Der Schienenverkehr in Montenegro ist beim Zerfall der SFRJ aus der Jugoslawischen Eisenbahn hervorgegangen. Ursprünglich war es ein vertikal organisierter Staatskonzern mit dem Namen Željeznica Crne Gore (ŽCG, kyrillisch Жељезница Црне Горе), welcher 2008 in zwei Teilgesellschaften aufgeteilt wurde.[1] Im Jahre 2011 wurden zwei weitere Teilbereiche ausgegliedert, sodass insgesamt vier Einzelgesellschaften entstanden:

  • das Eisenbahninfrastrukturunternehmen Željeznička Infrastruktura Crne Gore (ŽICG АД, kyrillisch: Железничка инфраструктура Црне Горе (ЖИЦГ АД)),
  • das Eisenbahnverkehrsunternehmen Željeznički Prevoz Crne Gore (ŽPCG АД, kyrillisch: Жељезнички превоз Црне Горе; deutsch: Eisenbahnverkehr von Montenegro),
  • für den Schienengüterverkehr Montecargo (Montecargo AD, kyrillisch: Монтецарго АД) und
  • für die Wartung der Schienenfahrzeuge Održavanje željezničkih voznih sredstava (OŽVS, kyrillisch: Одржавање жељезничких возних средстава, ОЖВС).
Bahnhof Bar mit Nahverkehrstriebwagen
Schienennetz von Montenegro

Der gemeinsame Firmensitz aller vier Einzelunternehmen befindet sich in Podgorica, der Hauptstadt Montenegros. Organisatorisch unterstehen sie dem Direktorat für Eisenbahn im Ministerium für Transport und Marineangelegenheiten Montenegros. Montenegro ist ein assoziiertes Mitglied des Internationalen Eisenbahnverbands (UIC). Der UIC-Ländercode für Montenegro ist 62.

Eisenbahninfrastrukturunternehmen

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Željeznička infrastruktura Crne Gore (ŽICG)
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2009-10-11
Sitz Golootočkih žrtava 13,
81000 Podgorica, Montenegro
Leitung Jelena Kljajević[2]
Umsatz 18.312.098 (2022)[3]
Website http://www.zicg.me/

Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen Željeznička Infrastruktura Crne Gore ist eine Aktiengesellschaft zur Verwaltung und Wartung der Infrastruktur der Eisenbahn in Montenegro. Der Staat hält eine Aktienmehrheit von 72%.[4]

Schienennetz

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Das Gesamtnetz ist 250 Kilometer lang und hat auf seiner gesamten Länge Normalspur, 225 Kilometer davon sind mit 25 kV, 50 Hz Wechselstrom elektrifiziert. Fast 58 km der Strecken befinden sich in 121 Tunneln. Außerdem gibt es 120 Brücken, 9 Galerien und 440 Durchlässe. Das Netz besteht aus drei Eisenbahnlinien, die in der Hauptstadt Podgorica als Knotenpunkt des sternförmig aufgebauten montenegrinischen Eisenbahnnetzes zusammenlaufen.[5]

  • Die Bahnstrecke Belgrad-Bar ist das Rückgrat des montenegrinischen Eisenbahnnetzes. Sie wurde 1976 eröffnet und war damals eine hochmoderne Eisenbahnstrecke mit Besonderheiten wie dem Mala-Rijeka-Viadukt (dem höchsten Eisenbahnviadukt in Europa) und dem 6,2 km langen Sozina-Tunnel. Etwa ein Drittel des montenegrinischen Teils der Bahnstrecke verläuft in einem Tunnel oder auf einem Viadukt. Es ist die erste Eisenbahnstrecke in Montenegro, die vollständig elektrifiziert wurde. In den 1990er Jahren litt die Bahn unter chronischer Unterfinanzierung, was dazu führte, dass sie sich verschlechterte und unsicher wurde. Dies gipfelte 2006 in der Zugkatastrophe von Bioče, als ein Personenzug entgleiste und 47 Fahrgäste ums Leben kamen. Es werden Anstrengungen unternommen, um die Bahnstrecke gründlich zu sanieren, wobei der nördliche Teil der Strecke bereits generalüberholt wurde. Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat im Januar 2023 zugesagt, 76 Mio. EUR für die Instandsetzung der Bahnstrecke Bar - Podgorica - Vrbnica bereitzustellen[6].
  • Die Eisenbahnstrecke Nikšić-Podgorica (56,6 km lang) wurde 1948 als Schmalspurbahn gebaut und 1965 auf Normalspur umgerüstet. Seit 1992 wurde sie zunächst ausschließlich für den Güterverkehr genutzt, insbesondere für den Transport von Bauxit von der Mine in Nikšić zum Aluminiumwerk in Podgorica, wobei die Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke auf 30 km/h reduziert war. Im Zeitraum 2006-2012 wurde die Bahnstrecke grundlegend erneuert und elektrifiziert und der Personenverkehr wieder aufgenommen. Die Fahrgeschwindigkeiten auf dieser Strecke liegen nun im Bereich von 75–100 km/h.
  • Die Bahnstrecke Podgorica-Shkodër, die bis nach Tirana führt, wird seit ihrer Eröffnung ausschließlich für den Güterverkehr genutzt. Streckenabschnitte in Albanien wurden während des Lotterieaufstandes 1997 beschädigt, aber die Verbindung wurde 2002 wiederhergestellt. Es gibt Pläne, die Bahnstrecke wieder aufzubauen und für den Personenverkehr zuzulassen, da sie sowohl für Montenegro als auch für Albanien wichtig ist.

Eisenbahnverbindungen mit den Nachbarländern

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Montenegro hat nur eine Eisenbahnverbindung für den Personenverkehr mit Serbien. Die Verbindung mit Albanien wird nur für den Güterverkehr genutzt, obwohl die EU seit 2022 eine zweite Eisenbahnroute plant, welche die beiden Länder und ihre Häfen in Bar und Durres innerhalb von fünf Jahren an das EU-Schienennetz anschließen soll.[7] Seit dem Zerfall Jugoslawiens gibt es derzeit keine Eisenbahnverbindungen mit den Nachbarländern Bosnien und Herzegowina und Kroatien.

Eisenbahnverkehrsunternehmen

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Željeznički Prevoz Crne Gore (ŽPCG)
Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN MEZPCGRA1PG4
Gründung 2006
Sitz Golootočkih žrtava 13,
81000 Podgorica, Montenegro
Leitung Ilinka Pavićević
Mitarbeiterzahl 368[8]
Umsatz 10.337.915,00[8]
Branche Personenverkehr
Website zpcg.me

Der Eisenbahnverkehr in Montenegro wird durch eine Aktiengesellschaft organisiert, die den Personenverkehr in Montenegro sowie den Betrieb der Schienenfahrzeuge übernimmt. Der montenegrinische Staat hält eine Aktienmehrheit von 89,2%.[9]

Montecargo

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Montecargo AG
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2011
Sitz Golootočkih žrtava 13,
81000 Podgorica, Montenegro
Leitung Dusanka Dragojevic
Mitarbeiterzahl 311[10]
Umsatz 9.874.923,00[10]
Branche Güterverkehr
Website http://www.montecargo.me/

Die Montecargo AG ist ein Unternehmen, das den Güterverkehr innerhalb Montenegros abwickelt und den Betrieb der montenegrinischen Güterwagons und Güterlokomotiven übernimmt. Der montenegrinische Staat hält eine Aktienmehrheit von 87%.[9]

Der Schienenfahrzeugpark von Montecargo besteht aus 17 Lokomotiven und 713 Güterwagen:

  • 8 Lokomotiven der Baureihe JŽ 461
  • 3 Lokomotiven der Baureihe JŽ 661
  • 4 Lokomotiven der Baureihe JŽ 644
  • 2 Lokomotiven der Baureihe JŽ 744 (beide inaktiv)

Schienenfahrzeuginstandhaltung

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Održavanje željezničkih voznih sredstava
Одржавање жељезничких возних средстава
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2010
Sitz Golootočkih žrtava 13,
81000 Podgorica, Montenegro
Leitung Goran Đurković
Mitarbeiterzahl 185
Umsatz 1.791.376,00[11]
Branche Instandsetzungsunternehmen
Website http://ozvs.me/

Die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen ist eine Aktiengesellschaft, die für die Instandhaltung der montenegrinischen Personen- und Güterwagen zuständig ist. Sie war bis 2011 Teil des Eisenbahnverkehrsunternehmens von Montenegro, wurde dann in eine eigenständige Firma ausgegliedert.

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Commons: Schienenverkehr in Montenegro – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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