blöcke der Form
Eine Wurzel aus berechnet sich gemäß
Die Wurzel aus ist aus jedem Jordan-Block einzeln zu ziehen.
Falls gilt, ist die Potenz eines Jordan-Blocks durch
gegeben mit wobei die -te Ableitung der Potenzfunktion ist. Explizit ergibt sich und wobei die Größe des Jordan-Blocks mit (in der Darstellung ), die Subdiagonalen mit ( ist die Diagonale) und die Gammafunktion mit bezeichnet sind. Für die Quadratwurzel ist zu setzen.
Für ergibt sich also beispielsweise
Falls und gleichzeitig gilt, existiert die Wurzel aus dem Jordan-Block nicht.
Außerhalb der Jordan-Blöcke stehen lauter Nullen.
Falls so hat die Zahl zwei Wurzeln, daher erhält man auf diese Weise für jeden Jordan-Block zwei verschiedene Wurzeln. So entstehen durch Kombination Wurzeln, wobei die Anzahl der Jordan-Blöcke bezeichnet.
Mit diesem Verfahren bekommt man im Allgemeinen nur einige und nicht alle Quadratwurzeln einer Matrix.
↑ abChristian Kanzow: Numerik linearer Gleichungssysteme. Direkte und iterative Verfahren. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 2005, S. 13–15.