Erft

linker Nebenfluss des Niederrheins

Die Erft ist ein 106,6 km[2] langer, südwestlicher und linker Nebenfluss des Rheins. Sie durchfließt drei Landkreise und jeweils deren Kreisstädte; flussabwärts gesehen sind dies: Kreis Euskirchen mit Euskirchen, Rhein-Erft-Kreis mit Bergheim und Rhein-Kreis Neuss mit Neuss in Nordrhein-Westfalen (Deutschland). Der Verlauf und die Wasserführung wurden bereits seit dem Mittelalter vielfach geändert.

Erft
Hauptstrang-Oberlauf: Kuhbach
Verlauf der Erft (OSM)

Verlauf der Erft (OSM)

Daten
Gewässerkennzahl DE: 274
Lage Osteifel

Niederrheinische Bucht


Deutschland

Flusssystem Rhein
Abfluss über Rhein → Nordsee
Quelle südöstlich von Engelgau als Kuhbach
Erftquelle in Holzmülheim
50° 29′ 14″ N, 6° 41′ 14″ O
Quellhöhe ca. 527 m ü. NHN[1] 
(Hauptstrang-Oberlauf)
Erftquelle: ca. 414 m ü. NHN[2]
Mündung bei Neuss-Grimlinghausen in den RheinKoordinaten: 51° 11′ 4″ N, 6° 43′ 54″ O
51° 11′ 4″ N, 6° 43′ 54″ O
Mündungshöhe ca. 31 m ü. NHN[1]
Höhenunterschied ca. 496 m
Sohlgefälle ca. 4,7 ‰
Länge 106,6 km (incl. Kuhbach)[2]
Einzugsgebiet 1.837,915 km²[2]
Abfluss am Pegel Neubrück[3]
AEo: 1.595,43 km²
Lage: 9,75 km oberhalb der Mündung
NNQ (16.07.2007)
MNQ 1970/2007
MQ 1970/2007
Mq 1970/2007
MHQ 1970/2007
HHQ (04.06.1984)
5,15 m³/s
10,4 m³/s
16,4 m³/s
10,3 l/(s km²)
31,3 m³/s
46,6 m³/s
Linke Nebenflüsse Veybach, Rotbach, Neffelbach
Rechte Nebenflüsse Swist, Gillbach, Norfbach
Großstädte Neuss
Mittelstädte Euskirchen, Erftstadt, Bedburg, Bergheim, Grevenbroich, Kerpen
Kleinstädte Bad Münstereifel
Unterlauf der Erft bei Bergheim

Unterlauf der Erft bei Bergheim

Erftquelle bei Holzmülheim

Erftquelle bei Holzmülheim

Geographie Bearbeiten

Verlauf Bearbeiten

Die Erft entspringt am Nordwestrand des zur Eifel gehörenden Ahrgebirges im Kreis Euskirchen. Ihre Kilometrierung beginnt südwestlich des Nettersheimer Ortsteils Frohngau auf knapp 527 m ü. NHN auf dem Osthang des Harzbüchel (537 m)[4]. Dort entspringt mit dem Kuhbach der linke Hauptstrang-Oberlauf, der südlich des Himbergs (549,6 m) fließt. Nach 1,3 km Oberlauf-Fließstrecke mündet südlich gegenüber von Frohngau ein ebenfalls Kuhbach genannter, auch 1,3 km langer und rechtsseitiger Bach ein. Den Oberlaufnamen Kuhbach behält das Fließgewässer bis zur weiteren, 2,4 km flussabwärts im Nettersheimer Ortsteil Holzmülheim gelegenen Erftquelle (ca. 414 m).[2]

Von dort fließt die Erft anfangs in nordöstliche und dann überwiegend in nördliche Richtungen. Im Oberlauf durchfließt sie zunächst das Hochwasserrückhaltebecken Eicherscheid und dann die Stadt Bad Münstereifel. Später berührt sie Euskirchen und Weilerswist, wo sie am Autobahnkreuz Bliesheim von der Bundesautobahn 61 und danach von der Bundesautobahn 553 überquert wird.

Nördlich von Weilerswist empfängt sie ihren größten Nebenfluss, die Swist, unterquert die Bundesautobahn 1 und fließt dann entlang der A 61 über Kerpen – die Bundesautobahn 4 östlich des Kreuzes Kerpen passierend – und Bergheim nach Bedburg.

 
Mündung der Erft in den Rhein bei Neuss-Grimlinghausen

Vor Grevenbroich unterquert die Erft die Bundesautobahn 540 und erreicht Neuss; dort wird an einer Staustufe Wasser von der Erft zur ebenfalls dem Rhein zufließenden Obererft geleitet. Bei Neuss unterquert sie die Bundesautobahn 57. Schließlich mündet die Erft südlich der Düsseldorfer Josef-Kardinal-Frings-Brücke bei Neuss-Grimlinghausen auf etwa 31 m Höhe in den Rhein. Dorthin wurde sie im Jahre 1475 während der Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen aus dem Hause Burgund verlegt.

Zuflüsse Bearbeiten

Zuflüsse der Erft (Länge > 10 km)[5]
Stat.
in km
Name GKZ Lage Länge
in km
EZG
in km²
090,30 Eschweiler Bach 27414 links0 011,6470 0032,1420
076,40 Veybach 27418 links0 022,8790 0084,9240
073,30 Kuchenheimer Mühlengraben 274192 rechts 010,6320 0021,0760
063,20 Swist 2742 rechts 043,6580 0289,4080
055,80 Rotbach 2744 links0 039,2150 0236,2650
053,60 Liblarer Mühlengraben 27454 rechts 010,3290 0039,1260
046,70 Neffelbach 2746 links0 040,2660 0236,9730
036,60 Kleine Erft 274732 rechts 012,7840 0035,2830
032,30 Finkelbach 27474 links0 015,9220 0105,6980
030,30 Pützbach 274752 links0 011,1010 0033,6730
005,30 Gillbach 2748 rechts 028,4680 0098,6740
001,60 Norfbach 27494 rechts 019,8670 0105,6910

Ortschaften Bearbeiten

An der Erft – Quelle bis Mündung – befinden sich diese Ortschaften (flussabwärts betrachtet):

Wasserwirtschaft Bearbeiten

 
Typische Auenlandschaft, nahe dem Museum Insel Hombroich, Neuss

Zwischen Türnich und Bedburg ist die Erft stellenweise bis zu 20 Meter breit. Das Flussbett wurde mehrfach verlegt; es musste dem Bergbau des Rheinischen Braunkohlereviers weichen und wurde später begradigt. Durch Zuführung des Sümpfungswassers aus dem Braunkohlebergbau wurde die Erft ein wasserreicher Fluss. 1955 führte die Erft 5 m3 Wasser in der Sekunde ab, zwischen 1965 und 1975 über 26 m3 Wasser. Durch Verlagerung des Tagebaus Garzweiler in Richtung Erkelenz wird zukünftig das Sümpfungswasser nicht mehr in die Erft abgeleitet werden, sondern unter anderem im Feuchtgebiet des Schwalm-Nette-Tals versickern. Dadurch wird die Erft zu einem kleinen Flüsschen mit einer Wasserführung von weniger als 3 m3 Wasser in der Sekunde werden und so ganz erheblich ihr Aussehen verändern. Der Erftverband wird bis 2015 an der Insel Hombroich (Neuss-Holzheim) die Uferbefestigungen entfernen, damit sich die zukünftige Erft ein neues Bett suchen kann. Im Bereich des Zubends in Wevelinghoven werden weitläufig alte Erftbetten aus der Römerzeit in das Renaturierungskonzept des LVR miteinbezogen. Der Rückbau sollte bis 2045 in Bedburg fortgesetzt werden. Dieses Jahr wurde gewählt, weil der Tagebau Hambach dann stillgelegt werden solle. Anfang 2020 gab RWE bekannt, ihn 2029/30 stillzulegen.[6][7]

Neozoen und Neophyten Bearbeiten

Aufgrund der Warmwassereinleitung von der Braunkohleindustrie in die Erft können hier eingeschleppte Pflanzenarten wie das Brasilianische Tausendblatt und die südamerikanische Dichtblättrige Wasserpest überleben. Jährlich werden 300 Millionen Kubikmeter aufgewärmtes Grundwasser („Sümpfungswasser“) aus dem Braunkohleabbau in die Erft gepumpt. Hinzu kommt das Kühlungswasser aus dem Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf.[8] Im Winter betragen die mittleren Wassertemperaturen noch 15 °C und im Sommer 28 °C. Der Mittellauf des Flusses ist um 8 °C wärmer als der Oberlauf. Das Warmwasser wird unterhalb von Erftstadt zugeführt. Bereits in den 1990er Jahren meldeten Angler den dreimaligen Fang von Piranhas[9], die im Gegensatz zu den Sonnenbarschen keine fortpflanzungsfähige Population bilden konnten, sondern lediglich ausgesetzte Aquarienfische waren und vermutlich nur wenige Monate überlebten. Außerdem finden sich in der Erft Guppys und Rotwangenschildkröten.[10][11] Aus diesem Grund versuchte der BUND den Bau des Braunkohlekraftwerks Neurath zu stoppen.[8]

Neozoen in der Erft:[12] Neophyten in der Erft:[12][13][14]

siehe auch: Bioinvasion

Geschichte Bearbeiten

 
Erftland bei Kaster Kartenausschnitt von Christian Sgrothen um 1557

Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Erft im Jahre 496/506 vom Geographen von Ravenna als Arnefa. Sie hieß zunächst „Arnapa“, später „Arnefe“ und „Arlefe“. Schließlich fand man 1320 den Namen „Arfe“. Der Name ist eine Komposition aus dem Hydronym -apa und dem germanischen Wort *arna-/*arni- mit der Bedeutung 'sicher, energisch, tüchtig'.[15]

 
Hochwasser im September 2007; normalerweise liegt der Wasserspiegel ca. 2 Meter tiefer

Nach dem Fluss Erft benannt wurden 1969 die Stadt Erftstadt, ein Zusammenschluss mehrerer Orte, sowie der zum 1. Januar 1975 im Rahmen der Kreisreform neu gebildete Erftkreis, der am 1. November 2003 in Rhein-Erft-Kreis umbenannt wurde; außerdem zwei Eisenbahnstrecken, die Erftbahn (BedburgHorrem) und die Erfttalbahn (Euskirchen–Bad Münstereifel), sowie zwei Regionalverkehrslinien, der Rhein-Erft-Express (RE 8) und die Rhein-Erft-Bahn (RB 27).

Im Juli 2021 gab es in einigen Teilen Deutschlands Dauerregen und Hochwasser, auch im Einzugsgebiet der Erft. An vielen Stellen trat die Erft erheblich über die Ufer, zum Beispiel in Bad Münstereifel und Erftstadt-Blessem, wo – verstärkt durch eine reißende Strömung – große Schäden entstanden.

Sehenswertes Bearbeiten

An den Ufern der Erft befinden sich unter anderen sehenswerte Burgen, Klöster, Schlösser (flussabwärts betrachtet):

Außerdem:

Freizeit und Erholung Bearbeiten

Entlang der Erft sind gut ausgebaute Radwanderwege angelegt, der 110 km lange Erft-Radweg verläuft von der Quelle bis zur Mündung.[16]

Die Erft wird von Kajak-Fahrern genutzt. Eine beliebte Tour startet an der Erprather Mühle und führt über die Römerbrücke (Kajak-Slalomstrecke) bis zum Rhein.[17]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Deutsche Grundkarte 1:5000
  2. a b c d e Topographisches Informationsmanagement, Bezirksregierung Köln, Abteilung GEObasis NRW (Hinweise)
  3. Gewässerkundliches Jahrbuch 2007. (Memento vom 9. August 2014 im Internet Archive) (PDF, 360 kB)
  4. Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
  5. Gewässerverzeichnis des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW 2010 (XLS; 4,67 MB)(Hinweise)
  6. RWE geht mit Verständigung zum Kohleausstieg bis an die Grenzen des Machbaren. RWE AG, 16. Januar 2020, abgerufen am 18. Januar 2020. (Anmerkung: dort steht Damit wird ab 2030 nur noch der Tagebau Garzweiler zur Verfügung stehen)
  7. siehe auch Petra Ahne: Flussporträt der Erft (17. September 2021)
  8. a b Tropische Fische und Pflanzen machen's sich in den Flüssen gemütlich, auf taz.de
  9. Piranhas aus Rhein-Nebenfluss gefischt, vom 31. Januar 2007, auf focus.de
  10. Piranhas und Guppys: In der Erft tummeln sich Exoten (Memento vom 3. Oktober 2009 im Internet Archive), vom 28. Januar 2002, auf vistaverde.de
  11. Piranhas bald auch im Rhein? (Memento vom 15. September 2012 im Webarchiv archive.today), vom 24. Juli 2009, auf rp-online.de
  12. a b Die Erft – ein tropischer Fluss? (Memento vom 8. Juni 2010 im Internet Archive), auf erftkanu.de
  13. Vallisneria spiralis L. (Wasserschraube, Hydrocharitaceae) (Memento vom 11. August 2013 im Internet Archive), auf aquatischeneophyten.de
  14. Exkursion des Bochumer Botanischen Vereins mit Pflanzenliste vom 29. August 2015
  15. Albrecht Greule: Deutsches Gewässernamenbuch. Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-11-057891-1 „Erft“, Seite 131.
  16. siehe auch www.rhein-erft-tourismus.de: Radfahren im Rhein-Erft-Kreis
  17. siehe auch www.rhein-erft-tourismus.de

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Wiktionary: Erft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Erft – Sammlung von Bildern