Peter Kossen

deutscher römisch-katholischer Priester

Peter Kossen (* 1968 in Wildeshausen[1]) ist ein deutscher römisch-katholischer Priester. Er setzt sich gegen moderne Sklaverei und für faire und würdige Arbeitsbedingungen ein.

Leben Bearbeiten

Kossen wuchs in Rechterfeld, einem Dorf in der Gemeinde Visbek, als zweites von vier Kindern der Eheleute Ida und Georg Kossen auf. Er besuchte in Vechta das Gymnasium Antonianum und bestand 1988 das Abitur. Danach nahm er das Studium der Theologie und Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster auf. Im Auslandsjahr studierte Kossen 1991 zwei Semester an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Zurück in Münster gehörte er nach seiner Diplomprüfung in Theologie 1993 zum ersten Priesterjahrgang im Bistum, der vor seiner Diakon- und Priesterweihe ein Jahr praktische Erfahrungen in der Gemeindeseelsorge sammeln konnte.

Dieses „Gemeindejahr“ führte ihn in die St. Johannes Pfarrei nach Recklinghausen-Suderwich, wo er auch nach der Diakonenweihe 1995 tätig blieb. Am 26. Mai 1996 empfing Peter Kossen im St. Paulus Dom zu Münster durch Bischof Reinhard Lettmann das Sakrament der Priesterweihe. Als Kaplan leistete er anschließend fünf Jahre priesterlichen Dienst in Nordwalde St. Dionysius, dann drei Jahre in Münster St. Norbert und St. Thomas Morus (jetzt: Katholische Kirchengemeinde Sankt Franziskus in Münster), bevor er 2004 in Emmerich am Niederrhein Pfarrer wurde. Unter seiner Leitung schlossen sich vier ehemals selbständige Kirchengemeinden in Emmerich (St. Christophorus) und drei Landgemeinden (St. Johannes der Täufer) zu neuen größeren Pfarreien und einer Seelsorgeeinheit zusammen.[2]

2011 wechselte Kossen auf Bitten des damaligen Weihbischofs Heinrich Timmerevers als Ständiger Vertreter des Offizials für den niedersächsischen Teil des Bistums Münster, den Offizialatsbezirk Oldenburg, nach Vechta. Dort wurde er auch zum Monsignore und Offizialatsrat benannt.[3] Parallel dazu wurde er Subsidiar in St. Gertrud in Lohne.

Seit 2000 ist Peter Kossen Mitglied des Priesterrats des Bistums Münster.[4] Er war zudem 2013 Vorsitzender des Landes-Caritasverbands Oldenburg.[5][6] Seit April 2021 ist er zugewähltes Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).[7]

Zum Jahresbeginn 2017 wechselte Kossen als leitender Pfarrer der Pfarrgemeinde Seliger Niels Stensen nach Lengerich (Westfalen). Da er als Mitglied des Leitungsgremiums des Offizialats Vechta nur beschränkt als Seelsorger tätig war, hatte er den Bischof in Münster Dr. Felix Genn gebeten, in die Seelsorge zu wechseln.[8]

Engagement für eine würdige Arbeitswelt Bearbeiten

Kossen prangert unwürdige Bedingungen in der Arbeitswelt an und fordert gerechte Entlohnung aus einer christlichen Überzeugung.[9][10] Bereits 2013 war er für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde. „Dann haben wir eine Marke, die eingeklagt werden kann.“ Das sei nicht die Lösung aller Probleme, aber es müsse der Grundsatz gelten „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ sagte Kossen gegenüber dem ver.di Magazin.[11]

Als Gemeindepfarrer in Emmerich machte er darauf aufmerksam, dass die von der Stadt unterstützte Bremer Lagerhaus Gesellschaft ihre Arbeitsplätze durch Leiharbeitsfirmen vermittele, wovon sich die meisten im Niedriglohnsektor befänden. So müssten trotz Vollzeitbeschäftigung viele Arbeitnehmer noch zusätzlich Sozialleistungen in Anspruch nehmen, um über die Runden zu kommen.

Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie Bearbeiten

Massiv hatte Kossen als Prälat in Vechta die Missstände bei Werkverträgen, Zeitarbeit und Unterbringung vor allem von rumänischen und bulgarischen Arbeitern in der Fleischbranche des Oldenburger Münsterlands kritisiert. Etwa 20.000 Menschen arbeiteten nach seinen Angaben in Nordwestdeutschland mit Werkverträgen, 40.000 als Leiharbeiter (Stand 2015). Sie seien ihren Subunternehmern ausgeliefert, die sie an die Fleischindustrie vermitteln. Ihr Anteil mache in manchen Großschlachthöfen etwa 80 bis 90 Prozent der Belegschaft aus. „Durch das System der Sub-Unternehmer und Werkverträge kommen Drogenhandel, Zwangsprostitution und Menschenhandel mit in die Region. [..]. Das sind mafiöse Strukturen, die sich hier allmählich ausbreiten,“ sagte Kossen der Welt 2015.[12] „Unbescholtene Bürger“ hätten kräftig an der Situation der Arbeits-Migranten mitverdient, „wenn abbruchreife Häuser für horrende Preise in Essen, Emstek, Visbek und auch Lohne vermietet werden“, hatte Kossen in einer Predigt in Lohne erklärt. Am meisten verdienten die Zeitarbeitsfirmen. Für die Erzeugung von Fleischprodukten müssten laut Kossen Ehrenerklärungen abgegeben werden, dass dies mit Mindestlohn und Sozialabgaben geschehe.

Kossen wurde daraufhin bedroht: Ihm wurde von Unbekannten ein abgezogenes Kaninchen vor die Türe gelegt. Selbst wertete er es als einen „Gruß aus der Fleischbranche“.[13][14][15]

Im Januar 2019 gründete Kossen mit Fachleuten und Engagierten den Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“, der im Mai 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.[16] Der Verein widmet sich dem Ziel, Arbeitsmigranten bei der Durchsetzung ihrer Arbeitnehmerrechte zu stärken.[17]

Am 9. Mai 2020 protestierte er vor dem Werkstor von Westfleisch im westfälischen Coesfeld gegen menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, nachdem der Schlachtbetrieb geschlossen worden war, weil mehr als 100 Beschäftigte, die in einem Massenquartier untergebracht waren, positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.[18]

Auszeichnungen Bearbeiten

Am 23. August 2020 erhielt Peter Kossen von Ministerpräsident Armin Laschet den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.[19]

Rezeption Bearbeiten

Mit seiner gesellschaftskritischen Haltung und seiner „mutigen Kritik“ habe sich Kossen „in der Industrie und auch innerkirchlich nicht nur Freunde“ gemacht, schrieb der Focus 2016.[20] Wolfgang Schorlau fügte 2013 seinem politischen Kriminalroman Am zwölften Tag zwei Predigten Kossens bei.

Werke Bearbeiten

  • Domaols un vandage – hebbt sick de Tieden groot änndert?, in: Helmut Lensing/Christof Spannhoff/Bernd Robben (Hrsg.), Wat, de kann Platt? Selbstzeugnisse, Geschichten und Gedichte aus dem Münsterland und dem Osnabrücker Land, Meppen 2021, S. 124–126.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Gerd Felder: Pfarrer Peter Kossen: Aufrechter Rebell. In: Die Tagespost. 17. Mai 2020 (Online [abgerufen am 6. Juli 2020]).
  2. Amtswechsel im Offizialat. In: Sonntagsblatt Vechta. 23. Januar 2011, S. 11 (Online [abgerufen am 6. Juli 2020]).
  3. mission:lebenshaus: Monsignore Peter Kossen: Kinder- und Jugendhospiz in Wilhelmshaven. In: www.kinderhospizwilhelmshaven.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Dezember 2016; abgerufen am 6. Dezember 2016.
  4. Homepage Bistum Münster - Vorfreude auf die Seelsorge: Peter Kossen geht von Vechta nach Lengerich. In: www.bistum-muenster.de. Archiviert vom Original am 6. Dezember 2016; abgerufen am 6. Dezember 2016.
  5. Katharina Schipkowski: Peter Kossen über die Fleischindustrie: „Perfides System von Abhängigkeit“. In: die tageszeitung. (taz.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  6. Westfälische Nachrichten: Peter Kossen will zurück zur Basisarbeit. In: Westfälische Nachrichten. (wn.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  7. Insgesamt 45 Einzelpersönlichkeiten gewählt. ZdK-Wahl abgeschlossen: Das sind die neuen Mitglieder des Komitees. In: katholisch.de, 29. April 2021 online
  8. bmo: Viel Beifall für Peter Kossen. In: Rheinische Post. 16. Dezember 2016 (digital [abgerufen am 6. Juli 2020]).
  9. Keine moderne Sklaverei! In: caritas.de. 11. November 2016 (caritas.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  10. Maria Wellmeyer, Ökumene als Chance und Herausforderung, Pfarrer Peter Kossen ist 100 Tage im Amt, Westfälische Nachrichten vom 20. Mai 2017, digital
  11. Interview mit Prälat Peter Kossen. (verdi.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  12. Vechta: Die Bilderbuchstadt und ihre unchristlichen Momente - WELT. In: DIE WELT. Abgerufen am 7. Dezember 2016.
  13. Kritik: Unbekannte bedrohen Prälat. In: NWZonline. (nwzonline.de [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
  14. RP ONLINE: Emmerich: Peter Kossen mit umjubelter Predigt für gerechte Löhne. In: RP ONLINE. Abgerufen am 6. Dezember 2016.
  15. Katja Tichomirowa: Pfarrer gegen Agrarindustrie: Sklavenarbeit und ein toter Hase. In: fr-online.de. 1. November 2012 (fr.de [abgerufen am 7. Dezember 2016]).
  16. Westfälische Nachrichten: Verein Würde und Gerechtigkeit. Netzwerk gegen moderne Sklaverei, 12. Mai 2020.
  17. Aktion Würde und Gerechtigkeit: Unser Verein..
  18. Pfarrer protestiert vor Fleischfabrik gegen "moderne Sklaverei". In: katholisch.de, 9. Mai 2020 online.
  19. land.nrw.de: Ministerpräsident Armin Laschet zeichnet 13 Bürgewrinnen und Bürger mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen aus, 23. August 2020.
  20. FOCUS Online: Kritischer Prälat Kossen als Pfarrer nach Westfalen. In: FOCUS Online. (focus.de [abgerufen am 7. Dezember 2016]).