W*-dynamische Systeme werden im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis untersucht. Es handelt sich um eine Konstruktion, mit der man aus einer Von-Neumann-Algebra und einer lokalkompakten Gruppe, die in gewisser Weise auf der Von-Neumann-Algebra operiert, eine neue Von-Neumann-Algebra gewinnt.

Definition

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Ein W*-dynamisches System ist ein Tripel   bestehend aus einer Von-Neumann-Algebra   über einem Hilbertraum  , einer lokalkompakten Gruppe   und einem Homomorphismus   von   in die Gruppe der *-Automorphismen von  , der punktweise stark stetig ist, das heißt, dass alle Abbildungen   normstetig sind.

Man kann die starke Operatortopologie durch die schwache oder ultraschwache Operatortopologie ersetzen und erhält dabei denselben Begriff.[1]

Konstruktion des Kreuzproduktes

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Zu einem W*-dynamischen System   konstruieren wir wie folgt eine Von-Neumann-Algebra  . Wir geben hier die in[2] vorgestellte Konstruktion wieder. Als erstes beschreiben wir den Hilbertraum, auf dem die neue Von-Neumann-Algebra operieren soll.

  operiere auf dem Hilbertraum   und L2(G) sei der Hilbertraum der bzgl. des Haarmaßes quadratintegrablen Funktionen. Das Hilbertraum-Tensorprodukt   kann man mit dem Raum   der messbaren Funktionen   mit   identifizieren. Die Abbildung, die einem Elementartensor   die Funktion   zuordnet, kann zu einem unitären Operator

 

fortgesetzt werden.

Nun zu den Operatoren der zu definierenden Von-Neumann-Algebra. Da der Raum   der stetigen Funktionen   mit kompaktem Träger dicht in   liegt, genügt es, die Wirkung der Operatoren auf   anzugeben. Zu jedem   definieren wir den Operator   auf   durch

 

und für jedes   den Operator   auf   durch

 .

Dann ist   ist eine Hilbertraum-Darstellung von   und   eine Gruppendarstellung von   auf dem Hilbertraum   und es gilt

  für alle  .

Daher ist die lineare Hülle der Operatoren   eine bzgl. der Involution abgeschlossene Teilalgebra von  , der beschränkten, linearen Operatoren auf  , deren schwacher Abschluss eine Von-Neumann-Algebra ist. Diese heißt die Von-Neumann-Algebra des W*-dynamischen Systems   oder das Kreuzprodukt aus   und   (vermöge  ) und wird mit   bezeichnet. Alternative Bezeichnungen sind  ,   oder  .

Beachtet man die oben angegebene Isomorphie  , so kann man zeigen, dass   im Tensorprodukt   enthalten ist.

Dualität

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Sei   eine kommutative, lokalkompakte Gruppe. Dann gibt es dazu die Dualgruppe   der stetigen Gruppenhomomorphismen  . Diese ist mit der Topologie der kompakten Konvergenz wieder eine kommutative, lokalkompakte Gruppe. Für einen solchen Gruppenhomomorphismus   definieren wir den unitären Operator   auf   durch die Formel

 .

Dann ist   ein unitärer Operator über   und man kann zeigen, dass   gilt, das heißt, dass durch

 

ein Automorphismus auf   definiert wird, der   zu einem W*-dynamischen System macht. Man kann also das Kreuzprodukt   bilden und zeigen, dass dieses isomorph zu   ist.[3]

Anwendungen

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Konstruktion von Faktoren

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Es sei   ein Borel-Raum, der Borel-isomorph zu [0,1] ist, und   ein σ-endliches Maß auf   ohne Atome, das heißt, es ist   für alle  . Wir betrachten injektive Gruppenhomomorphismen

 

einer diskreten Gruppe   in die Gruppe der Borel-Isomorphismen auf  , so dass folgendes gilt:

  • Aus   folgt für alle   auch  .
  •   operiere frei auf  , das heißt   für alle vom neutralen Element verschiedenen  .
  •   operiere ergodisch auf  , das heißt ist   mit   für ein vom neutralen Element verschiedenes  , so ist   oder  .

Aus   erhält man einen Gruppenhomomorphismus

 

in die Automorphismengruppe der abelschen Von-Neumann-Algebra   und man erhält ein W*-dynamisches System  . Daher kann man das Kreuzprodukt   bilden. Für dieses gilt[4][5]:

  • Ist   nun  -invariant, das heißt   für alle messbaren Teilmengen  , so ist   ein Typ II Faktor, und zwar ein Typ II1 Faktor, falls  , und anderenfalls ein Typ II Faktor.
  • Ist   nicht  -invariant, wohl aber invariant bzgl. einer Untergruppe von  , die ebenfalls ergodisch auf   operiert, so ist   ein Typ III Faktor.

Dafür lassen sich folgende konkrete Beispiele angeben:

Konkrete Beispiele

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(i) Sei   die Kreislinie mit dem Haarmaß  . Es sei   und

 .

Dies erfüllt die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass   ein Typ II1-Faktor ist.

(ii) Sei   mit dem Lebesguemaß  .

 .

Dies erfüllt die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass   ein Typ II-Faktor ist.

(iii) Sei   mit dem Lebesguemaß   und   sei die multiplikative Matrizengruppe  . Für   sei  . Dann erfüllt   die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass   ein Typ III -Faktor ist.

Die modulare Gruppe

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Für σ-endliche Von-Neumann-Algebren   liefert die Tomita-Takesaki-Theorie zu jedem treuen, normalen Zustand ein W*-dynamisches System  . Die Abhängigkeit vom Zustand wird durch einen sogenannten Connes-Kozykel beschrieben, woraus sich ergibt, dass die Kreuzprodukte der W*-dynamischen Systeme zu verschiedenen Zuständen isomorph sind. Man kann daher von dem Kreuzprodukt   mit der modularen Gruppe sprechen.

Die Dualität   spielt eine wichtige Rolle im Satz von Takesaki über die Struktur der Typ III Von-Neumann-Algebren.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups, Academic Press Inc. (1979), ISBN 0-1254-9450-5, 7.4.2
  2. A van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2
  3. A van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2, Theorem 4.11
  4. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups, Academic Press Inc. (1979), ISBN 0-1254-9450-5, 7.11.16
  5. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, 1983, ISBN 0-1239-3302-1, Theorem 8.6.10