Wolfgang Stefinger

deutscher Politiker

Wolfgang Stefinger (* 20. April 1985 in München) ist ein deutscher Politiker (CSU) und Betriebswirt. Seit dem 22. September 2013 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages und vertritt den Bundestagswahlkreis München-Ost.

Wolfgang Stefinger (2020)

Leben und Beruf Bearbeiten

Er wuchs im Münchener Stadtteil Waldperlach mit drei jüngeren Brüdern auf. 2001 schloss er die Realschule in München ab. 2003 erwarb er an der Städtischen Fachoberschule für Wirtschaft, Verwaltung und Rechtspflege die Fachhochschulreife. Nach seinem Zivildienst in der Alten- und Krankenpflege (2003/2004) absolvierte er an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München ein Studium der Betriebswirtschaftslehre, das er als Dipl.-Betriebswirt (FH) abschloss. Von 2009 bis 2011 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule München. 2011 wurde er an der Tiroler Privatuniversität UMIT (Hall in Tirol) zum Dr. phil. promoviert mit einer kooperativen, kumulativen Promotionsschrift aus zwei Artikeln und einem Mantelkapitel.[1][2] Stefinger ist römisch-katholisch. Ab 2011 bis zu seiner Wahl in den Deutschen Bundestag war er als Referent bei einer Krankenkasse tätig. Im Januar 2023 gab Wolfgang Stefinger bekannt, mit Sepp Müller, einem der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, liiert zu sein. Sie sind das erste offen gleichgeschlechtliche Liebespaar in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und im gesamten Deutschen Bundestag.[3][4]

Politischer Werdegang Bearbeiten

In jungen Jahren war Stefinger bei der Pfarrjugend aktiv. 1999 wurde er Mitglied der Jungen Union (JU), zwei Jahre später trat er der Christlich-Sozialen Union (CSU) bei. Von 2008 bis 2014 war er Mitglied im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach und dort stellvertretender Sprecher der CSU-Fraktion. Seit 2009 ist er Ortsvorsitzender der CSU Waldperlach und stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender (Kreisverband München-Ost). Von 2009 bis 2011 führte Stefinger den JU-Bezirksverband München. Zuvor hatte er sechs Jahre lang das Amt des JU-Kreisvorsitzenden von München-Ost inne.

Bundestagsabgeordneter Bearbeiten

 
Stefinger im Bundestag, 2019

Bei der CSU-Nominierungsversammlung 2012 im Bundestagswahlkreis München-Ost setzte sich Stefinger in einer Kampfabstimmung gegen den damaligen Stadtrat Robert Brannekämper, mittlerweile Landtagsabgeordneter, durch.[5][6] Bei der folgenden Bundestagswahl 2013 gewann Stefinger mit 44,7 Prozent der Erststimmen das Direktmandat und erzielte damit das beste Erststimmenergebnis in der bayerischen Landeshauptstadt. Er war in jener Legislaturperiode der zweitjüngste CSU-Abgeordnete in der CSU-Landesgruppe und Nachfolger von Herbert Frankenhauser, der nicht mehr kandidierte.

Für die Bundestagswahl 2017 wurde Stefinger von seiner Partei als Direktkandidat für den Wahlkreis München-Ost im Juli 2016 wieder nominiert und gewann mit 36,8 Prozent den Wahlkreis mit dem besten CSU-Erststimmenergebnis in München erneut.

In der 18. Wahlperiode war Stefinger ordentliches Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Darüber hinaus gehörte er dem Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement an.

Bei der Debatte um ein 3. Griechenland-Hilfspaket im Sommer 2015 sprach sich Stefinger gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit der Hellenischen Republik aus und stimmte namentlich sowohl gegen die Aufnahme von Verhandlungen als auch gegen das 3. Hilfspaket. Stefinger gehörte damit zu den 63 CDU/CSU-Abgeordneten, die der Bundesregierung in dieser Frage nicht folgten.[7]

In der neuen 19. Wahlperiode wurde Stefinger – zusätzlich zu den bisherigen Ausschuss-Sitzen – ordentliches Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Kuratorium der Bundeszentrale für politische Bildung. Seit Ende April 2018 ist er stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe Südliches Afrika des Deutschen Bundestages.

Stefinger gehörte der 16. Bundesversammlung an, die am 12. Februar 2017 Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten wählte.

Im April 2021 wurde Stefinger erneut von den CSU-Delegierten im Bundeswahlkreis München-Ost mit 97 % der Stimmen als Direktkandidat für die Bundestagswahl 2021 nominiert. Gleichzeitig verzichtete er auf einen Listenplatz und schlug vor, an seiner Stelle „eine Frau auf der Liste zu nominieren“.[8][9] Er konnte sein Direktmandat erfolgreich verteidigen und zog damit auch in den 20. Deutschen Bundestag ein.[10] Er ist hier ordentliches Mitglied und Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung und weiterhin stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss.

Politik Bearbeiten

Stefinger beteiligte sich im Frühjahr 2016 auch an der Debatte um den von der Stadtverwaltung München vorgesehenen Abriss der Marktstände am Wiener Platz in München.[11][12] Mehr als 8.000 Unterschriften für den Erhalt der traditionellen Marktstände wurden gesammelt und ein Bürgerbegehren in Betracht gezogen.[13][14] Anfang Juni 2016 verkündete Oberbürgermeister Dieter Reiter, dass die Marktstände am Wiener Platz erhalten bleiben und saniert werden sollen.[15][16] Am 4. Februar 2017 gründete sich auf Stefingers Initiative der Verein Freunde des Viktualienmarktes, zu dessen 1. Vorsitzenden er gewählt wurde. Der Verein setzt sich für den Erhalt des Viktualienmarkts im Herzen der Münchner Altstadt ein, für den ähnliche Modernisierungspläne der Stadtverwaltung bestehen.[17][18][19]

2019 kämpfte Stefinger erfolgreich gegen die Vollversteuerung des geldwerten Vorteils bei Werkswohnungen, um der Wohnungsknappheit in Ballungsräumen entgegenzuwirken. Auf seine parteiübergreifende Initiative hin beschloss der Bundestag Ende 2019 einen Bewertungs-Abschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete von einem Drittel.[20][21] Ebenso auf seine Initiative hin wurde in das Jahressteuergesetz 2020 eine steuerliche Entlastung für Vermieter, die Wohnungen unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete anbieten, eingebracht.[22][23][24]

Kritik Bearbeiten

2020 berichteten Der Spiegel und Bild, dass die Unionspolitiker Christoph Ploß, Wolfgang Stefinger und Ronja Kemmer sich in das arabische Sultanat Oman hätten einladen lassen. Die dabei entstandenen Kosten von jeweils 5466 Euro seien dabei von der Botschaft des Sultanats in Berlin übernommen worden.[25] Stefinger erwiderte dazu der Wochenzeitung HALLO münchen, die Artikel beschrieben lediglich gängige Praxis. „Die Bundesregierung lädt im Jahr rund 20 Delegationen ein – und umgekehrt ist das genauso. Ich hatte 2019 fünf Auslandsreisen und habe andererseits fünf verschiedene Delegationen in Berlin empfangen. Ich sitze im Ausschuss für Entwicklungspolitik – ohne Reisen und persönliche Kontakte kann ich mir diese Arbeit nicht vorstellen.“[26]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Wolfgang Stefinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Stefinger W., Stummer H., Meyer H. Werteordnung im kirchlichen Krankenhaus - eine Fallstudie. Heilberufe Science 2011; 2(3),96-102, 9. Juni 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  2. Stefinger W., Stummer H., Meyer H. Der Einfluss der Werteordnung im Ordenskrankenhaus auf das Commitment von MitarbeiterInnen. researchgate.net, 9. Juni 2016, abgerufen am 20. Dezember 2020.
  3. Christian Deutschländer: Stefinger und Müller outen sich: Erstes schwules Paar in Unions-Fraktion mit Coming-Out. In: merkur.de. 16. Januar 2023, abgerufen am 16. Januar 2023.
  4. „Wir sind glücklich“ – Zwei Abgeordnete der Union geben Beziehung bekannt. In: welt.de. 16. Januar 2023 .
  5. Das sind die Kandidaten für München-Ost. Merkur.de, 20. September 2013, abgerufen am 7. Juni 2017.
  6. Wolfgang Stefinger als Bundestagskandidat. In: Hallo München. 24. September 2012, abgerufen am 24. Februar 2014.
  7. Abstimmung über Griechen-Hilfspaket: Das sind die 63 Abweichler aus der Unionsfraktion. Focus Online, 19. August 2015, abgerufen am 7. Juni 2017.
  8. sueddeutsche.de
  9. abendzeitung-muenchen.de
  10. Gewählte in Landeslisten der Parteien in Bayern - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
  11. Alte Stände kommen weg: Verliert der Wiener Platz sein Gesicht? tz.de, 18. April 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  12. CSU-Abgeordnete schreiben Brandbrief an OB Reiter. Bild, 19. April 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  13. Haidhausen verliert ein Wahrzeichen: Todesurteil für die historischen Standl am Wiener Platz. Focus Online, 19. April 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  14. Münchner sollen die Standl retten. Bild, 19. Mai 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  15. Kampf um die alten Stände am Wiener Platz. Oberbayerisches Volksblatt, 14. Mai 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  16. Marktstände am Wiener Platz dürfen bleiben. Süddeutsche Zeitung, 8. Juni 2016, abgerufen am 7. Juni 2017.
  17. "Freunde des Viktualienmarkts" für den Schutz der Standl. Abendzeitung München, 4. Februar 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  18. Umbau am Viktualienmarkt: Standlbetreiber fürchten um Existenz. Süddeutsche Zeitung, 8. Februar 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  19. Neuer Verein will Viktualienmarkt vor Modernisierung retten. tz.de, 7. Februar 2017, abgerufen am 7. Juni 2017.
  20. Die Steuer für Werkswohnungen fällt weg. Abendzeitung, 8. November 2019, abgerufen am 2. Januar 2020.
  21. Wenn das Finanzamt die Mieten treibt. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. Februar 2019
  22. Jahressteuergesetz 2020. Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge des Deutschen Bundestages, abgerufen am 19. Dezember 2020.
  23. Irene Kleber: Ein neues Steuergesetz für nette Vermieter. Abendzeitung, 24. Juli 2020, abgerufen am 19. Dezember 2020.
  24. Groko einigt sich auf Steuerentlastung für "nette" Vermieter. Bayerischer Rundfunk, 9. Dezember 2020, abgerufen am 19. Dezember 2020.
  25. Sven Becker, Roman Höfner, Sven Röbel: Per Businessclass zum Basar – auf Kosten des Sultanats. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2020 (online).
  26. Marco Heinrich: Beschimpft und bedroht – Nach Berichten in Spiegel und Bild. HALLO münchen, 11. Juli 2020, abgerufen am 7. November 2021.