Das Mahler-Maß ist in der Mathematik ein Maß für die Komplexität von Polynomen. Es ist nach Kurt Mahler (1903–1988) benannt und wurde ursprünglich in der Suche nach großen Primzahlen verwendet. Heute ist es wegen des Zusammenhangs zu speziellen Werten von L-Funktionen Gegenstand zahlreicher Vermutungen der analytischen Zahlentheorie.

Definition Bearbeiten

Das Mahler-Maß   eines Polynoms   mit reellen oder komplexen Koeffizienten ist

 .

Hierbei ist

 

die  -Norm von  . Mit Hilfe der Jensenschen Formel kann man zeigen, dass aus

 

folgt:

 

Das logarithmische Mahler-Maß eines Polynoms ist definiert als

 .

Das Mahler-Maß einer algebraischen Zahl   ist definiert als das Mahler-Maß des Minimalpolynoms von   über  .

Eigenschaften Bearbeiten

  • Das Mahler-Maß ist multiplikativ, d. h.  
  • Für zyklotomische Polynome und ihre Produkte gilt  .
  • Satz von Kronecker: Wenn   ein irreduzibles monisches Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten und   ist, dann ist entweder   oder   ist ein zyklotomisches Polynom.
  • Die Lehmersche Vermutung besagt, dass es eine Konstante   gibt, so dass jedes irreduzible Polynom   mit ganzzahligen Koeffizienten entweder zyklotomisch ist oder   erfüllt.
  • Das Mahler-Maß eines monischen Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten ist eine Perron-Zahl.

Spezielle Werte von L-Funktionen Bearbeiten

Es gibt zahlreiche vermutete und teils auch bewiesene Beziehungen zwischen (logarithmischen) Mahler-Maßen von Polynomen und speziellen Werten von L-Funktionen.

Das historisch erste Beispiel hierfür war Smyth's Formel

 

mit

 .

Eine Vermutung von Chinburg besagt, dass man zu jeder negativen Zahl   ein Laurent-Polynom   und eine rationale Zahl   mit

 

für die Diskriminante

 

des Charakters   hat. Ein auf Boyd und Rodriguez-Villegas zurückgehender Ansatz besteht darin, logarithmische Mahler-Maße einer bestimmten Klasse von Polynomen (insbesondere A-Polynomen hyperbolischer Mannigfaltigkeiten) als rationale Linearkombinationen von Werten des Bloch-Wigner-Dilogarithmus an algebraischen Argumenten darzustellen, und dieses wiederum mit dem Volumen einer hyperbolischen Mannigfaltigkeit und über den Satz von Borel mit speziellen Werten von Zeta-Funktionen in Beziehung zu setzen.

Mahler-Maß für Polynome mehrerer Variablen Bearbeiten

Das Mahler-Maß   eines Polynoms   wird analog definiert durch die Formel

 

Es kann gezeigt werden, dass   konvergiert.[1]

Für   bezeichne

 

Dann ist

 

Literatur Bearbeiten

  • Derrick Henry Lehmer: Factorization of certain cyclotomic functions. Ann. of Math. (2) 34 (1933), no. 3, 461–479.
  • David W. Boyd: Speculations concerning the range of Mahler's measure. Canad. Math. Bull. 24 (1981), 453–469.
  • Klaus Schmidt: Dynamical systems of algebraic origin. Progress in Mathematics, 128. Birkhäuser Verlag, Basel, 1995. ISBN 3-7643-5174-8

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. W. Lawton: A problem of Boyd concerning geometric means of polynomials. J. Number Theory 16 (1983), no. 3, 356–362.