Argyrodit

Mineral aus der Gruppe der Sulfosalze

Argyrodit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ag8GeS6.

Argyrodit
Hellglänzendes Argyrodit-Kristall-Aggregat aus Colquechaca, Chayanta, Potosí, Bolivien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Agy[1]

Chemische Formel Ag8GeS6
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/B.08
II/B.08-010

2.BA.70
02.05.06.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-pyramidal; mm2[2]
Raumgruppe Pna21 (Nr. 33)Vorlage:Raumgruppe/33[3]
Gitterparameter a = 15,15 Å; b = 7,48 Å; c = 10,59 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Zwillingsbildung Pseudospinellgesetz {111}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3[4] (VH =133 bis 172[5])
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,29; berechnet: 6,32[4]
Spaltbarkeit Bitte ergänzen!
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig; spröde
Farbe stahlgrau, schwarz anlaufend
Strichfarbe grauschwarz
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Argyrodit entwickelt bis zu 18 cm große Kristalle[4] mit pseudo-oktaedrischem, -dodekaedrischem, -kubischem Habitus sowie Kombinationen dieser Formen. Auch in traubigen oder massigen Mineral-Aggregaten sowie krustigen Überzügen kann er auftreten. Die undurchsichtigen Kristalle sind in frischem Zustand von stahlgrauer Farbe mit einem Stich ins Rötliche und zeigen auf den Oberflächen einen metallischen Glanz. Mit der Zeit läuft das Mineral schwarz an.[5]

Argyrodit bildet mit Canfieldit (Ag8SnS6) eine Mischkristallreihe.[4]

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Benannt wurde Argyrodit nach altgriechisch άργυρώδης argyrṓdēs, deutsch ‚Silber enthaltend‘, in Anlehnung an seinen hohen Silbergehalt.

Erstmals entdeckt wurde das Mineral auf der Himmelsfürst Fundgrube unweit von Freiberg und beschrieben 1886 durch Albin Weisbach (1833–1901).[6]

Clemens Winkler entdeckte 1886 bei der Analyse von Argyrodit das damals neue Element Germanium.

Klassifikation Bearbeiten

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Argyrodit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Schwefel, Selen, Tellur > 1:1“, wo er zusammen mit Canfieldit und Putzit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Argyrodit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S > 1 : 1 (hauptsächlich 2 : 1)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Art der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Kupfer (Cu), Silber (Ag), Gold (Au)“ zu finden ist, wo es nach wie vor zusammen mit Canfieldit und Putzit die unbenannte Gruppe 2.BA.35 bildet.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Argyrodit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“. Hier ist er Namensgeber der „Argyroditgruppe“ mit der System-Nr. 02.05.06 und dem weiteren Mitglied innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=3:2“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Argyrodit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pna21 (Raumgruppen-Nr. 33)Vorlage:Raumgruppe/33 mit den Gitterparametern a = 15,15 Å; b = 7,48 Å und c = 10,59 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften Bearbeiten

 
Bereits schwarz angelaufene Argyrodit-Stufe mit einigen, glänzenden Restflächen aus Colquechaca, Chayanta, Potosí, Bolivien

Argyrodit besteht in reiner Form aus rund 76,5 % Silber, 6,4 % Germanium und 17,1 % Schwefel,[2] kann aber auch Beimengungen von Eisen (Fe; 0,7 %), Zinn (Sn; 3,4 %) und Spuren von Antimon (Sb) enthalten.[7]

Beim Erhitzen im einseitig geschlossenen Glasrohr liefert es ein glänzendschwarzes Sublimat, in der offenen Glasröhre dagegen Schweflige Säure; bei der Lötrohrprobe auf Kohle endlich schmilzt es zur Kugel, die weiße und citrongelbe Beschläge liefert und zuletzt ein Silberkorn zurücklässt.

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Argyrodit setzt sich bei relativ niedrigen Temperaturen aus hydrothermalen Lösungen vorwiegend in Lagerstätten mit unedlen Metallen ab. Begleitet wird es unter anderem von Akanthit, Aramayoit, Chalkopyrit, Diaphorit, Galenit, Kassiterit, Markasit und Pyrit, Polybasit, Pyrargyrit, Siderit, Sphalerit, Siderit und Stephanit.

Als seltene Mineralbildung konnte Argyrodit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2015) rund 50 Fundorte[8] als bekannt gelten. Als weiterer Fundort in Deutschland sind neben seiner Typlokalität Himmelsfürst noch die ebenfalls bei Brand-Erbisdorf gelegene „Vereinigt Feld Mine“ sowie die „Beschert Glück Mine“ bei Zug (Freiberg) in Sachsen und der Hornbühl bei Waldkirch in Baden-Württemberg bekannt.

Weitere Fundorte sind unter anderem in Jujuy und La Rioja in Argentinien, New South Wales in Australien, Departamento Oruro und Departamento Potosí in Bolivien, die Provinzen Fujian- und Hubei in China, Auvergne, Limousin und Provence-Alpes-Côte d’Azur in Frankreich, das County Tipperary in Irland, Hokkaidō und Honshū in Japan, Souss-Massa-Draâ in Marokko, Guanajuato in Mexiko, die Nordinsel von Neuseeland, Alba in Rumänien, der Föderationskreis Ferner Osten in Russland, Prešovský kraj in der Slowakei, Kastilien-La Mancha in Spanien, Värmland in Schweden, sowie Alaska, Colorado, Nevada und Utah in den USA.[9]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Wissenschaftliche Fachartikel
  • M. Onoda, X.-A. Chen, K. Kato, A. Sato, H. Wada: Structure refinement of Cu8GeS6 using X-ray diffraction data from a multiple-twinned crystal. In: Acta Crystallographica. B55, 1999, S. 721–725.
  • N. Wang: New data for Ag8SnS6 (canfieldite) and Ag8GeS6 (argyrodite). In: Neues Jahrbuch für Mineralogie. Monatshefte. 1978, S. 269–272.
  • A. Weisbach: Argyrodit, ein neues Silbererz. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaontologie. Band 2, 1886, S. 67–71 (rruff.info [PDF; 222 kB]).
In Kompendien

Weblinks Bearbeiten

Commons: Argyrodite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Webmineral – Argyrodite (englisch)
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 67.
  4. a b c d Argyrodite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 61 kB)
  5. a b Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 302.
  6. A. Weisbach: Argyrodit, ein neues Silbererz. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaontologie. Band 2 (1886), S. 67–71 (PDF 222,3 kB)
  7. Mindat - Argyrodite
  8. Mindat - Anzahl der Fundorte für Argyrodit
  9. Fundortliste für Argyrodit beim Mineralienatlas und bei Mindat