Da die Funktion auf dem Intervall nicht injektiv ist, besitzt die lambertsche W-Funktion auf dem Intervall zwei Funktionsäste und . Mit wird aber in der Regel der obere der Äste bezeichnet.
Die Ableitungsfunktion eines Astes der W-Funktion kann mit Hilfe der Umkehrregel der Differentialrechnung gefunden werden (an der Stelle existiert die Ableitung nicht, ihr Betrag wächst bei hinreichender Annäherung an diese Stelle in jedem Ast über alle Schranken):
sowie für den oberen Ast (der untere Ast ist für gar nicht definiert).
Die Ableitungen höherer Ordnung haben die Form
wobei die Polynome sind, die sich aus folgender Rekursionsformel berechnen lassen:
Ausgehend von ergeben sich damit die nächsten drei Ableitungen zu:
Eine Stammfunktion ergibt sich durch Substitution des ganzen Integranden:
Durch implizites Differenzieren kann man zeigen, dass folgender Differentialgleichung genügt:
Die Taylor-Reihe von um ist durch folgende Formel gegeben:
Der Konvergenzradius beträgt . Folgende zwei Funktionen haben ebenso Taylor-Reihen in diesem Muster:
Für jedes gibt es einen Zweig der W-Funktion, wobei und die oben genannten reellen Zweige darstellen. Der Hauptzweig ist insofern besonders, als er auf der gesamten komplexen Zahlenebene definiert ist; alle anderen Zweige (Nebenzweige) haben eine Definitionslücke bei . Konkret gilt
und
für alle .
Dieses Verhalten ist im Diagramm oben für die reellen Fälle exemplarisch ersichtlich.
Die Verzweigungsstelle für den Hauptzweig ist bei , die sich über den Rest der negativen Halbachse in Richtung erstreckt. Diese Verzweigung trennt den Hauptzweig von den Nebenzweigen und .
Auf den Nebenzweigen beginnt die Verzweigung bereits bei und setzt sich wie beim Hauptzweig in Richtung fort.
Alle Zweige sind injektiv und ihre Wertebereiche sind disjunkt.
Aufgefasst als Funktion mit zwei Parametern aus und hat die W-Funktion die gesamte komplexe Zahlenebene als Wertebereich.
Das Bild der reellen Achse ist die Vereinigung der reellen Achse mit der Quadratrix des Hippias, der für definierten parametrischen Kurve , wobei man unter den Grenzwert versteht, wodurch an der Stelle stetig fortgesetzt wird.
Der Kehrwert des Nachfolgers[1] von der Lambertschen W-Funktion hat diese Integraldarstellung:
Die Lambertsche W-Funktion direkt hat diese[2][3][4] Integralidentitäten:
Die kanadischen Mathematiker German Kalugin, David Jeffrey und Robert Corless entdeckten einige Formeln für die Integralrepresentation der Lambertschen W-Funktion und hielten diese Formeln in ihrer gemeinsamen Arbeit Stieltjes, Poisson and other integral representations for functions of Lambert W fest. Dieser Zusammenhang wurde danach in erweiterter Form von dem ungarischen Mathematiker István Mező entdeckt. Er schrieb in seinem Werk An integral representation for the Lambert W function die Herleitung für die Integraldarstellung der Lambertschen W-Funktion nieder.
Mit Hilfe der normalen lambertschen W-Funktion lassen sich die exakten Lösungen „transzendenter algebraischer“ Gleichungen (in x) folgender Form ausdrücken:
mit reellen Konstanten und . Die Lösung ist . Verallgemeinerungen der lambertschen W-Funktion umfassen:[5][6][7]
Eine Anwendung auf dem Gebiet der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik (Quantengravitation) in niedrigeren Dimensionen, die eine zuvor unbekannte Verknüpfung zwischen beiden Gebieten aufzeigte, siehe Journal of Classical and Quantum Gravity,[8] wobei die rechte Seite von Gleichung (1) nun ein quadratisches Polynom in ist:
Hierbei sind und voneinander verschiedene reelle Konstanten, die Wurzeln des quadratischen Polynoms. Die Lösung ist eine Funktion allein des Arguments , aber und sind Parameter dieser Funktion. Insofern ähnelt diese Verallgemeinerung der hypergeometrischen Funktion und der Meijerschen G-Funktion, aber sie gehört zu einer anderen „Klasse“ von Funktionen. Wenn , so können beide Seiten von (2) faktorisiert und auf (1) reduziert werden, sodass sich die Lösung auf die normale lambertsche W-Funktion reduziert. Gleichung (2) entspricht der Gleichung für das „Dilaton“-Feld, von dem die Metrik des „linealen“ Zwei-Körper-Gravitationsproblems in 1 + 1 Dimensionen (eine räumliche und eine zeitliche Dimension) für den Fall ungleicher (Ruhe-)Massen abgeleitet ist, sowie dem Problem der Eigenwertberechnung für das quantenmechanische Doppelminimum-Dirac-Deltafunktions-Modell in einer Dimension und mit „ungleichen“ Ladungen.
Analytische Lösungen der Energie-Eigenwerte für einen speziellen Fall des quantenmechanischen Analogons des eulerschen Drei-Körper-Problems, nämlich des (dreidimensionalen) Wasserstoffmolekül-Ions.[9] Hier ist nun die rechte Seite von (1) (oder (2)) das Verhältnis von zwei Polynomen unendlichen Grades in :
mit paarweise verschiedenen reellen Konstanten und sowie als Funktion des Energie-Eigenwertes und des Kern-Kern-Abstands . Gleichung (3), mit den Spezialfällen (1) und (2), steht in Beziehung zu einer großen Klasse retardierter Differentialgleichungen. Mit Hilfe von Hardys Begriff der „falschen Ableitung“ wurden exakte mehrfache Wurzeln für spezielle Fälle von Gleichung (3) gefunden.[10] Die Anwendungen der lambertschen W-Funktion auf grundlegende physikalische Probleme sind damit selbst für die normale lambertsche W-Funktion, siehe (1), keineswegs erschöpft. Dies zeigen jüngste Beispiele aus dem Gebiet der Atom- und Molekularphysik[11] das Keiper-Li-Kriterium für die Riemannsche Vermutung.[12]
↑David Jeffrey: Stieltjes, Poisson and other integral representations for functions of Lambert $ W$. 1. Januar 2011 (academia.edu [abgerufen am 30. Januar 2023]).
↑T. C. Scott, R. B. Mann: General Relativity and Quantum Mechanics: Towards a Generalization of the Lambert W Function. In: AAECC (Applicable Algebra in Engineering, Communication and Computing).17 Nr. 1, April 2006. S. 41–47. acm.org; Arxiv-Artikel.
↑T. C. Scott, M. Aubert-Frécon, J. Grotendorst: New Approach for the Electronic Energies of the Hydrogen Molecular Ion. In: Chem. Phys. 324: 2006. S. 323–338. doi:10.1016/j.chemphys.2005.10.031; Arxiv-Artikel.
↑Aude Maignan, T. C. Scott: Fleshing out the Generalized Lambert W Function. In: SIGSAM. 50. Jahrgang, Nr.2, 2016, S.45–60, doi:10.1145/2992274.2992275.
↑T. C. Scott, A. Lüchow, D. Bressanini, J. D. Morgan III: The Nodal Surfaces of Helium Atom Eigenfunctions. In: Phys. Rev. A. 75:060101, 2007. scitation.aip.org. (Memento vom 17. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
↑R. C. McPhedran, T.C. Scott, Aude Maignan: The Keiper-Li Criterion for the Riemann Hypothesis and Generalized Lambert Functions. In: ACM Commun. Comput. Algebra. 57. Jahrgang, Nr.3, 2023, S.85–110, doi:10.1145/3637529.3637530.