Das Schlachtgeschwader 10 war ein Verband der Luftwaffe der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Es war mit Schlachtfliegern vom Typ Focke-Wulf Fw 190 ausgestattet und führte Luftangriffe mit Bomben und Bordwaffen, unmittelbar zur Unterstützung der Bodentruppen, durch. Das Geschwader war während der gesamten Zeit seines Bestehens im Deutsch-Sowjetischen Krieg eingesetzt. Es wurde am 8. Mai 1945, nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, aufgelöst.

Schlachtgeschwader 10

Aktiv 18. Oktober 1943 bis 8. Mai 1945
Staat Deutsches Reich NS Deutsches Reich
Streitkräfte Wehrmacht
Teilstreitkraft Luftwaffe
Truppengattung Fliegertruppe
Typ Schlachtgeschwader
Gliederung Geschwaderstab und 3 Gruppen
Aufstellungsort Stab Berditschew
I. Gruppe Berditschew
II. Gruppe Berditschew
III. Gruppe Berditschew
Zweiter Weltkrieg Deutsch-Sowjetischer Krieg
Geschwaderkommodore
Erster Kommodore Major Heinz Schumann
Letzter Kommodore Oberstleutnant Georg Jakob
Luftfahrzeuge
Schlachtflugzeug Focke-Wulf Fw 190

Aufstellung Bearbeiten

Das Schlachtgeschwader 10, mit dem Geschwaderstab und der I. bis III. Gruppe, entstand am 18. Oktober 1943 in Berditschew[1] (Lage), im vom NS-Staat besetzten Teil der Sowjetunion. Der Geschwaderstab war der umbenannte Geschwaderstab des Schnellkampfgeschwaders 10, die I. Gruppe war die ehemalige I. Gruppe des Schlachtgeschwaders 2, die II. Gruppe wurde aus der IV. Gruppe des Schnellkampfgeschwaders 10 und die III. Gruppe aus der II. Gruppe des Sturzkampfgeschwaders 77 gebildet. Das Geschwader war mit verschiedenen Varianten der Focke-Wulf Fw 190 ausgestattet.

Gliederung Bearbeiten

Der Geschwaderstab führte am 10. Januar 1945 die I. bis III. Gruppe, die wiederum in Staffeln unterteilt waren. Die 1. bis 3. Staffel gehörte der I. Gruppe, die 4. bis 6. Staffel der II. Gruppe und die 7. bis 9. Staffel der III. Gruppe an. Jede Staffel führte ein Staffelkapitän und war in drei Schwärme mit je vier Flugzeugen unterteilt. Daraus ergab sich eine Sollstärke der Schlachtfliegergruppe von 36 Flugzeugen in den drei Staffeln und 6 Flugzeugen für die Gruppenstabsstaffel mit dem Gruppenkommandeur. Dies ergab bei drei Schlachtfliegergruppen eine Sollstärke von 126 Flugzeugen und 6 Flugzeugen für die Geschwaderstabsstaffel mit dem Geschwaderkommodore. Daraus ergibt sich eine Sollstärke von 132 Flugzeugen.[2]

Geschichte Bearbeiten

1943 Bearbeiten

Der Geschwaderstab mit der I. bis III. Gruppe lag Ende des Jahres 1943 in Berditschew im Süden der Ostfront. Dort war das Geschwader der Luftflotte 4 unterstellt. Ausgerüstet mit der Focke-Wulf Fw 190, in den Schlachtfliegervarianten F-3 und G-3, wurde es gemäß der Doktrin eines Schlachtgeschwaders direkt gegen feindliche Bodentruppen an der Frontlinie eingesetzt. Dazu hatte die verwendete Fw 190 im Vergleich zur Jagdfliegervariante der A-Serie eine verbesserte Panzerung und ein verstärktes Fahrwerk. Am Rumpf konnten Bomben bis zu 500 kg und zusätzlich mit Hilfe eines Einhängerostes vier 50-kg-Bomben angehängt werden. An den Tragflächen konnten weitere Außenlasten mitgeführt werden. Diese Änderungen wirkten sich auf die Flugleistungen der Fw 190 F aus. So musste ein Geschwindigkeitsverlust von bis zu 90 km/h, eine Reduzierung der Steigleistung um bis zu 5 m/s sowie eine Verringerung der Dienstgipfelhöhe um etwa 2300 m hingenommen werden. Zudem war die Manövrierfähigkeit mit Bombenlast erheblich eingeschränkt und durch die fest installierten Träger unter Rumpf und Tragflächen musste auch nach Abwurf der Außenlasten noch ein Geschwindigkeitsverlust von 15–30 km/h in Kauf genommen werden.

1944 Bearbeiten

Ende Januar intervenierte das Geschwader zeitweilig bei der Kesselschlacht von Tscherkassy, bei der die Masse der 8. Armee der Heeresgruppe Süd zeitweilig eingeschlossen wurde. Zu dieser Zeit verfügte der Geschwaderstab über eine, die I. Gruppe über 14 und die II. Gruppe über 15 einsatzbereite Focke-Wulf Fw 190.[3] Ende Februar 1944 waren der Geschwaderstab, die I. und die III. Gruppe dem Seefliegerführer Schwarzes Meer unterstellt.[4] Zu dieser Zeit lagen sie auf den Fliegerhorsten Nikolajew[5] und Lysiatytsche.[6] (Lage) Als am 8. April die Befreiung der Krim durch die 4. Ukrainische Front der Roten Armee eingeleitet wurde, unterstützte das Geschwader die 17. Armee im Brennpunkt der Bodenkämpfe.

Während der sowjetischen Operation Bagration, die am 22. Juni 1944 begann und die Befreiung von Belarus zum Ziel hatte, verlegten Teile des Geschwaders zur Luftflotte 6 in den Mittelabschnitt der Ostfront. So war der Geschwaderstab und die III. Gruppe der 4. Flieger-Division[7] und die I. Gruppe der 1. Flieger-Division[8] unterstellt, während die II. Gruppe beim I. Fliegerkorps im Süden der Ostfront blieb.[9] Aufgrund des schnellen Rückzugs der deutschen Verbände bezog das Geschwader durchschnittlich jede Woche einen anderen Fliegerhorst.

Hauptsächlich flog das Geschwader zu dieser Zeit mit der Fw 190 in der Variante F-8, die eine neue gewölbte Kabinenhaube hatte, die dem Flugzeugführer mehr Bewegungsfreiheit gewährte und gleichzeitig die bei Erdkampfeinsätzen so wichtige Bodensicht verbesserte. Um das immer weiter ansteigende Abfluggewicht zu kompensieren, wurde bei der F-8 zusätzlich die Tragflächenstruktur im Bereich des Fahrwerks verstärkt.

Im September verlegte das Geschwader wieder zurück in den südlichen Abschnitt der Ostfront, wo inzwischen der Kampf um Ungarn eingesetzt hatte.

1945 Bearbeiten

Zum Jahreswechsel 1944/45 lagen der Geschwaderstab und die I. Gruppe in Oecseni, die II. Gruppe in Fünfkirchen und die III. Gruppe in Börgönd, alle im besetzten Ungarn gelegen. Neben Abwehrkämpfen nahm das Geschwader auch an den Plattenseeoffensiven teil, die einen letzten deutschen Versuch darstellte, den Vormarsch der Roten Armee in Richtung Wien zu stoppen. Nachdem diese gescheitert waren, zog sich das Geschwader weiter auf österreichische Fliegerhorste zurück. Letzte Plätze waren Bad Vöslau, Markersdorf, Hörsching, Wels und Zeltweg. Zu dieser Zeit war es der 18. Flieger-Division des Luftwaffenkommandos 4 zugeteilt. Am 8. Mai 1945, nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, löste sich das Geschwader auf.

Kommandeure Bearbeiten

Geschwaderkommodore Bearbeiten

Dienstgrad Name Zeit
Major Heinz Schumann 18. Oktober 1943 bis 8. November 1943 †[10]
Oberstleutnant Helmut Viedebantt Dezember 1943 bis 2. Januar 1944[11]
Oberstleutnant Georg Jakob 30. Januar 1944 bis 8. Mai 1945[12]

Gruppenkommandeure Bearbeiten

I. Gruppe
  • Major Egon Thiem, 1. Dezember 1943 bis 8. Mai 1945[13]
II. Gruppe
  • Oberstleutnant Helmut Viedebantt, 18. Oktober 1943 bis 15. Dezember 1943[14]
  • Hauptmann Götz Baumann, 16. Dezember 1943 bis 8. Mai 1945[15]
III. Gruppe
  • Hauptmann Helmut Leicht, 18. Oktober 1943 bis 26. Juni 1944 †[16]
  • Hauptmann Horst Steinhardt, 2. Juli 1944 bis 8. Mai 1945[17]

Auszeichnungen Bearbeiten

Bekannte Träger des Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes oder höherer Stufen des Schlachtgeschwaders 10.

Name Dienstgrad Einheit Ritterkreuz Eichenlaub
Axthammer, Erich[18] Feldwebel Stab/SG 10 28. Apr. 1945
Enzensberger, Josef[19] Oberfeldwebel 1./SG 10 28. Feb. 1945
Goetze, Manfred[20] Oberleutnant 8./SG 10 19. Aug. 1944
Günther, Paul[21] Oberfeldwebel 9./SG 10 2. Feb. 1945
Honnefeller, Günther[22] Leutnant 7./SG 10 17. Okt. 1944
Jakob, Georg[23] Oberstleutnant Stab/SG 10 30. Sep. 1944
Johannes, Bernhard †[24] Feldwebel 1./SG 10 29. Okt. 1944
Leicht, Helmut †[25] Major III./SG 10 24. Okt. 1944
Orzegowski, Ernst[26] Feldwebel 7./SG 10 14. Jan. 1945
Piske, Herbert[27] Oberleutnant 3./SG 10 14. Jan. 1945
Riebicke, Klaus †[28] Feldwebel 9./SG 10 6. Okt. 1944
Schmitt, Norbert[29] Oberleutnant 3./SG 10 28. Feb. 1945
Starke, Heinrich[30] Leutnant 7./SG 10 28. Jan. 1945
Welzel, Karl-Heinrich[31] Feldwebel 7./SG 10 5. Jan. 1944

Bekannte Geschwaderangehörige Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Vierzehnter Band, Die Landstreitkräfte: Namensverbände/Die Luftstreitkräfte (Fliegende Verbände)/Flakeinsatz im Reich 1943–1945. Biblio Verlag, Osnabrück 1980, ISBN 3-7648-1111-0.
  • Henry L. de Zeng, Douglas G. Stankey: Dive-Bomber and Ground-Attack Units of the Luftwaffe 1933–1945. Classic Publications, Hersham, UK 2013, ISBN 978-1-906537-09-8 (englisch).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 70–71, abgerufen am 6. Februar 2024.
  2. Horst Boog, Richard Lakowski, Werner Rahn, Manfred Zeidler, John Zimmermann: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 10/1, Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008, ISBN 978-3-421-06237-6, S. 881
  3. Karl-Heinz Frieser, Klaus Schmider, Klaus Schönherr: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Die Ostfront 1943/44 – Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007, ISBN 978-3-421-06235-2, S. 388.
  4. Bundesarchiv/Militärarchiv: ZA 3/840: Bruno Maaß: Unterstellungsübersichten fliegende Verbände, 1943–1945
  5. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 439, abgerufen am 6. Februar 2024.
  6. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45, Russia (incl. Ukraine, Belarus & Bessarabia) S. 379–380, abgerufen am 6. Februar 2024.
  7. Bundesarchiv-Militärarchiv: ZA 3/839: Bruno Maaß: Unterstellungsübersichten fliegende Verbände, 1943–1945
  8. Bundesarchiv-Militärarchiv: ZA 3/839: Bruno Maaß: Unterstellungsübersichten fliegende Verbände, 1943–1945
  9. Bundesarchiv/Militärarchiv: ZA 3/840: Bruno Maaß: Unterstellungsübersichten fliegende Verbände, 1943–1945
  10. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 330, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  11. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 779, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  12. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 724, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  13. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 657, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  14. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 761, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  15. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 252, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  16. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 369, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  17. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 533, abgerufen am 25. Januar 2024 (englisch).
  18. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 141, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  19. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 1015, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  20. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 117, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  21. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 239, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  22. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 624, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  23. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 724, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  24. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 758, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  25. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 82, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  26. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 713, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  27. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 850, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  28. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 1089, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  29. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 192, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  30. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 509, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  31. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section S–Z. (PDF) 2016, S. 910, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).