Jagdgeschwader 54

Verband der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg

Das Jagdgeschwader 54 war ein Verband der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg. Aufgrund seines Wappens wurde es auch Grünherz-Geschwader genannt.

Jagdgeschwader 54


Geschwaderabzeichen
Aktiv 1. Mai 1939 bis März 1945
Staat Deutsches Reich NS Deutsches Reich
Streitkräfte Wehrmacht
Teilstreitkraft Luftwaffe
Truppengattung Fliegertruppe
Typ Jagdgeschwader
Gliederung Geschwaderstab und 4 Gruppen
Aufstellungsort Herzogenaurach
Spitzname Grünherz-Geschwader
Flugzeugtyp Messerschmitt Bf 109
Focke-Wulf Fw 190
Zweiter Weltkrieg Westfeldzug
Luftschlacht um England
Balkanfeldzug
Ostfront
Geschwaderkommodore
Erster Kommodore Martin Mettig
Major
Letzter Kommodore Dietrich Hrabak
Oberst

Aufstellung Bearbeiten

Die I. Gruppe des Jagdgeschwaders 54 entstand am 1. Mai 1939 aus der I. Gruppe des Jagdgeschwaders 333 in Herzogenaurach. Die Ausrüstung bestand aus Messerschmitt Bf 109D-1. Nach der Verlegung nach Fürstenwalde erfolgte am 15. Mai 1939 die Umbenennung zur II. Gruppe des Zerstörergeschwaders 1. Am 13. September 1939 entstand in Herzogenaurach durch Umbenennung der I. Gruppe des Jagdgeschwaders 70 erneut die I. Gruppe des Jagdgeschwaders 54. Die Gruppe war mit Messerschmitt Bf 109E-1 und E-3 ausgerüstet.

Im Februar 1940 wurde der Geschwaderstab aufgestellt. Ab Juni 1940 wurden auch die II. und III. Gruppe aus der umbenannten I./JG 76 und I./JG 21 gebildet. Im Juli 1943 wurde an der Ostfront eine IV. Gruppe aufgestellt.[1]

Geschichte Bearbeiten

Am 1. November 1939 wurde die I. Gruppe nach Böblingen verlegt. Sie übernahm die Grenzsicherung am Oberrhein.

Der Stab und alle drei Gruppen nahmen im Rahmen des Westfeldzugs geschlossen am Vormarsch bis in den Raum Rouen und Orléans teil. Dazu waren sie dem V. Fliegerkorps der Luftflotte 3 unterstellt.[2]

 
Messerschmitt Bf 109 G-2 des Grünherzgeschwaders

Danach kämpfte das gesamte Geschwader von Flugplätzen in den Niederlanden gegen britische Bombereinflüge. Als die Luftschlacht um England im August 1940 begann, wurde das JG 54 nach Calais (u. a. Campagne les Guines und Le Touquet) verlegt. Bis Ende 1940 fielen 43 Flugzeugführer.

Die ersten drei Monate 1941 blieb das Geschwader noch im Westen, wobei der Stab bis Ende März in Le Mans lag und auch die II./JG 54 und die III./JG 54 lagen hier für kürzere Zeit.

Ab April 1941 nahmen diese beiden Gruppen unter dem Fliegerführer Graz und dem Fliegerführer Arad der Luftflotte 4 am Balkanfeldzug teil, während die I./JG 54 in Ostpreußen stationiert wurde.

Nachdem am 22. Juni 1941 der deutsche Angriff auf die Sowjetunion begonnen hatte, sicherte das Geschwader als einziges Jagdgeschwader im Verband der Luftflotte 1 den Luftraum über der Heeresgruppe Nord im Vorgehen auf Leningrad. Am 4. und 5. April 1942 nahm es am Unternehmen Eisstoß teil. Zusammen mit Teilen der Sturzkampfgeschwader 1 und 2, der Kampfgeschwaders 1 und 4 griff es Kriegsschiffe der Baltischen Flotte im Leningrader Hafen an. Dabei wurden beschädigt, das Schlachtschiff Oktjabrskaja Rewoljuzija durch vier Bombentreffer, der Kreuzer Maksim Gorki durch sieben Treffer mittleren Kalibers, die Kreuzer Kirow und Petropawlowsk und der Zerstörer Silny durch je einen schweren Treffer, sowie der Zerstörer Grosjaschtschi, der Minenleger Marti und das Schulschiff Swir durch leichtere Treffer. Beschädigt wurden außerdem die Zerstörer Stoyki und Swirepy sowie die Unterseeboote M-79, P-2 und P-3.[3] Das Geschwader blieb bis Ende 1942 überwiegend im Norden der Ostfront eingesetzt, wenn auch die II./JG 54 im August 1942 im Mittelabschnitt eingesetzt wurde.

Die III./JG 54 wurde ab März 1943 von Flugplätzen in Oldenburg und Schwerin in der Reichsverteidigung eingesetzt. Auch der niederländische Militärflugplatz Deelen wurde in der ersten Jahreshälfte 1943 von drei verschiedenen Gruppen genutzt.

 
Bei Wemmel notgelandete Focke-Wulf Fw 190D-9, W.Nr.210079, 10./JG 54

Die anderen beiden Gruppen und die im Juli 1943 neuaufgestellte IV. Gruppe verblieben, inzwischen auf Focke-Wulf Fw 190 umgerüstet, an der Ostfront.

Nachdem die I. und II. Gruppe ständig innerhalb der Ostfront verlegt worden waren, kämpften sie ab Juli 1944 im Raum Kurland. Dort verblieben sie im Kurland-Kessel beim Luftwaffenkommando Kurland bis zur Kapitulation im Mai 1945. Die im Juli 1943 an der Ostfront aufgestellte bisherige IV. Gruppe wurde ab September 1944 von der Ostfront zur Reichsverteidigung verlegt und beim Unternehmen Bodenplatte eingesetzt. Anschließend wurde sie im Februar 1945, mangels Flugzeugen und Piloten, aufgelöst.

Die III. Gruppe nahm, stationiert u. a. in Villacoublay, in der Normandie an den Kämpfen gegen die Alliierten teil und wurde Anfang 1945 in IV./JG 26 umbenannt.[4]

Auszeichnungen Bearbeiten

An 55 Geschwaderangehörige wurde das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes und höhere Stufen verliehen.

Name Ritterkreuz Eichenlaub Schwerter Brillanten
Hrabak, Dietrich 21. Oktober 1940 25. November 1943
Philipp, Hans 22. Oktober 1940 24. August 1941 12. März 1942
Lignitz, Arnold 5. November 1940
Bob, Hans-Ekkehard 7. März 1941
Rudorffer, Erich 1. Mai 1941 11. April 1944 26. Januar 1945
Trautloft, Johannes 27. Juli 1941
Mütherich, Hubert 6. August 1941
Pöhs, Josef 6. August 1941
Ostermann, Max-Hellmuth 4. September 1941 12. März 1942 17. Mai 1942
Eckerle, Franz 28. September 1941 12. März 1942
Späte, Wolfgang 5. Oktober 1941 23. April 1942
Seiler, Reinhard 20. Dezember 1941 2. März 1944
Kempf, Karl 4. Februar 1942
Beißwenger, Hans 9. Mai 1942 3. Oktober 1942
Hannig, Horst 9. Mai 1942 3. Januar 1944
Stotz, Max 19. Juni 1942 30. Oktober 1942
Wandel, Joachim 21. August 1942
Nowotny, Walter 4. September 1942 5. September 1943 22. September 1943 9. Oktober 1943
Sattig, Carl 19. September 1942
Schilling, Wilhelm 10. Oktober 1942
Siegler, Peter 3. November 1942
Heyer, Hans-Joachim 25. November 1942
Götz, Hans 23. Dezember 1942
Zweigart, Eugen-Ludwig 22. Januar 1943
Rupp, Friedrich 24. Januar 1943
Broennle, Herbert 14. März 1943
Fink, Günter 14. März 1943
Ademeit, Horst 1. Mai 1943 2. März 1944
Kittel, Otto 29. Oktober 1943 1. April 1944 25. November 1944
Jung, Heinrich 12. November 1943
Lang, Emil 22. November 1943 11. April 1944
Wolf, Albin 22. November 1943 27. April 1944
Sterr, Heinrich 5. Dezember 1943
Scheel, Günther 5. Dezember 1943
Loos, Gerhard 5. Februar 1944
Döbele, Anton 26. März 1944
Philipp, Wilhelm 26. März 1944
Weiß, Robert 26. März 1944 12. März 1945
Tegtmeier, Fritz 28. März 1944
Teumer, Alfred 19. August 1944
Brandt, Paul 5. September 1944
Rademacher, Rudolf 30. September 1944
Wernicke, Heinz 30. September 1944
Grollmus, Helmut 6. Oktober 1944
Eisenach, Franz 10. Oktober 1944
Koall, Gerhard 10. Oktober 1944
Mißner, Helmut 10. Oktober 1944
Wernitz, Ulrich 29. Oktober 1944
Klemm, Rudolf 18. November 1944
Thyben, Gerhard 6. Dezember 1944 8. April 1945
Wöhnert, Ulrich 6. Dezember 1944
Hoffmann, Reinhold 28. Januar 1945
Schleinhege, Hermann 28. Januar 1945
Broch, Hugo 12. März 1945
Kroschinski, Hans-Joachim 17. April 1945

Kommandeure Bearbeiten

Geschwaderkommodore Bearbeiten

Dienstgrad Name Zeit
Major Martin Mettig 2. Februar 1940 bis 25. August 1940
Oberst Johannes Trautloft 25. August 1940 bis 5. Juli 1943
Major Hubertus von Bonin 6. Juli 1943 bis 15. Dezember 1943
Oberstleutnant Anton Mader 28. Januar 1944 bis September 1944
Oberst Dietrich Hrabak 1. Oktober 1944 bis 8. Mai 1945

Gruppenkommandeure Bearbeiten

I. Gruppe
  • Major Hans-Jürgen von Cramon-Taubadel, 15. September 1939
  • Hauptmann Hubertus von Bonin, 28. Dezember 1939
  • Hauptmann Erich von Selle, 2. Juli 1941
  • Hauptmann Franz Eckerle, 20. Dezember 1941
  • Hauptmann Hans Philipp, 17. Februar 1942
  • Major Reinhard Seiler, 15. April 1943
  • Major Gerard Homuth, 1. August 1943
  • Hauptmann Walter Nowotny, 10. August 1943
  • Hauptmann Horst Adameit, 4. Februar 1944
  • Hauptmann Franz Eisenach, 9. August 1944
II. Gruppe
  • Major Kraut, 4. Juli 1940
  • Hauptmann Winterer, 11. Juli 1940
  • Hauptmann Dietrich Hrabak, 26. August 1940
  • Major Hans von Hahn, 19. November 1942
  • Hauptmann Heinrich Jung, 21. Februar 1943
  • Hauptmann Erich Rudorffer, 1. August 1943
  • Hauptmann Herbert Findeisen, Februar 1945
III. Gruppe
  • Hauptmann Fritz Ultsch, 6. Juni 1940
  • Oberleutnant Günther Scholz (i. V.), 6. September 1940
  • Hauptmann Arnold Lignitz, 4. November 1940
  • Hauptmann Reinhard Seiler, 1. Oktober 1941
  • Hauptmann Siegfried Schnell, Mai 1943
  • Oberleutnant Rudolf Patzak (i. V.), Februar 1944
  • Hauptmann Rudolf Klemm (i. V.), Februar 1944
  • Hauptmann Rudolf Sinner, März 1944
  • Major Werner Schroer, 14. März 1944
  • Hauptmann Robert Weiss, 21. Juli 1944
  • Oberleutnant Hans Dortenmann (i. V.), Januar 1945
  • Oberleutnant Wilhelm Heilmann (i. V.), Januar 1945
  • Major Rudolf Klemm, Februar 1945
IV. Gruppe
  • Hauptmann Rudolf Sinner, 30. Juli 1943
  • Hauptmann Siegfried Schnell, 11. Februar 1944
  • Hauptmann Gerhard Koall (i. V.), März 1944
  • Major Wolfgang Späte, Mai 1944
  • Hauptmann Rudolf Klemm, 1. Oktober 1944 – Februar 1945
  • Hauptmann Fritz-Karl Schloßstein, März 1945 – April 1945
Ergänzungsgruppe
  • Oberleutnant Zilken, Oktober 1940
  • Oberleutnant Eggers, März 1941 – Januar 1942

Bekannte Geschwaderangehörige Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • John Weal: Jagdgeschwader 54 „Grünherz“. (=Aviation Elite Units No. 6) Osprey Publishing, Oxford 2001, ISBN 1-84176-286-5.
  • Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1935–1945. Gliederungen und Kurzchroniken, eine Dokumentation. Hrsg.: Wolfgang Dierich. Verlag Heinz Nickel, Zweibrücken 1993, ISBN 3-925480-15-3 (703 S.).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jagdgeschwader 54 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1939–1945. Gliederungen und Kurzchroniken. Ein Dokument. Heinz Nickel Verlag, Zweibrücken 1993, ISBN 3-925480-15-3, S. 54.
  2. Leo Niehorster: Battle for France, German Order of Battle 3rd Air Force, V Air Corps 10 May 1940, abgerufen am 30. August 2015.
  3. Jürgen Rohwer, Gerhard Hümmelchen: Chronik des Seekrieges 1939–1945, April 1942, abgerufen am 14. Juli 2013.
  4. Wolfgang Dierich: Die Verbände der Luftwaffe 1939–1945. Gliederungen und Kurzchroniken. Ein Dokument. Heinz Nickel Verlag, Zweibrücken 1993, ISBN 3-925480-15-3, S. 54–55.