Komsomolsk (Kaliningrad)

Ort in der Oblast Kaliningrad, Russland

Komsomolsk (russisch Комсомольск, deutsch Löwenhagen) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad. Er gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Gwardeisk im Rajon Gwardeisk.

Siedlung
Komsomolsk
Löwenhagen

Комсомольск
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Gwardeisk
Frühere Namen Leuenhäun (1379),
Leunenhagen (vor 1785),
Löwenhagen (bis 1946)
Bevölkerung 1234 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Höhe des Zentrums 17 m
Zeitzone UTC+2
Telefonvorwahl (+7) 40159
Postleitzahl 238225
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 206 000 025
Geographische Lage
Koordinaten 54° 38′ N, 20° 45′ OKoordinaten: 54° 37′ 44″ N, 20° 45′ 11″ O
Komsomolsk (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Komsomolsk (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Komsomolsk (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Komsomolsk (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Zu Komsomolsk gehört auch das ehemalige Groß Hohenhagen, russisch zunächst Kaschtanowka.

Geographische Lage Bearbeiten

Komsomolsk liegt an der Regionalstraße 27A-025 (ex R508), 18 Kilometer südöstlich der Oblasthauptstadt Kaliningrad (Königsberg) und 20 Kilometer südwestlich der Rajonstadt Gwardeisk (Tapiau). Der Ort ist Bahnstation („Komsomolsk-Sapadny“) an der Bahnstrecke Kaliningrad–Tschernyschewskoje (Königsberg–Eydtkuhnen/Eydtkau) – einem Teilstück der einstigen Preußischen Ostbahn – zur Weiterfahrt nach Litauen und in das russische Kernland. Bis 1945 durchlief den Bahnhof auch die Bahnstrecke von Königsberg (Preußen) über Gerdauen (heute russisch: Schelesnodoroschny) nach Angerburg (heute polnisch: Węgorzewo), die 1945 außer Betrieb gestellt wurde.

Geschichte Bearbeiten

Die erste urkundliche Erwähnung erfuhr Löwenhagen als Leuenhäun im Jahre 1379.[2][3] Damals übertrug der Ordenshochmeister Winrich von Kniprode dem Tiele Hartmann 31 Hufen Land.

1613 übernahm Friedrich von Waldburg die Ländereien Löwenhagen, Reichenhagen (russisch: Schelesdoroschnoje, nicht mehr existent) und Friedrichstein (Kamenka). 1662 ging fast der gesamte Besitz von der Familie von Waldburg an Friedrich Graf von Dönhoff. Er wirtschaftete sehr erfolgreich und erweiterte den Besitz beträchtlich.

Löwenhagen kam 1874 in den neu errichteten Amtsbezirk Friedrichstein[4] (heute russisch: Kamenka). Er gehörte bis 1930 zum Landkreis Königsberg (Preußen) im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Jahre 1910 zählte Löwenhagen 454 Einwohner.[5]

Am 3. Juni 1930 wurde der Amtsbezirk Friedrichstein umbenannt und Löwenhagen wurde Sitz und namensgebender Ort. Zu dieser Zeit gliederte sich der Bezirk in sieben Kommunen. Er bestand bis 1945 und trat im Jahre 1939 dem neu formierten Landkreis Samland bei. Die Zahl der Einwohner in Löwenhagen stieg bis 1933 auf 868 und betrug 1939 bereits 908.[6]

Im Zweiten Weltkrieg wurde Löwenhagen am 25. Januar 1945 von der Roten Armee besetzt und kam mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion. 1947 erhielt der Ort die russische Bezeichnung „Komsomolsk“ und wurde gleichzeitig dem Dorfsowjet Semjonowski selski Sowet im Rajon Kaliningrad zugeordnet.[7] Später gelangte der Ort in den Oserski selski Sowet im Rajon Gwardeisk. Um 1980 wurde der Ort Kaschtanowka (Groß Hohenhagen) an Komsomolsk angeschlossen.[8] Von 2005 bis 2014 gehörte Komsomolsk zur Landgemeinde Oserkowskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Gwardeisk.

Amtsbezirk Löwenhagen (1930–1945) Bearbeiten

Im Jahre 1930 gehörten zu dem umbenannten Amtsbezirk Löwenhagen sieben Orte:[4]

Name Russischer Name
Birkenwalde
Friedrichstein Kamenka
Horst
Klein Barthen
Löwenhagen Komsomolsk
Reichenhagen Schelesnodoroschnoje
Seewiesen

Aufgrund von Eingemeindungen und Umstrukturierungen gehörten am 1. Januar 1945 lediglich noch die vier Gemeinden Birkenwalde, Friedrichstein, Horst und Löwenhagen zum Löwenhagener Amtsbezirk. Von diesen vier Ortschaften existieren heute nur noch zwei.

Kirche Bearbeiten

Kirchengebäude Bearbeiten

In der Zeit der Reformation wurde in Löwenhagen 1542 eine erste Kirche aus Holz und ohne Turm errichtet.[2] Bauherr war Hans Conrad Baar, der 1533 Löwenhagen von Markgraf Albrecht von Brandenburg als Pfand übernahm. Als Friedrich Freiherr von Waldburg 1607 Löwenhagen übernahm, begann man 1609 mit dem Bau einer neuen, massiven Kirche, die 1613 aufgemauert und verputzt wurde. Einen Turm ergänzte man ab 1623. 1692 wurde das Gotteshaus dank der Unterstützung des Reichsgrafen von Dönhoff vergrößert und innen sowie außen renoviert den letzten Kämpfen des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche mit der Gruft der Dönhoffs nur gering beschädigt. Heute existiert das Bauwerk nicht mehr.

Kirchengemeinde Bearbeiten

Das Kirchdorf Löwenhagen[9] war bis Ende des 16. Jahrhunderts eine Filiale der Kirche Borchersdorf (heute russisch: Selenopolje). Danach wurde die Kirche Löwenhagen eigenständig und erhielt eine eigene Pfarrstelle. Das zwölf Orte umfassende Kirchspiel gehörte bis 1945 zum Kirchenkreis Königsberg-Land I in der Kirchenprovinz Ostpreußen der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union und zählte 1925 1500 Gemeindeglieder.

Heute liegt Komsomolsk im Einzugsbereich der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Auferstehungskirchengemeinde in Kaliningrad (Königsberg). Sie ist die Hauptkirche der Propstei Kaliningrad[10] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Heute erinnert noch das alte Pfarrhaus gegenüber der Kirche an das damalige kirchliche Leben in Löwenhagen. Es hat als heutiges Kulturhaus überlebt. Auf dem Gelände des 1697 angelegten Friedhofs an der Kirche stehen außerdem noch viele der alten Bäume.

Schule Bearbeiten

Von der früheren dreiklassigen Dorfschule in Löwenhagen findet sich heute keine Spur mehr.

Nachrichtenbunker Bearbeiten

Etwa 1942/43 wurde am Dorfrand von Löwenhagen ein Bunker errichtet,[11] der noch heute existiert, allerdings ohne Türen. Er sollte wie noch ein weiterer Bunker am Abhang der Schaar der Unterbringung des Militärischen Nachrichtendienstes dienen und war durch Telefonkabel mit der Reichsregierung und dem Führerhauptquartier verbunden. Die Reste dieses Bunkers wurden in sowjetischer Zeit freigelegt.

Persönlichkeiten des Ortes Bearbeiten

Söhne und Töchter des Ortes Bearbeiten

  • Willy Steinkopf (* 3. März 1885 in Löwenhagen; † 1953), deutscher Politiker, SPD
  • Gerhard Winkler (* 25. September 1898 in Löwenhagen; † 1975), deutscher Architekt

Mit dem Ort verbunden Bearbeiten

  • Johann Schultz (1739–1805), deutscher evangelischer Theologe, Mathematiker und Philosoph, war von 1769 bis 1775 Pfarrer in Löwenhagen

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. a b Manfred Höhne: Löwenhagen: Geschichte von Löwenhagen. In: Willkommen im Informationszentrum Ostpreußen (ostpreussen.net). Potrimpus UG, D-15526 Bad Saarow, 21. März 2021, abgerufen am 4. April 2024.
  3. D. Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Löwenhagen
  4. a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Friedrichstein/Löwenhagen
  5. Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Königsberg
  6. Michael Rademacher: Landkreis Samland. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad" vom 17. November 1947)
  8. Das ergibt sich aus der Административно-территориальное деление Калининградской области 1975 (Die administrativ-territoriale Einteilung der Oblast Kaliningrad 1975, herausgegeben vom Sowjet der Oblast Kaliningrad) auf http://www.soldat.ru/ (rar-Datei) und der Административно-территориальное деление Калининградской области 1989 (Die administrativ-territoriale Einteilung der Oblast Kaliningrad 1989 (mit Stand von 1988), herausgegeben vom Sowjet der Oblast Kaliningrad) auf http://www.soldat.ru/ (rar-Datei).
  9. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band III: Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 462
  10. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info
  11. Michaël Svejgaard: Gefechtsstand Bunker. The Luftnachrichten Dienst. In: gyges.dk. Michaël Svejgaard, 2003, abgerufen am 4. April 2024 (englisch).