Schienenverkehr in Europa

Personen und Güterverkehr mit Schienenfahrzeugen in Europa

Schienenverkehr in Europa ist durch die Vielfalt der technischen Standards, Betriebskonzepte und Infrastrukturen gekennzeichnet. Gemeinsame Merkmale sind der verbreitete Einsatz von Normalspurbahnen, eine hohe Sicherheit im Betrieb und ein hoher Anteil an Elektrifizierung. Elektrifizierte Schienennetze arbeiten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Spannungen (Wechsel- und Gleichstrom) von 750 bis 25.000 Volt, und die Signalsysteme unterscheiden sich von Land zu Land, was den grenzüberschreitenden Verkehr erschwert.

Private Mehrsystemlokomotive für Güter- und Personenzüge nahe der deutsch-dänischen Grenze.
Passagier-km in Frankreich, Deutschland, Italien, Russland und Großbritannien von 1998 bis 2020[1]

Ziel der Europäischen Union ist es, den grenzüberschreitenden Betrieb zu erleichtern und Wettbewerb in die nationalen Eisenbahnnetze zu bringen. Mit der Einheitlichen europäischen Eisenbahnrichtlinie 2012 hatten die EU-Mitgliedstaaten die rechtliche Möglichkeit, die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen und den Betrieb der Infrastruktur zu trennen. In der Regel wurden die nationalen Eisenbahnunternehmen in getrennte Abteilungen oder unabhängige Unternehmen für Infrastruktur, Personen- und Güterverkehr aufgeteilt. Der Personenverkehr kann weiter in Fern- und Regionalverkehr unterteilt werden, da der Regionalverkehr häufig im Rahmen von Gemeinwohlverpflichtungen betrieben wird (mit denen Dienste aufrechterhalten werden, die für private Unternehmen wirtschaftlich uninteressant sind, aber dennoch einen gesellschaftlichen Nutzen bringen), während der Fernverkehr in der Regel ohne Subventionen betrieben wird.

A narrow gauge train at a station in Spain
Ein Schmalspurzug in einem Bahnhof in Spanien

Güterverkehr Bearbeiten

Insgesamt wird nur etwa 18 % des europäischen Güterverkehrs auf der Schiene abgewickelt. In einigen Ländern, wie z. B. Großbritannien, Frankreich oder Spanien ist der Prozentsatz wesentlich geringer; in anderen Ländern, wie z. B. Litauen, wo über 70 % des inländischen Güterverkehrs auf der Schiene abgewickelt werden, ist er jedoch deutlich höher.[2] Die relative Schwäche des Schienengüterverkehrs ist auf den niedrigeren Preis des Lkw-Transports zurückzuführen, der einen größeren Teil der Kosten externalisiert als der Schienenverkehr,[3][4][5] sowie die starke Nutzung der Küsten- und Binnenschifffahrt. Deshalb wurde auch in verschiedenen Ländern der Einzelwagenverkehr bereits vollständig eingestellt. Zum Vergleich: In den USA wurden im Jahr 2000 38 % der Güter (nach Tonnenkilometern) auf der Schiene befördert, was in erster Linie auf externe Faktoren wie die geografische Lage zurückzuführen ist.[6] Ebenso befördern die Schweizer Bahnen rund 40 % (nach Tonnenkilometern) des inländischen Güterverkehrs.[7] und sogar mehr als 70 % des (meist internationalen) alpenquerenden Güterverkehrs – 74,4 % in der ersten Hälfte des Jahres 2021.[8][9] Die Neue Eisenbahn-Alpentransversale mit dem Gotthard-Basistunnel, einem der längsten Tunnel der Welt, wurde speziell zur Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene gebaut.[10][11]

Die Länge der Züge wird in Europa durch die Größe der Ausweichstellen und Schutzgleise sowie durch die Anordnung der Signale begrenzt.[12][13] Es gibt Pläne um Züge mit einer Länge von bis zu 740–750 Metern auf den Hauptgüterverkehrsstrecken fahren zu lassen, indem die dafür erforderliche Infrastruktur ausgebaut wird.[14][15] verschiedene Bauprojekte mit entsprechendem Ziel sind bereits abgeschlossen worden.[16][17]

Unterschiede zwischen den Ländern Bearbeiten

 
Bahnstromsysteme in Europa :
  • 750 V Gleichstrom
  • 1,5 kV Gleichstrom
  • 3 kV Gleichstrom
  • 15 kV, 16,7 Hz Wechselstrom
  • 25 kV, 50 Hz Wechselstrom
  • Nicht elektrisch
  • Der Europäische Eisenbahn-Leistungsindex 2017 stuft die Leistung der nationalen Eisenbahnsysteme wie folgt ein:[18]

    1. Stufe 1: Schweiz, Dänemark, Finnland, Deutschland, Österreich, Schweden und Frankreich.
    2. Stufe 2: Großbritannien, die Niederlande, Luxemburg, Spanien, die Tschechische Republik, Norwegen, Belgien und Italien.
    3. Stufe 3: Litauen, Slowenien, Irland, Ungarn, Lettland, Slowakei, Polen, Portugal, Rumänien und Bulgarien.

    Das Lichtraumprofil auf den Hauptstrecken Großbritanniens, die fast alle vor 1900 gebaut wurden, ist in der Regel kleiner als auf dem europäischen Festland, wo 1913 das etwas größere Lademaß Gabarit Passepartout International (PPI) als allgemeiner Mindeststandard vereinbart wurde (einzelne Strecken können sich an größere Lichtraumprofile halten und tun dies auch).[19][20]

    Höhe der Bahnsteige Bearbeiten

     
    Anwendung der EU-Standardhöhen für Neubauten; Grün = 550 mm, Blau = 760 mm, Türkis = beides, Dunkelgrau = Neubauten in anderen Höhen als den EU-Standards

    Die Kommission der Europäischen Union hat eine TSI (Technische Spezifikationen für die Interoperabilität) herausgegeben, in der Standard-Bahnsteighöhen für Fahrgasttreppen in Hochgeschwindigkeitszügen festgelegt sind. Diese Standardhöhen sind 550 und 760 mm. Wie die Karte zeigt, gibt es mehrere Bereiche, in denen sich die Bahnsteighöhen von 550 mm und 760 mm überschneiden, und viele Züge bedienen Bahnhöfe mit Bahnsteigen beider Höhen, was für den stufenlosen Zugang eine Herausforderung darstellt. Wo Züge, die für 760-mm-Bahnsteige optimiert sind, 550-mm-Bahnsteige anfahren müssen (oder umgekehrt), ist die Zugänglichkeit oft eingeschränkt.[21][22][23]

    Weblinks Bearbeiten

    Commons: Schienenverkehr in Europa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise Bearbeiten

    1. Passenger transport. OECD, abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch).
    2. Freight transport statistics - modal split. (englisch).
    3. External Costs of Transport. (PDF) In: European Environment Agency. 20. August 2001, abgerufen am 10. September 2023.
    4. 30 by 2030 Rail Freight strategy to boost modal shift.
    5. Antoine Boudet, Lionel Steinmann: L'Etat une énième fois au chevet du fret ferroviaire In: Les Echos (France), 27. Juli 2020. Abgerufen am 13. April 2021 (französisch). „C'est, d'ailleurs, partant du constat que la part de marché du fret ferroviaire en France n'a cessé de s'éroder au profit du transport routier de marchandises, pour tomber à 9 %, soit cinq fois moins qu'en 1974 et environ la moitié de la moyenne européenne“ 
    6. Francisco Manuel Bastos Andrade Furtado: U.S. and European Freight Railways: The Differences That Matter. In: Journal of the Transportation Research Forum. 52. Jahrgang, Nr. 2, 2013, S. 65–84 (trforum.org [PDF; abgerufen am 20. Juni 2023]).
    7. Deutschland bremst Eisenbahn-Güterverkehr durch Europa aus. 4. September 2020;.
    8. Güterverkehr in der Schweiz – Höchster Bahnanteil durch die Alpen seit 25 Jahren. 16. September 2021;.
    9. LOK Report - Schweiz: Güterverkehr durch die Alpen - Höchster Bahnanteil seit 25 Jahren.
    10. Verkehrsverlagerung.
    11. G. Saladin: NEAT ist der Schluessel der Schweizer Verlagerungspolitik. In: Internationales Verkehrswesen. 62. Jahrgang, Nr. 7/8, 2010 (trb.org).
    12. Maximale Zuglängen im europäischen Schienenverkehr.
    13. 740-Meter-Netz: Länderverkehrsminister für längere Güterzüge. 7. Oktober 2016;.
    14. Überblick: Wie der Güterzug länger werden kann. 30. August 2016;.
    15. Längere Züge bringen mehr Güter. 17. November 2016;.
    16. Sweden prepares TEN-T corridor for 750-meter train. 14. September 2017;.
    17. Italian railway Bologna-Prato to allow 750-meter length trains. 4. April 2018;.
    18. the 2017 European Railway Performance Index. Boston Consulting Group, 8. Januar 2021;.
    19. European Loading Gauges. In: www.crowsnest.co.uk. Abgerufen am 19. September 2023.
    20. A Word on Loading Gauges. Archiviert vom Original am 3. März 2016; abgerufen am 31. Januar 2016.
    21. Claudia Ehrenstein: Deutsche Bahn: Wie hoch soll ein Bahnsteig sein? In: Die Welt, 14. Juli 2018 
    22. Zug und Bahnsteighöhen müssen zusammen passen! - Barrierefrei unterwegs - Reisen im Rollstuhl. 3. Mai 2018;.
    23. 21 Zentimeter bergen Unmut auf allen Seiten. 10. November 2017;.