Das ungarische Sprachgebiet wird traditionell von Ethnographen und Sprachwissenschaftlern in mehrere Dialekte (ung. nyelvjárás) und diese weiter in Dialektregionen bzw. -gruppen (ungarisch nyelvjárási régió, csoport) unterteilt. Sie unterscheiden sich in Phonologie und Wortschatz in geringerem Maße voneinander als z. B. die Dialekte des deutschen oder italienischen Sprachgebiets. Daher sind ungarische Dialektsprecher zumeist in der Lage, relativ reibungslos Sprecher anderer Dialekte zu verstehen. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts sind zahlreiche Dialekte und dialektale Sprachformen zugunsten des ungarischen Standards (geprägt von der Literatursprache und dem Sprachgebrauch in der Hauptstadt Budapest) verdrängt worden, wodurch das Sprachgebiet innerhalb der Republik Ungarn noch weiter vereinheitlicht worden ist. Außerhalb der Republik Ungarn sind die ungarischen Dialekte seit dem Friedensvertrag von Trianon stark von den jeweiligen Staatssprachen (u. a. Rumänisch, Slowakisch, Serbisch bzw. Kroatisch, Slowenisch, Deutsch und Ukrainisch respektive Russisch) beeinflusst worden. Eine Ausnahme und damit signifikante phonologische und lexikalische Abweichung von den acht Dialekten im Gebiet des historischen Königreichs Ungarn bildet nur der Tschango-Dialekt der Moldau, der eine archaische Form der ungarischen Sprache bewahrt hat und stets außerhalb der Grenzen Ungarns gesprochen wurde.

Linguistische Klassifikation

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Die Verbreitung der ungarischen Dialekte

Nach der klassischen Theorie werden im ungarischen Sprachraum neun große Dialektgruppen unterschieden:

  1. die westtransdanubischen Dialekte, nyugati nyelvjárások
  2. die transdanubischen Dialekte, dunántúli nyelvjárások
  3. die Süddialekte, déli nyelvjárások
  4. die Theiß-Dialekte, tiszai nyelvjárások
  5. die Nordwestdialekte, palóc nyelvjárások
  6. die Nordostdialekte, északkeleti nyelvjárások
  7. die mittelsiebenbürgischen Dialekte, mezőségi nyelvjárások
  8. die Szekler-Dialekte, székely nyelvjárások
  9. die Tschango-Dialekte, csángó nyelvjárások

Dialektgruppen

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Nachfolgend werden die Besonderheiten der einzelnen Dialektgruppen kurz vorgestellt und anhand von Beispielen erläutert.

Süddialekte

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Diese Dialekte werden im Süden der Großen Ungarischen Tiefebene gesprochen, also südlich von Budapest, zwischen Donau und Theiß sowie westlich der Donau südlich des Plattensees. Das Dialektgebiet umfasst auch die Vojvodina (in Serbien) und das rumänische Banat.

Lexikalisch gesehen ist das Dialektgebiet sehr gemischt, da weite Landstriche in der Zeit der Besatzung durch das Osmanische Reich entvölkert und anschließend durch Sprecher aus anderen Regionen neu besiedelt wurden. Es finden sich auch Dialektwörter aus den benachbarten Dialektgebieten.

Phonetische Merkmale:

Phänomen Süddialekte Standardsprache Deutsch
ö statt e ​[⁠ɛ⁠]​ in bestimmten Fällen embör ember Mensch
mögitta megitta er/sie/es hat etwas ausgetrunken
mögötte megette er/sie/es hat etwas aufgegessen
é [e:] statt í [i:] in der betonten Silbe késér kísér begleiten
westlich der Donau Ausfall des l am Silbenende abbú abból von dort weg
l statt ly ​[⁠j⁠]​ in den Komitaten Somogy und Baranya folik folyik fließen
góla gólya Storch
Assimilation der vorhergehenden Konsonanten an das v in bestimmten Fällen ödven ötven fünfzig
Assimilation des v an den vorhergehenden Konsonanten in anderen Fällen Husfét Husvét Ostern

Transdanubische Dialekte

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Das transdanubische Dialektgebiet umfasst die westlich der Donau gelegenen Landesteile Ungarns und ist vielfältig untergliedert. In der Lexik sind neben inneren Entwicklungen südslawische und deutsche Einflüsse zu beobachten, z. B. ja statt igen.

Ein Hauptmerkmal der transdanubischen Dialekte ist die Unterscheidung zwischen dem kurzen offenen e ​[⁠ɛ⁠]​ und dem ebenfalls kurzen, aber geschlossenen ë [e], das in der Schriftsprache nicht wiedergegeben wird. Es findet sich aber beispielsweise in Partituren von Zoltán Kodály. Dabei weicht das offene e von der Standardaussprache ab und nähert sich einem kurzen á [a]. Dieses und weitere phonetische Merkmale werden in der folgenden Tabelle dargestellt:

Phänomen Transdanubische Dialekte Standardsprache Deutsch
Vorhandensein des ​[⁠e⁠]​ (kurzes geschlossenes „e“) [ɟɛrek] gyerek [ɟɛrɛk] Kind
kurzes á ​[⁠a⁠]​ statt e ​[⁠ɛ⁠]​ in bestimmten Fällen [ambɛr] ember Mensch
[almɛɟ] elmegy verschwinden, weggehen
[mɛgɛtːa] megette er/sie/es hat etwas aufgegessen
Verkürzung der Hochzungenvokale ú, ű, í tüz tűz Feuer
husz húsz zwanzig
í statt é szíp szép schön
nígy négy vier
​[⁠j⁠]​ statt ​[⁠l⁠]​ in vielen Teilen des Dialektgebiets jány lány Mädchen
Palatalisierung bei einigen Konsonanten gyün jön kommen
kalaptya kalapja sein/ihr Hut
irnyi írni schreiben
Längung von Konsonanten zwischen Vokalen esső eső Regen
tanittó tanító Lehrer

Westtransdanubische Dialekte

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Diese auch als „Westdialekte“ bezeichneten Dialekte werden westlich des Gebiets gesprochen, auf dem die transdanubischen Dialekte verbreitet sind, also in den Grenzgebieten zu Österreich und im Burgenland. In lexikalischer Hinsicht ist der häufige Gebrauch des deutschen ja statt igen zu erwähnen. Das gy ​[⁠ɟ⁠]​ nähert sich dem dzs ​[⁠ʤ⁠]​.

Phonetische Merkmale:

Phänomen Dialekte westlich der Donau Standardsprache Deutsch
Vorhandensein des ​[⁠e⁠]​ (kurzes geschlossenes „e“) [ɟɛrek] gyerek [ɟɛrɛk] Kind
Aussprache der Mittelzungenvokale ó, ő, é als steigende Diphthonge [swo] szó Wort
[lɥø] schießen
[kjez] kéz Hand
ö statt e nach labialen Konsonanten föst fest malen
bötü betű Buchstabe
í statt é im Norden des Dialektgebiets szíp szép schön
nígy négy vier
Verkürzung der Hochzungenvokale ú, ű, í tüz tűz Feuer
viz víz Wasser
ll statt ly ​[⁠j⁠]​ millen milyen was für ein/e
häufiger Ausfall des l am Silben- oder Wortende oder nach langen Vokalen körübelü körülbelül ungefähr
szányi szállni fliegen
Palatalisierung bei einigen Konsonanten irnyi írni schreiben
kalaptya kalapja sein/ihr Hut
n statt ny am Wortende asszon asszony Frau
gyün jön kommen

Im Burgenland wird gy vollständig zu dzs:

Dialekt im Burgenland Standardsprache Deutsch
[ʤɛrek] gyerek Kind

Nordwestdialekte

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Diese auch „Palóczen-Dialekte“ (palóc nyelvjárások) genannten Dialekte werden in Nordungarn und in der Slowakei gesprochen. Das Dialektgebiet beginnt östlich der Waag, verläuft nördlich der Donau und der Linie BudapestCeglédSzolnok bis zur Theiß und zum Sajó-Hernád-Becken. Der Wortschatz dieser Dialekte weist Einflüsse aus dem Slowakischen auf. Es gibt drei Untergruppen:

Phonetische Merkmale:

Phänomen Nordwestdialekte Standardsprache Deutsch
​[⁠a⁠]​ statt ​[⁠ɒ⁠]​ [alma] alma [ɒlmɒ] Apfel
[ɒ:] statt [a:] [samɒ:r] szamár Esel
[ɛ:] statt [e:] in einigen Fällen [tɛhɛ:n] tehén Kuh
i statt ü kilső külső exterior
pispek püspök Bischof
​[⁠e⁠]​ (kurzes geschlossenes e) statt ö ser sör Bier
Diphthongierung der Vokale á, é, ó, ő [ˈvu̯a:roʃ] város Stadt
[ˈi̯e:dɛʃ] édes süß
[ˈlɒ̯o:] Pferd
[ˈy̯ø:rzøm] őrzöm er/sie/es bewacht etwas
historische Aussprache des Digraphen ly ​[⁠ʎ⁠]​ [foʎo:] folyó [fojo:] Fluss
[goʎo:] golyó [gojo:] Kugel
[ʎuk] lyuk [juk] Loch
allgemeine Palatalisierung der Konsonanten vor i und ü gyinnye dinnye Melone
szeretyi szereti er/sie/es mag/liebt jemanden/etwas
Verkürzung der Verbformen bei Verben, deren Stamm auf t endet süttem sütöttem ich habe gebacken
Keine Assimilation des v im Suffix -val/-vel an den vorhergehenden Konsonanten szekérvel szekérrel mit dem Wagen

Nordostdialekte

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Diese Dialekte bildeten den Ausgangspunkt für die ungarische Standard- und Literatursprache. Das Gebiet liegt nördlich des Oberlaufs der Theiß und die Region Transkarpatien in der Ukraine und umfasst südlich der Theiß bis zur Schnellen Kreisch auch den Nordwesten Rumäniens.

Phonetische Merkmale:

Phänomen Nordostdialekte Standardsprache Deutsch
Aussprache der Mittelzungenvokale ó, ő, é als fallende Diphthonge [jow] gut
[løɥ] schießen
Längung der Vokale vor l, r und j ​[⁠j⁠]​ kólbász kolbász Wurst
häufige Verkürzung der Hochzungenvokale ú, ű, í buza búza Weizen
in einigen Fällen Längung intervokalischer Konsonanten meggett mögött hinter
közzé közé zwischen (Bewegung zu etwas hin)

Östlich von Debrecen und in einigen Regionen Rumäniens und der Ukraine wird das ö der Standardsprache in den meisten Fällen wie e ​[⁠ɛ⁠]​ ausgesprochen:

Dialekte östlich von Debrecen Standardsprache Deutsch
ser sör Bier
perkelt pörkölt Gulasch
megcsemerlett megcsömörlött er/sie/es ekelte sich

Ausnahmen: öt („fünf“), ökör („Ochse“), zöld („grün“) werden wie in der Standardsprache ausgesprochen.

Eine morphologische Besonderheit dieser Dialekte stellt das Suffix -n in der dritten Person Singular im Indikativ Präsens dar:

Nordostdialekte Standardsprache Deutsch
megyen megy gehen
veszen vesz nehmen, kaufen

Theiß-Dialekte

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Diese Dialekte werden im östlichen Landesteil Ungarns gesprochen, der im Ungarischen Tiszántúl („jenseits der Theiß“) heißt und sich vom Mittellauf der Theiß in östlicher Richtung bis zum äußersten Westen Rumäniens erstreckt, also auch Teile der Kreise Arad und Timiș umfasst.

Bei der Aussprache unterscheidet sich der Dialekt in folgenden Merkmalen von der Standardsprache:

Phänomen Theiß-Dialekte Standardsprache Deutsch
Vorhandensein des ​[⁠e⁠]​ (kurzes geschlossenes „e“) [ɟɛrek] gyerek [ɟɛrɛk] Kind
Aussprache der Mittelzungenvokale ó, ő, é als fallende Diphthonge [jow] gut
[løɥ] schießen
í [i:] statt é [e:] níz néz sehen
píz pénz Geld
fílsz félsz du hast Angst
Längung der Vokale vor den Konsonanten l, r und dem Halbvokal j an der Silbengrenze [ɛ:lmɛnt] elment verschwunden, weggegangen
​[⁠j⁠]​ statt ​[⁠l⁠]​ jány lány Mädchen
Verkürzung der Verbformen bei Verben, deren Stamm auf t endet süttem sütöttem ich habe gebacken

Die Dialekte im Nordosten dieser Gruppe weisen auch im Wortschatz Ähnlichkeiten mit der Gruppe der mittelsiebenbürgischen Dialekte auf.

Mittelsiebenbürgische Dialekte

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Diese Dialekte werden im Flachland Siebenbürgens und im Partium (Kreise Arad, Bihor, Maramureș, Satu Mare und Sălaj) gesprochen. Morphologisches Merkmal dieser Dialekte ist die Verwendung einer in der Standardsprache geschwundenen Zeitform der Vergangenheit (Perfekt), die z. B. auch im Rumänischen vorhanden ist: mene („ich bin gegangen“), jövék („ich bin gekommen“).

Phonetische Merkmale:

Phänomen Mittelsiebenbürgische Dialekte Standardsprache Deutsch
Öffnung des ​[⁠o⁠]​ (Ersetzung durch ​[⁠ɒ⁠]​) bagár bogár Käfer
malam malom Mühle
szaba szoba Zimmer
Öffnung des ö (Ersetzung durch ​[⁠œ⁠]​) [tœk] tök [tøk] Kürbis
häufige Verkürzung der Langvokale házbol házból aus dem Haus (heraus)
mellöl mellől von … her (aus der Nachbarschaft von etwas weg)
Aussprache der Mittelzungenvokale ó, ő, é als fallende Diphthonge [jow] gut
[løɥ] schießen
fast immer ​[⁠j⁠]​ statt ​[⁠l⁠]​ jány lány Mädchen

In der Region Țara Călatei/Kalotaszeg ist noch der Rhotazismus beim l vor s ​[⁠ʃ⁠]​ zu erwähnen:

Dialekt in der Region Țara Călatei/Kalotaszeg Standardsprache Deutsch
[ɛrʃøɥ] első erster, erste, erstes

Szekler-Dialekte

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Diese Dialekte werden hauptsächlich im Szeklerland gesprochen, also in den Kreisen Mureș, Harghita und Covasna.

Die phonetischen Abweichungen von der Standardsprache finden sich auch in anderen Dialekten. Im Gebiet von Odorheiu Secuiesc wird ö statt e ​[⁠ɛ⁠]​ gesprochen, ähnlich wie im Komitat Baranya (Süddialekt). Die westlichen Szekler-Dialekte weisen Einflüsse aus den mittelsiebenbürgischen Dialekten auf, z. B. beim Vokal o (Ersetzung durch ​[⁠ɒ⁠]​). Ähnlich wie in den Nordwestdialekten werden in den Szekler-Dialekten ausschließlich die verkürzten Verbformen der Verben verwendet, deren Stamm auf t endet: süttem („ich habe gebacken“) statt sütöttem.

In den Szekler-Dialekten werden Tempora bewahrt, die dem Perfekt und dem Plusquamperfekt in den romanischen Sprachen entsprechen: mene („er/sie/es ist gegangen“), kére („er/sie/es hat gebeten“), bzw. ment vala („er/sie/es war gegangen“), kért vala („er/sie/es hatte gebeten“). Sehr charakteristisch für diese Dialekte ist auch die ausschließliche Verwendung der Form s für die Konjunktion és („und“).

Die Szekler-Dialekte heben sich weniger durch die Aussprache als durch die Syntax von den anderen Dialekten ab, die von Generation zu Generation vererbte vielfältige Redewendungen aufweist. Dies zeigt sich vor allem in der Volksdichtung, also im Stil der Volkslieder, -märchen und -balladen, und in den Romanen und Erzählungen von Schriftstellern, die sich stilistisch von der Vielfalt der Dialekte der Szekler inspirieren ließen.

Beispiele für Wörter und Ausdrücke der Szekler:

Szekler-Dialekte Wörtliche Übersetzung Standardsprache Deutsch
ádámbűz „Adamsgeruch“ a házhoz nem tartozó ember szaga Geruch nach einem Fremden
ahajt ott dort
elszövődik a nap „die Sonne wird verwoben“ fátyolfelhő kerül a nap elé Schleierwolken schieben sich vor die Sonne
gürüzdölés / görözdölés köszörülés Schliff
kacsiba / kacsuba / kacsuka csámpás Nichtsnutz, Taugenichts
megbonyul megellik gebären (bei Tieren)
odaül valahol „sich irgendwo hinsetzen“ sokáig tartózkodik valahol sich lange irgendwo aufhalten
olló gida Zicklein
ollózik ellik (kecske) Zicklein gebären
összebüszüdik megromlik, megbüdösödik verderben, zu stinken beginnen

Tschango-Dialekte

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Diese Dialekte werden jenseits der Karpaten in der Region Moldau von etwa 62.000 Personen gesprochen, vor allem in den Kreisen Bacău, Neamț, Iași und Vrancea.

Die Phonetik weist Ähnlichkeiten zu den mittelsiebenbürgischen und Szekler-Dialekten auf, z. B. die Öffnung des Vokals o (Ersetzung durch ​[⁠ɒ⁠]​).

Charakteristisch für die Lexik ist das Fehlen der Wörter, die zur Zeit der Spracherneuerung (19. Jahrhundert) Eingang ins Ungarische gefunden haben.

Bei den grammatischen Strukturen sind wie in dem Szekler-Dialekt Zeitformen verbreitet, die dem Perfekt und dem Plusquamperfekt entsprechen: mene („er/sie/es ist gegangen“), kére („er/sie/es hat gebeten“) bzw. ment vala („er/sie/es war gegangen“), kért vala („er/sie/es hatte gebeten“).

Die Tschango-Dialekte werden zwei Untergruppen unterteilt, wobei die archaischen Dialekte der Tschangos von etwa 10.000 bis 15.000 Personen und die mit dem Szekler-Dialekt vermischten Dialekt der Tschangos von etwa 10.000 bis 13.000 Personen gebraucht werden:

  • Die archaischen Dialekte werden im Norden des Dialektgebiets gesprochen. Es handelt sich um die Sprachform der Gruppe der Tschangos der Moldau, die nicht von den Szeklern abstammt und um den einzigen Dialekt des Ungarischen, der sich vollständig eigenständig entwickelt hat, da seit dem Mittelalter eine vollständige Trennung vom übrigen ungarischen Sprachgebiet besteht. Daher kann hier auch die Auffassung vertreten werden, es handele sich um eine eigene regionale Sprache.

Charakteristisch für die Aussprache ist die spezifische, „zischelnde“ Realisierung des s [ʃ]. Dennoch stellen das gezischelte s und das sz [s] verschiedene Phoneme dar. Ein anderes Aussprachemerkmal ist das häufige Vorkommen des Phonems ​[⁠ʤ⁠]​:

Archaische Dialekte Standardsprache Deutsch
[ʤɛrmɛk] gyermek Kind
[ʤio:] dió Nuss
[mɛʤ] megy gehen

Im Wortschatz haben sich sprachliche Formen aus dem Mittelalter erhalten. Zugleich wurden viele Lehnwörter aus dem Rumänischen übernommen. Die Dialekte sind auch für rumänischsprechende Ungarn nur schwer verständlich, weil häufig Archaismen oder eigene Tschango-Wörter gebraucht werden, die nicht rumänischen Ursprungs sind:

Archaische Dialekte Standardsprache Deutsch
bücsü becsület Ehre
csúkmony tojás Ei
eszüdni hozzáérteni (sach)kundig sein, sich auf etwas verstehen
filjesz nyúl Kaninchen
hét mikor wann
ő er/sie/es
külpis/külbécs csiga Schnecke

Spezifisch für den lexikalisch-grammatischen Bereich ist die häufige Verwendung von Diminutivsuffixen, die an zahlreiche Substantive (Personen- sowie Tier- und Objektnamen) und auch an Adjektive und Adverbien angefügt werden. Das Suffix -ka/-ke ist dabei zum Bezeichner des Femininums bei Ethnonymen geworden:

Archaische Dialekte Standardsprache Deutsch
magyarka magyar nő Ungarin

Besonderheiten in der Syntax:

Phänomen Archaische Dialekte Standardsprache Deutsch
Auslassung des Prädikats („sein“) Arra a kecke a heden. Arra van a kecske a hegyen. Die Ziege ist dort auf dem Hügel.
Auslassung der Artikel in bestimmten Fällen Feredik a búza napba. Fürdik a búza a napban. Der Weizen steht in der Sonne.
Indikativ statt Konditional Mintha úszik búzába. Mintha úszna a búzában. Als ob er im Weizen schwömme.

Der archaische Wortschatz der Tschangos wird stark vom Rumänischen beeinflusst, beispielsweise bei Fachbegriffen aus Land- und Viehwirtschaft, Verwaltung, Justiz, Industrie, Handel, Technik sowie bei Adverbien, Konjunktionen und Interjektionen. Viele Entlehnungen sind in den Grundwortschatz eingegangen, wobei im Vokabular darüber hinaus Strukturen und Ableitungen aus dem Rumänischen übernommen werden.

  • Die Dialekte der Tschangos der Moldau, die von den Szeklern abstammen, werden im Süden des Dialektgebiets gesprochen und zeigen Ähnlichkeiten mit den Szekler-Dialekten aus den Gebieten Trei-Scaune/Háromszék und Ciuc/Csík. Dabei fehlen jedoch (siehe oben) die Wörter aus der Zeit nach der Spracherneuerung, und es sind ebenfalls Entlehnungen aus dem Rumänischen vorhanden, jedoch in geringerem Maße als im Norden des Dialektgebiets. Die Mehrheit der Tschangos der Moldau (etwa 40.000 bis 44.500 Personen) spricht diese Dialekte.
  • Außerdem gibt es etwa 9.500 Personen, die Dialekte sprechen, die zwischen den beiden Untergruppen angesiedelt sind.

Literatur

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  • Iván Balassa; Gyula Ortutay: Magyar néprajz (Ungarische Ethnographie), Corvina, Budapest 1980, Teil III, Szellemi műveltség (Geistige Bildung), Kapitel A szellemi műveltség kifejezésének eszközei (Mittel zum Ausdrücken der geistigen Bildung), Unterabschnitt A magyar nyelvjárások (Ungarische Dialekte).
  • Loránd Benkő: Magyar nyelvjárástörténet (Ungarische Dialektgeschichte). Tankönyvkiadó, Budapest 1957.
  • Loránd Benkő: Új módszerbeli lehetöségek a magyar nyelvjárástörténeti vizsgálatokban (Neue methodische Möglichkeiten in den Untersuchungen zur ungarischen Dialektgeschichte), 1961. In: Magyar Nyelv 57, S. 401–413.
  • Béla Kálmán: Nyelvjárásaink (Unsere Dialekte), 5. Aufl., Tankönyvkiadó, Budapest 1989.
  • Jenő Kiss: Magyar Dialektológia, Osiris Kiadó, Budapest 2003.
  • Jenő Kiss, Ferenc Pusztai (Hrsg.): Magyar Nyelvtörténet, Osiris Kiadó, Budapest 2005.
  • D. Pais: Kérdések es szempontok a szoösszetételek vizsgálatához (Fragen und Aspekte zur Untersuchung der Wortzusammensetzungen), 1951. In: Magyar Nyelv 47: 135–154.
  • Krisztina Piro: A moldvai csángó nyelvjárásról (Über die Dialekte der moldauischen Tschangos).
  • Péter Siptár, Miklós Törkenczy: The Phonology of Hungarian, Oxford University Press, New York 2000.
  • Diana Szabó: A palócok eredete (Herkunft der Palóczen).
  • Vilmos Táncos: A moldvai csángók létszámáról (Über die Bevölkerungszahl der moldauischen Tschangos).
  • József Végh: Őrségi és hetési nyelvatlasz. (Sprachatlas von Őrség und Hetés). Akadémiai Kiadó, Budapest 1959.