Wierzbiny (deutsch Wiersbinnen; von 1938 bis 1945 Stollendorf) ist ein Ort im Powiat Piski (Kreis Johannisburg) in der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Er gehört zur Gmina Orzysz (Stadt- und Landgemeinde Arys).

Wierzbiny
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Wierzbiny (Polen)
Wierzbiny (Polen)
Wierzbiny
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Powiat: Pisz
Gmina: Orzysz
Geographische Lage: 53° 47′ N, 21° 59′ OKoordinaten: 53° 47′ 26″ N, 21° 58′ 33″ O
Höhe: 130 m n.p.m.
Einwohner: 252 (31. März 2011[1])
Postleitzahl: 12-250[2]
Telefonvorwahl: (+48) 87
Kfz-Kennzeichen: NPI
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK 16: GrudziądzOlsztynMrągowoOrzyszRuska WieśEłkAugustówOgrodniki (–Litauen)
1867N: DrygałyBemowo Piskie → Wierzbiny
Eisenbahn: Czerwonka–Ełk (kein regulärer Betrieb)
Bahnstation: Orzysz
Nächster int. Flughafen: Danzig



Geographische Lage Bearbeiten

Das Straßendorf Wierzbiny liegt in der Masurischen Seenplatte im ehemaligen Ostpreußen am Südwestufer des Aryssees (polnisch Jezioro Orzysz) und am Südufer des Wiersbinner See (1938 bis 1945: Stollendorfer See, polnisch Jezioro Wierzbińskie), etwa drei Kilometer südöstlich der Stadt Orzysz (Arys) in der östlichen Woiwodschaft Ermland-Masuren.

 
Blick auf den Jezioro Wierzbińskie (Wiersbinner/Stollendorfer See)

Geschichte Bearbeiten

Das vor 1785 Wyrsbynn, nach 1818 Wierzbinnen und bis 1938 Wiersbinnen genannte Dorf wurde 1467 gegründet[3]. Im Jahr 1782 gab es in dem Dorf, das mit Kulmer Recht bewidmet war, 19 Haushaltungen (Feuerstellen).[4]

Am 8. April 1874 wurde Wiersbinnen Amtsdorf und damit namensgebend für einen Amtsbezirk,[5] der – 1938 in „Amtsbezirk Stollendorf“ umbenannt – zum Kreis Johannisburg im Regierungsbezirk Gumbinnen (ab 1905: Regierungsbezirk Allenstein) der preußischen Provinz Ostpreußen gehörte.

Das südliche Hinterland von Wiersbinnen gehörte zum Truppenübungsplatz Arys, den schon die kaiserliche Armee benutzte, dann die Reichswehr, die Wehrmacht und heute die polnische Armee. Die wirtschaftliche Nutzung der seenreichen Landschaft bestand im Fischfang, Torfabbau und der Forstwirtschaft - (Staatsforst).[6]

Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags stimmte die Bevölkerung im Abstimmungsgebiet Allenstein, zu dem Wiersbinnen gehörte, am 11. Juli 1920 über die weitere staatliche Zugehörigkeit zu Ostpreußen (und damit zu Deutschland) oder den Anschluss an Polen ab. In Wiersbinnen stimmten 480 Einwohner für den Verbleib bei Ostpreußen, auf Polen entfielen keine Stimmen.[7]

Wiersbinnen führte diesen Namen bis 1938 und wurde dann in „Stollendorf“ umbenannt. Bei einer statistischen Übersicht der Orte des Regierungsbezirks Allenstein, Kreis Johannisburg, war der Ort Stollendorf, der im nördlichen Teil des Kreisgebiets lag, im Jahr 1938 mit 631 Einwohnern aufgeführt.[8]

Gegen Ende dss Zweiten Weltkriegs besetzte im Frühjahr 1945 die Rote Armee die Region. Bald darauf wurde das Dorf zusammen mit der südlichen Hälfte Ostpreußens unter polnische Verwaltung gestellt. Es kamen nun polnische Zivilisten ins Dorf, es erhielt den polnischen Ortsnamen „Wierzbiny“. Soweit die Einwohner nicht geflohen waren, wurden sie in der darauf folgenden Zeit größtenteils vertrieben oder später ausgesiedelt.

Wierzbiny ist heute Sitz eines Schulzenamtes[9] (polnisch Sołectwo) und somit eine Ortschaft in der Stadt- und Landgemeinde Orzysz (Arys) im Powiat Piski (Kreis Johannisburg), bis 1998 der Woiwodschaft Suwałki, seither der Woiwodschaft Ermland-Masuren zugehörig.

Einwohnerzahlen Bearbeiten

Amtsbezirk Wiersbinnen/Stollendorf (1874–1945) Bearbeiten

Der Amtsbezirk Wiersbinnen bestand ursprünglich aus sechs, am Ende aus fünf Dörfern[5]:

Name Änderungsname
1938 bis 1945
Polnischer Name Bemerkungen
Arys-See (Gutsbezirk) 1928 nach Wiersbinnen eingegliedert
Groß Schweykowen Scharnhorst Szwejkowo
Kaminsken Erlichshausen Kamieńskie
Mittel Schweykowen Schweiken Szwejkówko 1928 nach Groß Schweykowen eingegliedert
Strzelnicken (ab 1930:)
Schützenau
Strzelniki
Wiersbinnen Stollendorf Wierzbiny
nach 1908: Oszywilken (ab 1928:)
Wolfsheide
Oszczywilki vorher: Amtsbezirk Grondowken/Valenzinnen[12]
ab 1929: Arys, Truppenübungsplatz

Am 1. Januar 1945 bildeten die Dörfer Arys, Truppenübungsplatz, Erlichshausen, Schützenau, Stollendorf und Wolfsheide den Amtsbezirk Stollendorf.

Kirche Bearbeiten

Bis 1945 war Wiersbinnen resp. Stollendorf in die evangelische Kirche Arys[13] in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union sowie in die römisch-katholische Herz-Jesu-Kirche Arys im damaligen Bistum Ermland eingepfarrt.

Heute gehören die katholischen Einwohner von Wierzbiny noch immer zu Orzysz, das heute dem Bistum Ełk der Römisch-katholischen Kirche in Polen zugeordnet ist. Die evangelischen Kirchenglieder halten sich zur Kirchengemeinde in der Kreisstadt Pisz (Johannisburg) in der Diözese Masuren der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen.

Verkehr Bearbeiten

Wierzbiny liegt an der bedeutenden polnischen Landesstraße 16 (einstige deutsche Reichsstraße 127), die die drei Woiwodschaften Kujawien-Pommern, Ermland-Masuren und Podlachien miteinander verbindet. Außerdem endet die von Drygały (Drygallen, 1938 bis 1945 Drigelsdorf) kommende und durch das militärische Sperrgebiet führende Nebenstraße in Wierbiny.

Die nächste Bahnstation ist die Stadt Orzysz an der – allerdings nicht mehr regulär befahrenen – Bahnstrecke Czerwonka–Ełk (Rothfließ–Lyck).

Literatur Bearbeiten

  • Otto Barkowski: Beiträge zur Siedlungs- und Ortsgeschichte des Hauptamtes Rhein. In: Altpreussische Forschungen. Band 11 (1934), Heft 1, S. 197–224.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. GUS 2011: Ludność w miejscowościach statystycznych według ekonomicznych grup wieku, 31. März 2011, abgerufen am 21. April 2019 (polnisch).
  2. Polnisches Postleitzahlenverzeichnis 2013, S. 1451
  3. Dietrich Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Stollendorf
  4. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I. Königsberg/Leipzig 1785, S. 181.
  5. a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Wiersbinnen/Stollendorf
  6. TK25 Blatt 2297 Wiersbinnen - Ausgabe 1936 (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/amzpbig.com
  7. Herbert Marzian, Csaba Kenez: Selbstbestimmung für Ostdeutschland. Eine Dokumentation zum 50. Jahrestag der ost- und westpreussischen Volksabstimmung am 11. Juli 1920. Herausgeber: Göttinger Arbeitskreis, 1970, S. 78
  8. Fritz R. Barran, Landsmannschaft Ostpreußen (Hrsg.): Städte-Atlas Ostpreußen. Rautenbergverlag, Würzburg 2002, ISBN 3-8003-3050-4, S. 194
  9. Gmina Orzysz
  10. Alexander August Mützell: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T – Z. Halle 1823, S. 149, Nr. 2349.
  11. a b Michael Rademacher: Johannisburg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. Rolf Jehke, Amtsbezirk Grondowken/Valenzinnen
  13. Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Band 3: Dokumente. Göttingen 1968, S. 491