Altpreußisches Infanterieregiment No. 2 (1806)

Infanterieverband der Preußischen Armee

Das Altpreußische Infanterieregiment No. 2 war ein Regiment zu Fuß, das seit dem 17. Jahrhundert unter verschiedenen Bezeichnungen in der brandenburgischen bzw. preußischen Armee bestand. Im Jahr 1808 erlebte die Preußische Armee nach der nahezu völligen Vernichtung ihrer Formationen im Krieg mit Frankreich eine Neuaufstellung durch Gerhard von Scharnhorst im Zuge der Preußischen Reformen. Dabei fand er das Infanterieregiment No. 2 weitgehend intakt vor und gliederte es in die neue preußische Armee ein. Es führte zunächst die Bezeichnung 1. Infanterie-Regiment (1. Ostpreußisches) und schließlich Grenadier-Regiment Kronprinz (1. Ostpreußisches) Nr. 1.

Regiment zu Fuß & Regimentsinhaber
neupreußisch: Grenadier-Regiment Nr. 1


Grenadier des Regiments im Polnischen Erbfolgekrieg 1734 – zeitgenössische Gudenus-Handschrift
Aktiv 1655 bis überlebte die Koalitionskriege im Reserve-Corps wurde Grenadier-Regiment Nr. 1
Staat Preußen
Streitkräfte Preußische Armee
Truppengattung Infanterie
Unterstellung I. Armee-Korps
Ehemalige Standorte bis 1756 Rastenburg, Gerdauen;
1763–1765 Rastenburg, Angerburg, Nordenburg, Drengfurt;
ab 1765 Königsberg/Pr.
Herkunft der Soldaten kantonsfrei, aus der restlichen Armee und Werbung
Inhaber 1655 Bogislaw von Schwerin,
1668 Friedrich von Dönhoff,
1696 Otto Magnus von Dönhoff,
1717 Erhard Ernst von Röder,
1743 Samuel von Schlichting,
1750 Hans Wilhelm von Kanitz,
1768 Joachim Friedrich von Stutterheim,
1783 Heinrich Wilhelm von Anhalt,
1786 Viktor Amadeus Henckel von Donnersmarck,
1793 Wilhelm Magnus von Brünneck,
1805 Ernst von Rüchel
Stammliste Altpreußische Infanterieregimenter
Stammnummer No. 2 (1806)[1] - dann Grenadier-Regiment Nr. 1
Kriege und wichtige Schlachten Großer Türkenkrieg, Spanischer Erbfolgekrieg, Zweiter Nordischer Krieg, Polnischer Erbfolgekrieg

Österreichischer Erbfolgekrieg, Siebenjähriger Krieg, Koalitionskriege – 1656 Warschau,
1697 Zenta,
1745 Hohenfriedberg,
1757 Groß-Jägersdorf,
1759 Zorndorf,
1759 Kay,
1759 Kunersdorf,
1760 Torgau,
1762 ReichenbachSchlacht bei Tannenberg (1914), Schlacht an den Masurischen Seen, Schlacht um Łódź, Schlacht um Verdun

Eine der Fahnen des Regiments

Geschichte Bearbeiten

Das Regiment wurde laut Anordnung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm vom 20. Dezember 1655 durch Bogislaw von Schwerin in Pommern und der Neumark errichtet und erstmals in der Schlacht bei Warschau eingesetzt. Die Quartiere des Regiments befanden sich 1657 in Ostpreußen (Rastenburg und Gerdauen). Die Einheit kämpfte für das Kurfürstentum Brandenburg im Krieg gegen die Franzosen und Schweden. Als Teil der Reichsarmee kämpfte der Verband 1697 bei Zenta und nahm als preußischer Heeresverband am Spanischen und Polnischen Erbfolgekrieg, am Ersten und Zweiten Schlesischen Krieg sowie am Siebenjährigen Krieg teil.

Nach der Teilnahme am Ersten und Vierten Koalitionskrieg, am Russlandfeldzug 1812 und den Befreiungskriegen wurde das Regiment 1849 nach Danzig und 1855 nach Königsberg in die Defensionskaserne Kronprinz (wo es verblieb) verlegt. 1866 nahm es am Krieg gegen Österreich, 1870/71 gegen Frankreich teil. Am 21. Juni 1888 verlieh Wilhelm II. im Andenken an seinen verstorbenen Vater, König Friedrich III., der seit seiner Zeit als Kronprinz Regimentschef gewesen war, dem Regiment den Namen Grenadier-Regiment „König Friedrich III.“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1. Am 6. Mai 1900 gab Wilhelm II. dem Regiment den alten Beinamen „Kronprinz“ zurück, den es seit dem 22. April 1864 geführt hatte. Dazu schrieb er in seiner Order:

„Ich will dem Grenadier-Regiment König Friedrich III. (1. Ostpr.) Nr. 1 an dem heutigen Tage, an welchem Ich meinen Sohn, den Kronprinzen Kaiserliche und Königliche Hoheit, à la suite des Regiments gestellt habe, den in den Kriegen von 1866 und 1870/71 mit Auszeichnung geführten Namen „Grenadier-Regiment Kronprinz (1. Ostpr.) Nr. 1“ wieder verleihen. Zugleich bestimme Ich, daß das Regiment 1. an den Helmen den Gardeadler ohne Stern 2. auf den Kragen und Ärmelplatten a. der Offiziere die Stickerei, welche von ihm in früheren Zeiten als Regiment von Kaniz getragen worden ist. b. der Mannschaften weiße Litzen, anlegt. Ich hege zu dem Regiment das zuversichtliche Vertrauen, daß es aus diesem Beweisen Meiner besonderen Königlichen Gnade einen erneuten Ansporn entnehmen wird, Mir, Meinem Hause und dem Vaterlande bis in die fernste Zukunft mit der gleichen Treue und Hingabe zu dienen, die es während seines nunmehr fast 250-jährigen Bestehens bei allen Gelegenheiten betätigt hat.“

Berlin, den 6. Mai 1900. Wilhelm R.[2]

Am 6. Mai 1904 wurde Kronprinz Wilhelm von Preußen à la suite des Regiments gestellt, nachdem er sein 18. Lebensjahr vollendet hatte.

Für die Schlachten des Ersten Weltkriegs siehe die 1. Division, dem auch das Regiment zugeordnet war. Nach Kriegsende wurde das Regiment ab 4. Dezember 1918 in Königsberg demobilisiert und am 1. Juni 1919 schließlich aufgelöst.[3]

Die Tradition führte in der Reichswehr die 9. und 12. Kompanie des 9. (Preußisches) Infanterie-Regiments fort. Mit der Bildung der Wehrmacht im März 1935 wurde die Tradition in den genannten Kompanien des nunmehr Infanterieregiment 9 genannten Verbandes weitergeführt.

Organisation Bearbeiten

Stellung des Regiments in der Armeeorganisation 1914 Bearbeiten

Regimentschef Bearbeiten

Die Regimentschefs waren:

Kommandeure Bearbeiten

Kommandeur war unter anderem:

Dienstgrad Name Datum[4]
Ernst Wilhelm von Hamilton 15. März 1803
Georg Ludwig von Rheinbaben 1809
Major Franz Christoph von Frieben Oktober 1809 (mit der Führung beauftragt)
Major Carl Wilhelm von Mayer Januar 1810 bis 30. März 1810 (mit der Führung beauftragt)
Friedrich von Both 1810
Karl Heinrich von Zielinski 1811
Karl Friedrich Ludwig von Lobenthal 1812
Bogislaw Christian Karl von Kurnatowski 1814
Oberstleutnant/Oberst Rudolf von Stengel 09. Juni 1817 bis 17. Juni 1825
Oberstleutnant/Oberst Kasimir von Hülsen 18. Juni 1825 bis 25. März 1832
Carl von Fabeck 30. März 1832
Oberstleutnant/Oberst Wilhelm Heinrich Friedrich von Kleist 30. März 1838 bis 1841
Oberstleutnant August von der Horst 21. Oktober 1841 bis 12. Januar 1842 (mit der Führung beauftragt)
Oberstleutnant/Oberst August von der Horst 13. Januar 1842 bis 8. März 1848
Oberstleutnant Karl Holfelder 09. März 1848 bis 2. Dezember 1851
Oberst Karl von Bosse 02. Dezember 1851 bis 10. Juni 1856
Oberstleutnant/Oberst Heinrich von Seydewitz 10. Juni 1856 bis 16. Mai 1859
Adolf von Stahr 19. Mai 1859
Oberstleutnant Louis von Beeren 07. April 1863 bis 22. September 1863 (mit der Führung beauftragt)
Oberst Louis von Beeren 22. September 1863 bis 30. Oktober 1866
Oberst Kuno von Auer 31. Dezember 1866
Wilhelm von Massow 13. Juni 1868
Oberstleutnant/Oberst Wilhelm von Knobelsdorff 15. März 1873 bis 11. Februar 1876
Oberstleutnant Eduard von Stocken 12. Februar bis 10. März 1876 (mit der Führung beauftragt)
Oberstleutnant/Oberst Eduard von Stocken 11. März 1876 bis 11. März 1878
Oberstleutnant Gustav von Wedel 12. März bis 12. April 1878 (mit der Führung beauftragt)
Oberstleutnant/Oberst Gustav von Wedel 13. April 1878 bis 14. April 1882
Oberst Georg Ludwig von Etzdorff 15. April 1882 bis 13. Februar 1888
Oberst Alfred von Scholten 14. Februar 1888 bis 18. September 1888
Oberst Ferdinand von Stülpnagel 19. September 1888 bis 15. Mai 1891
Oberst Albrecht von Cramer 18. Mai 1891 bis 14. November 1894
Oberstleutnant Reimer von Ende 15. November 1894 bis 26. Januar 1895 (mit der Führung beauftragt)
Oberst Reimer von Ende 27. Januar 1895 bis 11. September 1896
Oberst Alfred von Jess 12. September 1896 bis 15. August 1899
Oberst Arthur von der Groeben 16. August 1899 bis 28. Dezember 1900
Oberst Hans von Frankenberg und Ludwigsdorf 29. Dezember 1900 bis 23. April 1904
Oberst Friedrich von Massow 24. April 1904 bis 24. Januar 1908
Oberst Arnold von Bauer 27. Januar 1908 bis 17. August 1911
Oberst Conrado Paschen 18. August 1911 bis 1. August 1914

Kapellmeister Bearbeiten

Dirigent der Regimentskapelle war von 1895 bis 1909 Gustav Sabac el Cher.

Bildergalerie Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Hans Bleckwenn: Die friderizianischen Uniformen: 1753–1786. Harenberg, Dortmund 1984 (= Die bibliophilen Taschenbücher Nr. 444), Lizenz des Biblio-Verlags Osnabrück als: Das altpreussische Heer. Teil 3, Band 3–5, ISBN 3-88379-444-9, Band I: Infanterie I. S. 57 ff.
  • Johannes Gallandi:
Geschichte des königlich preussischen ersten ostpreussischen Grenadier-Regiments Nr 1 Kronprinz. 1855–1869. Mittler, Berlin 1869.
Geschichte des Grenadier-Regiments Kronprinz (1. Ostpreussischen) Nr 1. 1869–1882. Mittler, Berlin 1883.
Geschichte des Grenadier-Regiments Kronprinz (1. Ostpreußischen) Nr 1. 1882–1900. Mittler, Berlin 1901.
  • Alexander Carl von der Oelsnitz: Geschichte des königlich preussischen Ersten Infanterie-Regiments seit seiner Stiftung im Jahre 1619 bis zur Gegenwart. Mittler, Berlin 1855. Digitalisat
  • Adolph von Menzel: Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung: 100 Tafeln in farbiger Faksimile-Reproduktion / gezeichn. und erl. von Adolph Menzel. Hrsg. von Franz Skarbina und Curt Jany, Reprint des gleichlautenden, wahrscheinlich 1908 bis 1912 im Verl. Oldenbourg, Berlin, erschienenen Taf.-Werks, Sonderausg. Augsburg: Weltbild 2002, ISBN 3-8289-0523-4, S. 98 f.
  • Franz von Gottberg (Hrsg.): Das Grenadier-Regiment Kronprinz (1. Ostpreußisches) Nr.1 im Weltkriege. (Erinnerungsblätter deutscher Regimenter: Truppenteile des ehemaligen preußischen Kontingents, Band 217). Zwei Bände, Kolk, Berlin 1927–1929.
  • Alexander Bernhard Ernst von der Oelsnitz: Das Grenadier-Regiment Kronprinz ‹1. Ostpreußisches› Nr. 1 von seiner Errichtung bis zur Gegenwart. 1655–1904. Selbstverl. d. Reg., Königsberg in Preußen 1904.
  • Friedrich Hopp: Das Grenadier-Regiment Kronprinz '(1. Ostpreussisches)' Nr. 1, jetzt Grenadier-Regiment König Friedrich III. '(1. Ostpreussisches)' Nr. 1 im Kriege gegen Frankreich 1870/71. Hartungsche Verlagsdr., Königsberg 1894.
  • Stammliste aller Regimenter und Corps der Königlich Preußischen Armee. In: Kriegsministerium Preußen (Hrsg.): Stammlisten. Hansebooks, Norderstedt 2016, ISBN 978-3-7428-5014-0, S. 4–6 ([Google-Buchsuche ] – Reprint der 1786 bei Christian Friedrich Himburg in Berlin erschienenen Ausgabe).
  • Günther Voigt.: Die Garde- und die Grenadier-Regimenter 1–12 der preussischen Armee. In: Dermot Bradley, Hans Bleckwenn (Hrsg.): Deutschlands Heere bis 1918. Ursprung und Entwicklung der einzelnen Formationen. Band 1. Biblio-Verlag, Osnabrück 1980, ISBN 3-7648-1199-4.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Grenadier-Regiment Kronprinz (1.Ostpreußisches) Nr. 1 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Vgl. Liste der Infanterieregimenter der altpreußischen Armee#Erläuterung der Systematik
  2. Alexander Bernhard Ernst von der Oelsniz: Das Grenadier-Regiment Kronprinz (1. Ostpreußisches) Nr. 1 von seiner Errichtung bis zur Gegenwart 1655-1904. Kurze Darstellung der Geschichte des Regiments und seiner Fahnen. Königsberg 1904. Volltext 1855, ohne gefaltete Seiten
  3. Jürgen Kraus: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914–1918. Teil VI: Infanterie. Band 1: Infanterie-Regimenter. Verlag Militaria, Wien 2007, ISBN 978-3-902526-14-4, S. 36–37.
  4. Günter Wegmann (Hrsg.), Günter Wegner: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Teil 1: Stellenbesetzung der deutschen Heere 1815–1939. Band 2: Die Stellenbesetzung der aktiven Infanterie-Regimenter sowie Jäger- und MG-Bataillone, Wehrbezirkskommandos und Ausbildungsleiter von der Stiftung bzw. Aufstellung bis 1939. Biblio Verlag, Osnabrück 1992, ISBN 3-7648-1782-8, S. 35–38.