Intragna TI

Dorf und ehemalige Gemeinde in Centovalli im Kanton Tessin, Schweiz
TI ist das Kürzel für den Kanton Tessin in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Intragnaf zu vermeiden.

Intragna ist ein Ort in der Gemeinde Centovalli und eine ehemalige politische Gemeinde im Kreis Melezza, im Bezirk Locarno des Kantons Tessin in der Schweiz. Intragna ist Hauptort der Gemeinde Centovalli und Sitz der Gemeindeverwaltung, zugleich Hauptort des Kreises Melezza. Das Geographische Lexikon der Schweiz (1902) führt den Ortsnamen auf das lateinische "inter amnes" (deutsch: "zwischen den Flüssen") zurück[1].

Intragna
Wappen von Intragna
Wappen von Intragna
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Tessin Tessin (TI)
Bezirk: Bezirk Locarnow
Kreis: Kreis Melezza
Gemeinde: Centovalli TIi2
Postleitzahl: 6655
Koordinaten: 697401 / 114787Koordinaten: 46° 10′ 39″ N, 8° 42′ 0″ O; CH1903: 697401 / 114787
Höhe: 366 m ü. M.
Fläche: 24,06 km²
Einwohner: 897 (31. Dezember 2008)
Einwohnerdichte: 37 Einw. pro km²
Website: www.intragna.ch
Intragna, Ansicht von Norden
Intragna, Ansicht von Norden

Intragna, Ansicht von Norden

Karte
Intragna TI (Schweiz)
Intragna TI (Schweiz)
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Gemeindestand vor der Fusion am 24. Oktober 2009

Gemeindefusion Bearbeiten

Am 25. Oktober 2009 fusionierten die Gemeinden Intragna, Borgnone und Palagnedra zur neuen Gemeinde Centovalli.

Geographie Bearbeiten

 
Werner Friedli (Fotograf): Intragna, historisches Luftbild (1964)

Intragna liegt auf 369 m ü. M. auf dem abgeflachten Bergsporn zwischen den beiden Tälern der Melezza und des Isorno, am Eingang in die Täler von Onsernone und Centovalli und an der Vereinigung der beiden starken Wildbäche Isorno und Melezza, mitten in reichen Weingärten und alten Kastanienbäumen. Zur ehemaligen Gemeinde gehörten die Weiler Calezzo, Corcapolo mit Salmina, Costa, Cremaso, Golino, Pila, Rasa, Vosa sowie Verdasio mit Bolle und Sassalto.

Der mittelalterliche Ortskern erinnert eher an eine kleine Stadt als an ein Dorf, mit seinen eng aneinander gebauten drei- bis viergeschossigen Häusern, teilweise unverputzt aus lokalem Bruchstein errichtet, teilweise verputzt und farbig bemalt, und dem zentralen Platz mit dem arkadengeschmückten Haus der Gemeindeverwaltung.

Geschichte Bearbeiten

Die erste Erwähnung des Dorfes – als Intranea – stammt aus dem Jahr 1272. Im Mittelalter gehörten die Bischöfe von Como und die Capitanei von Locarno zu den Grundherren. Zusammen mit Golino und Verdasio bildete das Dorf eine Vicinia (Nachbarschaft), deren erste Statuten von 1365 stammen (revidiert 1469). Sie besass das Recht, einen Vertreter an den Rat der Pieve von Locarno zu delegieren. Der Ortsvorsteher (console) wurde abwechselnd während fünf Jahren von Intragna, dann während je einem von Golino und Verdasio gestellt. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert war Intragna Teil der Landvogtei Locarno[2].

Kirchlich war Intragna ursprünglich vom unterhalb im Melezzatal gelegenen Golino (1297 erwähnte Kirche S. Giorgio) abhängig; die 1474 geweihte Kapelle S. Gottardo in Intragna trennte sich jedoch 1653 von der im 16. Jh. entstandenen Pfarrei Golino. Die heutige Kirche wurde 1722–38 errichtet, der Glockenturm 1765–75 hinzugefügt; letzterer ist mit 65 m Höhe der höchste Campanile im Kanton Tessin. Über Jahrhunderte war Intragna primär agrarisch geprägt (Ackerbau, Viehzucht, Weinbau), dabei eher ein Ort des Pedemonte als der alpinen Höhenstufe mit Alpwirtschaft. Ab dem 16. Jh. kamen Einkünfte aus saisonaler Auswanderung (v. a. Kaminfeger in die Lombardei und ins Piemont) hinzu. In der 2. Hälfte des 19. Jh. erfolgte eine starke Auswanderung nach Übersee (Amerika, Australien). Die gewerblich-industrielle Produktion in einer Uhrenfabrik, einem Steinbruch, einer Schreinerei sowie die Fabrikation von Pedule (Stoffschuhe mit Hanfsohlen, vom Beginn des 20. Jh. bis 1962) kamen in den 1960er Jahren zum Erliegen. 1889–93 wurde die Kantonsstrasse errichtet, 1923 der Bahnhof an der Bahnlinie Locarno-Domodossola. 1929 wurde das heutige Alters- und Pflegeheim S. Donato eröffnet. Während die Bevölkerungszahl in den höher gelegenen Siedlungen stark zurückgegangen ist, sind Intragna und Golino dank ihrer Nähe zu Locarno, wohin zur Arbeit gependelt werden kann, seit 1970 gewachsen. Entsprechend sind in und um den mittelalterlichen Dorfkern neue Wohngebäude und Wohnquartiere entstanden[3].

Bevölkerung Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung
Jahr 1653 1801 1850 1900 1950 1970 2000[4] 2005 2007 2008
Einwohner 604 936 1428 1240 957 881 915 894 882 897

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Das Dorfbild ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als schützenswertes Ortsbild der Schweiz von nationaler Bedeutung eingestuft[5]

  • Pfarrkirche San Gottardo[6][7] mit Campanile – er ist mit 65,11 m der höchste im Tessin[8]
  • Wohnhaus Maggetti, Museum Centovalli und Pedemonte[6][9]
  • Pfarrkirche San Giorgio im Ortsteil Golino, erwähnt 1297, mit Gemälde San Giorgio a Cavallo (17. Jahrhundert)[6]
  • Pfarrkirche Santi Giacomo Maggiore e Cristoforo (1578) im Ortsteil Verdasio[6]
  • Pfarrkirche Sant’Anna (1746) im Ortsteil Rasa mit Gemälde Sant’Anna e Maria bambina von Pietro Ligari[6]
  • Steinbrücke auf der Strasse Intragna-Remagliasco (1588)[6]

Bilder Bearbeiten

Tourismus Bearbeiten

Intragna liegt am Eingang zu den bedeutenden Tourismusgebieten des Centovalli und des Onsernone, zudem verkehrsgünstig an der Kantonalstraße und an der Centovallibahn, die unterhalb des Ortes mit einem 82 m hohen Viadukt den Fluss Isorno überquert. Die Bahn ermöglicht die direkte Verbindung nach Locarno und Domodossola, das an der Simplonlinie liegt. Intragna ist Ausgangspunkt einer Seilbahn nach Costa mit einer Zwischenstation für den Ort Pila. In Intragna steht außerdem der mit 65,114 m höchste Campanile des Kantons. Außer dem eindrucksvollen Regionalmuseum Centovalli e Pedemonte und den beschriebenen Sehenswürdigkeiten besitzt Intragna jedoch wenig touristische Einrichtungen: zwei kleinere Hotels (zwei weitere gibt es in Golino), eine Reihe von privat vermieteten Ferienwohnungen und drei Restaurants.

Persönlichkeiten Bearbeiten

 
Intragna mit dem Viadukt der Centovallibahn

Literatur Bearbeiten

  • Eugenio Bernasconi: L’asilo ricovero San Donato Intragna. In: Pro Senectute: schweizerische Zeitschrift für Altersfürsorge, Alterspflege und Altersversicherung, Zürich 1930.
  • Rodolfo Huber: Intragna. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 21. Dezember 2016.
  • Johann Rudolf Rahn: I monumenti artistici del medio evo nel Cantone Ticino. Tipo-Litografia di Carlo Salvioni, Bellinzona 1894, (Golino) S. 116, 117.
  • Elfi Rüsch: I monumenti d’arte e di storia del Canton Ticino. Distretto di Locarno IV: La Verzasca, il Pedemonte, le Centovalli e l’Onsernone. (= Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 123). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte SKG. Bern 2013, ISBN 978-3-03797-084-3, (Golino: S. 185–199), (Intragna: S. 200–223), (Verdasio: S. 234–243).
  • Celestino Trezzini: Intragna. In: Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 4, Hoescheller – Jestetten., Attinger, Neuenburg 1927, S. 358 (Digitalisat).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Intragna TI – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. "Geographisches Lexikon der SCHWEIZ", 1902; Autorenkollektiv, Verlag von Gebrüder Attinger, Neuenburg, 1902–1910; 2. Band, Seite 635; im Internet seit 2005: http://www.eLexikon.ch/intragna, abgerufen am 10. Juli 2020
  2. Rodolfo Huber: Intragna. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 21. Dezember 2016.
  3. Rodolfo Huber: Intragna. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 10. Juli 2020.
  4. Rodolfo Huber: Intragna. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 21. Dezember 2016.
  5. Liste der Ortsbilder von nationaler Bedeutung (Memento vom 10. Juli 2018 im Internet Archive), Verzeichnis auf der Website des Bundesamts für Kultur (BAK), abgerufen am 10. Januar 2018.
  6. a b c d e f Simona Martinoli u. a.: Guida d’arte della Svizzera italiana. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Edizioni Casagrande, Bellinzona 2007, ISBN 978-88-7713-482-0, S. 215–218.
  7. Elfi Rüsch: Distretto di Locarno IV. Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2013, ISBN 978-3-03797-084-3, S. 185–243.
  8. Ticinoweekend
  9. Museo Regionale delle Centovalli e del Pedemonte