Punktprozess

spezieller stochastischer Prozess

Ein Punktprozess ist ein spezieller stochastischer Prozess und somit Untersuchungsobjekt der Wahrscheinlichkeitstheorie, einem Teilgebiet der Mathematik. Anschaulich modellieren Punktprozesse die zufällige Verteilung von Punkten, im einfachsten Fall auf den positiven reellen Zahlen, im oder in allgemeineren Mengen. Bekanntestes Beispiel eines Punktprozesses ist der Poisson-Prozess, der auch Poisson-Punkt-Prozess genannt wird.

Definition Bearbeiten

Sei   ein messbarer Raum. Ein Punktprozess ist ein Spezialfall eines zufälligen Maßes. Wir betrachten einen Raum  , dessen Elemente s-endliche Zählmaße auf dem Raum   sind. Dann ist die Zufallsvariable

 ,

ein Punktprozess.

Simpler Punktprozess Bearbeiten

Ein Punktprozess wird simple oder einfach genannt, falls jeder Punkt fast sicher distinkt ist.

Moment Maße Bearbeiten

Für einen Punktprozess   lassen sich Maße für die Momente und faktoriellen Momente definieren.

n-tes Moment-Maß Bearbeiten

Das  -te Moment-Maß   für eine nicht-negative messbare Funktion   ist definiert durch:

 

n-tes faktorielles Moment-Maß Bearbeiten

Betrachte des Maß (  bezeichnet das Diracmaß)

 

dann ist das  -te faktorielle Moment-Maß   für Borell-Mengen   in   definiert als

 

Das heißt für eine nicht-negative messbare Funktion  :

 

Falls das n-te faktorielle Moment-Maß absolut stetig bezüglich eines Referenz-Maßes   (üblicherweise das Lebesgue-Maß) ist, so nennt man die Radon-Nikodým Dichte

 

für alle Borell-Mengen   in   Korrelationsfunktion (auch multivariate Intensität).

Paar-Korrelationsfunktion Bearbeiten

Sei   die Radon-Nikodým-Dichte eines absolut stetigen n-ten faktoriellen Moment-Maß. Dann lässt sich die Paar-Korrelationfunktion oder 2-Punkt Korrelationsfunktion wie folgt bilden

 

für zwei Punkte  .

Definition auf den positiven Zahlen Bearbeiten

Eine Folge von Zufallsvariable   heißt ein Punktprozess (auf  ), wenn gilt:

  • Es ist  
  • Die Folge ist fast sicher streng monoton wachsend, das heißt  

Beispiele Bearbeiten

Ein einfaches Beispiel für einen Punktprozess erhält man, wenn man eine unabhängig identisch verteilte Folge von Zufallsvariablen  , die fast sicher echt positive Werte annehmen, betrachtet. Definiert man dann

  und
 ,

so ist die Folge der   monoton wachsend, somit handelt es sich um einen Punktprozess.

Poisson-Punktprozess Bearbeiten

Hawkes-Prozess Bearbeiten

Ein Hawkes-Prozess   ist ein einfacher Punktprozess, der einen Punktprozess modelliert, bei dem das Auftreten eines Ereignisses, einen positiven Einfluss (d. h. erhöhen) auf die Intensität für zukünftige Ereignisse hat.

Die bedingte Intensität   folgende Form hat

 

wobei   ein Integralkern ist, der den positiven Einfluss vergangener Ereignisse   auf die jetzige Intensität   modelliert. Dabei ist   entweder der zu erwartende, vorhersagbare, oder deterministische Teil der Intensität.   sind Stoppzeiten des i-ten Ereignisses.

Determinantale Punktprozesse Bearbeiten

Eigenschaften Bearbeiten

Campbellsche Formel Bearbeiten

Die Campbellsche Formel beschreibt eine wichtige Eigenschaft eines Punktprozesses   zu seiner Intensität  . Für alle  -integrierbaren Funktionen   gilt

 

Echte Punktprozesse Bearbeiten

Man unterscheidet zwischen echten und unechten Punktprozessen. Ein Punktprozess   wird dann echt genannt, wenn ein Zufallsvariable   mit Werten in   und Zufallsvariablen   existieren, so dass fast sicher gilt

 

Es lässt sich zeigen, dass es für jeden Poisson Punktprozesse einen echten Punktprozess gibt, der die gleiche Verteilung auf demselben Raum besitzt.

Erläuterung Bearbeiten

Ein Punktprozess auf   modelliert die zufällige Verteilung von Punkten auf den positiven Zahlen. Dabei besagt der erste Teil der Definition, dass der erste Punkt der Nullpunkt sein soll. Der zweite Teil besagt, dass die Punkte mit einer Ordnung versehen sind, also schon der Größe nach sortiert sind.

Im obigen Beispiel werden die Zufallsvariablen über   über ihre Zuwächse definiert. Dabei entsprechen die Verteilungen der Zuwächse, hier im Beispiel  , im allgemeinen Fall  , der Verteilung des Abstandes der Punkte. So sind beispielsweise beim Poisson-Prozess die Abstände zwischen zwei Punkten exponentialverteilt.

Der zugehörige Zählprozess Bearbeiten

Jedem Punktprozess auf   lässt sich durch

 

ein Zählprozess zuordnen (  bezeichnet hier die charakteristische Funktion auf der Menge  ). Anschaulich läuft der Zählprozess von Nullpunkt aus mit gleichbleibender Geschwindigkeit die positiven Zahlen ab und zählt, wie viele Punkt er bis zum Zeitpunkt   schon angetroffen hat. Zählprozess und Punktprozess beleuchten hier zwei Aspekte derselben Idee. In ihrer Formalisierung unterscheiden sie sich jedoch deutlich, wie sich schon an ihrer Indexmenge zeigt.

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten