Lena Lauzemis

deutsche Schauspielerin

Lena Lauzemis (* 15. Januar 1983 in Berlin) ist eine deutsche Schauspielerin.

Ausbildung und Erfolg als Jugendliche

Bearbeiten

Lena Lauzemis ist Tochter einer Grundschullehrerin und eines Drehbuch- und Hörspielautors. Sie wuchs gemeinsam mit zwei älteren Brüdern in Berlin-Kreuzberg auf, wo sie auch bis zur zwölften Klasse das Robert-Koch-Gymnasium besuchte.[1][2][3] Mit der Schauspielerei kam Lauzemis im Alter von 13 Jahren in Berührung, als sie 1996 Mitglied der schuleigenen Theatergruppe Wild Bunch wurde. „Es kam vor allem über die Sprache, über die Gedichte, die mich fasziniert haben. Die Schultheatergruppe hat sich mit Brecht beschäftigt, das hat mich interessiert“, so Lauzemis im März 2010.[4] Es folgten Gastauftritte am Berliner Ensemble und an anderen Schauspielstätten.[5] Anlässlich des 100. Geburtstags von Bertolt Brecht trat Lauzemis 1998 mit Wild Bunch im Rahmen des Deutschen Kinder- und Jugendtheatertreffens im Berliner Caroussel Theater an der Parkaue auf. Daraufhin wurde eine Schauspielagentin auf die Schülerin aufmerksam und vermittelte ihr mit Der Sohn des verrückten Dichters (ZDFDas kleine Fernsehspiel, 1997) und Leander Haußmanns Sonnenallee (1999) erste kleine Fernseh- und Filmrollen.[3]

Im Frühjahr 1998 erschien die 15-jährige Lauzemis als Lavinia in Heiner Müllers Anatomie Titus Fall of Rome. Die Inszenierung von Regisseur Thomas Heise vertraute auf ein Schülerensemble und wurde innerhalb von drei Monaten vom theater 89 auf einem ausgedienten Fabrikgelände im Berliner Bezirk Marzahn organisiert.[6] „Das war prägend für mich. Von ihm [Müller] habe ich viel erfahren über den Körper im Raum, auf der Bühne. Was bedeutet es, wenn zwei Figuren aufeinander zulaufen?“, so Lauzemis.[4] Nach dem Part der vergewaltigten und verstümmelten Römerin gab Lauzemis ihre Pläne, Lehrerin zu werden, auf und bemühte sich um eine Karriere als Schauspielerin.[3] Durch die Pressevorführung von Anatomie Titus Fall of Rome wurde Christine Wiegand auf die Berliner Schülerin aufmerksam.[3] Die Regisseurin besetzte Lauzemis daraufhin in ihrem Fernsehfilm Das Alibi (2000). In dem Krimi-Drama war sie als jugendliche Außenseiterin zu sehen, die während einer Klassenfahrt den Mord an einer Mitschülerin durch mehrere Klassenkameraden beobachtet. Zerrissen zwischen Schuldgefühlen und Angst, deckt sie die Täter, da sie in einen der Jungen (gespielt von Jona Mues) heimlich verliebt ist.

Lauzemis’ erste Fernsehhauptrolle machte sie einem breiten deutschsprachigen Publikum bekannt und brachte ihr viel Kritikerlob ein. Der Spiegel bemerkte, es sei die „wahrhaftig wirkende Schauspielkunst der erst 17jährigen Hannah-Darstellerin Lauzemis“, die Schwächen bei Regie und Drehbuch schnell vergessen mache.[7] Die Stuttgarter Zeitung wies auf ihre „faszinierende Wandlungsfähigkeit“ hin und zog Vergleiche zur jungen Nastassja Kinski,[8] während die Berliner Zeitung Lauzemis als „herausragende Nachwuchsdarstellerin“ bezeichnete.[9] Mit der befreundeten Christine Wiegand drehte Lauzemis im selben Jahr in Los Angeles den Kurzfilm Lost in the Woods, in dem sie die Hauptrolle eines Au-pair-Mädchens übernahm.[3]

Schauspielausbildung und Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele

Bearbeiten

An den Erfolg von Das Alibi konnte Lauzemis ein Jahr später mit der weiblichen Hauptrolle in Hanno Brühls Fernsehfilm Herzrasen (2001) anknüpfen.[10][11] In dem Drama war sie als entschlossene Jugendliche Isa zu sehen, die sich in den ruhelosen, aggressiven Dieb Marco (Antonio Wannek) verliebt und diesen aus der Psychiatrie befreit. Von 2002 bis 2006 folgte eine Ausbildung zur Schauspielerin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin. Daneben belegte Lauzemis Clown-Workshops und stand unter anderem neben Stipe Erceg in Yugotrip (2004) und für Jutta Brückners Hitlerkantate (2005) mit Hilmar Thate vor der Kamera. Im letztgenannten Film war sie als junge und talentierte Musikschülerin zu sehen, deren fanatische Verehrung Adolf Hitlers sich in eine sexuelle Leidenschaft steigert, um dann in eine Mordfantasie umzuschlagen. Obwohl Hitlerkantate gemischte Kritiken erhielt, lobte der film-dienst Lauzemis’ Ursula als „eine faszinierende Entdeckung“.[12]

Nach dem Ende ihrer Schauspielausbildung wurde Lauzemis von Intendant Frank Baumbauer als festes Ensemblemitglied an die Münchner Kammerspiele geholt.[13] Dort debütierte die androgyne, dunkelblonde Schauspielerin[2] als „das Mädchen“ in Laurent Chétouanes Inszenierung von Jon Fosses Schatten (2006). In den folgenden Jahren konzentrierte sich Lauzemis auf ihre Theaterarbeit und erschien unter anderem als Kreusa in Stephan Kimmigs Version von Mamma Medea (2007), in Andreas Kriegenburgs Der Prozess nach Franz Kafka (2008), als Sascha in Anton Tschechows Platonow sowie als Victoria in Albert CamusBelagerungszustand (beide 2009). 2009 folgte der Nachwuchsförderpreis des Fördervereins Münchner Kammerspiele. Auch war sie in improvisierten Theaterprojekten wie Kriegenburgs Alles nur der Liebe wegen (2010/11) involviert, nahm an Lesungen teil und leitet bei den Münchner Kammerspielen auch eine Jugendtheatergruppe.[2]

Nach fünfjähriger Leinwandabstinenz übernahm Lauzemis im Jahr 2010 die weibliche Hauptrolle der Gudrun Ensslin in Andres Veiels Spielfilmdebüt Wer wenn nicht wir (2011), das sich auf Gerd Koenens Biografie Vesper, Ensslin, Baader stützt.[14] Laut eigenen Angaben hatte sie bereits als 18-Jährige den Part der Terroristin in einem experimentellen Film von Suse Beer (Hans und Grete) übernommen.[4] Das Drama Wer wenn nicht wir feierte seine Welturaufführung im Wettbewerb der 61. Internationalen Filmfestspiele Berlin und wurde in weiteren Hauptrollen mit August Diehl (als Bernward Vesper) und Alexander Fehling (Andreas Baader) besetzt. Lauzemis wurde von der Kritik als schauspielerische Entdeckung gefeiert und als Mitfavoritin auf den Darstellerpreis der Berlinale gehandelt,[15][16] den aber das weibliche Schauspielensemble des iranischen Beitrags Jodaeiye Nader az Simin erhielt. Andreas Kilb (Frankfurter Allgemeine Zeitung) sprach von der „Geburt eines deutschen Kinostars“. Lauzemis entdecke „in dem Tuttlinger Pfarrhausmädchen ein Amalgam aus verzehrender Sehnsucht und vernichtender Schärfe, in dem Ensslins ganzes späteres Schicksal vorgezeichnet ist“, so Kilb.[17] Ebenso positiv äußerte sich Rainer Gansera (Süddeutsche Zeitung) über die „vielschichtig flirrende und einnehmende Kontur“ der Schauspielerin, die im letzten Drittel von Wer wenn nicht wir in ihrer Verwirrung „romantisch-schön“ wirke.[18] Die Hauptrolle brachte Lauzemis eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis 2011 ein.

Lena Lauzemis lebt in München und Berlin.

Filmografie (Auswahl)

Bearbeiten

Theaterstücke (Auswahl)

Bearbeiten
Jahr Theaterstück Regie Rolle Bühne
1998 Anatomie Titus Fall of Rome Thomas Heise Lavinia theater 89
2006 Schatten Laurent Chétouane Das Mädchen Münchner Kammerspiele
2007 Mamma Medea Stephan Kimmig Kreusa Münchner Kammerspiele
2008 Zur schönen Aussicht Christiane Pohle Fräulein Christine Münchner Kammerspiele
2008 Der Prozess Andreas Kriegenburg Münchner Kammerspiele
2009 Armes Ding Felicitas Brucker Münchner Kammerspiele
2009 Bulbus Christiane Pohle Amalthea Münchner Kammerspiele
2009 Drei Farben: Blau, Weiß, Rot Johan Simons u. a. schwangere Geliebte Münchner Kammerspiele
2009 Platonow Stefan Pucher Sascha Münchner Kammerspiele
2009 Belagerungszustand Christoph Frick Victoria Münchner Kammerspiele
2010 Übermorgen ist zweifelhaft // 2012 Chris Kondek Münchner Kammerspiele
2010/11 Alles nur der Liebe wegen Andreas Kriegenburg Münchner Kammerspiele

Auszeichnungen

Bearbeiten
  • 2009: Nachwuchsförderpreis des Fördervereins Münchner Kammerspiele
  • 2011: Nominierung für den Deutschen Filmpreis für Wer wenn nicht wir („Beste darstellerische Leistung – weibliche Hauptrolle“)
  • 2011: Hessischer Fernsehpreis für Wer wenn nicht wir („Beste Darstellerin“)
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. The Wild Bunch – Gruppe In: the-wild-bunch.de.
  2. a b c Interview. dradio.de, 17. Februar 2011; abgerufen am 18. Februar 2011.
  3. a b c d e Margarete Raabe: Lena, deine blauen Augen machen uns so sentimental …. In: Die Welt, 28. April 2000, S. 41.
  4. a b c Fragen über dieses Land (Memento vom 12. März 2011 im Internet Archive) Interview. maerkischeallgemeine.de, 10. März 2010.
  5. Lena Lauzemis. In: prisma. Abgerufen am 27. März 2021.
  6. Andreas Hergeth: Basistheater Ost. In: die tageszeitung, 12. April 1999, S. 23.
  7. Einschalten: Das Alibi. In: Der Spiegel. Nr. 11, 2000, S. 131 (online – Vorschau).
  8. Simone Leinkauf: Das Ende einer Klassenreise. In: Stuttgarter Zeitung, 13. März 2000, S. 16.
  9. Drama im Duschraum. In: Berliner Zeitung, 15. März 2000.
  10. Thomas Gehringer: Verliebt und kriminell. In: Der Tagesspiegel, 25. April 2001, S. 31.
  11. Verliebter Soziopath. In: Frankfurter Rundschau, 25. April 2001, S. 21.
  12. Ulrich Kriest: Kritik. In: film-dienst, 10/2006 (aufgerufen via Munzinger Online)
  13. Sabine Leucht: Nackt und abwesend. In: Süddeutsche Zeitung, 20. Oktober 2006, S. 53
  14. Unbehagen. @1@2Vorlage:Toter Link/film-dienst.kim-info.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Andres Veiel über „Wer wenn nicht wir“'. Berlinale 2011, film-dienst.km-info.de; abgerufen am 5. Februar 2011.
  15. Hanns-Georg Rodek: Vergangenheit für Fortgeschrittene. In: Die Welt, 18. Februar 2011, Nr. 41, S. 23
  16. Eine Mutter verlässt ihr Kind. In: Stuttgarter Nachrichten, 18. Februar 2011, S. 13
  17. Andreas Kilb: Energie gleich Erfahrung mal Hass im Quadrat. In: FAZ, 18. Februar 2011, S. 34
  18. Rainer Gansera: Wachrütteln – und retten. In: Süddeutsche Zeitung, 9. März 2011, S. 11.